Zu "Ghetto Shanghai" von Evelyn Pike Rubin

Ein autobiographisches Zeugnis jüdischer Flüchtlinge in China


Seminararbeit, 2000

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALT

VORWORT

1 Der Anfang vom Ende (1930 - 1939)

2 Ein neues Leben (1939-1943)

3 Hongkew (1943-1945)

4 Befreiung (1945-1947)

5 Ein Traum wurde wahr (1947-1951)

6 Hiatus - Lucke, Spalt, Kluft (1951-1975)

7 Nachwirkungen

ABSCHLIESSENDE WORTE

LITERATUR

VORWORT

Uber judische Fluchtlinge in China gibt es nur sparlich Literatur. Mir fiel ein Buch mit dem Titel „GHETTO SHANGHAI“ von Evelyn Pike Rubin in die Hand, welches ich in dieser Seminararbeit behandeln mochte. Die Autorin erzahlt hier in autobiographischer Form. Sie beginnt mit ihrer Kindheit in Schlesien und der Machtubernahme Hitlers in Deutschland, die sie und ihre Eltern zur Flucht zwang, da sie Juden waren. Den Hauptteil des Buches bildet die Zeit in Shanghai, mit all ihren Hohen und Tiefen. Die Autorin verbrachte dort ihre Kindheit von 1939-1947. Dieser Lebensabschnitt wird sehr ausfuhrlich dargelegt und gibt auch AuBenstehenden einen realistischen Einblick in das Leben von damals, als Fremder in einem fremden Land. Die Zeit danach in Amerika und Europa bilden den Abschluss der Lebens- geschichte, ebenso berichtet die Autorin uber die damaligen historischen Gegebenheiten.

Diese Arbeit behandelt ausschlieBlich das Buch „Ghetto Shanghai“, da dies den Anforderungen des Seminars entspricht und das Leben als Jude in Shanghai sehr gut dargestellt wird. Ich behielt die Kapiteleinteilung der Autorin bei und ubersetzte die Uberschriften ins Deutsche, da auf diese Weise der beste Uberblick gewahrleistet ist. Die Zitate ubernahm ich auf Englisch original. Nachdem alle Zitate aus demselben Buch stammen, fuhre ich bei jedem zur Wieder- findung im Originaltext nur die Seitenzahl an.

1 Der Anfang vom Ende (1930 - 1939)

Die Autorin wurde als Eveline Popielarz am 31. Juli 1930 in Breslau (Schlesien) geboren. Ihre Eltern Erika und Benno waren Juden und hatten durch ihr Geschaft, in dem sie gemeinsam arbeiteten, einen gewissen Wohlstand erreicht. Evelines Vater hatte sich im Ersten Weltkrieg in der deutschen Armee verdient gemacht und fur seine Verdienste das Eiserne Kreuz verliehen bekommen.

Als der Einfluss Adolf Hitlers in Deutschland immer groBer wurde, begannen die ersten judischen Verwandten der Familie zu emigrieren. Evelines Vater fand zu dieser Zeit nicht notwendig, das Land zu verlassen, da er davon uberzeugt war, dass sich Hitler nicht lange an der Macht halten wurde. Die Deutschen waren bestimmt nicht so dumm, sich ihm anzu- schlieBen und seine negativen Behauptungen uber Juden zu glauben:

„ ‘Oh, nonsense ’, Vati scoffed. ‘ This madman cannot last! We are living in the most civilized, in the most cultured country on earth. The German people will never let it happen. Let’s just wait it out.’“ (S. 12).

Die nachfolgenden Jahre lieBen Gewissheit werden, dass er sich geirrt hatte. Einige Juden emigrierten nach Palastina, ein Onkel ging nach Paris.

In der darauffolgenden Zeit nahm der Antisemitismus rapide zu. Eveline entging vielen Problemen, da sie nicht wie ein typisch judisches Madchen aussah. Durch ihre blonden Haare und blauen Augen wurde sie von vielen fur eine Arierin gehalten. In ihrem Buch berichtet sie, dass sie im Schwimmunterricht als kleines Kind bereits den deutschen Erziehungsstil bemerkt hatte: Man muss ohne Fragen gehorchen und alle Regeln befolgen (vgl. S. 29). Bald konnte man vor dem Schwimmbad und dem Eislaufplatz Schilder mit der Aufschrift „Juden uner- wunscht“ (vgl. S. 29) sehen.

Die Situation der Juden wurde immer dramatischer. Ihre Reisegrundrechte wurden auBer Kraft gesetzt, wodurch sie keine Befahigung hatten, auszureisen. Auf den Pass jedes Juden wurde ein groBes rotes „J“ gestempelt. Sie bekamen einen Zweitnamen. Judische Frauen hieBen zu ihrem Vornamen noch zusatzlich Sara, judische Manner Israel. So trug die Autorin nun den Namen Eveline Sara Popielarz. Nach den Nurnberger Gesetzen durften judische Kinder keine offentlichen Schulen mehr besuchen. Eveline war eine Ausnahme, da sie das Kind eines Kriegsveteranen war. Sie besuchte eine private judische Schule (Wohlschule). Hitler verbot das Unterrichten der englischen Sprache, nur Deutsch durfte gelehrt werden. Lediglich der Religionsunterricht in der judischen Schule inkludierte Hebraisch. Die judischen Lehrer emig- rierten nach der Reihe wie die meisten Schuler.

