Ausgewählte Erfolgsfaktoren bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland. Zum Entsendungsland Indien

Kulturelle, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte


Diplomarbeit, 2005

112 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Motive der Unternehmen und der Entsendeten
2.1 Motive der Unternehmen
2.1.1 Beidseitiger Know-how-Transfer
2.1.2 Koordinations- und Kontrollfunktion
2.1.3 Personalentwicklungsmaßnahmen
2.1.4 Mangel qualifizierter Fach- und Führungskräfte
2.1.5 Veränderung der Motive
2.2 Motive der Entsendeten
2.2.1 Akzeptanzgründe
2.2.2 Ablehnungsgründe

3 Aktuelle Trends
3.1 Kurzfristige Entsendung
3.2 Internationales Pendeln
3.3 Vielflieger
3.4 Dual Careers
3.5 Auslandseinsatz von Frauen
3.6 Kosten-Nutzen-Überlegungen

4 Auswahl geeigneter Mitarbeiter
4.1 Besetzungsstrategien
4.1.1 Ethnozentrische Besetzungsstrategie
4.1.2 Polyzentrische Besetzungsstrategie
4.1.3 Geozentrische Besetzungsstrategie
4.1.4 Regiozentrische Besetzungsstrategie
4.2 Auswahlkriterien
4.2.1 Fachliche Kompetenz
4.2.2 Persönlichkeitsmerkmale
4.2.3 Interkulturelle Kompetenz
4.2.4 Familienverhältnisse
4.3 Beschaffungswege
4.3.1 Interne Beschaffung
4.3.2 Externe Beschaffung
4.4 Auswahlverfahren
4.4.1 Interview
4.4.2 Personalbeurteilung
4.4.3 Assessment-Center
4.4.4 Weitere Auswahlverfahren
4.5 Probleme und Lösungen bei der Personalauswahl

5 Vorbereitung auf den Auslandseinsatz
5.1 Interkulturelle Vorbereitung
5.1.1 Kulturdimensionen nach Hofstede
5.1.1.1 Machtdistanz
5.1.1.2 Unsicherheitsvermeidung
5.1.1.3 Femininität versus Maskulinität
5.1.1.4 Individualismus versus Kollektivismus
5.1.1.5 Konfuzianische Dimension
5.1.1.6 Vergleich deutsch-indischspezifische Ergebnisse
5.1.1.7 Kritik an der Hofstede-Studie
5.1.1.8 Praktische Umsetzung der Hofstede-Studie
5.1.2 Interkulturelle Dimensionen
5.1.2.1 Affektive Dimension
5.1.2.2 Kognitive Dimension
5.1.2.3 Verhaltensbezogene Dimension
5.1.3 Interkulturelle Kompetenzen
5.1.3.1 Informationstraining
5.1.3.2 Simulationskonzepte
5.1.3.3 Interaktionskonzepte
5.2 Organisatorische Vorbereitung
5.3 Arbeitsvertragliche Regelungen
5.3.1 Vertragsverhältnisse
5.3.1.1 Dienstreise
5.3.1.2 Abordnung (Short-Term Assignment)
5.3.1.3 Delegation (Long-Term Assignment)
5.3.1.4 Versetzung (Long-Term Assignment)
5.3.1.5 Übertritt
5.3.2 Internationale Entgeltfindung
5.3.2.1 Heimatlandansatz (Home Country Approach)
5.3.2.2 Gastlandansatz (Host Country Approach)
5.3.2.3 Geozentrischer Ansatz (Balance Sheet Approach)
5.3.3 Arbeitsvertragliche Inhalte
5.3.4 Auslandsbedingte Zulagen
5.3.5 Betriebsverfassungsrechtliche Aspekte
5.4 Sozialversicherungsrechtliche Entsendung

6 Einsatz und Betreuung
6.1 Anpassungsphasen an die fremde Kultur
6.1.1 Honeymoon
6.1.2 Crisis
6.1.3 Recovery
6.1.4 Adjustment
6.2 Betreuung der Expatriates
6.3 Betreuung der Familie
6.4 Leistungsbeurteilung während des Einsatzes

7 Beendigung und Rückkehr
7.1 Beendigungsgründe
7.2 Reintegration
7.2.1 Vorbereitung einer Reintegration
7.2.2 Reintegrationsphasen
7.2.2.1 Erste Phase
7.2.2.2 Zweite Phase
7.2.2.3 Dritte Phase
7.2.3 Reintegrationsprobleme
7.2.4 Karriereprobleme
7.2.5 Reintegrationsmaßnahmen
7.2.6 Know-how-Transfer

8 Gestaltung einer Entsendungsrichtlinie
8.1 Probleme der Entsendeten und deren Familien
8.2 Probleme der Unternehmen
8.3 Konsequenz – Entwicklung einer Entsendungsrichtlinie

9 Kulturschock Indien
9.1 Indien in Zahlen
9.2 Indische Arbeitsweisen
9.3 Kulturelle und soziale Unterschiede
9.4 Vorbereitung auf den Auslandseinsatz in Indien
9.5 China versus Indien

10 Zusammenfassung

11 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Beeinflussungsfaktoren der Kosten einer Entsendung

