Freies Schreiben heißt eigene Wege kennen


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: gut


Leseprobe


1. Einleitung

Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Thema „Freies Schreiben heißt, eigene Wege gehen“.

In dieser Arbeit möchte ich zunächst klären, was man unter dem Begriff des freien Schreibens in der Grundschule überhaupt versteht und warum gerade diese Form für den Unterricht und für die Kinder von besonderer Bedeutung ist.

Da freies Schreiben oft in Verbindung mit den so genannten Schreibkonferenzen steht, beziehe ich mich in dem nächsten Abschnitt auf das Thema „Schreibkonferenzen“. Hier wird der Begriff und der Ablauf dieser erklärt, um im Anschluss daran, die Vorteile der Schreibkonferenzen gegenüber dem üblichen Aufsatzschreiben aufzuzeigen.

Des Weiteren möchte ich verdeutlichen, wie Erwachsene an das freie Schreiben herangehen. Die Herangehensweise beim Erwachsenen wird mit Hilfe des „Generalisierten Schreibprozessmodell“[1] von Gudrun Spitta erläutert. Hier soll deutlich werden, dass der kindliche Schreibprozess Parallelen zum freien Schreiben bei Erwachsenen aufweist.

Als ich mich mit diesem Thema befasst habe, stellte ich mir die Frage, was für eine Rolle die Rechtschreibung beim freien Schreiben wohl spielt. Um diese Frage zu beantworten, untersuche ich anschließend diese und gehe speziell auf die Schreibentwicklungstabelle von Gudrun Spitta ein.

Ein wichtiger Aspekt erfolgt am Ende dieser Hausarbeit. Durch das Bearbeiten des Themas dieser Hausarbeit, begegneten mir viele Texte von Kindern, mit deren Hilfe und die der Untersuchungen von Charlotte Röhner man die soziale und personale Bedeutung des freien Schreibens herausfiltern kann. Hier wird deutlich, dass das freie Schreiben bei Kindern von großer Bedeutung ist.

Hauptsächlich beziehe ich mich in meinen Ausführungen auf Gudrun Spitta, die zum Beispiel in ihrem Buch „Kinder schreiben eigene Texte: Klasse 1 und 2“ den Weg des freien Schreibens beschreibt und Unterrichtsbeispiele zu diesem Thema dokumentiert.

2. Was bedeutet eigentlich freies Schreiben?

Schreiben ist allgemein definiert als kommunikatives Handeln, das einen Adressaten hat, dieser kann auch die eigene Person sein und damit Ausdruck von Selbstreflexion sein. Schreiben beinhaltet auch produktives und kreatives Denken und Erkennen und ist Teil der Persönlichkeitsentfaltung.

Freies Schreiben meint, dass Kinder schon in dem Anfangsunterricht eigene Texte frei schreiben. Es sind Texte, die aus ihrer eigenen Lebenswelt entstehen. Im Gegensatz zum klassischen Aufsatzunterricht, in dem die Fähigkeiten der Kinder isoliert geübt werden und anschließend im zweiten Schuljahr mit einem höheren Anspruch zusammengeführt werden, lässt der Unterricht des freien Schreibens den Kindern freie Handhabung der Schriftsprache und das schon zu Beginn des ersten Schuljahres. Es wird mit kleinen und überschaubaren Schreibaufgaben begonnen, welche nach und nach gesteigert werden sollen.

Zu beachten ist, dass sich Schulanfänger meist in ihrem sozialen Umfeld voneinander unterscheiden, dass heißt, jedes Kind kommt mit anderen Sprachkompetenzen, Vorstellungen und Erfahrungen auf Grund des Elternhauses, des Kindergartens etc. in die Grundschule. Hier ist ein sehr feines Gespür von dem Lehrer/ von der Lehrerin gefragt, die das freie Schreiben praktizieren möchte, da einige Kinder aus sprachlich orientierten Elternhäusern kommen, sie haben zum Beispiel schon Karten oder Ähnliches an Verwandte geschrieben und besitzen somit schon eine gewisse Vorstellung unserer Schrift. Andere Kinder dagegen haben kaum eine Vorstellung davon, was es mit der Schrift auf sich hat, da ihnen jegliche Erfahrungen im Umgang mit dieser fehlen. Manche Kinder machen die negative Erfahrung, dass Schreiben mit viel Arbeit und Mühe verbunden ist, zum Beispiel durch das Beobachten ihrer Geschwister bei den Hausaufgaben.[2] All diese Faktoren muss der Lehrer beim Einsatz des freien Schreibens berücksichtigen. „Die Schule muß sich auf diese teilweise extrem unterschiedlichen Vorerfahrungen der Kinder in bezug auf das Lesen- und Schreibenlernen einstellen. Sie soll vorhandene Vorerfahrungen festigen und ausbauen sowie gleichzeitig dafür sorgen, dass nicht gemachte Vorerfahrungen nachgeholt werden können.“(Spitta 1994, S.16)

Aber wie sollte nun der Lehrer mit dem freien Schreiben beginnen? Zunächst ist es sehr wichtig, dass man sich einen Überblick über die Schreibfähigkeiten und Erfahrungen im Umgang mit der Schrift der Kinder verschafft. Dieses kann zum Beispiel durch Schulanfangsbriefe geschehen, die ein Lehrer zu Beginn der Sommerferien an die zukünftigen Erstklässler verschickt. Der Lehrer kann in so einem Brief eine Antwort der Kinder erbeten, um sich dann anschließend eine Vorstellung über die Schriftsprache zu verschaffen. Diese Briefe verhelfen auch den Kindern, sich auf die Schule und den Lehrer positiver einzustellen.

