Internationalisierung von Beratung

Studie zur Entwicklung der Personalberatung in der Türkei


Diplomarbeit, 2011

118 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Studie
1.3 Forschungsfragen

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Internationalisierung
2.1.1 Begriff der Internationalisierung
2.1.2 Internationale Unternehmung
2.1.3 Ziele und Motive der Internationalisierung
2.2 Personalberatung
2.2.1 Begriff der Personalberatung
2.2.2 Die Entwicklung der Personalberatung von 1930 bis
2.2.3 Die Entwicklung der Personalberatung im 21. Jahrhundert
2.3 Türkei als Standort
2.3.1 Landesüberblick
2.3.2 Allgemeine Wirtschaftslage
2.3.3 Die deutsch - türkischen Beziehungen
2.3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen einer Standortgründung in der Türkei
2.3.4.1 Das türkische Arbeits- und Ausländerrecht
2.3.4.2 Staatliche Zuschüsse für Unternehmensgründungen in der Türkei
2.3.4.3 Das türkische Gesellschaftsrecht
2.3.4.4 Das türkische Steuer- und Bilanzrecht
2.4 Die Kulturdimensionen nach dem Modell von Geert Hofstede
2.4.1 Erklärung des Ansatzes
2.4.2 Die erste Dimension: Machtdistanz
2.4.3 Die zweite Dimension: Individualismus und Kollektivismus
2.4.4 Die dritte Dimension: Masculinity versus Femininity
2.4.5 Die vierte Dimension: Unsicherheitsvermeidung
2.4.6 Die fünfte Dimension: Lang- oder kurzfristige Ausrichtung
2.5 Experteninterviews
2.5.1 Die Entscheidung für den Einsatz von Experteninterviews
2.5.2 Die Definition des Begriffs „Experte“
2.5.3 Der Ablauf von Experteninterviews

3. Untersuchungsrahmen
3.1 Mentales Modell
3.2 Methodik

4. Untersuchung
4.1 Die Unterschiede zwischen Deutschland und der Türkei nach Hofstede
4.1.1 Die Analyse der ersten Dimension: Die Machtdistanz
4.1.2 Die Analyse der zweiten Dimension: Individualismus und Kollektivismus
4.1.3 Die Analyse der dritten Dimension: Masculinity versus Femininity
4.1.4 Die Analyse der vierten Dimension: Unsicherheitsvermeidung
4.1.5 Die Analyse der fünften Dimension: Lang- oder kurzfristige Ausrichtung
4.1.6 Die Analyse der türkischen Organisationskultur
4.1.7 Allgemeine Verhaltensregeln
4.2. Experteninterviews im Bereich Executive Search in der Türkei
4.2.1 Durchführung der Experteninterviews
4.2.2 Auswertung der Experteninterviews
4.2.2.1 Die Entwicklung der Branche in der Türkei
4.2.2.2 Die personelle Ausstattung
4.2.2.3 Das Kundenprofil der Branche in der Türkei
4.2.2.4 Kapazitäten, Projekte und Produkte
4.2.2.5 Die Besonderheiten der Branche in der Türkei
4.2.3 Resümee aus den Experteninterviews

5. Businessplan für Kienbaum in Istanbul
5.1 Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse und Konzept
5.2 Die Dienstleistung „Personalberatung“ als Unternehmensprodukt
5.3 Die angemessene Organisation und Rechtsform einer Neugründung
5.4 Die Standortwahl
5.5 Das Marktumfeld
5.6 Marketing und Vertrieb
5.7 Die Unternehmensorganisation und -leitung
5.8 Der Finanzplan
5.9 Die Risiken
5.10 Die Unternehmensvision und Erfolgsaussichten

6. Ergebnis

7. Anhang
7.1 Fragenkatalog für Experteninterviews
7.2 Investitionsplan
7.3 Liquiditätsvorschau
7.4 Ergebnisplan
7.5 Deutsche Übersetzung der Anmeldevoraussetzungen bei Iskur
7.6 Originalfassung der Anmeldevoraussetzungen bei Iskur

8. Literaturverzeichnis
8.1 Quellen
8.2 Internetquellen

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Gründe für die Internationalisierung von Unternehmen („Going to International“)

Abbildung 2: Offensive und defensive Motive für die Internationalisierung von Unternehmen

Abbildung 3: Entwicklung des Branchenumsatzes 1999-2009

Abbildung 4: Allgemeine Daten über die Republik Türkei

Abbildung 5: Wirtschaftliche Eckdaten der Türkei in den Jahren 2009 bis 2011

Abbildung 6: Wirtschaftsprogramm der türkischen Regierung für die Jahre 2010 bis 2013

Abbildung 7: Ausländische Direktinvestitionen in die Türkei 1954-2010

Abbildung 8: Der deutsche Außenhandel mit der Türkei 2007 bis 2010 (in Mio. Euro)

Abbildung 9: Eigene Abbildung des Verfassers

Abbildung 10: Einzelgewichtung der Dimensionen des Kulturdimensionen-Modells nach Hofstede

Abbildung 11: Lokale Stärke des Standorts Türkei

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Aufgrund der weltweiten Internationalisierungsprozesse in der Wirtschaft und der damit verbundenen Auswirkungen auf die internationalen Arbeitsmärkte ist die Repräsentanz deutscher Unternehmen im Ausland in der heutigen Zeit unverzichtbar geworden. Während zu Beginn der bis heute andauernden Internationalisierung von deutscher Seite aus zunächst vor allem das industrielle und das produzierende Gewerbe im Ausland tätig wurde, ist seit einigen Jahren auch der Dienstleistungssektor verstärkt vertreten. Hintergrund für diese Entwicklung war primär, dass eine Verlagerung der Produktion ins Ausland für viele Unternehmen aufgrund der dort im Vergleich zum Inland niedrigeren Produktions- und Lohnkosten ökonomisch lukrativ war. Diese Motive haben inzwischen allerdings an Kraft verloren, denn unabhängig von den Produktions- und Lohnkosten haben sich stetig wachsende Volkswirtschaften, wie die Türkei, wegen ihrer sehr jungen und konsumfreudigen Bevölkerung als Investitionsstandort auch für ausländische Unternehmen etabliert. Darüber hinaus finden sich auf dem türkischen Arbeitsmarkt junge, qualifizierte Akademiker, so genannte Young Professionals, und eine europäischen Standards entsprechende Managementebene, die als vor Ort verfügbare Arbeitskräfte den Standort Türkei für ausländische Investoren attraktiv gestalten. Was diesem Arbeitsmarkt noch weitgehend fehlt sind Dienstleister, die die wachsende Zahl ausländischer Investoren mit qualifizierten inländischen Fachkräften in Kontakt bringen.

Hier öffnet sich ein lukrativer Markt für Personalberatungsgesellschaften wie beispielsweise die Firma Kienbaum Consultants International GmbH. Diese Firma zählt mit ihrem Geschäftszweig Executive Search, also der Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften, zu den Marktführern in Deutschland und im europäischen Ausland. In der Türkei ist sie allerdings noch nicht vertreten. Für ein erfolgreiches, dauerhaftes Engagement auf dem türkischen Markt gilt es auch oder gerade für ein Unternehmen, das auf dem heimischen Markt zu den Top Ten gehört, einige Hürden zu nehmen, um in einer fremden Kultur die gleichen Erfolge wie im Inland zu verbuchen. Zu diesen Hürden zählt vor allem das Wissen um kulturelle und branchenspezifische Unterschiede zwischen der Türkei und Deutschland.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Studie

Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf den Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Standortgründung der international tätigen Personalberatungsgesellschaft Kienbaum in Istanbul und auf den Rahmenbedingungen für die Gestaltung einer langfristigen Geschäftstätigkeit auf dem stetig wachsenden türkischen Markt. Ein Schwerpunkt wird dabei auf der Frage liegen, wie der Erfahrungsschatz der Firma Kienbaum mit dem vorhandenen Potenzial des spezifischen kulturellen Einflüssen unterliegenden türkischen Marktes zusammengeführt werden kann.