Abb. 2: Entsendungsmotive der Unternehmen

Abb. 3: Problembereiche bei unterschiedlichen Formen der Auslandsentsendung

Abb. 4: Um wie viel teurer ist ein Mitarbeiter, der ins Ausland entsandt wird

Abb. 5: Kosten der Entsendung eines alleinstehenden Mannes ohne Kinder

Abb. 6: Kosten der Entsendung eines verheirateten Mannes mit zwei Kindern

Abb. 7: Gründe für Entsendungen

Abb. 8: Größte Einflussfaktoren auf die Zahl von Entsendungen

Abb. 9: Bedeutung der Auswahlmethoden bei der Personalsuche

Abb. 10: Mehrstufiges, integriertes Auswahlverfahren

Abb. 11: Bewertung der Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt

Abb. 12: Vergleich der Ergebnisse Hofstedes zwischen Deutschland und Indien

Abb. 13: Clusterbildung der Dimensionen Machtdistanz und Individualismus

Abb. 14: Darstellung Vertragsverhältnis einer Dienstreise

Abb. 15: Darstellung Vertragsverhältnis einer Abordnung

Abb. 16: Darstellung Vertragsverhältnis einer Delegation

Abb. 17: Darstellung Vertragsverhältnis einer Versetzung

Abb. 18: Darstellung Vertragsverhältnis eines Übertrittes

Abb. 19: Mobilitätsprämien nach Ländergruppen

Abb. 20: Unterstützung der Expatriates vor Ort

Abb. 21: Maßnahmen der Familienbetreuung

Abb. 22: Gründe des Scheiterns von Entsendungen aus den USA und Japan

Abb. 23: Beurteilung der Reintegrationsvorbereitung

Abb. 24: Beurteilung der Entsendung hinsichtlich der Karriere

Abb. 25: Aufgaben der Personalabteilung im Rahmen einer Auslandsentsendung

Abb. 26: Probleme der Entsendung seitens der Expatriates

Abb. 27: Probleme der Entsendung seitens der Unternehmen

Abb. 28: Aufbau einer Entsendungsrichtlinie

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Motivationstypen bzgl. Auslandseinsätzen

Tab. 2: Ablehnungsgründe für Auslandseinsätze

Tab. 3: Reaktionen auf ausgewählte Verhaltensweisen in den USA und Japan

Tab. 4: Menschen führen in Abhängigkeit ihrer Einstellung zu Risiken

Tab. 5: Arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Während die Situation am Weltmarkt immer komplexer wird, sich der internationale Wettbewerb verschärft, die Kundenanforderungen steigen und sich der Lebenszyklus der Produkte und Erzeugnisse verkürzt, wird es für Unternehmen immer wichtiger, weltweit einen gleichen Verfahrens- und Qualitätsstandard zu bieten, aber dennoch flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können. Dies sind nur einige Aspekte, die Entsendungen von Mitarbeitern – so genannten Expatriates[1] – notwendig machen, um Kundenkontakte und Auslandsgesellschaften aufzubauen, Aufträge abzuschließen und Projekte zu realisieren. Die hohe Bedeutung von Auslandsentsendungen ist in der Literatur vielfach bestätigt worden. Doch schätzen Experten, dass die Quote der vorzeitigen Abbrüche zwischen 10 – 40 % schwankt, in Entwicklungsländern wächst diese Zahl auf bis zu 70 %[2] an. Dies deutet auf Mängel bei der Entsendungsgestaltung hin, die die Personalauswahl, die Vorbereitung und Betreuung vor Ort sowie die Wiedereingliederung im Stammunternehmen beinhalten. Die Gestaltung der Entsendung orientiert sich an der Strategie des Unternehmens und ist u. a. abhängig von den Unternehmenszielen und der Marktpositionierung. Die Entsendung in ein anderes Land ist bis zu einer Dauer von drei Monaten i. d. R. unproblematisch und erfordert keinen besonderen Handlungsbedarf. Erst darüber hinaus können tiefgreifende Probleme auftreten, die den Erfolg der Entsendung maßgeblich beeinflussen.

Eines der Hauptproblemfelder beschäftigt sich mit der kulturellen Vielfalt innerhalb eines weltweit agierenden Unternehmens. Darum entstand der Begriff des “Diversity Managements“, der sich mit dem positiven Potenzial einer „multikulturellen“ Belegschaft auseinandersetzt. Diese Arbeitnehmerschaft unterscheidet sich durch Alter, Geschlecht, Nationalität, Religion, Hautfarbe, Bildungsgruppe etc.[3] Die Unterschiedlichkeit der Menschen kombiniert mit ihren verschiedenen Potenzialen, können den Unternehmenserfolg entscheidend bestimmen.

Die Kosten einer Auslandsentsendung werden vorrangig durch die Person des Expatriates, die Unternehmensziele und die Umweltbedingungen des Gastlandes bestimmt. Der Entsandte bestimmt mit seiner Gehaltsforderung einen Großteil der Kosten. Weiterhin werden entsprechend seiner Aufgaben und seinen Kenntnissen Maßnahmen nötig, um ihm das notwendige Know-how für seinen Einsatz zu verschaffen. Dazu gehören bspw. Sprachschulungen, interkulturelle Trainings als auch die Vermittlung von fachlichem Wissen. Auch der Faktor der Mitentsendung der Familie erhöht die Kosten erheblich. Die Ziele der Entsendung bestimmen Umfang und Art der Aufgaben des Expatriates, die Dauer der Entsendung und die notwendigen Qualifikationen, über die er verfügen muss. Je anspruchsvoller die Aufgabe sich gestaltet und je länger die Entsendung dauert, desto höher sind die Kosten für Entgelt, Zulagen, Vorbereitung, Betreuung und Reintegration. Auch das Gastland beeinflusst einen Großteil der Kosten. Liegen die Lebenshaltungskosten bspw. über denen des Heimatlandes, ist ein entsprechender Zuschuss zu gewähren, um den gleichen Lebensstandard im Ausland wie im Heimatland gewährleisten zu können. Ein anderer Aspekt ist das Vorhandensein von Abkommen zwischen dem Heimat- und dem Gastland, da diese die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Problematik erheblich vereinfachen bzw. kostenseitig verringern können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Beeinflussungsfaktoren der Kosten einer Entsendung[4]

Die Durchführung einer Entsendung ist nicht nur eine kostspielige Angelegenheit, sondern auch sehr zeitaufwendig. Sie beginnt mit der Auswahl der zu entsendenden Mitarbeiter und der Entwicklung und Durchführung von vorbereitenden Trainings. Darüber hinaus schließt sie organisatorische Aufgaben, wie bspw. die Beschaffung von Visa und Arbeitserlaubnis sowie der Organisation der Unterkunft ein. Auch die Beschaffung von Informationen über das Gastland hinsichtlich politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse, Schulmodalitäten und medizinische Versorgung gehören zur Vorbereitung. Weitere Aufgaben der Personalabteilung im Rahmen der Entsendung sind die Erstellung von Verträgen, die Abwicklung der Entgeltabrechnung, die Benennung eines Mentors und eines Paten sowie die Klärung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Fragen. Diese Aufgaben bereiten den Unternehmen im besonderen Schwierigkeiten, werden als die größten Herausforderungen gesehen und können kaum standardisiert werden. Die Entwicklung einer unternehmensweiten Entsendungsrichtlinie hingegen klärt grundsätzliche Fragen einer Entsendung und schafft einen Standard für alle zukünftigen Expatriates.

