Die Position von Luhmanns Theorie der Massenmedien in der Medienwissenschaft


Hausarbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung in Luhmanns System der Massenmedien
2.1 Einordnung der Theorie
2.2 Systemausdifferenzierung
2.3 Realitätenkonstruktion

3. Luhmanns Beitrag zur Medienwissenschaft
3.1 Funktion der Massenmedien
3.2 Beeinflussung der Wahrnehmung durch Selektion
3.3 Status der Wahrheit in Luhmanns Theorie

4. Grenzen der Theorie der Massenmedien
4.1 Der Begriff der Massenmedien bei Luhmann
4.2 Praxisbezug

5. Schluss

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Mit dem Text „Die Realität der Massenmedien“ nimmt der Soziologe Niklas Luhmann die Massenmedien auf, in seine systemtheoretische Betrachtung der Gesellschaft. Aus Sicht der Massenmedien war diese Aufnahme wahrscheinlich längst überfällig. Doch welchen Status kann Luhmann mit seinem Ansatz in der Medienwissenschaft erlangen? Welche relevanten Aussagen macht Luhmann über die Massenmedien? Mit diesem Thema wird sich der folgende Text beschäftigen um folgende Frage zu beantworten: Welche Erklärungen kann Luhmanns Theorie der Massenmedien geben und wo liegen ihre Grenzen?

Das zweite Kapitel ordnet Luhmanns Systemtheorie allgemein ein und grenzt sie von anderen Theorien ab. Es folgt ein Überblick über einige Begriffe der luhmannschen Systemtheorie. Anschließend wird in die Funktionsweise des Systems der Massenmedien eingeführt.

Das dritte Kapitel zeigt den Beitrag den Luhmanns Ansatz für die Medienwissenschaft leisten kann. Die Frage nach der Funktion der Massenmedien für die Gesellschaft wird beantwortet. Auf Wahrnehmungsbeeinflussung durch die Medien und Realitätskonstruktion wird eingegangen sowie auf den Manipulationsverdacht mit dem die Medien konfrontiert sind.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Kritik Rainer Leschkes an Luhmanns Systemtheorie. Dieses Kapitel zeigt einige Grenzen auf, an die Luhmanns Theorie, durch ihre Definition der Massenmedien und ihre abstrakte Theoriekonstruktion, stößt. Es stellt sich die Frage wie differenziert eine Theorie sein kann, die die gesamte Gesellschaft beschreiben möchte? Wie konkret und speziell können Luhmanns Aussagen über die Massenmedien sein?

Meine Arbeit ist eine Analyse und Interpretation von Luhmanns Schrift über die Massenmedien bezogen auf medienwissenschaftliche Aspekte. Deshalb wird vor allem Luhmanns Schrift selbst herangezogen. Außerdem wird Reiner Leschkes Luhmann kritischer Text zur Systemtheorie verwendet, um die wichtigsten Mängel aufzuzeigen.

Schwierigkeiten bei der Bearbeitung dieses Themas ergeben sich hauptsächlich durch Luhmanns kompliziertes Begriffskonzept. Zur Begriffsklärung wird Detlef Krauses Luhmann-Lexikon verwendet. Ich werde der Erklärung der Systemtheorie nicht annähernd soviel Aufmerksamkeit geben können wie sie es von ihrer Komplexität her benötigen würde. Da meine Arbeit dem Bereich der Medientheorie zuzuordnen ist, bitte ich dies bei der Lektüre nachzusehen[1]. Ich werde versuchen trotz des Umfangs von Luhmanns Theorie den Schwerpunkt auf medienwissenschaftliche Aspekte zu legen, um zu belegen, dass Luhmann einige relevante Aspekte aufgreift, jedoch vieles außer Acht lässt, wodurch der Eindruck entsteht Luhmann arbeite abstrakt und praxisfern.

