Gawein, der ideale Ritter


Seminararbeit, 2004

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Anfänge des Rittertums

2. Die Typen des Rittertums
2.1. Der religiöse Typus
2.2. Der „romantische“ Typus
2.3. Der feudale Typus

3. Die Figur des Ritters Gawein bei Hartmann von Aue
3.1. Gawein im Erec
3.2. Gawein im Iwein

Schluß

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf der Grundlage der Artusromane Erec und Iwein von Hartmann von Aue die Figur des Ritters Gawein als idealisierte Ritterfigur herauszustellen. Dazu halte ich es für notwendig, zunächst auf die Entstehung des Rittertums im 10. Jahrhundert und seine Weiterentwicklung zum Träger eines umfassenden idealisierten Wertesystem im 12. – 13. Jahrhundert einzugehen und in die Wertevorstellungen dieser Zeit einzuführen, um klären zu können, was einen idealen Ritter ausmacht und inwieweit diese Eigenschaften sich in der Figur des Gawein widerspiegeln.

Darüber hinaus möchte ich in meinem letzten Punkt die Funktion Gaweins für den Verlauf der Handlung in den beiden Romanen Erec und Iwein beschreiben.

1. Die Anfänge des Rittertums

Die Anfänge des Rittertums sind im 10. Jahrhundert in Frankreich zu finden. Eine der wichtigsten Vorraussetzungen zur Bildung einer elitären Gemeinschaft wie dem Rittertum war der Grundbesitz. Dem kam eine Umverteilung der Besitzrechte zugute, die sich nach dem Tod Karls des Großen herausbildete. Zur Zeit Karls war der König größter Grundbesitzer[1]. Die regionalen Amtsträger im West- und Ostfrankenreich, Herzoge und Grafen, erhielten durch den König ausgedehnte Güter, die sie für ihn verwalteten und deren Ertrag zu ihrer Entlohnung diente. Mit dem Tod eines Vasallen fiel der ihm zur Verwaltung überlassene Grundbesitz wieder an den König zurück. Mit der Zeit wurde das Lehen erblich, und die Kontrolle des Besitzes durch den König wurde schwieriger, da die Ländereien nun praktisch als Familienbesitz verstanden wurden[2]. Dies trug erheblich zur Schwächung der Position des Königs bei, da der König nicht über ein stehendes Heer verfügte, sondern auf die Waffentreue seiner Vasallen angewiesen war. Nach und nach eigneten sich die Vasallen den ihnen zur Verwaltung überlassenen Besitz teils durch Abkommen mit den Herrschern, größtenteils aber widerrechtlich an[3].

Im Zuge dieser Umverteilung wurden die vormaligen Volksburgen, von denen aus die Vasallen das Land verwalteten, Herrschaftszentren der späteren Ritter. Sie wurden später zum weithin sichtbaren Symbol des Ritterdaseins[4].

In der Abgeschiedenheit der Burgen konnte aber die innere Entwicklung des Rittertums als Träger eines Wertsystems nicht erfolgen, da ein Gedankenaustauch dort nicht in erforderlichem Maße möglich war. Nach und nach gewannen deshalb die Höfe, insbesondere die Fürsten- und Königshöfe als kulturelle Sammelpunkte der Ritter an Bedeutung. Neu war auch das Repräsentationsbedürfnis dieser im Entstehen begriffenen sozialen Gruppe, das sich besonders in ausschweifenden Hoffesten zeigte[5].

Einmalig war, daß sich da Rittertum trotz der vielschichtigen Struktur dieser Gemeinschaft – zu ihr gehörten die sogenannten Einschildritter, Fürsten , König und Kaiser – und trotz bestehender rechtlicher Unterschiede als zusammengehörende soziale Gemeinschaft empfand, die sich an gemeinsamen ritterlichen Normen und Werten orientierte.