Mit diesen spezifischen Einflüssen und den Unterschieden zu den europäischen Märkten befasst sich die vorliegende Arbeit. Ihr Autor, der diese Unterschiede aus eigener Anschauung durch seine Tätigkeit bei der Firma Kienbaum und sein Auslandsstudium in der Türkei kennt, geht der Frage nach, auf welchen Feldern diese Unterschiede liegen und zeigt, welche Kriterien vor diesem Hintergrund für eine langfristig erfolgreiche Tätigkeit in der Türkei im Bereich Executive Search relevant sind. Dazu analysiert er zum einen das für europäisches Unternehmen unbekannte bzw. ungewohnte Umfeld des türkischen Marktes, das unternehmensexternen Faktoren wie zum Beispiel der Politik, der einheimischen Wirtschaft und landesspezifischen Marktgegebenheiten unterworfen ist. Zum anderen zeigt er auf, wo die Firma Kienbaum bei ihrem Engagement in der Türkei - wie andere europäische Firmen auch - mit Problemen konfrontiert werden kann, deren Ursprung in den Unterschieden zwischen der türkischen und der europäischen Kultur begründet liegen. Im Anschluss an diese Analyse weist er Wege zum konstruktiven Umgang mit diesen Unterschieden.

Die vorliegende Studie ist so aufgebaut, dass nach einer Einführung in die ihr zu Grunde liegende Thematik in einem zweiten Kapitel eine Definition der leitenden Begriffe „Internationalisierung“ und „Personalberatung“ erfolgt, an die sich eine Einführung in die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Türkei anschließt. Danach werden die theoretischen Grundlagen des Kulturdimensionen-Modells von Hofstede erläutert und die Grundlagen für die Durchführung von Experteninterviews dargelegt. Kapitel drei stellt das „Mentale Modell“ anhand einer Grafik vor. Dieses Modell soll den Weg von der Ausgangssituation über das Gestaltungsfeld bis hin zum Erfolg nachzeichnen. Es dient somit auch als ein „roter Faden“, der durch diese Diplomarbeit führen soll. Kapitel vier beinhaltet die eigentlichen Untersuchungen, die anhand der speziellen Ergebnisse des Modells von Hofstede durchgeführt wird. Außerdem sollen hier anhand der durchgeführten Experteninterviews die Besonderheiten der Branche der Personalberater „Executive Search“ im türkischen Markt analysiert werden. Die theoretische Untersuchung wird mit Praxisbeispielen belegt und mit den Erfahrungen von Fachleuten unterfüttert. Daran anschließend soll unter Auswertung der bisher gewonnenen Erkenntnisse ein Businessplan für die Personalberatung „Kienbaum“ am Standort Istanbul erstellt werden. Abschließend werden in Kapitel sechs die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gewonnenen Ergebnisse zusammenfassend ausgewertet und mögliche Perspektiven für die Forschung und Praxis aufgezeigt.

1.3 Forschungsfragen

Folgende Forschungsfragen haben sich durch die Betrachtung des Themas ergeben und sollen innerhalb der Arbeit beantwortet werden:

- Marktanalyse für den Sektor Personalberatung: "Ist der Markt für eine erfolgreiche und langfristige Tätigkeit von Kienbaum in der Türkei vorhanden?"
- Wo liegen die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und dem Standort Türkei?
- Wie sieht die konkrete Umsetzung der erarbeiteten Theorien der vorliegenden Diplomarbeit in Form eines Businessplans für Kienbaum aus?

2. Theoretische Grundlagen

Vor einer eingehenden Analyse der Entwicklung der Personalberatung als Dienstleistung und der politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Türkei sollen im Folgenden zunächst die im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Personalberatungen stehenden wesentlichen Grundbegriffe „Internationalisierung“ und „Personalberatung“ definiert werden.

2.1 Internationalisierung

2.1.1 Begriff der Internationalisierung

Die einschlägige Literatur kennt für den Begriff „Internationalisierung“ eine Reihe von Definitionen, die sich in ihrer Kernaussage annähernd gleichen, sich in Nuancen aber voneinander unterscheiden. Nach Schierenbeck ist eine Internationalisierung immer dann gegeben, wenn nicht nur eine sporadische Aktivität im oder mit dem Ausland getätigt wird1, sondern wenn dieser dauerhaft nachgegangen wird.2 Der Export, die Direktinvestition im Ausland oder auch die Lizenzvergabe ins Ausland fallen daher ebenso unter die Internationalisierung wie die Führung ausländischer Tochtergesellschaften und eine grenzüberschreitende Auslandstätigkeit. Nach Kebschull definiert sich Internationalisierung durch breit aufgestellte, regelmäßige unternehmerische Tätigkeiten über die nationalen Grenzen hinaus in mindestens einem anderen Land sowie dessen Märkte.3 Die unterschiedlichen Nuancen der vorliegenden Definitionen sind durch ihre jeweiligen Ansätze begründet. So stehen Definitionen, die sich hauptsächlich am Absatzmarkt bzw. Marketing unter Bezugnahme auf bestimmte funktionsbereichspezifische Probleme orientieren, solchen gegenüber, deren Ausgangspunkt die funktionsübergreifende Ausdehnung der Akquisitionsmöglichkeiten der Unternehmen in andere Länder ist.4 Da sich die Entwicklung weiterer betrieblicher Teilbereiche wie zum Beispiel die Beschaffung, Produktion, Finanzierung oder Forschung und Entwicklung über Landesgrenzen hinaus erstrecken kann, darf sich nach Perlitz eine Definition der „Internationalisierung“ nicht nur auf den Absatz oder auf das Marketing beschränken. Nach seiner Auffassung umfasst die Internationalisierung ein Unternehmen als Ganzes, und aus diesem Grund kann die Definition von „Internationalisierung“ auch nicht auf der Grundlage einer funktionsbereichsspezifischen Unternehmensbetrachtung erfolgen.5

Abschließend sei zur Abgrenzung noch darauf hingewiesen, dass die fortschreitende Internationalisierung häufig fälschlicher Weise mit der Globalisierung gleich gestellt wird, obwohl sich diese beiden Prozesse voneinander unterscheiden: Während ein Unternehmen bei seiner Internationalisierung die individuellen Einzelschritte im Voraus plant, um Rücksicht auf die jeweiligen wirtschaftlichen und kulturellen Besonderheiten eines Landes zu nehmen, liegt das vorrangige Ziel der Globalisierung in der Verwirklichung von Größenvorteilen bzw. Skaleneffekten bei einer Gleichbehandlung aller betroffenen Länder und Märkte. Absatzzahlen und Größenvorteile in der Produktion werden lediglich dann verbucht, wenn diese nicht länderspezifisch differenziert werden.6 Der Schritt zur Internationalisierung eines Unternehmens ist dagegen situationsgebunden und steht im Zusammenhang mit der unternehmenseigenen Strategie.