Im Folgenden werden die Hauptaspekte und Problemfelder von Auslandseinsätzen aufgezeigt sowie Lösungen vorgeschlagen. Zu den wichtigsten Aspekten gehören Motive und Strategien für Auslandseinsätze, aktuelle Trends, die Auswahl geeigneter Personen, deren Vorbereitung, Einsatz, Betreuung sowie Reintegration. In Kapitel 9 wird insbesondere auf die Spezifikationen Indiens eingegangen, die Entsendungen in dieses Land mit sich bringen.

2 Motive der Unternehmen und der Entsendeten

Die Beweggründe von Unternehmen und Mitarbeitern, sich für eine Entsendung zu entscheiden, sind auf beiden Seiten vielfältig. Die Motive der Unternehmen lassen sich zumeist in vier Kategorien einteilen, während sich bei den Mitarbeitern oft zwei Aspekte herauskristallisieren. Bei jüngeren Bewerbern dominieren die Gründe sich bewähren zu wollen und etwas zu erleben. Bei Älteren stehen Selbsterfahrungs-, Flucht- oder Hilfsmotive im Vordergrund.[5]

2.1 Motive der Unternehmen

Das langfristige Oberziel international agierender Unternehmen ist die Steigerung des Unternehmenswertes und somit die Existenzsicherung. Dazu sollen Ressourcen und Potentiale erschlossen, Synergieeffekte und Kostenvorteile erzielt, Geschäftsrisiken gestreut, sowie Gewinnchancen und Absatzsteigerungen im Ausland erhöht werden[6]. Die Auseinandersetzung mit anderen Ländern, Märkten und Geschäftsgebaren[7] ist notwendig, erstens um sich den Marktzugang in andere Regionen zu ermöglichen, zweitens um deren staatliche Förderungen in Anspruch nehmen und eigene Produktionsstätten dorthin verlagern zu können sowie drittens um schnell auf Konkurrenten im Ausland reagieren und eigene Konkurrenzvorteile erzielen zu können.[8] Für die Erreichung dieser Ziele sind Auslandsentsendungen notwendig und lassen sich ihren Motiven nach wie folgt unterscheiden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Entsendungsmotive der Unternehmen[9]

2.1.1 Beidseitiger Know-how-Transfer

Kenntnisse und Erfahrungen, die in der Auslandsgesellschaft nicht oder ungenügend vorhanden sind, sollen von der Muttergesellschaft transferiert werden. Dabei wird zwischen drei Arten von Know-how unterschieden. Zum einen gilt es, geschäftsbezogene Kenntnisse und Fähigkeiten zur Aufgabendurchführung zu übermitteln, wie z. B. Marktkenntnisse oder die Vermittlung persönlicher Beziehungen. Zweitens wird das informationstechnologische Know-how für die Übermittlung von Informationen an das Stammhaus benötigt. Die dritte Art, das administrative Know-how, gewährleistet die Durchführung von verwaltenden und steuernden Tätigkeiten.[10]

2.1.2 Koordinations- und Kontrollfunktion

Die Koordination und Kontrolle aller Handlungen innerhalb eines Konzerns zählt zu den schwierigsten Aufgaben eines Managers. Um dem mit Erfolg nachkommen zu können, ist eine einheitliche Berichterstattung notwendig und das Management auf die Zusammenarbeit der Mitarbeiter - unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen – in den jeweiligen Gesellschaften angewiesen.[11]

Das heutzutage oft genannte Ziel der Verbesserung des Kommunikationsflusses, zur Abstimmung von Handlungen für ein gemeinsames Ergebnis sowie für den Aufbau einer gemeinsamen Strategie und einer einheitlichen Unternehmensführung erfolgt durch zentral formulierte Ziele, Richtlinien und Maßnahmen.[12] Allerdings ist den Tochtergesellschaften im Ausland auch ein gewisses Maß an Autonomie zu gewähren, um sich soweit notwendig, den lokalen Besonderheiten anpassen zu können. Dies darf aber nicht zu Lasten der Interessen der Muttergesellschaft gehen darf.[13]

2.1.3 Personalentwicklungsmaßnahmen

Die Entsendung als Teil der Laufbahnplanung bei Nachwuchskräften soll zum einen deren Führungsfähigkeiten entwickeln, indem ihnen mehr Einsicht für internationale Zusammenhänge und kulturelle Kompetenzen vermittelt wird. Zum anderen sollen die einheimischen Mitarbeiter durch das Wissen und die Erfahrungen der Entsandten geschult, ausgebildet und eingearbeitet werden, um zukünftig qualifizierte Aufgaben übernehmen und Mitarbeiter führen zu können.[14]

2.1.4 Mangel qualifizierter Fach- und Führungskräfte

Um das Fehlen einheimischer Führungskräfte zu kompensieren und formelle als auch informelle Beziehungsgefüge aufzubauen, eignet sich die Entsendung von qualifizierten Fach- und Führungskräften aus der Heimat- in die Auslandsgesellschaft. Durch diese Besetzungsstrategie werden einerseits gerade die persönlichen Beziehungen als auch die Qualität der Informationsvermittlung entscheidend verbessert und andererseits die Entwicklung einer weltweit tragenden Unternehmenskultur unterstützt.[15] Weitere Vorteile der Entsendung von Stammhausmitarbeitern sind die auswärtige Vertretung der Interessen der Muttergesellschaft in Institutionen und Gremien, sowie die Durchsetzung eines einheitlichen Reportingsystems, Führungs- und Kommunikationsstils. Auch die Ausbildung des einheimischen Personals kann direkt durch die Vertreter der Stammgesellschaft und in deren Sinne erfolgen.

