Das Management rezenter Rheinhochwässer


Referat (Ausarbeitung), 2002

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Übersicht:

1. Einleitung

2. Ursachen, Arten und Entstehung von Hochwässern
2.1 Natürliche Ursachen
2.2 Anthropogene Ursachen

3. Folgen von Hochwässern
3.1 Folgeerscheinungen
3.2 Schäden
3.3 Das Schadenpotential und die Versicherungen

4. Gegenmaßnahmen, Einrichtungen und Kooperationen
4.1 Allgemein
4.2 Beispiel Rhein

5. Fazit

6. Abbildungen

7. Tabellen

8. Literatur

1. Einleitung

Praktisch kein Ort auf der Erde ist sicher vor Überschwemmungen. Sie treten mehr oder weniger regelmäßig entlang von Flüssen, aber auch weit weg davon auf. Die betroffenen Gebiete sind eher linien- als flächenhaft, daher ist auch die Darstellung in kleinmaßstäb-lichen Gefährdungskarten kaum möglich.

Kein Naturphänomen tritt weltweit so häufig auf und verursacht in der Summe so hohe Schäden, wie die verschiedenen Arten von Überschwemmungen. Einzig die verschie-denen Arten von Stürmen stellen eine ähnlich große Gefährdung dar.

Hochwässer sind somit Naturereignisse. Der natürliche Wechsel der Wasserstände gehört zum Wesen der Flüsse, ist Grundlage der Fließgewässerdynamik und der Entwicklung des auetypischen Reliefs.

Die Natur liefert, auch durch den Menschen verstärkt, die Hochwasserstände. Parallel dazu verdichtet der Mensch die Werte am Gewässer und schafft Schadenrisiken. Erst die Kopplung aus Hochwasserereignis und Werteansammlung im gefährdeten Bereich erzeugt zu einem bestimmten Zeitpunkt einen mehr oder weniger großen Hochwasserschaden.

Bei den Hochwasserereignissen 1993 und 1995 sind erneut viele Städte an Rhein, Mosel und Maas von Hochwasser überflutet worden. In den Niederlande drohten 1995 die Deiche zu brechen. Mehrere hunderttausend Menschen wurden vorsorglich evakuiert. Der Schaden wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Daher erklärten die Umweltminister Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande am 04.12.1995 in Arles, dass sie es für notwendig erachten, die mit Hochwasser verbundenen Risiken so bald wie möglich zu verringern. Sie hielten es für nicht hinnehmbar, dass Situationen wie die damals eingetretenen so schwere Risiken für das Leben und das Eigentum von Menschen und für die Umwelt mit sich bringen.

Die verschiedenen Gegenmaßnahmen und Konzepte, sowie die daran beteiligten Institutionen sollen, neben den verschiedenen Arten von Hochwässern und deren Ent-stehung, Thema dieses Referates sein und werden im Folgenden erörtert.

2. Ursachen, Arten und Entstehung von Hochwässern

Die Ursachen für Hochwasser sind sehr vielfältig und treten so gut wie nie als einzige Auslöser auf, sondern in Verbindung mit anderen Einflüssen. Unterteilen lassen sich diese jedoch zunächst in natürliche und anthropogene - dass heißt jegliche vom Menschen bedingte oder beeinflussbare - Ursachen.

2.1 Natürliche Ursachen

Die wohl bekannteste natürliche Ursache ist das Auftreten von starken Niederschlägen; diese können dann zu hochwasserauslösenden Abflüssen führen. Schnelles Abtauen von Schnee (verbunden mit Regenfällen) erhöht zusätzlich die zum Abfluss gelangenden Wassermengen.

