Sprechen und Schreiben im Spanischunterricht. Wie kann eine gezielte Förderung umgesetzt werden?


Hausarbeit, 2017

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das Sprechen im kompetenzorientierten Unterricht
2.1. Theoretische Grundlagen
2.2. Sprechfördernde Übungen
2.3. Modellhafte Unterrichtsplanung zur Schulung der Sprechfertigkeit
2.3.1. Didaktische Vorüberlegungen und methodische Vorgehensweise
2.3.2. Artikulationsschema zur modellhaften Schulung der Sprechfertigkeit

3. Das Schreiben im kompetenzorientierten Unterricht
3.1. Theoretische Grundlagen
3.2. Übungen zur Schreibförderung
3.3. Modellhafte Unterrichtsplanung zur Schulung der Schreibfertigkeit
3.3.1.Didaktische Vorüberlegungen und methodische Vorgehensweise
3.3.2. Artikulationsschema zur modellhaften Schulung der Schreibfertigkeit

4. Konklusion

5. Bibliographie

1. Einleitung

Beim Fremdsprachenerwerb werden traditionellerweise die vier Fertigkeiten des Hör- und Leseverstehens sowie das Sprechen und Schreiben ausgemacht. Dabei wird häufig anhand des Kriteriums von Schriftlich- und Mündlichkeit unterschieden, sodass das Lesen als dem Schreiben und das Hören dem Sprechen zugehörig angesehen wird. Und tatsächlich zeigt sich, dass das Schreiben häufig auf einem vorausgehenden Leseverständnis basiert, sowie das Sprechen auf dem Hören und umgekehrt. Schließlich reicht es für eine erfolgreiche Unterhaltung nicht nur, sich selbst adäquat ausdrücken zu können; auch das Gegenüber muss richtig verstanden werden. Daher dürfen die Teilkompetenzen also nie als voneinander unabhängig verstanden werden; ihre Wechselwirkungen sind stets zu berücksichtigen.

Ebenso möglich ist auch eine Einteilung nach rezeptiven und produktiven Fertigkeiten wie sie in der vorliegenden Arbeit vertreten wird. Hierbei wird danach unterschieden, ob der Spracherwerbende aktiv Sprache produziert, wie das beim Sprechen und Schreiben der Fall ist, oder ob die Fremdsprache lediglich rezipiert wird, wie etwa beim Hören und Lesen. Im Folgenden soll sich mehrheitlich mit den genannten produktiven Fertigkeiten auseinandergesetzt werden, wenn auch die rezeptiven, aus oben erläuterten Gründen, nicht gänzlich ausgeklammert werden sollen.

Bemerkt werden muss an dieser Stelle darüber hinaus, dass die geläufige Einteilung der sprachlichen Grundfertigkeiten in die genannten vier bereits überholt scheint, und zunehmend durch andere Teilkompetenzen erweitert wird. So wird der alten Systematisierung aktuell auch die Sprachmittlung und das Hörsehverstehen zugesprochen.

Im Folgenden werden diese jedoch wieder in den Hintergrund treten, wenn die Fertigkeiten Sprechen und Schreiben in den Fokus gerückt werden. Dabei sollen zunächst die nötigen theoretischen Grundlagen anhand von einschlägiger Literatur der romanischen Fachdidaktik erarbeitet werden, bevor dann dargestellt wird, wie die gezielte Förderung des Sprechens und analog auch die des Schreibens im Unterricht umgesetzt werden kann. Dazu werden bereits im Theorieteil einige geeignete Methoden vorgestellt und schließlich ein modellhafter Unterrichtsverlauf erarbeitet. Dieser wird ferner durch die Abhandlung der didaktischen Vorüberlegungen und der methodischen Vorgehensweise gestützt. Abschließend kann dann ein Fazit zur bestmöglichen Förderung der produktiven Fertigkeiten im kompetenzorientierten Fremdsprachenunterricht gezogen werden.