2.1.5 Veränderung der Motive

Die Ziele von Unternehmen Mitarbeiter zu entsenden, verändern sich mit der Dauer des Auslandsengagements bzw. dem Internationalisierungsgrad des Unternehmens. So ist der Entsendungsgrad zu Beginn der Erschließung von Auslandsmärkten und beim Aufbau von Niederlassungen im Ausland besonders hoch und nimmt ab, sobald qualifiziertes einheimisches Personal gewonnen oder ausgebildet werden konnte.[16] Durch die Beschäftigung Einheimischer gewinnt das Unternehmen Vorteile gegenüber den örtlichen Bedingungen hinsichtlich Markt, Zulieferer und Behörden. Zugleich fallen die hohen Kosten für die Entsendungen bezüglich Gehalt, Unterbringung, Familienbetreuung etc. weg.[17]

Nach einer Studie von Ernst&Young - bei der deutsche Unternehmen befragt wurden - stehen bei 83 % der befragten Unternehmen für Entsendungen konkrete Projekte im Vordergrund. Der Personalentwicklung und dem Know-how-Transfer messen jeweils weniger als 11 % primäre Bedeutung bei.[18]

2.2 Motive der Entsendeten

Die Gründe eines Mitarbeiters, für eine Zeit lang ins Ausland zu gehen, können vielfältiger Natur sein und sind individuell verschieden. Der Entscheidungsprozess gestaltet sich durch ein Abwägen von Vor- und Nachteilen, bezogen auf die persönliche, berufliche, familiäre und soziale Situation des Mitarbeiters. Anders formuliert können diese Faktoren auch in intrinsische, extrinsische sowie moderierende Motivationsfaktoren unterteilt werden. Während zu den intrinsischen Variabeln die eigene Mobilitätsbereitschaft und die persönliche Erwartung gegenüber der neuen Kultur und Aufgabe zählen, sind Beispiele für extrinsische Faktoren Einkommenssteigerungen, Aufstieg innerhalb der Unternehmenshierarchie und die wirtschaftliche oder politische Situation im Gastland. Moderierende Einflussfaktoren sind u. a. die Berufstätigkeit des Partners und die Schulpflichtigkeit der Kinder, die ebenfalls einen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen einen Auslandseinsatz ausüben.[19]

2.2.1 Akzeptanzgründe

Zu den typischen Mitarbeiterinteressen einer Auslandsentsendung gehören[20]:

- Einkommenssteigerung
- Förderung der eigenen Qualifikation und Karriere
- Übernahme von Verantwortung
- Soziales Engagement in Entwicklungsländern
- Persönliche Herausforderungen
- Fremde Länder, Sprachen und Kulturen erleben
- Wunsch nach Veränderung und neuen Lebenserfahrungen
- Unzufriedenheit mit der Arbeit im Stammhaus
- Interessantes Aufgabenfeld
- Auslandsentsendung als Weiterbildung
- Neue Erfahrungswelt für die Familie mit Kindern

Andererseits kann der Grund für den Entschluss zu einer Entsendung auch in der Angst liegen, sonst keine Beförderungsmöglichkeit mehr zu erhalten.[21]

Da nicht jeder Arbeitnehmer die gleichen Ziele mit seiner Entsendung anstrebt, ist auch nicht jeder Arbeitnehmer mit den gleichen Anreizen für einen Auslandsaufenthalt zu motivieren. Nach Kammel und Teichelmann gibt es unter den entsendungsbereiten Mitarbeitern die folgenden Motivationstypen[22]:

Tab. 1: Motivationstypen bzgl. Auslandseinsätzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Selten jedoch wird ein Arbeitnehmer genau einem Motivationstyp in Reinform entsprechen, sondern eher aus verschiedenen Gründen einem Auslandseinsatz zustimmen.[23] Kennt das Unternehmen die Motivatoren des Kandidaten, den es entsenden möchte, kann es ihn gezielt über die jeweilig geeigneten „Hebel“ stimulieren, sich entsenden zu lassen.

In den letzten Jahren haben Unternehmen zunehmend erkannt, dass Expatriates nicht ausschließlich durch ein höheres Entgelt zu motivieren sind, sondern durch Herausforderungen und anspruchsvolle Aufgaben. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass so genannte Cafeteria-Systeme immer mehr an Bedeutung gewinnen[24]. Sie ermöglichen eine Auswahl aus vorgegebenen Alternativen betrieblicher Sozialleistungen, entsprechend den individuellen Präferenzen.[25] Die Vorteile dieses Anreizsystems liegen in der reduzierten Überprüfungsnotwendigkeit und der Individualisierung. Nachteilig sind die Schwierigkeiten, die mit der Findung der richtigen Austauschrelationen verbunden sind, die erschwerte grenzüberschreitende Vergleichbarkeit[26] und der verwaltungsmäßige Aufwand[27].

Neben verschiedenen Motivatoren, die für eine Entscheidung des Unternehmensangehörigen zum Auslandseinsatz verantwortlich sind, gibt es auch Gründe, die zu dessen Ablehnung führen können.

2.2.2 Ablehnungsgründe

Wirth untersuchte 1992 in seiner Studie auch die Gründe, die auf Seite der Arbeitnehmer zur Ablehnung einer Entsendungstätigkeit führen können. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigt die folgende Übersicht:

Tab. 2: Ablehnungsgründe für Auslandseinsätze[28]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der am häufigsten genannte Grund gegen eine Auslandstätigkeit betrifft demnach familiäre Hindernisse. Dahinter verbergen sich die Ablehnung durch den Partner, der gegebenenfalls seinen Arbeitsplatz aufgeben müsste, die anstehende Einschulung der Kinder oder die Trennung von Freunden und Verwandten.[29] Erst danach wird die Angst vor Karrierenachteilen im Stammhaus als Grund genannt.