Entscheidenden Einfluss üben hier die Größe des Einzugsgebietes, die Fläche des überreg-neten Gebietes, die Niederschlagsintensität und -dauer, die Topographie, sowie die zeit-lich veränderliche Oberflächenbeschaffenheit aus. Dabei wirkt sich die Zusammensetzung der einzelnen Komponenten verschiedenartig auf den Abfluss aus. Ein kurzer aber inten-siver Regen bewirkt einen hohen, aber zeitlich kurzen Peak in der Abflussganglinie, wäh-rend ein weniger intensiver, jedoch anhaltender Regen eine geringere, dafür aber länger-fristige Zunahme des Abflusses bewirkt; beide Niederschläge können in der Summe gleich sein, jedoch sind die Auswirkungen grundverschieden. Die Topographie, sowie die Oberflächenbeschaffenheit wirken sich direkt auf das auftreffende und oberflächlich ab-fließende Wasser aus. Dazu muss geklärt werden, wieso es überhaupt zu Oberflächen-abfluss kommt (Abb. 1). Man unterscheidet zwei Typen. Den Infiltrations- und den Sättigungsüberschuss. Ersterer entsteht, wenn der Boden das Niederschlagswasser nicht schnell genug aufnehmen kann. Grund hierfür ist z.B. im Winter die Bodengefrornis, das Überschreiten der Infiltrationskapazität des Bodens durch zu hohe Niederschlagsintensität oder in ariden Gebieten der hohe Benetzungswiderstand (Hydrophobie) von trockenen und humusreichen Böden. Als Erscheinungsbild kann man im letzten Fall beobachten, dass das Wasser abperlt, d.h. das Wasser verbleibt in der Tropfenform, die Kohäsions-kräfte sind größer als die Adhäsionskräfte des Wassers.

Sättigungsüberschuss entsteht, wie der Name schon deutlich macht, bei wassergesättigtem Boden, d.h. das Niederschlagswasser kann nicht mehr oder zumindest nicht sofort infiltrieren und bleibt auch hier an der Oberfläche. Auf Ebenen bilden sich somit Pfützen, bei Gefälle beginnt das Wasser als Oberflächenabfluss hangabwärts zu fließen. Hierbei ist dann die Oberflächenbeschaffenheit von Bedeutung, da sie direkten Einfluss auf das Fließverhalten hat. Auf vegetationsarmen Oberflächen wird der Abfluss schnell und geradlinig zum Vorfluter fließen, und dabei die verfügbare Energie erosiv nutzen.

Der Infiltrationsüberschuss führt überwiegend zu eher kleinräumliche Hochwässern, die man auch als Sturzfluten bezeichnet. Durch die sehr kurze Entstehungsdauer und der Folgewirkungen (Muren usw.) sind sie extrem gefährlich[1]. Für die großen Hochwasserereignisse in Mitteleuropa ist jedoch der Sättigungsüberschuss von entschei-dender Bedeutung. Nach Sättigung von Teilflächen des Einzugsgebietes fließt der Nieder-schlag hier direkt dem Gewässer zu.

Hochwasserereignisse, welche nicht direkt mit starken Niederschlägen zusammenhängen, sind ausgesprochen selten. Darunter sind beispielsweise die Situation bei Seebeben, nach Dammbrüchen sowie nach Berg- oder Gletscherrutschungen zu verstehen. Solche „exotische“ Ereignisse sollen hier aber nicht diskutiert werden.

Ein weiteres, wenn auch relativ seltenes Phänomen, ist Hochwasser als Folge von Eisstau. Hierbei bedarf es länger anhaltenden Frostes mit Temperaturen von mindestens -10° C, bei dem sich dann eine starke, geschlossene Eisdecke bilden kann. Wird diese dann in Tauwetterphasen - bei dem es aufgrund des erhöhten Tauwasserabflusses zu steigenden Wasserständen kommt - in einzelne Schollen zerteilt, treiben diese flussabwärts. An Eng-pässen stauen sich die Schollen dann und können bei wiedereinsetzendem Frost regel-rechte Barrieren bilden, die flussaufwärts das Wasser aufstauen und über die Ufer treten lassen. Ungleich größer ist die Gefahr jedoch stromab, da hier durch das plötzliche Brechen der Eisbarriere oder ähnlicher Ereignisse sich eine Flutwelle flussabwärts bewegt. Ähnliches kann bei sogenannten Eisstauseen an Gletschern geschehen.

Eine Folge der oben genannten Einflüsse ist der sogenannte Rückstau. Entsteht dieser beim Eisstau direkt im Hauptstrom Richtung stromauf, so können auch Nebenarme - die in den hochwasserführenden Fluss münden - überfluten, da die Wassermassen kaum noch abgeführt werden können. Somit stauen sich dann Gebiete, die zunächst hochwasserfrei waren; als Beispiel sei hier auf die Mündung der Sieg in den Rhein verwiesen, mit ihren breiten Auen.