2. Das Sprechen im kompetenzorientierten Unterricht

Das Sprechen ist beim Erlernen einer Fremdsprache immer von besonderer hoher Bedeutung, da gerade in den „realen“ Kommunikationssituationen, wie beim Zusammentreffen mit Muttersprachlern im spanischsprachigen Ausland, überwiegend die Fähigkeit zur verbalen, produktiven Äußerung der Lerner gefragt ist. Etwa beim Einkauf auf dem Markt oder bei der Bestellung im Restaurant ist entscheidend, dass der Lerner in der Lage ist, sich zu produzieren, sodass er seine Wünsche und Bedürfnisse geltend machen kann und ein Informationsaustausch mit dem Muttersprachler gelingt. Um dem Schüler also eine erfolgreiche Kommunikation über den Code der spanischen Sprache zu ermöglichen, muss er im Fremdsprachenunterricht unbedingt befähigt werden, seine Absichten, Meinungen und Gefühle expressiv produktiv ausdrücken zu können.

Dementsprechend erfährt die Mündlichkeit im modernen Spanischunterricht eine deutliche Aufwertung. Dabei wird ein schülerorientiertes und selbstreguliertes kommunikatives Sprechhandeln in möglichst realitätsnahen Kontexten bzw. in realen oder virtuellen interkulturellen Begegnungssituationen verfolgt. Die Motivation der Schüler soll so gesteigert, ihre Sprechkompetenz optimal gefördert werden. (vgl. Tesch 2010: 83)

2.1. Theoretische Grundlagen

Für den Spanischunterricht sind für die Förderung der Teilkompetenz „Sprechen“ unterschiedliche theoretische Erkenntnisse entscheidend, die notwendigerweise berücksichtigt werden müssen.

So muss zunächst vor allem die enorme Komplexität der Fertigkeit erkannt werden. Leupold erklärt dazu:

Ein funktionierendes Zusammenspiel zahlreicher Komponenten ist erforderlich, um dialogisch oder auch monologisch zu sprechen: artikulatorische, phonologische, grammatische, semantische, textuelle, sozio- und pragmalinguistische Kompetenzen, ebenso wie Weltwissen in Form von Schemata und Skripts, müssen miteinander interagieren, um einen Dialog aufrechtzuerhalten, um Informationen zu vermitteln, um sich selbst darzustellen, kurz: um mündlich zu kommunizieren. […] Sprechen mit oder vor anderen bedeutet darüber hinaus ein gewisses Sich exponieren und ist – nicht zuletzt in unterrichtlichen Settings – oftmals mit Emotionen wie Angst oder Scham, andererseits aber auch mit Freude und Stolz besetzt. (Zitiert in Decke-Cornill 2010: 188)

Leupold nennt hier bereits mehrere Aspekte auf die gesondert eingegangen werden muss. So greift er bereits die Unterscheidung zwischen dem monologischen und dem dialogischen Sprechen auf, wie sie auch vom Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen vorgenommen wird. Das dialogische (oder „interaktionale“) Sprechen benennt hierbei die Fertigkeit, an „Gesprächen teilzunehmen“, während das monologische (oder auch „transaktionale“) Sprechen ein „zusammenhängendes Sprechen“ meint. Beide Formen der Sprechhandlung sind im schulischen Spanischunterricht zu fördern, wobei sowohl ihre form- als auch inhaltsbezogenen Aspekte berücksichtigt werden müssen. Das impliziert freilich auch Aussprache, Intonation und Prosodie des Spanischen, die im Schulunterricht häufig vernachlässigt werden, obwohl sie den Erfolg einer Kommunikation stark beeinflussen können. (vgl. Decke Cornill 2010: 188, Von Kahlden 2011: 200)