2.1.2 Internationale Unternehmung

In der Fachdiskussion herrscht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass ein Unternehmen dann als eine „internationale Unternehmung“ bezeichnet werden kann, wenn es eine „auf Dauer angelegte grenzüberschreitende Tätigkeit“ zum Beispiel in Form des Exports von Technologieverträgen oder Direktinvestitionen in mehrere Länder betreibt7 und somit seine Unternehmensaktivitäten nicht nur im Heimatland ausübt.8 So gilt nach Perlitz ein Unternehmen als international, „…wenn die Auslandsaktivitäten zur Erreichung und Sicherstellung der Unternehmensziele von zentraler Bedeutung sind“.9 Krystek definiert die internationale Unternehmung, indem sie eine „nachhaltige und für das Unternehmen insgesamt bedeutsame Unternehmenstätigkeit“ als zusätzliches Definitionsmerkmal hinzuzieht.10 Allerdings wird der Grad der Internationalität eines Unternehmens aus der Unternehmenskultur oder der Denk- und Handlungsweisen innerhalb des Unternehmens abgeleitet.11 Als weiteres mögliches Abgrenzungskriterium dienen die Form und der Umfang des Auslandsengagements.12 Als Kriterien zur Beurteilung des Internationalisierungsgrads eines Unternehmens werden Faktoren wie der Anteil des Auslandsumsatzes an seinem Gesamtumsatz, die Anzahl der Beschäftigten im Ausland, die Höhe der Direktinvestitionen und die Anzahl der Tochterunternehmen im Ausland heran gezogen. Obwohl damit zahlreiche Beurteilungskriterien vorliegen, konnte bisher aus ihnen bis heute keine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende quantitative Definition formuliert werden. Anders als ein quantitativer Definitionsansatz orientiert sich ein qualitativer an den Unternehmenszielen, nach denen die Auslandstätigkeiten eines Unternehmens zur Erreichung seiner Ziele von großer Relevanz sind. Allerdings stellt sich hier auch die Frage, wie diese Relevanz substantiiert werden kann.13 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein Unternehmen dann als internationale Unternehmung gelten kann, wenn es seine Unternehmenstätigkeiten unabhängig von ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Relevanz über sein Heimatland hinaus praktiziert und sie grundsätzlich wiederholt und/oder langfristig ausübt.

2.1.3 Ziele und Motive der Internationalisierung

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Internationalisierung vor allem durch Motive wie die Sicherung des Absatzes über größere Marktnähe, die Senkung der Lohn- und Lohnnebenkosten, das Umgehen von Importrestriktionen, die Realisierung von Transportkostenvorteilen, Investitionsfördermaßnahmen durch ausländische Staaten sowie die Unabhängigkeit von der Entwicklung der Devisenkurse vorangetrieben wird.14 Verstärkt wird sie zusätzlich durch einen hohen Wettbewerbsdruck, der aufgrund international tätiger bzw. branchenfremder Wettbewerber und einen starken Druck auf die Preise entsteht.15

Außerdem ermöglichen inzwischen richtungsweisende technologische Weiterentwicklungen zügige und im Verhältnis zum Produktwert günstigere Kommunikations- und Transportmöglichkeiten, durch die sich die Rahmenkonditionen für eine Internationalisierung von Unternehmen laufend verbessern.16 Der Zugang zu neuen Märkten durch die Repräsentation vor Ort bzw. erleichterte Zugangsmöglichkeiten zu benachbarten Märkten mit dem Hintergrund einer stärker zielgerichteten Berücksichtigung des Konsumentenbedarfes sind weitere relevante Gründe für ein Unternehmen, sich auf internationalen Märkten zu betätigen.17

Vor der Entscheidung für einen Markteintritt auf internationaler Ebene muss ein Unternehmen jeweils intern sein eigenes Potential bewerten und seine für eine internationale Tätigkeit relevanten Motive ermitteln, da diese Entscheidung nicht nur die Ausweitung der Unternehmenstätigkeit über nationale Grenzen hinaus bedeutet: Will ein Unternehmen mit seinem Eintritt in einen ausländischen Markt dauerhaften Erfolg erzielen, dann muss es dazu nicht nur sukzessive, sondern prinzipielle Veränderungen durchführen, die ihrerseits auf belastbaren Motiven und Unternehmenszielen beruhen müssen. Die wissenschaftliche Forschung hat in den letzten Jahren die Motive, die als „Antreiber der Internationalisierung“ von Unternehmen eingestuft werden können, zusammengetragen.18 Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen sich - unterschiedlichen Ansätzen folgend - jeweils in Gruppen zusammenfassen.

Der erste hier vorzustellende Ansatz ergibt vier Motivgruppen: Zur ersten Gruppe zählen gewinnorientierte Motive (z.B. Kostenersparnis durch Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer, Gesamtumsatzsteigerung), die zweite Gruppe bilden die unternehmenssicherungsorientierten Motive (z.B. Marktsättigung im Inland, Mitziehen mit Konkurrenten), die dritte wachstumsorientierte Motive (z.B. Teilnahme am Wachstum in „Emerging Markets“) und eine weitere, vierte Gruppe bildet eine Sammlung von Motiven, die nicht den ersten Gruppen zuzuordnen sind (z. B. zufälliges Wahrnehmen einer Geschäftschance, Mitziehen mit bestehenden Kunden, organisationales Lernen).19 Zu der vierten Gruppe zählt auch eine bunte Reihe ressourcen-, produktions- und absatzorientierter Motive.20 Die folgende Tabelle zeigt die Gewichtung der Gründe bei einer Entscheidung von Unternehmen zur Internationalisierung ihrer Geschäftstätigkeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gründe für die Internationalisierung von Unternehmen („Going to International“) (Quelle: Faix, W. G.; Kisgen, St.; Lau, A.; Schulten, A.; Zywietz, T. (2006): Praxishandbuch Außenwirtschaft - Erfolgsfaktoren im Auslandsgeschäft)

Unter einem zweiten Ansatz lassen sich die genannten Motive für eine Internationalisierung grundsätzlich auch in die beiden gegensätzlichen Paare der ökonomischen versus die nicht- ökonomischen Motive sowie die offensiven versus die defensiven Motive unterteilen.21 Zu den ökonomischen Motiven zählen die Gewinnerzielungsabsicht und bei internationalen Geschäften der Ausgleich negativer inländischer Konjunkturentwicklungen sowie alle wachstums- und sicherheitsorientierten Motive, die sich in Umsatz- oder Marktanteilszielen spiegeln. Die Erreichung der Imageziele eines Unternehmens oder das Bedürfnis nach Macht und Einfluss hingegen zählen zu den nicht-ökonomischen Motiven. Offensive Motive liegen dagegen immer dann vor, wenn ein Unternehmen seine Wettbewerbsvorteile, die z.B. auf technologischen oder qualitativen Vorteilen beruhen können, auf dem internationalen Markt nutzt, indem es ihn zielgerichtet und systematisch erschließt, um das Gewinnpotential in diesem Land auszuschöpfen.22 Zu den defensiven Motiven der Entscheidung eines Unternehmens für die Internationalisierung zählt, wenn mit dieser Entscheidung die im Inland verschlechterte oder gefährdete Produktion durch die Auslandsproduktion stabilisiert werden soll oder wenn lediglich aus Wettbewerbsgründen einem Konkurrenzunternehmen ins Ausland „gefolgt“ wird. Diese aus Kosten- oder Wettbewerbsvorteilen rührenden defensiven Motive sind bei der Entscheidung von Unternehmen für die Internationalisierung häufig anzutreffen.23

Drittens können die Motive der Internationalisierung auch nach den ihnen zu Grunde liegenden Push- und Pull-Faktoren differenziert werden. Push-Faktoren sind die Gründe, die ein Unternehmen quasi zur Internationalisierung zwingen; sie werden auch als reaktive Exportmotive bezeichnet. Pull-Faktoren, auch als proaktive Exportmotive bezeichnet, sind lediglich motivierende Faktoren.24 Verallgemeinernd gilt für die Push- und Pullfaktoren die Feststellung, „…proactive firms go international because they want to, while reactive ones go international because they have to“.25 Die folgende Tabelle zeigt die offensiven (Pull- Faktoren) und die defensive (Push-Faktoren) Motive für eine Internationalisierung von Unternehmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Offensive und defensive Motive für die Internationalisierung von Unternehmen (Quelle: in Anlehnung an Czinkonta, M.; Ronkainen, I.A. (2007), S.283)

Im Anschluss an die Vorstellung der Systematisierung von Unternehmensmotiven in Bezug auf ihre Internationalisierung bleibt noch darauf hinzuweisen, dass für eine Internationalisierungsentscheidung in der Praxis grundsätzlich immer mehrere Motive in unterschiedlicher Gewichtung ausschlaggebend sind. Wie dieses Zusammenwirken mehrerer Motive aussehen kann, zeigt Michael Porter beispielhaft in seinem so genannten „Diamanten- Modell“ anhand von vier Bedingungen für die Innovationskraft eines Unternehmens:

- Die Faktorbedingungen eines Landes definieren die vorhandene Menge und Qualität der Grundfaktoren (z.B. natürliche Ressourcen, Humankapital, Infrastruktur) und fortschrittlichen Faktoren (z.B. Technologie, Wissen).
- Die Nachfragebedingungen charakterisieren die Marktgröße und das Anspruchsniveau der Kunden im Heimatland.
- Die erforderliche Analyse verwandter und unterstützender Branchen und eventuell vorhandener „Unternehmens-Cluster“. Die Unternehmen erzielen dadurch einen früheren Zugang zu neuen Technologien und verbesserten Produkten durch Zulieferfirmen als ihre Konkurrenten.
- Die Bewertung der Unternehmensstrategie, der Struktur und der Konkurrenz der Unternehmung.