In der gleichen Studie befragte Wirth auch die Arbeitgeberseite nach ihren Einschätzungen zu zukünftigen Problemen im Zusammenhang mit Entsendungen von Mitarbeitern ins Ausland. Dies ergab vorrangig die Befürchtung, dass die Mobilität der Arbeitnehmer (13 % der Nennungen) sinken würde. Nachrangig wurden „Berufstätigkeit des Ehepartners, Reintegrationsprobleme und immer höhere Kosten“ genannt.[30]

3 Aktuelle Trends

Die seit Jahren zunehmende Zahl von Auslandsentsendungen wird im Zeitalter der Globalisierung und EU-Erweiterung weiter ansteigen. Allerdings sind die Unternehmen gezwungen, die damit verbundenen hohen Kosten zu verringern. Dies geschieht zum einen durch eine zeitliche Verkürzung der Entsendungen[31] oder der Einstellungsentscheidung zugunsten lokaler Mitarbeiter. Zum anderen werden Betreuungsprogramme gekappt und preisgünstigere Anbieter für die Relocation gesucht.[32]

Weiterhin haben sich in den letzten Jahren alternative Entsendungsformen herausgebildet, die in Zukunft weiter zunehmen werden, während die klassische Form der Langzeitentsendung an Bedeutung verlieren wird. Zu den Alternativen zählen kurzfristige Entsendungen, internationales Pendeln und Vielflieger. Eine Befragung von Harris / Brewster / Erten im Jahr 2005 ergab, dass der Know-how-Transfer bei allen Formen der Auslandsentsendung das oberste Ziel bleibt, nur bei Vielfliegern wird die Steuerung und Kontrolle der Auslandsniederlassung als wichtiger eingeschätzt.[33]

Die Vorteile kurzfristiger Entsendungen und internationalen Pendels liegen in den geringeren Kosten aufgrund der wegfallenden Mitentsendung von Familienangehörigen. Weiterhin fallen Dual-carrer-Probleme weg, da der Partner nicht gezwungen ist, seine Tätigkeit aufzugeben und sich im Ausland eine neue Beschäftigung zu suchen. Alle drei alternativen Entsendungsformen bringen im Gegensatz zur traditionellen langfristigen Entsendung keine oder nur geringe Repatriierungsprobleme mit sich.[34]

Die oben erwähnte Studie von Harris / Brewster / Erten ergab, „dass jede Form internationalen Arbeitens ihre eigenen klar definierten Probleme hat“[35]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Problembereiche bei unterschiedlichen Formen der Auslandsentsendung[36]

3.1 Kurzfristige Entsendung

Kurzfristige Entsendungen dauern über mehrere Monate bis zu einem Jahr und werden mit oder ohne Familie durchgeführt.[37] Zumeist arbeiten Führungskräfte in internationalen Teams und nutzen kurzfristige Entsendungen, um internationale Projekte durchzuführen. Dabei treten die bekannten Kulturschocksymptome nicht so häufig auf wie bei Langzeitentsendungen. Dafür belasten Gefühlsschwankungen oft die Psyche der Entsandten. Gefühle wie Unsicherheit und Klarheit, Freude aber auch Frustration treten im Wechsel auf.[38]

3.2 Internationales Pendeln

Der Expatriate hält sich den Großteil der Woche an seinem Arbeitsplatz im Ausland auf und besucht seine Familie zumeist einmal in der Woche oder einmal innerhalb von vierzehn Tagen. Der Nachteil, der dadurch entsteht, liegt im wesentlichen zum einen in den hohen zusätzlichen Kosten für Flüge und Unterkunft. Zum anderen ist der Mitarbeiter einem erhöhten familiären Stress ausgesetzt und versucht, die mit der Familie übrige Zeit intensiv zu genießen, wobei Konflikte vorprogrammiert sind. Im schlimmsten Fall erlebt der Entsandte nach einiger Zeit ein Burn-out-Syndrom.[39]

3.3 Vielflieger

Mitarbeiter, die oft Geschäftsreisen unternehmen, ohne sich im Ausland niederzulassen, werden als Vielflieger bezeichnet.[40] Bekannte Folgen des häufigen Fliegens sind sowohl psychischer als auch physischer Art. Zum einen besteht ein erhöhtes Risiko eines Herzinfarkts und von Geschwüren. Andererseits leiden Vielflieger häufiger an Schlafschwierigkeiten, Schlafmangel und auch an Eheproblemen. Um letzteren entgegenzuwirken, sollte versucht werden, den Partner zu integrieren und zeitweise auf Geschäftsreisen mitzunehmen, damit das Paar mehr Zeit zusammen verbringen kann. Sofern immer die gleiche Airline, das gleiche Hotel oder die gleiche Hotelkette gebucht wird, wird ein wenig Beständigkeit und Gewohnheit in die permanent neue Situation und Umgebung gebracht. Weiterhin sollte der Expatriate versuchen, so viel Zeit wie möglich in der Natur zu verbringen, um sich entspannen und genug Melatonin produzieren zu können. Melatonin steuert den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers. Ein Jet-Lag kann gemildert werden, wenn der Entsandte sofort in den Rhythmus des Gastlandes übergeht und die dortigen Essens- und Schlafenszeiten einhält.

Eine Frage, die sich Manager stellen sollten, ist ob face-to-face Meetings wirklich immer notwendig sind oder ob die heutigen Kommunikationstechnologien, wie Videotelefonie, diese Treffen teilweise ersetzen können. Voraussetzung ist, dass Führungskräfte auch fähig sind, diese Techniken zu bedienen. Ist dies gegeben, liegt es bei jedem Manager selbst zu entscheiden, ob das Managen entfernter Teams durch die fortschrittliche Technik oder durch face-to-face Meetings notwendig ist.