2. Die Typen des Rittertums

Sidney Painter unterscheidet drei große Typen des Rittertums:

Den religiösen, den romantischen und den feudalen Typ.[6]

Ich halte besonders bei einer literaturwissenschaftlichen Untersuchung diese Einteilung Painters gegenüber der gängigen Zweiteilung in religiöses und feudales Rittertum für sinnvoll, da erstere den Vorteil hat, den Tugendkatalog des von Painter so titulierten „romantischen Rittertums“ mit in die Untersuchung einzubeziehen und vor allem gegen den Tugendkatalog des feudalen Rittertums abzugrenzen, die beide sonst gesellschaftspolitisch zusammengenommen werden müßten, wie im folgenden aber gezeigt wird, erhebliche Unterschiede in Funktion und Zielsetzung aufweisen.

2.1. Der religiöse Typus

Im 10. Jahrhundert war die politische Lage in Frankreich im Gegensatz zu Deutschland instabil. Der Machtbereich der Karolinger reichte nicht über das Pariser Becken hinaus und die Fürsten stritten um den Rest des Landes. Dabei kam es zu Plünderungen und Übergriffen.

Da die schwachen Karolinger nicht in der Lage schienen, den Frieden durchzusetzen, nahm sich die Kirche des Problems an und versuchte den sogenannten „Gottesfrieden“ einzusetzen.[7] Früchte trugen diese Bemühungen aber erst mit dem Aufruf Papst Urbans II, der in seiner Kreuzpredigt auf dem Konzil von Clérmont 1095 dazu aufrief, Jerusalem aus den Händen der Ungläubigen zu „befreien“[8]. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Feindbilds wurde erreicht, die Fürsten auf ein neues Ziel hin zu orientieren.

„Wendet die Waffen, die ihr im gegenseitigen Morden blutig gemacht habt, gegen die Feinde des Glaubens und des Christentums.“[9]

Es entstanden geistliche Ritterorden, die bewußt als Vorbilder der weltlichen Ritter dienen sollten, jedoch mehr mit einem religiösen Orden, als mit den feudalen Rittern gemein hatten.

Der tragende Gedanke des religiösen Rittertums war, daß es ein von Gott befohlener Dienst sei. Ein Ritter hatte als Beschützer der Armen und Schwachen zu dienen und für das Christentum zu kämpfen. Genauere Ausfertigungen der Pflichten eines Ritters entstanden erst während der Kreuzzüge und wurden erstmals von Johannes von Salisbury in ein klares System gebracht:

Nach ihm hatte ein Ritter die Aufgabe, die Kirche zu verteidigen, den Unglauben zu bekämpfen, die Geistlichkeit zu verehren, die Armen vor Unrecht zu schützen und sein Blut und sein Leben für seine Brüder zu geben.

Er folgte nicht seinem eigenen Willen, sondern der Entscheidung Gottes, der Engel und der Menschen, gemäß der Gerechtigkeit und dem Wohl der Allgemeinheit.[10]

[...]


[1] Vgl. Lexikon des Mittelalters, CD-ROM-Ausgabe. Verlag J.B. Metzler 2000 LexMA, 866-869.

[2] Vgl. Chronik der Menschheit, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 1997, S. 302 f.

[3] Vgl. LexMA, 866-869.

[4] Vgl. LexMA, 866-869.

[5] Vgl. LexMA, 870 f.

[6] Vgl. Painter, Sidney: Die Ideen des Rittertums. In: Das Rittertum im Mittelalter / hrsg. von Arno Borst. – Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1976, S. 31.

[7] Vgl. Die Ritter: Geschichte - Kultur - Alltagsleben ; [Begleitbuch zur Ausstellung "Die Ritter" im Historischen Museum der Pfalz Speyer, 30. März 2003 - 16. Oktober 2003] / Andreas Schlunk; Robert Giersch. - Stuttgart : Theiss, 2003, S. 8 f.

[8] Vgl. LexMA8, 1283.

[9] Vgl. Bumke, Joachim: Höfische Kultur – Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, 4. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987, S. 403 - 404.

[10] Painter, S. 34 f.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Gawein, der ideale Ritter
Hochschule
Universität Trier
Veranstaltung
Die deutsche Literatur des Mittelalters
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V47562
ISBN (eBook)
9783638444842
ISBN (Buch)
9783656871613
Dateigröße
672 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gawein, Ritter, Literatur, Mittelalters
Arbeit zitieren
Patrick Mai (Autor:in), 2004, Gawein, der ideale Ritter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47562

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