Nach Porter müssen sich die genannten vier Bedingungen wechselseitig unterstützen, um eine möglichst positive Gesamtwirkung auf das Unternehmen zu erzielen. 26 Die Frage nach den Beweggründen einer Unternehmensentscheidung für eine internationale Tätigkeit konnte anhand empirischer Untersuchungen der einzelnen Motive beantwortet werden.27 Hierfür wurden Unternehmensleiter bzw. Entscheidungsträger nach den Unternehmenszielen und den Motiven, die sie zur Entscheidung für ein Auslandsengagement bewegt hatten, befragt und die entsprechenden Unternehmensziele herausgearbeitet.28 Während als primäres Ziel die „Sicherung der langfristigen Überlebensfähigkeit der Unternehmen (Existenzsicherungsziel)“ genannt wurde29, zählten die Erschließung neuer Märkte und die Sicherung bestehender Märkte durch den Ausbau des Marketing, des Vertrieb und des Kundendienstes zu den generellen Zielen, die mit einem Auslandsengagement verfolgt werden sollten.30

2.2 Personalberatung

2.2.1 Begriff der Personalberatung

Eine Personalberatung ist definiert als eine Form von Dienstleistung, die Unternehmen bei der Suche und der Auswahl von Personal berät. Die moderne Personalberatung ist noch eine relativ junge Branche, sie gehört zu den Beratungsfeldern der unternehmensnahen Beratungsdienstleistungen.31 Eine vollständige Personalberatung beinhaltet das Recruiting von Fach- und Führungskräften, die Beratung bei Findungsprozessen, die Planung und Umsetzung von Beurteilungsmaßnahmen, die Personalentwicklung, die Vergütungsberatung, das Personalmarketing sowie die Beratung in der Organisationsentwicklung und der Beantwortung strategischer bzw. konzeptioneller Fragen in der Personalarbeit. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf das Feld der reinen Personalberatung auf der Fach- und Führungskräfteebene, dem so genannten „Executive Search“, da sie die Untersuchung der Rahmenbedingungen für eine Standortgründung einer deutschen Gesellschaft im türkischen Markt zum Gegenstand hat.

2.2.2 Die Entwicklung der Personalberatung von 1930 bis 2000

Die ersten Versuche, Personalberatung als Dienstleistung zu etablieren, sind in den 1930er- Jahren in den USA, dem Mutterland der Personalberatung, zu beobachten. In der Literatur wird das Thorndike Deland Executive Placement Bureau als älteste Executive-Search-Firma genannt. Sie wurde acht Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gegründet, als es einen großen Mangel an qualifizierten Persönlichkeiten für Spitzenpositionen in der Politik gab. Ihr Gründer Deland hatte die Idee, die für solche Positionen in Frage kommenden Kandidaten nach vorheriger Recherche und Selektion selbst anzusprechen, anstatt sie wie bisher über Stellenanzeigen in der Tagespresse einzuwerben. Diese neue Form einer professionellen und organisierten Personalberatung gewann allerdings erst im Zuge der Industrialisierung nach dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung.32

Die Einsicht, dass der Einsatz des richtigen Mitarbeiters am richtigen Ort für Unternehmen einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil mit sich bringt, setzte sich auch in Deutschland ab Mitte der 1950er-Jahre durch. Als einer der deutschen Vorreiter dieser Dienstleistung gilt Gerhard Kienbaum, der bereits im Jahre 1945 die heutige Kienbaum Consultants International GmbH ins Leben rief. Als einer der deutschen Branchenpioniere erkannte er früh, dass eine qualifizierte Managementberatung ihren Auftraggebern auch die Dienstleistung eines Personalberaters anbieten sollte. Im Gegensatz zu anderen Ländern wurde die Entwicklung der Personalberatung als Dienstleistung in Deutschland durch die besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen behindert, denn das seit 1952 geltende Ausbildungsförderungsgesetz (AFG) verlieh der Bundesanstalt für Arbeit bis 1970 eine Monopolstellung in der Arbeitsvermittlung. In Anbetracht dieser Gesetzeslage standen deutsche Personalberater in den 1950er- und 1960er-Jahren im Vergleich zu Personalberatern aus anderen Ländern immer in einem möglichen Konflikt zum Monopol der Bundesanstalt für Arbeit.33

Der Markt für Personalberatungsdienstleistungen entwickelte sich langsam aber stetig aufwärts. Anfang der 1960er-Jahre, als sich die Direktsuche von Führungskräften in Deutschland zu etablieren begann, betrug das jährliche Volumen 300 Suchaufträge. Diese Suchmethode stammte ursprünglich aus Nordamerika. Spencer Stuart gehörte zu den ersten bedeutenden amerikanischen Beratungsgesellschaften, die vorwiegend mit dem Instrument der Direktansprache ihre potentiellen Vermittlungskandidaten gewann. Die Direktansprache wurde damals noch ausschließlich für Positionen im Top-Management verwendet. Das geheimnisumwitterte Image dieser Branche in Deutschland ist möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass die Direktsuche bis zum Jahre 1990 gesetzlich untersagt war, und sogenannte „Headhunter“ ihre Arbeit nur nach ihrer Zulassung durch die Bundesanstalt für Arbeit ausüben konnten. Die „Grundsätze zur Abgrenzung von Personalberatung und Arbeitsvermittlung bei der Besetzung von Stellen für Führungskräfte der Wirtschaft“ wurden erstmalig im Jahr 1970 definiert. Danach durfte ein Personalberater nur dann nach Führungskräften suchen, wenn

- ihm ein Beratungsauftrag von einem Unternehmen vorlag, und
- sich die Suche auf eine Führungs- oder eine ihr gleichgestellte betriebswichtige Spezialposition bezog.

Eine unerlaubte Vermittlung wurde bei folgenden Sachverhalten angenommen:

- der Nicht-Führungskräftesuche,
- einem Tätigwerden ohne Beratungsauftrag,
- dem Führen von Kandidatenübersichten, sowie
- der Annahme von Vergütungen für die Vermittlung von Kandidaten.