2. Einführung in das System der Massenmedien

Das System der Massenmedien stellt ein System der Gesellschaft dar. Es reiht sich damit an andere Systeme wie beispielsweise das der Politik, das der Wirtschaft und das der Wissenschaft. Luhmann geht davon aus, dass: „[...] die Massenmedien [...] eines der Funktionssysteme der modernen Gesellschaft [darstellen A.F.], das wie alle anderen auch, seine gesteigerte Leistungsfähigkeit der Ausdifferenzierung, der operativen Schließung und der autopoietischen Autonomie des betreffenden Systems verdankt“ (Luhmann, 1996: 22). Die Ausdifferenzierung bezeichnet die Grenzziehung die ein System vollzieht um sich selbst von seiner Umwelt abgrenzen zu können[2]. Die operative Geschlossenheit sorgt dafür, dass die Systemoperation innerhalb der Grenze des Systems vollzogen werden[3]. Die Autonomie des Systems ist eine relative Unabhängigkeit des Systems von seiner Umwelt, trotz der Beziehungen – strukturellen Kopplungen – zu seiner Umwelt operiert das System autonom[4]. Autopoiesis bezeichnet die Fähigkeit des Systems die systemkonstituierenden Elemente - die Kommunikation selbst zu erzeugen und dadurch in der Lage zu sein sich selbst zu produzieren und zu erhalten[5]. Die gesteigerte Leistungsfähigkeit erhält das System also anders formuliert durch interne Komplexitätssteigerung und gleichzeitige Komplexitätsreduktion durch die Abgrenzung von seiner Umwelt[6].

2.1 Einordnung der Theorie

Luhmanns Theorie ist allumfassend und stellt damit eine Beobachtung der Gesamtgesellschaft dar. Wegen ihrem Anspruch auf Universalität[7] kann sie insgesamt als Supertheorie aufgefasst werden. Betrachtet man nur die Theorie der Massenmedien, ist sie als systemtheoretischer Ansatz der sich auf das gesamte Mediensystem bezieht, der generellen Medientheorie zuzuordnen[8]. Luhmann befindet sich mit seinen Betrachtungen grundsätzlich auf der Makroebene. Individuen spielen für ihn in der Regel keine über das Psychische System hinausgehende, erwähnenswerte Rolle. Wobei hier sein Kapitel „Individuen“ in „Die Realität der Massenmedien“ eine Ausnahme darstellt[9]. Doch es handelt sich auch hier nicht um Wesen aus Fleisch und Blut, sondern um das Konstrukt eines Menschen, das sich der Medien bedient[10].

Luhmanns theoretisches Konstrukt kann wie folgt verstanden werden: Das allumfassende soziale System ist die Gesellschaft, innerhalb dem sich durch Kommunikation konstituierenden Gesellschaftssystems, bilden sich die Funktionssysteme heraus, die ihrerseits Kommunikation als systemkonstituierendes Element haben[11] Jedes System verfolgt eine für das System spezifische Funktion[12]. Für die Systemausdifferenzierung wird ein spezifisches Medium benötigt. Im Fall der sozialen Systeme ist das Medium ein symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium, welches mit Hilfe der Codierung Kommunikation ermöglicht[13]. Die Codierung erfolgt auf dem positiven und dem negativen Wert des Mediums und wird dementsprechend auch Leitdifferenz genannt. Dese binäre Codierung ermöglicht den Ausschluss dritter Möglichkeiten und dient somit der Komplexitätsreduktion[14]. Jedes System ist operativ geschlossen[15] und kann mit anderen Systemen nur über strukturelle Kopplungen bzw. strukturelle Beziehungen in Kontakt treten[16]. Einflüsse von Außen wirken zunächst lediglich als Irritation und müssen gegebenenfalls im System entsprechend der Funktion verarbeitet werden[17].

Dieses theoretische Konzept bestimmt die Beobachtung die Luhmann von einem jeden System macht weitgehend. Möchte man ein System näher betrachten, bedeutet dies, zunächst Luhmanns Systemtheorie verstehen zu müssen, um dann die Systemspezifischen Eigenschaften erfassen zu können. Eine medienwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Luhmanns Theorie der Massenmedien bedarf von daher eines grundlegenden Verständnisses der Systemtheoretischen Prämissen.