3.4 Dual Careers

Dual-carrer Couples sind (Ehe-)Paare, bei denen beide berufstätig sind und gern ihren Tätigkeiten und Karrieren nachgehen. Sobald ein Partner ein Angebot bekommt, ins Ausland zu gehen, steht im Gegensatz zu Alleinverdienerfamilien, die berufliche Karriere des Anderen dem entgegen, da es äußerst selten vorkommt, dass beide Partner in demselben Unternehmen arbeiten und zur gleichen Zeit an den selben Ort entsandt werden[41]. Der Partner ist gezwungen allein zurückzubleiben, um seiner Karriere nachzugehen, oder seine Tätigkeit aufzugeben und mitzuziehen.

Weder Frauen noch Männer sind zunehmend bereit, ihr Karriere aufzugeben und dem Partner ins Ausland ohne eigene Beschäftigungsmöglichkeit zu folgen.[42] Jedoch sind – sofern sich ein Partner entschließt seine Position zu Gunsten der Karriere des anderen aufzugeben – es vermehrt die Frauen, die bereit sind, dieses Opfer zu erbringen.[43] Im Ausland – auch in europäischen Ländern - ist es zudem oft schwer für Frauen, eine geeignete Stelle bzw. Arbeitserlaubnis zu erhalten. Zum einen weil viele Länder ihren eigenen Bürgern in erster Linie Arbeit vermitteln wollen, aber auch weil es in vielen Ländern „Bräuche, Einstellungen oder Religionen gibt, die gegenüber der Präsenz von Frauen in Berufen oder im Wirtschaftsleben und in der Gesellschaft im allgemeinen feindlich eingestellt sind“[44]. In islamistischen Ländern ist es der Frau im Extremfall sogar „nicht gestattet, sich unverschleiert in der Öffentlichkeit zu zeigen und mit männlichen Kollegen oder Besuchern ohne Anwesenheit des Ehemannes zu sprechen“[45].

Als Folge entscheiden sich viele Paare gegen die Entsendung, womit klar wird, dass deren Mobilität gegenüber Alleinverdienerpaaren einschränkt ist. Eine weitere Ursache der Ablehnung liegt in dem Wegfall des finanziellen Vorteils, da der Verlust des zweiten Einkommens nicht durch die entsendungsbedingten Zulagen und Prämien kompensiert wird.[46] Einige Unternehmen versuchen dies finanziell auszugleichen, aber oft ist es dem Partner wichtiger einer Tätigkeit nachzugehen, als zu Hause – finanziell versorgt – täglich auf den Partner zu warten. Eine Zeit lang ist es sicher auch attraktiv für Kinder, Hobbys und in gemeinnützigen Vereinen zu arbeiten, aber befriedigender finden es viele Paare, wenn das Unternehmen ihnen gemeinsam eine Stelle anbietet.[47] Um dies zu ermöglichen, beginnen Unternehmen vermehrt Dual-career-Strategien zu entwickeln, die z. B. vorsehen, innerhalb eines Netzwerkes von Firmen, dem Partner eine berufliche Perspektive in einem anderen Unternehmen anzubieten. Allerdings bildet auch hier unter Umständen die Nichterteilung einer Arbeitserlaubnis für den Partner ein unüberwindbares Hindernis.[48]

3.5 Auslandseinsatz von Frauen

Die geringe Quote von Frauen im Management wurde schon vor mehr als 20 Jahren in Untersuchungen festgestellt und bemängelt. Seitdem hat sich an dieser Situation wenig verändert.[49] Dabei wird Frauen nachgesagt, dass ihre Entsendung auch eine positive Vorbildfunktion für andere Frauen darstellt und diesen mögliche Karrierewege aufzeigt. Weiterhin verfügen Frauen über eine höhere Sensibilität und besitzen daher mehr Verständnis für unterschiedliche Kulturen. Ihre Entsendung fördert die Chancengleichheit von Frauen und Männern und ermöglicht den Unternehmen auf ihre gesamten Humanressourcen zuzugreifen.[50] Allerdings ist die Entsendung von Frauen, wie erwähnt, nicht in allen Ländern uneingeschränkt möglich. In einigen Ländern des mittleren Ostens erhalten sie aufgrund ihres Geschlechts keine Arbeitserlaubnis.[51] Ein weiteres Problem liegt in der dortigen traditionellen Rollenverteilung von Mann und Frau, die der Entsendung der arbeitenden Frau und dem Mann, der sich im Ausland um Kind und Haushalt kümmert, widerspricht. Aufgrund dieser ungewöhnlichen Aufgabenverteilung ist ein Konflikt zwischen Beruf und Familie zu vermuten.[52]

3.6 Kosten-Nutzen-Überlegungen

Wie bei jeder betriebswirtschaftlichen Investition sind auch vor jeder Entsendung Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwiegen. Dabei lassen sich die direkten Kosten für das erhöhte Entgelt präzise berechnen. Hinzu kommen Aufwendungen für Schulungsmaßnahmen, Umzug sowie An-, Rückreise und Familienheimfahrten, Zusatzversicherungen, Schulgeld für die mitziehenden Kinder, Dienstwagen, die Ausstattung für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes am Zielort und Ausgleichszahlungen, um das Entgeltniveau an das Gastland anzupassen. Dadurch verdoppeln sich die Kosten schnell, gegenüber denen, die der Arbeitgeber für den Mitarbeiter bei einer Beschäftigung im Stammunternehmen zahlt. Dies belegt auch die folgende Abbildung aus der Studie von Ernst&Young:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Um wie viel teurer ist ein Mitarbeiter, der ins Ausland entsandt wird[53]

Dass die Kosten zum einen von dem Zielland als auch der ggf. mitziehenden Familie abhängen, zeigt die Kostenübersicht der zwei folgenden Grafiken[54]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Kosten der Entsendung eines alleinstehenden Mannes ohne Kinder

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Abb. 6: Kosten der Entsendung eines verheirateten Mannes mit zwei Kindern

Der längerfristige Nutzen ist zumeist schwieriger zu ermitteln als die kurzfristigen Kosten und orientiert sich an den Zielen des Auslandseinsatzes.[55] Somit ist die Definition der Ziele Grundvoraussetzung für jede weitere Aktivität der Entsendung.