Die nicht befriedigenden Regelungen des AFG haben sich trotz der Abgrenzungsgrundsätze nicht weiter entwickelt, sodass die Tätigkeiten der Personalberater nicht vollständig legalisiert waren.34

Nach Schätzungen des BDU e.V. stieg die Zahl der in Deutschland aktiven Personalberater in den 1980er-Jahren von 1.000 auf mehr als 2.500. Ein Grund dafür, dass sich ihr Umsatz während dieser Zeit explosionsartig von ca. 200 Mio. DM auf rund 530 Mio. DM steigerte, liegt in Versäumnissen der späten 1970er-Jahre, in denen viele Unternehmen es versäumt hatten, sich sogenannte Personalreserven aufzubauen. Der Boom der 1980-er Jahre erklärt sich aber auch daraus, dass die Unternehmen immer häufiger Personalberatungen mit der Besetzung von offenen Positionen beauftragten, anstatt die Suche neuer Mitarbeiter selber durchzuführen. Wurden in der Mitte der 1970er-Jahre nur 20 % aller Führungskräfte mit Hilfe von Personalberatern gesucht, so lag diese Quote in der Mitte der 1980er-Jahre bereits bei 50 %, und im Top-Managementbereich noch deutlich höher. Das Wachstum der Beratungsbranche hatte allerdings nicht nur positive Effekte. Wurden in den Jahren vor 1970 vertrauliche und stetige Kundenbeziehungen in der Regel unter Einsatz fundierter Kenntnisse der Unternehmenskultur und der Organisationsstruktur gepflegt, änderte sich dieses Vorgehen mit der wachsenden Zahl von Anbietern auf dem Markt. Für viele der neuen Beratungsfirmen stand die Gewinnerzielung und nicht der Aufbau und die Pflege langfristig tragfähiger Kundenbeziehungen im Vordergrund ihrer Geschäftsbemühungen, mit der Folge, dass viele dieser Beratungsfirmen sich nur wenige Jahre auf dem Markt behaupten konnten.35

Im Sommer 1990 passte die damalige Bundesanstalt für Arbeit in Kooperation mit der BDU e.V. und dem Arbeitskreis der Personalberater in Deutschland die „Grundsätze zur Abgrenzung von Personalberatung und Arbeitsvermittlung bei der Besetzung von Stellen für Führungskräfte der Wirtschaft“ den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an. Ab diesem Zeitpunkt waren Personalberatungen zur Ausübung ihrer Tätigkeit nicht mehr an einen konkreten Beratungsauftrag durch ein Unternehmen gebunden, sie waren quasi in die Selbstständigkeit entlassen. Als Merkmal für die Personalberatertätigkeit galt ab da die Form der Honorargestaltung, die sich nach dem Zeitaufwand des Personalberaters bemisst. Von der Änderung der Grundsätze waren auch die sogenannten „Führungskräfte der Wirtschaft“ betroffen, da erstmals unter Führungskräften auch diejenigen Arbeitnehmer verstanden wurden, die als unmittelbare Nachfolger für Führungspositionen vermittelt wurden.

Die internationale schon länger übliche Direktsuche von Arbeitnehmern war in Deutschland bis zum Jahr 1991 nur unter bestimmten Voraussetzungen offiziell zugelassen. Im Jahr 1991 wurde erstmals vom Europäischen Gerichtshof geurteilt, dass das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit dort gegen das EG-Wettbewerbsrecht verstößt, wo es die Tätigkeit ausländischer Personalberater oder die Vermittlung von Kandidaten aus dem europäischen Raum reguliert. Eine der Folgen dieses Urteils war die Legitimierung ausländischer Personalberater auf dem deutschen Markt.36

Eine weitere Wettbewerbslockerung trat am 1. August 1994 in Kraft. Seit diesem Zeitpunkt sind Tätigkeiten wie die Berufsberatung, die Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen und die Arbeitsvermittlung nicht mehr ausschließlich der Bundesanstalt für Arbeit vorbehalten: Im Nachtrag des § 13 Abs. 3 AFG ist festgelegt, dass „die im alleinigen Interesse und Auftrag eines Unternehmers erfolgte Unterstützung bei der Selbstsuche von Arbeitskräften“ nicht mehr ausschließlich in den Händen der Bundesanstalt für Arbeit liegt. Personalberater benötigen seitdem keine Zulassung durch die Bundesanstalt als Arbeitsvermittler und sie unterstehen auch nicht mehr der Aufsicht der Bundesanstalt. Seit dieser am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ist die Tätigkeit von Personalberatern begrifflich nicht von der Tätigkeit der Arbeitsvermittlung zu differenzieren.

2.2.3 Die Entwicklung der Personalberatung im 21. Jahrhundert

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts, in den Jahren von 2001 bis 2003, stand die Branche der Personalberater großen Anforderungen gegenüber: Bedingt durch ein negatives Investitionsklima stand für viele Unternehmer die Kosteneinsparung im Vordergrund ihres wirtschaftlichen Handelns. Neue Stellen wurden nur noch vereinzelt besetzt und die Personalberater wurden überwiegend mit Projekten für den Personalersatz beschäftigt. Folgende Zahlen aus der BDU-Studie über „Personalberatung in Deutschland“ aus den Jahren 2000 bis 2003 verdeutlichen die Dynamik dieser negativen Marktentwicklung:

- Ein Gesamtumsatzrückgang in Höhe von 40 %, das heißt von 1,3 Mrd. € im Jahr 2000 auf 760 Mio. €gegen Ende 2003,
- ein Rückgang der Suchaufträge von 89.000 (2000) auf 41.000 (2003), und
- ein Rückgang der Beraterzahl von 6.500 (2000) auf 4.000 (Ende 2003).

Darüber hinaus zogen sich einige ambitionierte Personalberatungen während dieser Zeit aus strategischen oder wirtschaftlichen Gründen ganz vom Markt zurück.

Die Liberalisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Arbeitsvermittlung - wozu unter anderem der Wegfall der Genehmigungspflicht für private Arbeitsvermittlungen seit April 2002 zählt37 - hatte nach den anfänglichen konjunkturellen Schwierigkeiten der Jahre von 2001 bis 2003 durch ein sich daran anschließendes positives wirtschaftliches Umfeld und den enormen Aufstieg vieler Unternehmen aus der New-Economy zu Anfang des 21. Jahrhunderts ein überdurchschnittliches Branchenwachstum in einer Höhe von 20,5 % zur Folge. Laut einer Studie des BDU zur „Personalberatung Deutschland 2000“ ist der Markt seit 1990 von 270 Mio. € auf 1,27 Mrd. € gestiegen. Dies bedeutet, dass sich sein Wert in den letzten 10 Jahren verfünffacht hat.38 In diesem Zeitraum war zu beobachten, dass einige neue Marktteilnehmer über niedrige Honorarsätze in den Markt einzudringen versuchten. Zeitgleich nutzte diese Gruppe von Wettbewerbern das Internet, indem sie mit der sogenannten „Online-Stellenbörse“ neue Wege der Personalvermittlung öffnete. Das IT- gestützte Kandidatenmanagement wird nach einigen Anlaufschwierigkeiten inzwischen bei der Mehrzahl der Personalberatungen ergänzend zu den üblichen Suchmethoden eingesetzt, auch wenn es bei bestimmten Projekten die klassische Abwicklung nicht komplett ersetzen kann.

Das Wirtschaftsjahr 2004 konnte für die meisten Personalberatungen nach den rezessiven Jahren 2001 bis 2003 wieder positiver bilanziert werden, was sich allein am Gesamtumsatzvolumen des Jahres 2004 in Höhe von 880 Mio. € belegen lässt. Im darauffolgenden Geschäftsjahr 2005 konnte die Branche dann erneut einen Umsatzzuwachs verbuchen, der bei 9,6 % lag; die Personalberater waren mit rund 50.000 Projekten beauftragt worden, in denen sie ihre Kunden bei der Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften unterstützen sollten. Die Erholung der Branche hielt in den folgenden Jahren an, 2007 erreichte sie mit einem Jahresumsatz von 1,37 Mrd. €. einen neuen Höchststand.39

Ab Mitte dieses Jahrzehnts begann auch der sogenannte Mittelstand die Dienste der Personalberater intensiver zu nutzen. Mit 51 % und knapp 700 Mio. €waren mittelständische Unternehmen im Jahr 2007 am Gesamtumsatz der Personalberatungsbranche vertreten. Diese Zahl hatte 2006 noch bei 47,3 % und 544 Mio. € gelegen. Der positive Trend hielt - mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung durch die Wirtschafts- und Finanzkrise - auch in den Folgejahren bis heute an: Das Jahr 2008 bescherte der deutschen Personalberatungsbranche dank der dynamischen Konjunktur einen neuen Umsatzrekord in Höhe von 1,49 Mrd. €. Das Geschäftsjahr 2009 endete mit dem erwarteten Umsatzminus, im Vergleich zum Vorjahr sank der Umsatz auf 1,1 Mrd. €. Aber bereits ab September 2009 nahm die Klientennachfrage im Inland wieder zu und verhinderte damit einen befürchteten noch deutlicheren Abwärtstrend zu einem Zeitpunkt, als sich die Personalberatungsgesellschaften im europäischen Ausland einem Umsatzminus von bis zu 50 % ausgesetzt sahen. Die kurze Rezession des Jahres 2009 führte zu einer deutlichen Marktbereinigung, die Zahl der Personalberatungsfirmen reduzierte sich von 1.970 im Jahre 2008 auf 1.830 gegen Ende des Jahres 2009. Mit einem Umsatzrückgang von 26 % ist das Jahr 2009 das Jahr mit dem höchsten Umsatzrückgang seit es die BDU- Studien gibt.40 Die folgende Abbildung zeigt das Branchenwachstum in den Jahren 1999 bis 2009:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Entwicklung des Branchenumsatzes 1999-2009 (Quelle: BDU-Studie, Personalberatung in Deutschland 2009/2010, S. 2)