Des Weiteren führt Leupold aus, dass beim Sprechen wohl mehrere, hochgradig komplexe mentale Prozesse zugleich ablaufen müssen. Der europäische Referenzrahmen definiert diese wie folgt: „Um zu sprechen, muss der Lernende eine Mitteilung planen und organisieren können (kognitive Fertigkeiten); eine sprachliche Äußerung formulieren können (sprachliche Fertigkeiten); [und] die Äußerung artikulieren können (phonetische Fertigkeiten)“ (zitiert in Grünewald 2009: 192). Diese Definition des GER basiert offensichtlich auf dem parallelen Sprechmodell des niederländischen Psycholinguisten Willem Levelt, das davon ausgeht, dass bei der Realisierung einer jeden Sprechabsicht die drei Systeme der Konzeptualisierung, der Formulierung sowie der Artikulation aktiv sind und dabei nicht nacheinander, sondern gleichzeitig ablaufen. Eine Aussage wird also geplant, im internal speech formuliert und schließlich im overt speech artikuliert, während sie zu jeder Zeit durch monitoring mittels Hörverstehen überprüft wird. (vgl. Grünewald 2009: 191ff, Decke Cornill 2010: 189f) Grünewald erklärt diese Prozesse besonders eingängig, wenn er etwas konkreter wird. Er schreibt:

„Zunächst [wird] eine Sprecherabsicht generiert […], d.h. die Kommunikationssituation motiviert den Sprecher dazu, etwas zum Gespräch beizutragen, er plant und konzipiert seinen Redebeitrag. Gleichzeitig sucht er die Redemittel […] zusammen, die er für das Formulieren seiner Sprechabsicht braucht. Schließlich artikuliert er die Äußerung und korrigiert sie gegebenenfalls, wenn er sich selbst sprechen hört“ (Grünewald 2009: 192).

Damit also der Lerner seine Sprechabsichten erfolgreich artikulieren kann, muss er zunächst vielfältige Kompetenzen erwerben. So muss etwa soziolinguistisches sowie pragmatisches Wissen über Konventionen, Sprachregister und Verhaltensweisen der Zielkultur vorhanden sein, damit die Planung der Mitteilung gelingen kann. Darüber hinaus sind dann auch allgemeine Kenntnisse zur spanischen Lexik und Grammatik sowie weitere linguistische Wissensbestände unabdingbar, um eine adäquate Formulierung zu ermöglichen. Schließlich müssen Aussprache, Intonation und Prosodie der spanischen Sprache beherrscht werden, um die Mitteilung verständlich zu artikulieren. (vgl. 192f)

Gerade beim Sprechen einer Fremdsprache ergeben sich aber auch weitere spezifische Schwierigkeiten. Denn hierbei laufen nicht nur die oben geschilderten Prozesse ab. Stattdessen ergibt sich ein weiterer Zwischenschritt zwischen Planung der Aussage und internal speech. In diesem nämlich werden die mentalen Repräsentationen auf muttersprachlicher Basis verarbeitet. Das aber beeinträchtigt die Sprechhandlung in der Regel, denn der Sprecher konzeptualisiert dabei die Formulierung seiner Sprechintention, indem er sie zunächst in der Muttersprache plant und organisiert und dann bemüht ist, sie weitestgehend in die Zielsprache zu übersetzen. Das ist in der Regel jedoch nicht umsetzbar, da es dem Lerner zum einen häufig an sprachlichen Mitteln mangelt und zum anderen die Zielsprache nur selten parallel zur Muttersprache konstruiert werden kann. Außerdem ergibt sich beim Sprechen in der Fremdsprache häufig das Problem, dass die Schüler ihre Aussagen qualitativ und quantitativ den sprachlichen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, unterwerfen. (vgl. Decke-Cornill 2010: 189f)

Ganz allgemein ist in Anbetracht der Komplexität des Sprechens wohl leicht nachzuvollziehen, dass gerade der Ausbau der Sprechkompetenz einen langwierigen Lernprozess bedeutet, während die rezeptiven Fertigkeiten des Hör- Leseverstehens sehr viel schneller ausgebildet werden können. Im Laufe des Kompetenzerwerbs findet sich oft eine progressive Steigerung, wenn die Schüler beim Sprechen anfänglich überwiegend reproduzieren und rekonstruieren, bevor sie später auch selbständige konstruktive Sprechhandlungen vollziehen. (vgl. Grünewald 2009: 193)

Bezüglich dieser Progression fordert Sommerfeldt, dass es immer Ziel sein muss, sich im Unterricht nach und nach vom gesteuerten Sprechen zu lösen und dem freieren anzunähern, bis die Schüler schließlich zu einem gänzlich freien Sprechen befähigt sind.

