Kriminelle Delikte strafunmündiger Kinder


Hausarbeit, 2000

13 Seiten


Leseprobe


Vorwort

Während in Teil I des Referates von Frau Böker aktuelles Datenmaterial über Umfang und Ausmaß delinquenten Handelns von Kindern gesammelt und kritisch beleuchtet wurde, möchte ich mich im zweiten Teil mit den Ergebnissen der Ursachenforschung auseinandersetzen.

Die Entstehung von (Kinder-) Kriminalität wird seit vielen Jahren mit unterschiedlichsten Mitteln und Herangehensweisen wissenschaftlich untersucht. Sind die Entstehungstheorien noch so unterschiedlich oder gar widersprüchlich, so kommen doch alle seriösen Studien zu dem Ergebnis, daß delinquentes Verhalten im Kindesalter in den allermeisten Fällen nicht als Kriminalität zu werten ist. Meist verfügen die Kinder noch nicht über ein entsprechendes Normenbewußtsein und sind zum Zeitpunkt der Tat noch nicht in der Lage diese als Unrecht zu erkennen. Der größte Teil aller, von Kindern begangenen Straftaten befinden sich im Bereich der Bagatelldelikte und können als „normaler Entwicklungsschritt“ eines Kindes gewertet werden. (vgl. Kapitel 1) Desweiteren ist ein bestimmter Anteil der Delikte auf eine Gruppe von Kindern zurückzuführen, die systematisch zu kriminellen Handlungen gezwungen werden. (vgl. Deutsches Jugendinstitut e. V.1999, 30 - 31)

Allerdings läßt sich durchaus auch eine kleine Gruppe von Kindern feststellen, die gehäuft schwere Straftaten begehen (sogenannte Mehrfach- bzw. Intensivtäter). Dieses Verhalten ist Ausdruck schwerwiegender Dissozialität. Während oben beschriebenes delinquentes Verhalten selten eine Fortführung im Jugend- oder gar Erwachsenenalter findet, sind Mehrfach- und Intensivtäter stark gefährdet auch in ihrer weiteren Entwicklung kriminelle Handlungen zu begehen. In der folgenden Arbeit befasse ich mich mit eben dieser Gruppe.

Die Betrachtung von Ursachen kriminellen Handelns von Kindern wirft in der Folge natürlich die Frage nach Handlungsmöglichkeiten auf. Ich verzichte jedoch bewußt auf eine ausführliche Behandlung dieses Aspektes, da eine differenzierte Darstellung den Umfang dieser Arbeit sprengen würde. Dennoch werde ich im dritten Kapitel noch einige Grundlegende Überlegungen zu präventiver Arbeit und sinnvoller Reaktion auf Kinderkriminalität anstellen.

1. Ursachen delinquenten Verhaltens von Kindern

Auch in der Ursachenforschung nimmt die in Teil I ausgeführte Problematik bei der Erfassung von Daten Einfluß. Die Kriminalstatistik und auch Daten der Jugendbehörden können immer nur das sogenannte Hellfeld aufzeigen, also die den Behörden bekannt gewordenen delinquenten Handlungen. Sie spiegeln somit nur die selektierende Aktivität der Behörden wider und stellen keine repräsentative Stichprobe aller begangenen Straftaten dar.

Kindern wird in bezug auf delinquente Verhaltensweisen, im Gegensatz zu Jugendlichen und Erwachsenen, von der Öffentlichkeit ein weitaus höheres Maß an Verständnis und Toleranz entgegengebracht. Abweichende Verhaltensweisen gelten größtenteils auf dem Weg zum Erwachsensein als normal. Aus dieser Toleranz heraus erklärt sich die hohe Dunkelziffer, angezeigt werden nur bestimmte Handlungen bzw. nur bestimmte Kinder.

„ Es kann angenommen werden, daß Kinder bestimmter gesellschaftlicher Gruppen (...) oder Kinder in besonderer gesellschaftlicher Position (...) eher einer delinquenten Handlung wegen angezeigt werden als Kinder mit gleichen Handlungen, die aus nicht diskriminierten gesellschaftlichen Gruppen stammen.“ (Pongratz et al. 1990, 16)

Dunkelfeldforschungen kamen zu dem Ergebnis, daß nur ein sehr geringer Anteil der begangenen Straftaten den Behörden bekannt wird und eine Gleichverteilung von kindlicher Kriminalität über alle soziale Schichten hinweg besteht. (vgl. Wollenweber 1980, 37 - 38)

Opfer von Kindern begangener Straftaten wählen bei Kindern häufiger eine informelle Regelung des Schadensausgleiches. Das weitaus anonymere Zusammenleben in größeren Wohnsiedlungen verhindert jedoch diese Form der Schadensregelung und führt zu einer signifikant höheren Bereitschaft Anzeige zu erstatten.

Pongratz et al. stellten fest, daß 60% aller von ihnen untersuchten delinquenten Handlungen im typischen Spielgelände der Kinder stattfand. (vgl. Pongratz et al 1990, 53) Kinder, die in Gebieten mit höherer Siedlungsdichte leben und somit über geringere Aneignungsmöglichkeiten von ihnen gestaltbaren Orten verfügen, laufen somit schneller Gefahr durch ihr Spiel Handlungen zu begehen , die als sanktionsbedürftig bewertet werden.1 Vor diesem Hintergrund sind auch Befunde zu interpretieren, die das unausgeglichene Verhältnis von Stadt- und Landkriminalität bei Strafunmündigen belegen.

Daß zeitweises abweichendes Verhalten zur Allgemeinen Entwicklungsnormalität im Kindesalter gehört läßt sich wie folgt erklären: Triebschübe, die abrupt ausbrechen, werden durch innere Schuld und/oder äußere Autorität zurückgewiesen. Sie werden, bis sie verarbeitet und in eine neue Entwicklungsstufe integriert werden können, verdrängt und suchen sich ihre Ausbruchswege in symbolischen, antisozialen Handlungen. Beim Kleinkind ist in der Trotzphase ein ähnlicher Mechanismus zu beobachten. (vgl. Böhnisch 1999, 121)

[...]


1 Böhnisch (1999,) führt hierbei auf, daß das Fehlen gestaltbarer Räume von Kindern als strukturelle Gewalt erlebt wird, welche sie zu aggressiven, abweichenden Territorialverhalten treibt.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Kriminelle Delikte strafunmündiger Kinder
Hochschule
Universität Kassel  (Fachbereich Sozialwesen)
Veranstaltung
Abweichendes Verhalten im Kindesalter
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V476
ISBN (eBook)
9783638103398
Dateigröße
390 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kriminelle, Delikte, Kinder, Abweichendes, Verhalten, Kindesalter
Arbeit zitieren
Heike Strobl (Autor:in), 2000, Kriminelle Delikte strafunmündiger Kinder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/476

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