Nach der aktuellen BDU-Studie waren die Prognosen für das Geschäftsjahr 2010 eher optimistisch. Die durchschnittliche Umsatzprognose der befragten Personalberatungen wies ein Umsatzplus von 11% aus. Als Grund für die positive Geschäftserwartung der Personalberater nennt die Studie die erkennbare Belebung der deutschen Märkte sowie die Erholung der Weltwirtschaft. Inwieweit sich die Erwartungen für das Jahr 2010 erfüllt haben, wird der erst im Mai 2011 erscheinenden BDU-Studie für das Jahr 2010 zu entnehmen sein.41

2.3 Türkei als Standort

2.3.1 Landesüberblick

Die Türkei ist mehr als doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Das türkische Staatsgebiet hat eine Gesamtfläche von 814.578 qkm und teilt sich auf die Kontinente Europa und Asien auf, wobei allerdings nur 3,2 % in Europa liegen.42 Die Metropole Istanbul, in der 17,8 % der türkischen Gesamtbevölkerung ansässig sind, ist die einzige Stadt auf der Welt, die sich auf zwei Kontinente - voneinander getrennt durch den Bosporus - erstreckt. Obwohl Ankara die Hauptstadt der Türkei ist, sollten sich Unternehmen, die in der Türkei tätig werden wollen, in Istanbul niederlassen, weil von ihr die kulturellen und wirtschaftlichen Impulse für das ganze Land ausgehen. Mit einer amtlich registrierten Zahl von 72,6 Mio. Einwohnern wäre die Türkei nach einem EU-Beitritt nach Deutschland das bevölkerungsreichste Land der EU. Das Durchschnittsalter der türkischen Bevölkerung liegt derzeit bei 28,8 Jahren, 67 % der Gesamtbevölkerung sind in einem Alter zwischen 15 und 64 Jahre.43 Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Türkei geprägt durch eine sehr junge Bevölkerung und einen wachsenden Markt. Einzelinformationen zu Land und Leuten lassen sich der folgenden Tabelle entnehmen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Allgemeine Daten über die Republik Türkei (Quelle: TD-IHK Wirtschaftsdatenblatt 2011, S.1)

Staat und Politik

Nach der aktuellen gültigen Verfassung vom 7. November 1982 ist die türkische Republik ein demokratischer, sozialer und laizistischer Rechtsstaat, d.h. in der Türkei findet sich die Trennung von Religion und Staat und ebenfalls die für eine Demokratie typische Gewaltenteilung in Form der Legislative, Exekutive und Judikative. Als oberster Vertreter des türkischen Staates steht der Staatspräsident an der Spitze der Exekutive.44

Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP, die im Jahre 2001 gegründet wurde, regiert ohne Unterbrechung seit Ende 2002. Recep Tayip Erdogan, der frühere Bürgermeister von Istanbul, erzielte als Vorsitzender der AKP bei den Parlamentswahlen im Juli 2007 46,6 % der Stimmen. Mit 341 von insgesamt 549 Abgeordneten stellt die AKP die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Die AKP hat als Regierungspartei viele wichtige Reformen durchgeführt und für die notwendige politische Stabilität in der Türkei gesorgt. Eine schrittweise Annäherung an die 1993 vom Europäischen Rat in Kopenhagen festgelegten Kriterien für einen EU-Beitritt weiterer Staaten wurde durch die Verabschiedung einer Reihe von Reformpaketen erreicht.45

Die türkische Außenpolitik verfolgt langfristig zwei übergeordnete Ziele: Erstens will sie die Rolle eines Vermittlers zwischen den islamischen Ländern und dem Westen übernehmen und als Regionalmacht für eine dauerhafte Stabilisierung der Region und ihrer Beziehungen zum Westen sorgen. Sie knüpft damit an die türkische Außenpolitik von Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei an. Ein Beispiel für die von der Türkei auf vielen Feldern angestrebte Brückenfunktion ist ihr Bemühen, sich mit dem Bau einer Gaspipeline von Aserbaidschan über die Türkei nach Europa - das so genannte Nabucco-Projekt - als Transitland für Erdöl und Erdgas und damit als Garant der europäischen Rohstoffversorgung zu profilieren.46

Das zweite Ziel verfolgt die Türkei seit der Unterzeichnung des Assoziationsabkommens mit der EWG im Jahr 1963: Sie will Mitglied der EU werden. Wesentliche Schritte auf dem Weg zur Erreichung dieses Ziels waren die Gründung einer Zollunion zwischen der EU und Türkei im Jahre 1996 und die Wiederaufnahme konkreter Beitrittsverhandlungen im Jahre 2005. Als weitere Meilensteine sind hier auch die Mitgliedschaft der Türkei in internationalen Organisationen wie zum Beispiel EBRD, Europarat, G-8, G-20, Interpol, NATO, OSZE, OECD, OIC, BSEC, UNO, WHO und OATCT.47

Da die drei wichtigsten politischen Ämter der Türkei, das des Staatspräsidenten, das des Parlamentspräsidenten und das des Ministerpräsidenten, von der AKP besetzt werden, sind die politischen Rahmenbedingungen für die weitere Verfolgung der genannten Ziele derzeit günstig.48

2.3.2 Allgemeine Wirtschaftslage

Vor dem Jahre 1980 führte die Türkei eine isolierte Wirtschaftspolitik, deren Folge eine starke Isolierung der türkischen Wirtschaft von der gesamten Außenwelt war. Mit ihrer Abschottung von den Weltmärkten verfolgte die türkische Regierung das Ziel, durch

Reduzierung von Importen den Inlandsbedarf überwiegend mit heimischen Erzeugnissen zu decken und so den Binnenmarkt zu stärken. Parallel dazu wurde der Export gering gehalten, weil die einheimischen Produkte im Ausland nicht konkurrenzfähig waren.49 Die Politik der abgeschotteten Märkte endete mit der Ernennung von Turgut Özal zum Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten nach dem Militärputsch vom September 1980. Özals Reformen leiteten einen lang andauernden wirtschaftlichen Aufschwung ein. Die reale Wachstumsrate lag in der Zeit von 1980 bis 1987 bei jährlich 5,4 %, die Türkei verzeichnete damit das höchste Wachstum aller OECD-Staaten. Flankiert wurde dieser Aufschwung durch den Abbau und die Vereinfachung der Bürokratie, die eine Reduzierung der dirigistischen staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft zur Folge hatten.50 Der Beitritt der Türkei zur EU- Zollunion markierte für die Türkei einen wesentlichen Schritt in Richtung Europa.51 Die türkische Wirtschaft hat ihr stetig steigendes BSP vor allem dem privaten Sektor zu verdanken. Trotz der schweren wirtschaftlichen Einbrüche der Jahre 1999 - infolge eines schweren Erdbebens - und 2001 - infolge der Wirtschaftskrise nach dem 11. September in den USA -, stieg das BSP konstant. Allerdings ist dieses Wachstum in den vergangenen Jahren einem Wandel unterworfen gewesen: Während sich die Türkei zunächst von einer Agrarnation zu einer Industrienation entwickelte, ist sie heute auf dem Weg von einer Industrienation hin zu einer dienstleitungsorientierten Nation.52 Zu den Hauptlieferantenländern der Türkei zählen gegenwärtig Deutschland, Russland, Italien, Frankreich, USA, Großbritannien, die Schweiz, die Volksrepublik China, Spanien und Japan, zu den Hauptabnehmerländern türkischer Exporte zählen Deutschland, Großbritannien, Italien, USA, Frankreich, Spanien und die Niederlande.