Dabei sei jedoch entscheidend, solche Unterrichtsmomente zu schaffen, in denen ein authentisches Mitteilungsbedürfnis in den Schülern entstünde. Es seien hierzu vor allem solche Sprechanlässe notwendig, die sich auf die Interessen und Lebenswelten der Lernenden bezögen oder gezielt Emotionen wecken würden. Außerdem könnten elementare Kommunikationssituationen, wie der Restaurantbesuch oder der Einkauf auf dem Markt, die Schüler zum Sprechen motivieren. Sinnvoll wäre es darüber hinaus auch, Neugierde und Informationsdefizite zu schaffen, die befriedigt werden wollen. Nicht zu vergessen seien zudem diejenigen, äußerst authentischen Redeanlässe, die sich automatisch im Klassenraum ergeben würden, wenn die Schüler beispielsweise die Toilette aufsuchen wollen oder Fragen aufgekommen sind. Dementsprechend müsse alles Klassenraumspezifische konsequent auf Spanisch geäußert werden. Dazu können gerade im Anfangsunterricht Plakate mit den spanischen Entsprechungen aufgehängt werden, die den Lernenden als Stütze dienen können. (vgl. Sommerfeldt 2011: 60ff)

Anzumerken bleibt, dass – wie Leupold es im Anfangszitat bereits erwähnt hat – das Sprechen bei vielen Lernenden mit großen Hemmungen und Ängsten verbunden ist. Dementsprechend sind ein positives Unterrichtsklima und der richtige Umgang mit Fehlern im Mündlichen oftmals entscheidend für den Lernerfolg. Dabei ist eine recht große Fehlertoleranz sinnvoll. Die Lehrkraft sollte deutlich machen, dass vom Lerner keine fehlerfreien Äußerungen erwartet werden. Gemäß dem Motto message before accuracy muss und soll nicht korrigiert werden, solange die Sprechabsicht erfolgreich und verständlich ausgedrückt werden konnte. Auch die Korrektur schwerwiegender Fehler sollte nie unmittelbar erfolgen, d.h. der Schüler sollte beim Sprechen nicht unterbrochen werden. Erst nach Beendigung seines Sprechaktes können Fehler thematisiert werden. Jede Kritik muss dabei aber unbedingt behutsam formuliert werden. Allgemein sollte ein positives Fehlerbild vermittelt werden, bei dem Fehler als produktiv verstanden werden. (vgl. 71)

2.2. Sprechfördernde Übungen

Natürlich gibt es zahlreiche Methoden und tareas, die der Lehrkraft helfen können, die Entwicklung vom gesteuerten hin zum freien Sprechen zu stützen. Hier sollen der Vollständigkeit halber einige dieser benannt werden, um auch konkrete Möglichkeiten zur gezielten Sprechförderung festzuhalten.

Die Übungen zum gesteuerten Sprechen, bei denen die Schüler in der Regel sprachliche Grundmuster einüben sollen, werden meist in Partnerarbeit durchgeführt. Das ermöglicht ein individuelleres Lernen der Schüler, die so in ihrem eigenen Tempo, selbständig und ohne Leistungsdruck üben können. Es bietet sich hier die Arbeit mit Tandembögen, Flussdiagrammen, Kurzumfragen und Drillübungen an. (vgl. 63ff)

Sollen die Lernenden sich dann zunehmend vom gesteuerten Sprechen lösen, können beispielsweise tarjetas de conversación, Stichwortzettel und Murmelgespräche helfen. Auch die Klausurbogentechnik und charlas de un minuto haben sich vielfach als sinnvolle Methoden zur Sprechschulung erwiesen. (vgl. 66ff)

Zudem ermöglichen interaktive Methoden wie das Kugellagergespräch, der Marktplatz, die Fish bowl oder auch die Podiumsdiskussion das Üben des längeren zusammenhängenden Sprechens. (vgl. 70f)

2.3. Modellhafte Unterrichtsplanung zur Schulung der Sprechfertigkeit

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie die Sprechkompetenz der Schüler bestmöglich – mithilfe des theoretischen Fachwissens und unter Einsatz einiger der oben genannten Übungen – gefördert werden kann. Dazu wird eine modellhafte Unterrichtseinheit entwickelt werden. Die didaktischen Vorüberlegungen zu dieser sowie die methodische Vorgehensweise sollen dazu genauer ausgeführt werden.