Ein wichtiger Aspekt beim freien Schreiben ist die Motivation. Geschichten, die die Kinder selbst betreffen, dessen Niederschrift ihnen oft sogar auf der Seele brennt, werden selbstverständlich viel lieber geschrieben, als solche zu einem Thema, an dem sie nicht interessiert sind oder über das sie nicht viel wissen. Das bedeutet, dass der Lehrer Impulse geben muss, damit Kinder einen Text verfassen. Besonders wichtig ist, dass die Kinder ernst genommen werden und dass man sie herausfordert.

2.1 Warum freies Schreiben?

Zunächst stellt man sich die Frage, ob der Schriftspracherwerb nicht auch mit gewöhnlichen Aufsätzen und Fibeln funktioniert. Gudrun Spitta antwortet darauf mit einem klaren „nein“. Denn die Texte einer Fibel sind realitätsfern, da sie meist den Alltag der Kinder nicht berücksichtigen. Dieses Verfahren ist nicht sinnvoll, da alle Kinder an derselben Stelle beginnen, obwohl sie schon individuelle Erfahrungen und heterogene Voraussetzungen aufweisen. Die Fibel missachtet diese und arbeitet das Lesen, Schreiben und Rechtschreiben systematisch ab. Die Kritik am Fibelunterricht besteht darin, dass die Kinder durch dieses systematische Vorgehen nicht die Möglichkeit haben, den Schriftspracherwerb entdeckend zu lernen. Es wird verhindert, dass sie die Bedeutung und die Struktur unserer Schrift erkennen. Schrift als Mittel der Kommunikation kann beim fibelorientiertem Schreibenlernen nicht vermittelt werden.

Demnach ist es viel sinnvoller, dass Kinder von Anfang an, freie Texte schreiben. Sie lernen Schreiben durch Schreiben, genauso wie sie das Sprechen durch Sprechen lernen. Kinder lernen eigenaktiv, indem sie mit Schrift experimentieren. Sie konstruieren neue Wortformen und besitzen eine eigene Strategie, die sie in der Praxis immer mehr ausdifferenzieren. Zu Beginn machen sie zwar noch sehr viele Fehler, doch diese sind sehr produktiv. Kinder lernen aus ihren gemachten Fehlern. Lässt man Kinder nicht frei ihre eigenen Texte schreiben, so beeinträchtigt man sie in ihrer Entwicklung und Motivation im Schriftspracherwerb.

Die Arbeit mit eigenen Textet eröffnet den Kindern die Möglichkeit zur Selbstfindung. Kinder offenbaren in ihren Texten oftmals Dinge, die sie ohne das freie Schreiben nicht an die Öffentlichkeit tragen würden.

Es stellt sich nun die Frage, ob das freie Schreiben besser und effektiver ist als der klassische Aufsatzunterricht, der mit Hilfe der Fibel durchgeführt wird.

Das Schreiben muss die ganze Breite und Vielfalt der Anregungsfelder innerhalb und außerhalb der Schule aufgreifen, wie zum Beispiel die Familie, die Freizeit, die Medien etc., um die Motivation der Kinder zu wecken. Das Schreiben muss demnach etwas mit dem eigenem Leben zu tun haben, so dass sich jedes Kind in die Situation hineinversetzen kann. Es muss das Bedürfnis bei den Kindern geweckt werden, sich den Mitschülern mitzuteilen und sich individuell auf etwas einzulassen, so dass sie sich mit ihrem eigenem Text identifizieren können. Nur so kann man Kinder zum Verfassen eigener Texte motivieren, was bei dem Fibelunterricht jedoch nicht der Fall ist. Sind die eigenen Texte noch aus der eigenen Lebenswelt, so ist es in der Fibel meist fremdes Vorgehen.

[...]


[1] Gudrun Spitta: Freies Schreiben- kurzlebige Modeerscheinung oder didaktische Konsequenz aus den Ergebnissen der Schreibprozessforschung?. In: Gudrun Spitta (Hrsg.): Freies Schreiben- eigene Wege gehen. Lengwil: Libelle, 1998, S.18-42, hier S.20

[2] Gudrun Spitta: Kinder schreiben eigene Texte. Frankfurt a.M.: Cornelsen 1994, S.16

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Freies Schreiben heißt eigene Wege kennen
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Sprache und Literatur und ihre Didaktik)
Veranstaltung
Wintersemester 2004/2005
Note
gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V46862
ISBN (eBook)
9783638439534
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freies, Schreiben, Wege, Wintersemester
Arbeit zitieren
Sabrina Hoffmann (Autor:in), 2005, Freies Schreiben heißt eigene Wege kennen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46862

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