2.2 Systemausdifferenzierung

Die Grundlage des Systems ist seine Ausdifferenzierung. Sie dient unter anderem der Komplexitätsreduktion[18] und damit der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von Kommunikation[19]. Basis der Ausdifferenzierung des Systems der Massenmedien ist die Erfindung bestimmter Verbreitungstechnologien, wie beispielsweise dem Buchdruck[20]. Durch die Möglichkeit der Vervielfältigung entsteht das Systemkonstituierende Element – die Kommunikation. Kommunikation muss der Systembildung vorausgehen, daraus ergibt sich die Funktion des Systems: „[...] die Umarbeitung von Irritation in Information, die [das System A.F.] für die Gesellschaft [...] produziert“ (Luhmann, 1996: 27) Die Funktion des Systems der Massenmedien ist grundsätzlich die Verbreitung von Kommunikation innerhalb der Gesellschaft und dadurch die Erhöhung der Irritierbarkeit der Gesellschaft. Welche Kommunikation verbreitet wird entscheidet das System durch die Unterscheidung von Information und Nichtinformation oder anders: Das System er – und verarbeitet Neues und schließt Altes aus. Dementsprechend operiert das System mit dem Code – bzw. der Unterscheidung von[21] – Information/Nichtinformation[22]. Der Code ermöglicht den Ausschluss dritter Möglichkeiten[23] und reduziert dadurch Komplexität. Um Anschlusskommunikation zu erreichen muss der positive Wert, also Information verwendet werden[24]. Anschlusskommunikation bezeichnet die Kommunikation, die einer anderen folgt, bezogen auf die Massenmedien sind es also Texte, Sendungen u.s.w. Die einander folgen und rezipiert werden. Die strukturellen Kopplungen – die Beobachtung der Umwelt – basiert im System der Massenmedien auf Themen[25]. Das Medium entspricht im Fall des Systems der Massenmedien nicht einem generalisierten Kommunikationsmedium, wie in allen anderen Systemen[26]. Letztendlich sind die Massenmedien ihr eigenes Medium bzw. sind es evolutionär betrachtet die Verbreitungstechnologien, da diese der Ursprung der Ausdifferenzierung des Systems sind[27]. Es handelt sich jedoch in beiden Fällen nicht um generalisierte Kommunikationsmedium, die sich binär codieren ließen. Deshalb wird die Kommunikation innerhalb des Systems auf „Informationen“ codiert und entsprechend durch alt und neu differenziert[28]. Diese Ausnahme der Codierung der Informationen statt der Kommunikation ermöglicht die Anschlusskommunikation innerhalb des Systems, die Voraussetzung für den Erhalt des Systems ist[29].

Fremdbezüglichkeit erfolgt über die Beobachtung der Gesellschaft durch das System. Die Massenmedien beziehen sich auf Themen, die das System selbst er- und verarbeitet. Die Themen dienen den strukturellen Kopplungen des Systems, auf der Ebene der Beobachtung der Umwelt durch das System[30].

[...]


[1] Für eine differenzierte Betrachtung siehe Horster, Detlef, 1997

[2] Krause, 2001: 108

[3] Krause, 2001: 28

[4] Krause, 2001: 109

[5] Krause, 2001: 208

[6] Krause, 2001: 10

[7] Vgl. Leschke, 2003: 215

[8] Vgl. Leschke, 2003: 215

[9] Siehe Luhmann „Die Realität der Massenmedien“ Kapitel: 10

[10] Vgl. Luhmann, 1996: 135

[11] Krause, 2001:34

[12] Krause, 2001: 132

[13] Krause, 2001: 171

[14] Krause, 2001: 114 und 115

[15] Krause, 2001: 28

[16] Krause, 2001: 58

[17] Krause, 2001: 148

[18] Krause, 2001: 6

[19] Krause, 2001: 16

[20] Luhmann, 1996: 33

[21] Krause, 2001:114

[22] Krause, 2001:43

[23] Luhmann, 1996: 35

[24] Luhmann, 1996: 35

[25] Luhmann, 1996: 29

[26] Hagen, 2005: 8

[27] Hagen, 2005: 8

[28] Hagen, 2005: 9

[29] Hagen, 2005: 9

[30] Luhmann, 1996:29

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Position von Luhmanns Theorie der Massenmedien in der Medienwissenschaft
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Kommunikationswissenschaft)
Veranstaltung
Medientheorien
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V46604
ISBN (eBook)
9783638437547
ISBN (Buch)
9783638911788
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Position, Luhmanns, Theorie, Massenmedien, Medienwissenschaft, Medientheorien
Arbeit zitieren
Anna Fiege (Autor:in), 2005, Die Position von Luhmanns Theorie der Massenmedien in der Medienwissenschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46604

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