2.3.1. Didaktische Vorüberlegungen und methodische Vorgehensweise

Ziel der Unterrichtseinheit ist ganz allgemein die prozessorientierte Förderung der Sprechkompetenz. Dieses übergeordnete Ziel soll über eine descripción de tu habitación erreicht werden. Um auch eine optimale Evaluation des Sprechens zu ermöglichen, sollte eine Doppelstunde angedacht werden.

Im Sinne der didaktischen Reduktion soll sich in der vorliegenden Stunde ausschließlich dem monologischen Sprechen gewidmet werden. Das ist gerade auch zur erfolgreichen Evaluation sinnvoll, da so nur ein Sprecher bewertet werden muss. Besonders im ersten Lernjahr könnten die Sprachenlernenden ansonsten schnell überfordert werden. Zudem werden beim monologischen Sprechen die Einzelleistungen stärker gewertet, was auf viele Schüler motivierend wirken kann.

Da das Sprechen eine Integrationskompetenz aus der rezeptiven und der produktiven Teilkompetenz ist, kann die Fertigkeit des Hörverstehens bei der Schulung des Sprechens natürlich nie ganz ausgeklammert werden. Dennoch soll in dieser Unterrichtseinheit, ein klarer Fokus auf dem Sprechen liegen, da es von essentieller Bedeutung ist, sich zumindest phasenweise auf nur eine Teilkompetenz zu konzentrieren. Schließlich können die Schüler nur so hinzureichend auf den eigentlichen Lernprozess achten und die eigene Progression nachvollziehen. (vgl. Tesch 2010: 96, Von Kahlden 2011: 195)

Die Lehrkraft beginnt die Stunde mit einem Bildimpuls, der sehr unterschiedlich eingerichtete Zimmer zeigt. Diese sind teils sehr edel, modern oder gemütlich, teils aber auch eher ärmlich und heruntergekommen eingerichtet. Es ist davon auszugehen, dass die Schüler sich durch die Unterschiedlichkeit der Zimmer schnell angeregt fühlen, sich zu diesen zu äußern; etwa anzugeben, welches ihnen besonders, welches ihnen gar nicht gefällt. Die Lehrkraft geht dabei entsprechend auf die Schüleraussagen ein und kann ggf. auch weiterführende Fragen stellen (z.B. ¿En qué país te imaginas esta habitación? ¿Te gustaría vivir allí? ¿Por qué?).

Sicherlich wird sich bei den Schülern schnell ein starkes Mitteilungsbedürfnis ergeben, das sie mit ihren bisherigen Wortschatzkenntnissen nicht befriedigen können. Dementsprechend führt die Lehrkraft die notwenigen, noch unbekannten Vokabeln ein. Dazu nutzt sie vorrangig Visualisierungen, zeigt etwa im Bild auf die benannten Möbelstücke oder bezieht die realen Einrichtungsgegenstände im Klassenraum mit ein. Sie bindet die neuen Vokabeln dabei immer wieder in verschiedene Sätze und Kontexte ein, sodass sich die Begriffe effizienter im mentalen Lexikon der Lernenden festigen können. Zudem gibt sie den Lernenden die Möglichkeit die Vokabeln selbst laut auszusprechen.