Expatriates gehören zu den teuersten Mitarbeitern einer Organisation[56], deren Kosten sich erst ab einer Dauer von mehreren Jahren amortisieren. Daher ist es effizient und wünschenswert, dass - sofern eine langfristige Entsendung erfolgt -, diese zumindest die Amortisationsdauer überschreitet. Aufgrund der hohen Kosten einer Entsendung, hat sich innerhalb der letzten Jahre ein Trend herausgebildet, demnach Kunden ihre Aufträge in Projekten organisieren, die zeitlich in relativ kurzer Dauer erfüllbar sind. Dies bestätigt auch die Studie von Ernst&Young[57]:

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Abb. 7: Gründe für Entsendungen

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Abb. 8: Größte Einflussfaktoren auf die Zahl von Entsendungen

4 Auswahl geeigneter Mitarbeiter

Der Entsendungsprozess gliedert sich in verschiedene Phasen, auf die nacheinander eingegangen wird:[58]

- Auswahl geeigneter Mitarbeiter (siehe Punkt 4)
- Vorbereitung auf den Auslandseinsatz (siehe Punkt 5)
- Einsatz und Betreuung (siehe Punkt 6)
- Rückkehr und Reintegration (siehe Punkt 7)

Die Auswahl der richtigen Mitarbeiter, die das Anforderungsprofil der Auslandsposition optimal erfüllen, gilt als einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren einer Entsendung. Es ist ein gründlicher Auswahlprozess durch kompetentes und erfahrenes Personal notwendig, um einen vorzeitiger Abbruch aufgrund einer Fehlbesetzung zu verhindern.[59] Dieser hätte kostspielige Konsequenzen aufgrund der erfolgten Fehlinvestition, ggf. einen Imageverlust und den Wegfall von wichtigen Kunden- und Geschäftsbeziehungen zur Folge, die unter Umständen weitere Geschäfte im Gastland unmöglich machen können.[60]

4.1 Besetzungsstrategien

Ein Unternehmen, das Stellen in ausländischen Niederlassungen zu besetzen hat, kann dafür grundsätzlich Mitarbeiter des Stammlandes, des Gastlandes oder aus einem Drittland gewinnen. Die damit jeweils verbundene Strategie der Personalpolitik hängen von den internationalen Erfahrungen, der Größe des Stammhauses sowie von dem Gründungs- oder Übernahmezeitpunkt der Tochtergesellschaft ab. Dass z. B. eine polyzentrische Besetzungsstrategie, also die Besetzung von Stellen mit einheimischen Personal, erst nach längerer Zeit möglich ist, liegt nahe.[61]

Es gibt keine „beste Strategie“ bei der Besetzung von Positionen in der Auslandsgesellschaft, sondern nur das Ziel, die richtige Balance zwischen dem Bestreben nach einer einheitlichen Unternehmensführung und notwendiger Anpassungen an die Gegebenheiten im Gastland zu finden.[62] Weiterhin können multinationale Unternehmen mehr als einen Ansatz internationaler Stellenbesetzungspolitik verfolgen, jedoch in Abhängigkeit von den zuvor genannten Rahmenbedingungen.[63]

4.1.1 Ethnozentrische Besetzungsstrategie

Die ethnozentrische Besetzungsstrategie trifft man überwiegend zu Beginn internationaler Geschäftstätigkeit eines Unternehmens an[64], wobei ausschließlich Mitarbeiter der Muttergesellschaft Führungspositionen im Ausland wahrnehmen. Mit deren Fachwissen und Erfahrungen soll die Umsetzung der von der Muttergesellschaft vorgegebenen Strategien gewährleistet werden. Dabei gelten die Normen der Muttergesellschaft als maßgeblich und es werden deren Werte und Unternehmenskultur vermittelt.[65] Ein anderer Grund für den Einsatz von Fach- und Führungskräften im Ausland kann das Fehlen von qualifizierten Mitarbeitern vor Ort sein, weshalb Expatriates die Auslandsniederlassung unterstützen sollen.[66]

Die Vorteile dieser Besetzungsstrategie liegen in der schnellen Durchsetzbarkeit einer einheitlichen Unternehmenspolitik, guter Kommunikationsverbindungen sowie eines schnellen Know-how-Transfers. Demgegenüber steht die „geringe Nutzung von Globalisierungs- oder Lokalisierungsvorteilen“[67] und damit die erschwerte Rekrutierung geeigneter und bereiter Mitarbeiter für die Entsendung. Nachteilig sind auch die mit einer Entsendung verbundenen hohen Kosten und die schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten der Einheimischen, was zu deren Demotivation und Fluktuation führt sowie eine Verschlechterung des Betriebsklimas mit sich zieht.[68] Weiterhin sieht sich der Expatriat bei einer ethnozentrischen Besetzungsstrategie oftmals konfrontiert mit sozialen Vorurteilen, Neid oder Missgunst, was es ihm erschwert, Anschluss zu finden.[69]

4.1.2 Polyzentrische Besetzungsstrategie

Die polyzentrische Ausrichtung berücksichtigt nationale Besonderheiten und geht davon aus, dass einheimische Führungskräfte besser in der Lage sind, ausländische Niederlassungen unter den jeweiligen landesspezifischen Bedingungen zu leiten.[70] Daher werden Führungspositionen durch einheimische Mitarbeiter mit dem Ziel besetzt, sich die lokale Akzeptanz und eine hohe Flexibilität zu sichern.[71] Weiterhin haben sich die Fähigkeiten und Kompetenzen von lokalen Managern in vielen Ländern verbessert und rechtfertigen nicht mehr die teure Beschäftigung von Expatriates mit der Begründung des Fehlens qualifizierten lokalen Personals.[72]

Durch diese Strategie wird das Image der Muttergesellschaft im Ausland aufgewertet und sie trägt der einheimischen Führungskultur mit deren Besonderheiten Rechnung und sorgt für den Motivationserhalt der Belegschaft. Weiterhin ist sie zumeist kostengünstiger als die Entsendung von Stammhausangehörigen.[73] Nachteilig ist zu sehen, dass Sprachbarrieren einem hohen Abstimmungsbedarf erfordern[74] und sich durch die geringere Kommunikations- und Kontrollmöglichkeit der Muttergesellschaft, die Integration der Auslandstocher und der Know-how-Transfer verlangsamen[75]. Weiterhin wird für jedes Land eine spezifische Personalpolitik notwendig[76], die die dortigen Besonderheiten berücksichtigt.