Es gilt mittlerweile als gesichert, dass der Mensch durch seinen Ausstoß von CO2 das Klima beeinflusst. Bei der Diskussion der Effekte von Klimaveränderungen auf das Hochwassergeschehen sind meteorologische Faktoren stets von primärer Bedeutung. Die Eigenschaften starker Niederschläge, sowie Menge und Häufigkeit von Schneeschmelz-ereignissen (auch Gletscherrückgänge) sind die wichtigsten meteorologischen Kenngrößen im Zusammenhang mit Hochwasserentstehung. Sollten Klimaänderungen also eine Änderung dieser Charakteristika mit sich bringen, wird sich folglich auch die Hochwassersituation ändern[2]. Mit welchem Trend und in welchem Umfang sich diese meteorologischen Größen ändern, ist allerdings bisher nur sehr unsicher zu beantworten. Auch die tatsächlichen Auswirkungen und Reaktionen der einzelnen Komponenten, sowie etwaige Gegenmaßnahmen sind mit physikalischen Modellen bisher nur bedingt beschreibbar.

2.2 Anthropogene Ursachen

Die Liste der anthropogenen Einflüsse ist ungleich länger im Vergleich zu der natürlicher Ursachen, jedoch sind sie für die Entstehung von Hochwässern oft weniger bedeutend. Anthropogene Ursachen haben sich meist auf die Schadenhöhe ausgewirkt.

Ein gravierender Eingriff des Menschen war, was man unter „Flussausbau“ fassen könnte. Darunter versteht man alle Eingriffe in das Flusssystem. Seit frühester Zeit waren Flüsse Verkehrswege. Mit der zunehmenden Technisierung und Entwicklung mussten diese mittlerweile zu „Lebensadern“ entwickelten Flüsse ausgebaut werden, um den gewach-senen Ansprüchen zu genügen. Hinzukam, dass der Mensch sich nicht mehr machtlos den Hochwässern ausliefern wollte, sondern versuchte diese zu bändigen.

Zunächst vertiefte man die Flüsse, um Fahrrinnen auch für größere oder schwerer Schiffe zu schaffen. Flussbegradigungen und -kanalisierung, sowie Staustufen[3] trugen auch zu einer vereinfachten Schiffbarkeit bei und verhinderten das Entstehen von Sandbänken und Untiefen, sowie das seitliche Ausbrechen des Flusses. Ebenso verkürzte man den Fluss-lauf, indem man die Nebenarme versiegen ließ und den Flussquerschnitt reduzierte. Dadurch wurde der Lauf des Oberrheins beispielsweise um ca. 82 km und der des Niederrheins um ca. 23 km verkürzt. Dadurch hat sich im Rhein die Fließzeit der Hochwasserwelle von Basel bis Maxau auf weniger als die Hälfte von 64 auf 23 Stunden verkürzt. Die dadurch neugewonnen Flächen entlang des Flusses wurden besiedelt oder mit Industrieanlagen bebaut, Aueflächen - sogenannte Retentionsflächen - landwirtschaftlich genutzt, dazu die natürlichen Auewälder zurückgedrängt. So gingen beispielsweise seit der Tullaschen Rheinbegradigung Mitte des 19 Jahrhunderts bis heute am Oberrhein zwischen Basel und Karlsruhe die Zahl der Auenstandorte durch den Ausbau um 87 % zurück. Insgesamt verringerte sich die Überschwemmungsfläche am Oberrhein um 60 % bzw. 130 km²[4]. Um die Werte auf diesen Flächen vor Hochwasser zu schützen, wurden Deichsysteme entwickelt und erbaut. Die Auswirkungen dieser Eingriffe waren wiederum vielfältig. Durch die Begradigungen und Kanalisation der Flüsse wurden die Abflüsse beschleunigt, gleichzeitig die Vorwarnzeiten reduziert. Die Eindeichung der Gewässer, sowie der bebauten Aueflächen ließen dem Wasser keinen Platz zum Ausdehnen und führten ebenfalls zu einem verstärkten Abfluss stromab. Eine weitere Folge ist die oftmals ungünstigere Überlagerung der Hochwasserwellen des Hauptstroms und seiner Nebenflüsse, wie z.B. am Rhein im Raum zwischen Neckar- und Mainmündung Abb. 7). All diese Eingriffe haben das Abflussregime der Flüsse nachhaltig verändert (Abb. 2).