Die Lehrkraft legt die Vokabeln in einem Wörternetz an und zeigt dadurch visuell, dass und wie die Lexik inhaltlich vernetzt ist. Die Schüler probieren sich schließlich selbst daran, die Vokabeln in eigene Sätze einzubauen. Dabei nutzen sie auch die Verben estar und hay sowie die bekannten Präpositionen, wenn sie etwa die Einrichtung des Klassenzimmers beschreiben. Das laute Aussprechen sowie das Einbinden in einen syntaktischen und semantischen Kontext, erleichtert ihnen die Einarbeitung der neuen Vokabeln in den eigenen Wortschatz. (vgl. Sommerfeldt 2011: 85)

Sobald die Lexik gefestigt ist, kann die Anwendung dieser beim tatsächlichen Sprechen vorbereitet werden. Dazu skizzieren die Schüler einen Raum ihrer Wahl. Sollten sie sich noch unsicher mit den Vokabeln fühlen, können sie mit Bleistift die Bezeichnungen der Einrichtungsgegenstände vornehmen. Das selbständige Erstellen eines eigenen visuellen Impulses für den späteren Vortrag hat den großen Vorteil, dass nicht stark reproduziert werden kann. Während nämlich Sprachenlernende sonst dazu tendieren, sich sehr stark am Lektionstext zu orientieren, ist hier noch keine sprachliche Struktur vorgegeben. (vgl. Von Kahlden 2011: 204)

Nachdem nun alle Vorbereitungen zur eigentlichen Sprechförderung getroffen wurden, soll zunächst ein Kriterienkatalog für den folgenden Vortrag erstellt werden. Dieser soll helfen einzelne Teilfertigkeiten zuverlässiger bewerten zu können. Er sollte grob in inhaltliche und sprachliche Aspekte unterteilt werden und sich dann weiter in Kriterien – wie etwa den korrekten Gebrauch der Verben, die Verwendung von Präpositionen oder das richtige Benennen von Gegenständen – untergliedern. Auch Aussprache und grammatikalische Richtigkeit sowie Struktur und Aufbau des Vortrags sollten berücksichtigt werden. Der Katalog soll Orientierung beim Erstellen des Vortrags bieten und anschließend eine differenzierte Selbst- und Fremdevaluation ermöglichen. Darstellungskompetenzen können unberücksichtigt bleiben, da es sich bei den Lernenden um Beginner handelt. (vgl. 201 ff)

Es ist hierbei wichtig, dass die Zehntklässler, die mit dem Spanische bereits die zweite oder dritte Fremdsprache erwerben, als mündige Lernende erkannt werden und dementsprechend stark an ihrem eigenen Lernprozess beteiligt werden. So sollen sie die Möglichkeit erhalten, den Kriterienkatalog aktiv mitzugestalten. Die Lehrkraft bereitet deshalb nur das gröbste Gerüst auf dem Arbeitsblatt vor. Alles Weitere wird erst dann eingetragen, wenn die Kriterien nach einer Think-Pair-Share Phase von den Schülern erarbeitet wurden. In dieser erhalten die Schüler nebenbei auch die Chance sich im Murmelgespräch auszutauschen, sodass sie hier eine kurze dialogische und ungeplante Sprechsequenz haben.

Nachdem nun auch die Basis für eine Evaluation geschaffen ist, wenden sich die Schüler der tatsächlichen Zimmerbeschreibung zu. Dazu wird die Klausurbogentechnik angewandt. Ein Blatt wird in der Hälfte geknickt, sodass zwei Spalten entstehen. Auf der linken formulieren die Schüler schriftlich aus, wie sie ihr Zimmer vorstellen möchten. Anschließend notieren sie in der rechten Spalte nur die nötigsten Schlagworte und Teilsätze oder zeichnen Symbole ein, die sie an einen Schlüsselbegriff erinnern. Sobald sie ihren Klausurbogen erstellt haben, lesen sie ihrem Banknachbarn zunächst die ausformulierte Variante vor. Anschließend bemühen sie sich, den Vortrag freier zu sprechen, indem sie nur noch die rechte Spalte als Stütze nutzen. Der letzte Schritt führt dann bestenfalls vom freieren zum gänzlich freien Sprechen. Die Schüler beschreiben dem Partner den Raum flüssig und frei sprechend.