Im Vergleich zu den EU-Mitgliedsstaaten wuchs die türkische Wirtschaft in der Vergangenheit überdurchschnittlich. Aus diesem Grund stellt die Türkei einen wichtigen und dynamischen Wirtschaftsstandort dar; allerdings sind über 50 % der türkischen Wirtschaft in und um die Stadt Istanbul angesiedelt.53 Durch die disziplinierte und sparsame Haushaltpolitik der Türkei konnte das Budgetdefizit bereits im Jahr 2007 auf 2,3 % des BIP reduziert werden, wodurch die Maastrichter Konvergenzkriterien erfüllt wurden. Außerdem gelang es der türkischen Regierung, die hohe Staatverschuldung spürbar zu verringern.54

Allerdings blieb auch die türkische Wirtschaft nicht von den Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise verschont: Im Jahr 2009 schrumpfte das türkische BIP als Reaktion auf diese Krise um 4,7 %. Dennoch hat die Türkei diesen wirtschaftlichen Einbruch mittlerweile im Vergleich zu anderen Ländern gut überstanden. Fast in allen Branchen ist das Niveau aus der Zeit vor der Krise wieder erreicht. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2010 hat das sich das BIP im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11,0 % erhöht. Mit dieser Performance gehört die Türkei zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der OECD-weit und zu den dynamischsten der Welt. Die wichtigste Stütze für dieses Wachstum sind einerseits die wieder stark anziehenden Investitionen und andererseits die dynamische Entwicklung des inländischen Konsums.55 Der im Jahre 2001 gründlich sanierte türkische Bankensektor hatte eine bedeutende Rolle bei der zügigen Erholung der heimischen Märkte, im direkten Vergleich zu anderen OECD-Ländern konnte die türkische Wirtschaft die Krise ohne staatliche Hilfen überstehen.

Aktuell belegt die Türkei mit 11,7 % Wirtschaftswachstum im ersten Quartal des Jahres 2010 unter allen G-20 Nationen Platz zwei hinter China, und schon im zweiten Quartal des Jahres 2010 teilte sie sich mit 10,3 % Wirtschaftswachstum mit China Platz eins.56 Eine rasche Erholung und eine starke Entwicklung wären die richtigen Worte, um den türkischen Außenhandel im Jahr 2010 zu beschreiben. Im Jahre 2010 betrug der Gesamtexportwert der Türkei 113,9 Mrd. US-Dollar, ein Jahr zuvor lag er noch bei 102,1 Mrd. US-Dollar. Die Gesamteinfuhren betrugen im gleichen Jahr 185,5 Mrd. US-Dollar gegenüber 140,9 Mrd. US- Dollar im gleichen Vorjahreszeitraum. Für das erwartete Handelsbilanzdefizit spielen die Energieeinfuhren der Türkei eine Hauptrolle. Experten schätzen für 2010 die Energieeinfuhren der Türkei auf 37,8 Mrd. US-Dollar.

Deutschland bleibt auch 2010 der wichtigste Handelspartner für die Türkei vor Russland, der Volksrepublik China, Italien und den USA. Russland gewinnt aber immer mehr an Bedeutung als Außenhandelspartner, was an der Energienachfrage der Türkei liegt.57 Als Lieferant für Öl und Gas konnte sich China inzwischen hinter Russland auf den zweiten Rang vorschieben. Als das wichtigste Zielland türkischer Exporte belegt Deutschland mit Abstand Platz eins der Rangliste, ihm folgen Großbritannien, Italien, Frankreich und der Irak. Die Rangliste der höchsten Zuwächse für das Jahr 2010 im Handel mit der Türkei führt China an vor Russland, dem Iran und Israel. Das türkische BIP stieg im Jahr 2010 um 6,8 %, und gegen das Jahresende 2010 war zu beobachten, dass die Konsumausgaben sich für das Jahr erheblich schneller erhöht hatten, als zu Jahresbeginn noch prognostiziert wurde. Der Konsumenten- Vertrauens-Index - ermittelt von der türkischen Zentralbank und dem Statistikamt - stieg im September 2010 auf 90,41 %, ein weiterer Beleg für das positive Konsumklima in der Türkei. Ein Jahr zuvor war dieser Wert auf seinem Tiefstand von 78,38 %. Seit der Wirtschaftskrise konnten ca. 1,5 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Arbeitslosenquote betrug Mitte 2010 knapp 11,7 %. Ein Jahr zuvor lag dieser Wert noch auf dem Höchststand von ca. 15 %.58 Das produzierende Gewerbe, die Bauwirtschaft und der Handel haben sich im Jahr 2010 besonders gut entwickelt. Die realen Zuwachsraten für diese Branchen liegen mit 18,5 %, 15,1 % und 17,0 % deutlich über dem Gesamtzuwachs.

Die Dienstleistungsbranchen, die ungefähr zwei Drittel des türkischen BIP erwirtschaften, zeigten im Jahr 2010 demgegenüber nur geringe Änderungen im Vergleich zum Vorjahr. Hier betrugen die Zahlen für den Finanzsektor 6,8 %, für die Immobilienbranche 9,0 % und für den Bereich Transport und Kommunikation 10,8 %. Die wirtschaftlichen Eckdaten der Türkei sind in der folgenden Abbildung noch einmal zusammengefasst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Wirtschaftliche Eckdaten der Türkei in den Jahren 2009 bis 2011 (Quelle: Germany Trade and Invest Wirtschaftsdaten Türkei 2010/2011, S.1)

Im laufenden Jahr 2011 sollen Experten zufolge die wachstumsstärksten und lukrativsten Branchen in der Türkei der Finanzmarkt mit Versicherungen und Banken, die Kommunikationsbranche und Pharmaindustrie sein. Für das Jahr 2011 sollen die Zuwächse an Investitionen laut Prognosen der türkischen Regierung 5,5%, für 2012 8,7 % und für 2013 9,6 % betragen. Der größte Anteil stammt aus dem Privatsektor, während der Staat seine Investitionen für 2011 zunächst reduzieren und dann in den folgenden Jahren nur moderat steigen lassen will. Die privaten Investitionen sollen laut dem Plan für 2011 um 10,0%, 2012 um 10,8% und 2013 um 11,6% wachsen. Die Umsetzung dieser Prognose will die türkische Regierung durch die Privatisierung von Staatsbetrieben und durch die Anwendung von Betreibermodellen bei großen Infrastrukturprojekten erreichen.59

Das aktuell größte Problem der türkischen Wirtschaft ist die hohe Arbeitslosigkeit. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs wird die Zahl von 12 % Arbeitslosigkeit auch im Jahr 2011 nicht unterschritten werden können, sie gehört derzeit zum größten Risikofaktor im Land. Es werden in den nächsten Jahren unter Berücksichtigung des demographischen Wandels vermehrt neue Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt gelangen wollen, so dass unter Anbetracht dieser Situation die Regierung für 2012 eine Arbeitslosigkeit 11,7 % prognostiziert.60 Bis 2012 wird nach Angaben der OECD in der Türkei ein durchschnittliches reales Wachstum des BIP von 7,2 % erzielt werden.61 Für die türkische Regierung werden die Investitionen weiterhin eine bedeutende Rolle bei ihrer mittelfristigen Planung zur wirtschaftlichen Entwicklung bis 2013 spielen. Das Wirtschaftsprogramm der türkischen Regierung für die Jahre 2010 bis 2013 zeigt die folgende Tabelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Wirtschaftsprogramm der türkischen Regierung für die Jahre 2010 bis 2013 (Quelle:TD-IHK Wirtschaftsdatenblatt 2011, S. 2)