4.1.3 Geozentrische Besetzungsstrategie

Ohne Berücksichtigung der Nationalität oder Kultur werden bei der geozentrischen Besetzungsstrategie die besten Mitarbeiter für Schlüsselpositionen in der Organisation gesucht.[77] Dies bedeutet eine Kombination der ethno- und polyzentrischen Strategie, da sowohl die globalen Marktgegebenheiten als auch die unterschiedlichen Führungsstile berücksichtigt werden. Diese transnationale Strategie verfolgt globale Ziele, orientiert sich nicht an länderspezifischen Werten und strebt eine internationale Konzernstruktur an.[78]

[...]


[1] Die vorliegende Diplomarbeit ist zumeist auf die männliche Version des Expatriates und Partners beschränkt, wodurch in keinem Fall die weibliche ausgeschlossen wird. Der Begriff Expatriate bezeichnet Auslandsentsandte, die i. d. R. Aufgaben einer qualifizierten Fach- oder Führungskraft ausführen.

[2] Vgl. Stahl, 1998, S. 3.

[3] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 237f.

[4] Eigene Darstellung.

[5] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 163.

[6] Vgl. Scherm, 1995, S. 72

[7] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 66.

[8] Vgl. Scherm, 1995, S. 72

[9] In Anlehnung an Hein, 1999, S. 85.

[10] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 159.

[11] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 66.

[12] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 158.

[13] Vgl. Hein, 1999, S. 86.

[14] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 66.

[15] Vgl. Wirth, 1992, S. 80f.

[16] Vgl. Wirth, 1992, S. 128.

[17] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 168f.

[18] Vgl. Smith, 2003, S. 8.

[19] Vgl. Weber et al., 1998, S. 107.

[20] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 164; Kammel / Teichelmann, 1994, S. 65f.; Wirth, 1992, S. 139f.

[21] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 160.

[22] Kammel / Teichelmann, 1994, S. 65ff.

[23] Vgl. Stahl, 1998, S. 24.

[24] Vgl. Marx, 2001, S. 184.

[25] Vgl. Weber et al., 1998, S. 214.

[26] Vgl. Scherm, 1995, S. 292.

[27] Vgl. Jung, 2001, S. 883.

[28] Wirth, 1992, S. 133: Mehrfachnennungen waren möglich.

[29] Vgl. Stahl, 1998, S. 24.

[30] Vgl. Wirth, 1992, S. 133.

[31] Vgl. Marx, 2001, S. 11.

[32] Vgl. Berg, 2005, S. 32.

[33] Vgl. Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 276ff: nach Projekterfordernissen wurde nicht gefragt.

[34] Ebenda, S. 276.

[35] Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 284.

[36] Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 283.

[37] Vgl. Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 276.

[38] Vgl. Marx, 2001, S. 11.

[39] Vgl. Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 276ff.

[40] Ebenda, S. 276.

[41] Vgl. Linehan / Scullion / Mattl, 2005, S. 359.

[42] Vgl. Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 272.

[43] Vgl. Linehan / Scullion / Mattl, 2005, S. 359.

[44] Weber et al., 1998, S. 136.

[45] Dülfer, 2001, S. 544f.

[46] Vgl. Von Brunn / Hauser, S. 522.

[47] Vgl. Marx, 2001, S. 179 ; Von Brunn / Hauser, S. 522.

[48] Vgl. Rehberg, 1997, S. 391; Dülfer, 2001, S. 544f.

[49] Vgl. Linehan / Scullion / Mattl, 2005, S. 347.

[50] Vgl. Scherm, 1995, S. 178.

[51] Vgl. Weber et al., 1998, S. 135.

[52] Vgl. Scherm, 1995, S. 177f.

[53] Smith, 2003, S. 34.

[54] Smith, 2003, S. 35: Angaben in Euro, Gehalt in Deutschland: 75.000 Euro.

[55] Vgl. Kressler, 1993, S. 88.

[56] Vgl. Harris / Brewster / Erten, 2005, S. 271.

[57] Smith, 2003, S. 8.

[58] In Anlehnung an Blom / Meier, 2004, S. 171.

[59] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 73.

[60] Vgl. Weber et al., 1998, S. 129.

[61] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 157.

[62] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 32; Scherm, 1995, S. 4.

[63] Vgl. Weber et al., 1998, S. 111.

[64] Vgl. Jahnke, 1996, S. 146; Stahl, 1998, S. 14.

[65] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 157.

[66] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 133.

[67] Scherm, 1995, S. 74.

[68] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 133.

[69] Vgl. Scherm, 1995, S. 141.

[70] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S.30.

[71] Vgl. Scherm, 1995, S. 74.

[72] Vgl. Weber et al., 1998, S. 137f.

[73] Vgl. Blom / Meier, 2004, S. 134.

[74] Vgl. Kammel / Teichelmann, 1994, S. 30.

[75] Vgl. Jahnke, 1996, S. 148.

[76] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 157.

[77] Vgl. Scherm, 1995, S. 140; Blom / Meier, 2004, S. 134.

[78] Vgl. Hardes / Wächter, 1993, S. 157.

Ende der Leseprobe aus 112 Seiten

Details

Titel
Ausgewählte Erfolgsfaktoren bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland. Zum Entsendungsland Indien
Untertitel
Kulturelle, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
112
Katalognummer
V47375
ISBN (eBook)
9783638443371
Dateigröße
1156 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ausgewählte, Erfolgsfaktoren, Entsendung, Mitarbeitern, Ausland, Entsendungslandes, Indien, Hinblick, Aspekte
Arbeit zitieren
Nadja Israel (Autor:in), 2005, Ausgewählte Erfolgsfaktoren bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland. Zum Entsendungsland Indien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47375

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