Nach der erfolgreichen Loslösung vom gesteuerten zum freien Sprechen, soll der Vortrag im Kontext einer Kleingruppe wiederholt werden. Bei der Einteilung dieser achtet die Lehrkraft darauf, dass keine Spannungen zwischen den Schülern vorherrschen und die Gruppenmitglieder sich vertraut sind, sodass keine zusätzlichen Sprechhemmungen aufgebaut werden.

Die Kleingruppen zu je vier Schülern ermöglichen es, den Vortrag eines jeden Schülers differenziert zu evaluieren. Zum einen geschieht das anhand des erarbeiteten Kriterienkatalogs: Zwei der Zuhörer und der Vortragende selbst füllen diesen aus. Der übrige Schüler versucht, während der Präsentation, das beschriebene Zimmer zu skizzieren. Anschließend kann verglichen werden, ob die Beschreibung nachvollziehbar, inhaltlich klar und gut strukturiert war. Es ist sinnvoll, diesen Aspekt über einen visuellen Impuls zu überprüfen, da dieses Kriterium gerade für Beginner schwer zu fassen ist.

Es wird eine Tonaufnahme aller Vorträge erstellt, sodass der Präsentierende sich auch selbst sprechen hören kann. So gelingt eine differenziertere Selbstevaluation und auch von Mitschülern kritisierte Mängel, die dem Sprecher zunächst nicht aufgefallen sind, können nachvollzogen werden.

Anhand der Kritik der Mitschüler kann der Vortrag noch einmal überarbeitet werden. Dann wird erneut vorgetragen und mit einer neuen Farbe oder anderen Symbolen evaluiert, damit eine erste, unmittelbare Entwicklung sichtbar gemacht werden kann. Ein Fortschritt wirkt dabei meist äußerst motivierend auf die Lernenden. (vgl. 204)

In dem gesamten Prozess ist die Lehrkraft eher stiller Beisitzer und Zuhörer. Sie hält sich möglichst zurück, sodass eine selbständige Kompetenzentwicklung vollzogen werden kann. Ist ihre Hilfe gefragt, unterstützt sie die Schüler mit Fachwissen. Ihr Beisitzen soll keinen Druck aufbauen, weshalb deutlich gemacht werden muss, dass es sich lediglich um eine Evaluation, nicht um eine Leistungserhebung handelt. Durch gelegentliches Lächeln oder Kopfnicken können Sprechhemmungen genommen werden. Erst wenn der Prozess als solcher reflektiert werden soll, tritt die Lehrkraft wieder als „Moderator“ auf und regt die Diskussion mit geeigneten Fragen an (s. Artikulationsschema). Die Reflexion des Lernprozesses ist wichtig, um ein Bewusstsein für Sprache und Progression zu schulen. Außerdem kann so die Motivation der Schüler abgefragt werden. (vgl. 203)

Die Lehrkraft sammelt schließlich alle Evaluationen ein, und hat somit Einsicht in die jeweiligen Entwicklungen beim Sprechen sowie in die Fähigkeiten der Schüler, eine Beurteilung vorzunehmen. Zuvor hat sie bereits einen Wiederholungstermin festgelegt, sodass die Progression auch weiterhin verfolgt wird. Eine einmalige Durchführung ist sicher nicht ratsam, da gerade bei der Fertigkeit des Sprechens Kontinuität sehr wichtig ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Sprechen und Schreiben im Spanischunterricht. Wie kann eine gezielte Förderung umgesetzt werden?
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
32
Katalognummer
V469955
ISBN (eBook)
9783668945685
ISBN (Buch)
9783668945692
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtsbeispiel, Didaktik, Spanisch, Unterricht, Sprechen, Schreiben, Kompetenz, Übungen, Aufgaben, Methodische Vorgehensweise, Methode, Didaktische Überlegungen, Schülerinnen, Schüler, Lernende, Raumbeschreibung, Theorie, Praxis, Schreibförderung, Sprechförderung, Gymnasium, Lehramt, Lehrplan
Arbeit zitieren
Ronja Thiede (Autor:in), 2017, Sprechen und Schreiben im Spanischunterricht. Wie kann eine gezielte Förderung umgesetzt werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/469955

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