2.3.3 Die deutsch - türkischen Beziehungen

Zwischen der Türkei und Deutschland bestehen seit langem starke und vielfältige Beziehungen. Diese beruhen vor allem auf drei Bausteinen: Als erster politisch wesentlicher Baustein sind hier die mit dem Ziel des EU-Beitritts der Türkei wieder aufgenommenen Verhandlungen zu nennen. Bei ihnen handelt es sich um einen mehrjährigen Prozess, dessen Ergebnis abzuwarten bleibt. Den zweiten Baustein bilden die vor allem menschlich bedeutenden deutsch-türkischen Beziehungen durch die in Deutschland lebenden Menschen türkischer Abstammung. Durch sie wird unter anderem auch die Attraktivität der Türkei als Reiseland verstärkt, nicht ohne Grund steht Deutschland in der Tourismusbranche der Türkei an oberster Stelle, die Zahl deutscher Touristen in der Türkei lag im ersten Halbjahr 2010 bei knapp 2,4 Millionen.62 Den dritten Baustein bilden die starken wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei: Mit einem Handelsvolumen von 8 Milliarden US- Dollar seit 1980 ist Deutschland der wichtigste Handelspartner der Türkei und zugleich der größte ausländische Investor in der Türkei. Dass deutsche Unternehmen die Türkei als Wachstumsmarkt für sich entdeckt haben, zeigt sich unter anderem daran, dass die Zahl von Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung in der Türkei allein im ersten Quartal des Jahres 2011 von 4.448 auf mehr als ca. 4.750 stieg.63 Die Höhe der ausländischen Direktinvestitionen in die Türkei in den Jahren 1954 bis 2010 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:

[...]


1 Vgl. Schierenbeck, H. (2003), S. 42.

2 Vgl. Wiesner, K. (2005), S. 10.

3 Vgl. Graser, St. (2011), S. 18.

4 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 57.

5 Vgl. Perlitz, M. (2004), S. 8.

6 Vgl. Wiesner, K. (2005), S. 11.

7 Vgl. Zentes, J.; Swoboda, B.; Morschett, D. (2004), S. 7f.

8 Vgl. Dülfer, E.; Jöstingmeier, B. (2008), S. 4; Meckl, R. (2006), S. 4; Perlitz, M. (2004): S. 9; Macharzina, K.; Oesterle, M.-J. (2002), S. 5.

9 Vgl. Perlitz, M. (2004), S. 10.

10 Vgl. Ohlig, G.; Krystek, U.; Zur, E. (1997), S. 5

11 Vgl. Graser, St. (2011), S. 16.

12 Vgl. Macharzina, K.; Wolf, J. (2005), S. 927.

13 Vgl. Perlitz, M. (2000), S. 10 f.

14 Vgl. Schierenbeck, H. (2003), S. 42.

15 Vgl. Mirow, M. (2002), S. 111.

16 Vgl. Blom, H.; Meier, H. (2002), S.4; Weber, W.; Festing, M. (1999), S. 438.

17 Vgl. Kutscher, Michael; Schmid, Stefan (2002), S. 82.

18 Vgl. Meffert, H.; Bolz, J. (1998), S. 97 ff.

19 Vgl. Fuchs, M.; Apfelthaler, G. (2009), S. 278.

20 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 71; Meffert, H.; Bolz, J. (1998), S. 937.

21 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 70.; Berndt, R., Altobeli, C. , Sander, M. (2010), S. 7 f.

22 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 70.; Meier, H.; Roehr, S. (2004), S. 14 f.; Berndt, R., Altobeli, C., Sander, M. (2010), S. 7.

23 Vgl. Faix, Werner G.; Kisgen, Stefanie; Lau, Alexander; Schulten, Annette; Zywietz, Tassilo (2006), S. 74.; Kutschker, M.; Schmid, St. (2005), S. 427 ff.

24 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 72.

25 Vgl. Czinkota, M.; Ronkainen, I.A. (2007), S. 283.

26 Vgl. Bogner, T.; Brunner, N. (2007), S. 75.

27 Vgl. Muller, St.; Kommeier, M. (2002), S. 111 f.

28 Vgl. Dülfer, E. (l999), S. 88 ff.

29 Vgl. Graser, St. (2011), S. 21.

30 Vgl. Wöhe, G.; Döring, U. (2008), S. 74.

31 Vgl. Füchtner, S.; Wegerich, T. (2008), S. 9; Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 2.

32 Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 2.

33 Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 3.

34 Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 3f.

35 Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 5.

36 Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 6.

37 Vgl. BDU-Studie, „Personalberatung in Deutschland 2000, 2001, 2002, 2003“; Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 8f.

38 Vgl. BDU-Studie, „Personalberatung in Deutschland 2000“; Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 7.

39 Vgl. BDU-Studie, „Personalberatung in Deutschland 2007“; Vgl. Heidelberger, M.; Kornherr, L. (2009), S. 10f.

40 Vgl. BDU-Studie, „Personalberatung in Deutschland 2009/2010“, S. 3 ff.

41 Vgl. BDU-Studie, „Personalberatung in Deutschland 2009/2010“, S. 11.

42 Vgl. Hütteroth, W.-D.; Höhfeld, V. (2002), S. 18.

43 Vgl. Angaben des Türkischen Statistikamtes TUIK unter: http://www.tuik.gov.tr/PreTablo.do?tb_id=39&ust_id=11, letzter Abruf: 08.02.2011.

44 Vgl. Gülec, A. (2008), S. 30 f.

45 Vgl. Zft (Hrsg.): Türkei-Jahrbuch, 2006, S. 84 f.

46 Vgl. Auswärtiges Amt: http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/ Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyText1, letzter Abruf: 01.02.2011.

47 Vgl. Steinbach, U. (2010), S. 66 ff.

48 Vgl. Gülec, A. (2008), S. 37.

49 Vgl. Bogaschewski, R. (2006), S. 75.

50 Vgl. Bogaschewski, R. (2006), S. 75.

51 Vgl. Gün, T. (2006), S. 53.

52 Vgl. Gün, T. (2006), S. 51.

53 Vgl. Bogaschewski, R. (2006), S. 77.

54 Vgl. Auswärtiges Amt: http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Wirtschaft_node.html, letzter Abruf: 21.03.2011.

55 Vgl. Knupp, M. (2010), S. 1

56 Vgl. Auswärtiges Amt: http://www.auswärtigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Türkei/Wirtschaft_node.html#do c336360bodyText3, letzter Abruf: 21.03.2011.

57 Vgl. Bagoglu, N., Klaiber, S. (2007), S. 16 f.

58 Vgl. Knupp, M. (2010), S. 6 f.

59 Vgl. Knupp, M. (2010), S. 2 ff.

60 Vgl. Knupp, M. (2010), S. 6.

61 Vgl. Kemmler, I. (2008), S. 91.

62 Vgl. Auswärtiges Amt: http://www.auswärtigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Türkei/Bilateral_node.html #doc336370bodyText1, letzter Abruf: 23.03.2011.

63 Vgl. Auswärtiges Amt: http://www.auswärtigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Türkei/Wirtschaft_node.html#do c336360bodyText3, letzter Abruf: 21.03.2011.

Ende der Leseprobe aus 118 Seiten

Details

Titel
Internationalisierung von Beratung
Untertitel
Studie zur Entwicklung der Personalberatung in der Türkei
Hochschule
Universität Siegen  (Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Lehrstuhls für Innovations- und Kompetenzmanagement)
Veranstaltung
Diplomarbeit Alper Durak
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
118
Katalognummer
V468591
ISBN (eBook)
9783668950085
ISBN (Buch)
9783668950092
Sprache
Deutsch
Schlagworte
BWL- Unternehmensgründung, Start-ups, Businesspläne, Türkei, Personalberatung, Kienbaum, Alper Durak, Diplomarbeit
Arbeit zitieren
Alper Durak (Autor:in), 2011, Internationalisierung von Beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/468591

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