Die Flächenversiegelung im Zuge der Urbanisierung ist ein weiterer hochwasserför-dernder Faktor. Zur Veranschaulichung ein paar Daten zu Deutschland. In der BRD beansprucht die Siedlungs- und Verkehrsfläche rund 40.170 km² der Gesamtfläche von 356.970 km². Das entspricht einem Flächenanteil von 11,5 %[5]. In den alten Bundesländern liegt dabei der Anteil mit 12,7 % deutlich höher als in den neuen Ländern mit 7,9 %. Unterteilt wird die Fläche in Verkehrsflächen mit einem Anteil von 4,6 % des Bundesgebietes und Baulandflächen mit 5,8 %. In Verdichtungsräumen in denen 50 % der Deutschen mittlerweile lebt, erreicht die Siedlungs- und Verkehrfläche heute schon im Durchschnitt Werte von über 50 %, in Einzelfällen bis zu 75 %. Die versiegelte Fläche hat sich in Deutschland in nur 50 Jahren verdoppelt und das Wachstum geht weiter.[6]

Durch die Versiegelung ganzer Flächen, wie z.B. Straßen und Plätze, aber auch über Dächer, wird der Niederschlag sehr viel schneller zum Vorfluter geführt, als dies über den natürlichen Prozess der Infiltration und der Bodenwasserbewegung geschehen würde. Dies gilt auch für intensiv durch Landwirtschaft bearbeitete Flächen, die aufgrund des Einsatzes schwerer Maschinen eine großräumige Bodenverdichtung aufweisen und zum Teil stark drainiert werden. Schon bei Starkregen zu Normalwasserständen, kommt es dann durch die schnelle Einleitung des Niederschlags über die Entwässerungssysteme (Kanalisation) zu deutlichen Erhöhungen in den Abflussganglinien. Dies erscheint zwar zunächst wenig bedeutsam, über längere Zeiträume jedoch tragen sie einen erheblichen Teil zur Hochwasserschadenssumme bei.

[...]


[1] Sturzfluten sind dafür verantwortlich, dass in Wüsten mehr Menschen ertrinken, anstatt zu verdursten.

[2] So zeigen die Niederschläge im Rheingebiet neben einer Zunahme auch eine Umverteilung: Abnahme im

Sommer, Ansteigen im Winter. Die mittleren Winterabflüsse sind deutlich gestiegen.

[3] z.B. der 1977 abgeschlossenen Bau der 10 Staustufen zwischen Basel und Iffezheim, bei dem 130 km² der

ehemaligen rechts- und linksrheinischen Überschwemmungsgebiete abgeschnitten wurden.

[4] Seit 1980 ist der natürliche Überschwemmungsraum im Bereich des Oberrheins durch Siedlungsbau, Industrie und Landwirtschaft von 150.000 ha auf weniger als 50.000 ha geschrumpft. Nicht kultivierte Überschwemmungsflächen haben allenfalls noch einen Flächenanteil von 5-6 %, in natürlichem Zustand befinden sich nur noch 1 % der ursprünglichen Flächen

[5] Stand 1993

[6] Im Durchschnitt nimmt der Gesamtanteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen um ca. 98 ha pro Tag zu (allein für den Sieldungsbau 51 ha pro Tag). Die Prognosen gehen sogar soweit bis zum Jahr 2010 eine Zunahme des Flächenverbrauchs von 100 – 120 ha pro Tag anzusetzen.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Das Management rezenter Rheinhochwässer
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Regionale physische Geographie des Rhein-Einzugsgebietes
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
25
Katalognummer
V47156
ISBN (eBook)
9783638441599
ISBN (Buch)
9783638659222
Dateigröße
1383 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Spezialseminar am GIUB (Geographisches Institut Uni Bonn)
Schlagworte
Management, Rheinhochwässer, Regionale, Geographie, Rhein-Einzugsgebietes
Arbeit zitieren
Christopher Alting (Autor:in), 2002, Das Management rezenter Rheinhochwässer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47156

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