SchlieBlich wurde die freiwillige Rentenversicherung fur Selbstandige eingefroren. Evelines Mutter konnte so weder etwas einzahlen noch Geld abheben. Mit der Lebensversicherung der Juden geschah dasselbe. Juden durften keine Feuerwaffen besitzen, was strengstens von der Gestapo kontrolliert wurde. Im Fruhling 1936 fanden es Evelines Eltern an der Zeit, Deutsch­land zu verlassen. Mit dem Geschaft ging es abwarts, einerseits, weil viele ihrer Verkaufer emigrierten, andererseits, weil die Leute bei Juden nichts mehr kaufen wollten. Juden durften nicht mit dem HitlergruB gruBen. Ihnen wurde fur alle Missstande die Schuld in die Schuhe geschoben.

Ab 1937 durften in judischen Haushalten keine arischen Frauen, die junger als 45 Jahre sind, arbeiten, da behauptet wurde, der judische Mann sei ein potentieller Verfuhrer der arischen Frau. Ein Verkehren miteinander ware ein unverzeihliches Vergehen und wurde als „Rassen- schande“ verurteilt. So musste das arische Hausmadchen Martha die Familie Popielarz verlassen. 1938 mussten alle Juden ihre Wertgegenstande an die Nazis abgeben. Nur ein Stuck durfte sich jeder behalten. Evelines Vater schrieb an die Hebrew Immigrant Aid Society (HIAS) in New York. Diese sollte helfen, von seiner in Amerika lebenden Tante eine beeidigte Erklarung zu bekommen, damit sie dorthin emigrieren konnen. Das amerikanische Konsulat gab Bescheid, dass die Familie aufgrund komplizierter Gegebenheiten sehr lange auf ein Visum warten musse:

„My parents discovered, to their chagrin, that the American quota system, established in 1921, was based on the status of one’s birth place from that year on. Because Poznan had become a part of Poland in 1919, Vati and his family, for purposes of immigration to the United States, were placed on the small Polish quota. Had we been on the German quota, we could have left almost immediately.“ (S. 48).

Die Familie erfuhr, dass Shanghai (China) judische Fluchtlinge aufnehmen wurde. Im November 1938 kam es zur Kristallnacht. Das war der Anfang vom Ende des europaischen

Judentums. Man sah brennende Synagogen, und Juden wurden massenweise verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Jeder Jude, der sich auf der StraBe befand, wurde verhaftet. Auch Evelines Vater wurde verhaftet und nach Buchenwald gebracht. Nach fast einem Monat wurde er freigelassen, weil er nachweisen konnte, dass er als Veteran im 1. Weltkrieg ein Eisernes Kreuz verliehen bekommen hatte. Er wurde dazu verpflichtet, Deutschland innerhalb von zwei Monaten zu verlassen.

Evelines Mutter hatte bereits drei Tickets fur ein Schiff nach Shanghai organisiert. 1939 kam der groBe Aufbruch. Zuerst etliche Impfungen gegen tropische Krankheiten. Ohne Gesund- heitsbestatigung des Arztes gab es kein Ausreisevisum. Von Breslau aus trat Familie Popielarz ihre lange Reise an. Zuerst mit dem Zug nach Neapel, von dort aus eine Schiffsreise nach China, die einen Monat dauerte. Am 13. Marz 1939 landeten sie endlich am Ziel - im Hafen von Shanghai.

2 Ein neues Leben (1939-1943)

Zu Beginn dieses Kapitels beschreibt die Autorin Shanghai. In dieser Stadt lebten 1939 ungefahr vier Millionen Chinesen und 100.000 Fremde, die aus allen Teilen der Welt kamen. Hauptsachlich handelte es sich um Briten, Franzosen, Amerikaner, Russen, Inder, Japaner und Deutsche. Es gab zwei judische Gemeinden - die Sephardim (Bagdadjuden) und die Ashkenazim (russische Juden). Die Stadt war in Sektoren aufgeteilt, in denen bestimmte Bevolkerungsgruppen lebten. Japan lag bereits langere Zeit mit China in Feindschaft, 1937 war ein Krieg ausgebrochen, in dem auch Shanghai heftig bombardiert worden war. Die Japaner hatten die wirkliche Macht in Shanghai.

Durch die mangelnde Hygiene herrschten in China Krankheiten wie Typhus, Cholera und Malaria. Gegen manche waren die Einheimischen immun, Europaern machten sie, kombiniert mit dem ungewohnten subtropischen Klima, schwer zu schaffen. Wasser, Obst und Gemuse mussten uber dem Siedepunkt gekocht werden, um die Bakterien abzutoten. In den Wohnungen gab es Ungeziefer wie Lause und Moskitos, sogar Ratten lebten in den Hausern.

In der Anfangszeit kam Familie Popielarz bei Verwandten im Sektor French Concession unter.

Die Verwandten siedelten bald nach Amerika, und Evelines Familie zog in eine neue Wohnung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Zu "Ghetto Shanghai" von Evelyn Pike Rubin
Untertitel
Ein autobiographisches Zeugnis jüdischer Flüchtlinge in China
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt  (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung)
Veranstaltung
Integration und Assimilation im Exil
Note
2,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
14
Katalognummer
V470089
ISBN (eBook)
9783668948402
ISBN (Buch)
9783668948419
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Shanghai, Hongkew, Juden, Flüchtlinge, Judentum, Judenverfolgung, 2. Weltkrieg, Deutschland, Ghetto, Hebräisch, Japan, Integration, Assimilation, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Nadja I. Wieczorek (Autor:in), 2000, Zu "Ghetto Shanghai" von Evelyn Pike Rubin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/470089

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