Leseselbstkonzept von Schülerinnen und Schülern


Seminararbeit, 2019

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Fähigkeitsselbstkonzept

3. Leseselbstkonzept
3.1 Prototypisches Verlaufsschema der literarischen und Lesesozialisation
3.2 Erwartung-x-Wert-Modell

4. Bedeutung des Leseselbstkonzept von Schülerinnen und Schülern

5. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Lesen ist die Grundkompetenz des schulischen und privaten Lernens. Diese Lesekompetenz wird aber nicht nur als kognitive Fähigkeit beschrieben, sondern ist noch durch viele weitere Determinanten bestimmt. Eine Determinante des Lesens, welche das Selbstbild der Schülerinnen und Schüler (im Folgenden abgekürzt mit SuS) in Bezug auf das Lesen näher beschreibt, stellt das Leseselbstkonzept dar.

In der vorliegenden Arbeit wird das Leseselbstkonzept als Teil des sprachlichen – verbalen Selbstkonzepts identifiziert. Es geht um die Fragen: Warum das Leseselbstkonzept im schulischen Kontext bzw. im Unterricht berücksichtigt werden sollte und welche Möglichkeiten in der Modifizierung des Leseselbstkonzepts liegen. Dazu wird im 2. Kapitel das Fähigkeitskonzept von Shavelson et al. genauer ausgeführt. Dieses Konzept weiter ausdifferenziert, beschreibe ich im 3. Kapitel das Leseselbstkonzept. Hier stelle ich anhand des Prototypisches Verlaufsschema der literarischen und Lesesozialisation nach Graf und dem E rwartung-x-Wert-Modell des Lesen nach Möller und Schiefele, die Struktur und Funktionsweise des Leseselbstkonzepts heraus.

Abschließend gehe ich im 4. Kapitel auf die Bedeutung des Leseselbstkonzepts ein, hier werde ich auf die Ausgangsfrage eingehen und die Relevanz des Leseselbstkonzept für das schulische Lesen begründen.

2. Fähigkeitsselbstkonzepte

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu setzten, ist grundlegend für das Erreichen eines höheren Leistungsniveaus. Darauf zu vertrauen, dass man die geforderte Aufgabe schafft, ist aber nicht immer ganz einfach. Und oft sind SuS nicht überzeugt von ihren Fähigkeiten. Wie sich das auf die Leistungen auswirken kann, wird im sogenannten Fähigkeitsselbstkonzept genauer beschrieben. Eine der ertragreichsten Modelle zum Fähigkeitsselbstkonzept stammt von Shavelson, Hubner und Stanton aus dem Jahr 1976. „Vorstellungen über die Höhe eigener Fähigkeiten (Fähigkeitsselbstkonzepte) sind ein zentraler Inhalt selbstbezogenen Wissens, weil Personen Fähigkeiten häufig als wichtige Eigenschaften des Selbst empfinden: Man ist in der Regel lieber fähig als unfähig.“ (Dickhäuser 2006, S. 5) Im sogenannten Shavelson Modell wird die hierarchische Struktur des generellen Selbstkonzepts aufgezeigt. Auf der ersten Unterscheidungsebene wird das generelle Selbstkonzept in das akademische und das nicht akademische Selbstkonzept unterschieden. Das nicht akademische Selbstkonzept beinhaltet das soziale Selbstkonzept, das emotionale Selbstkonzept und das physische Selbstkonzept. Es handelt sich also um die subjektive Bewertung der Erfahrungen aus zwischenmenschlichen Begegnungen, zum Beispiel mit Freunden, beim sozialen Selbstkonzept, um die Bewertung der Gefühle im emotionalen Selbstkonzept und auch um das Aussehen und die Fitness beim physischen Selbstkonzept. Auf schulischer Ebene gibt es auch weitere Unterteilungen des akademischen Selbstkonzeptes. So wurde vorerst eine Differenzierung in die verschiedenen Fächer vorgenommen. Jedem Fach liege ein eigenes Fähigkeitsteilkonzept zugrunde.

Shavelson und andere argumentieren nach weiteren Modifizierungen des Modells, „dass es auf der Ebene globaler schulischer Faktoren zwei schulische Selbstkonzepte gebe: das verbale Selbstkonzept, das Selbsteinschätzungen zu Fächern wie Geschichte, Fremdsprachen und der Muttersprache umfasse, und das mathematische Selbstkonzept, in das Selbsteinschätzungen in Fächern wie Mathematik, Physik und Ökonomie einfließen würden“ (Trautwein 2003, S. 36). Dies zeigten auch die Ergebnisse aus konfirmatorischen Faktenanalysen. Ein in sich abgeschlossenes fachspezifisches Selbstkonzept ist nicht nachvollziehbar. So werden zum Beispiel im Religions- und Sachkundeunterricht auch Erfahrungen gemacht, welche Rückschlüsse auf die Lesekompetenz ziehen lassen. Somit wird zum Beispiel das Leseselbstkonzept nicht nur im Deutschunterricht geprägt, sondern auch in anderen Fächern sind Quellen des sprachlichen-verbalen Selbstkonzeptes zu finden. Deswegen ist eine nicht so ausdifferenzierte Unterteilung in die zwei oben genannten Facetten, als Unterkategorie des akademischen Selbstkonzeptes, naheliegend und nachvollziehbar. (Vgl. Bos und Pietsch 2006, S. 89)

Es geht also um die Selbsteinschätzung und Bewertung des eigenen Verhaltens einmal im schulischen und einmal im privaten Kontext. Der Schwerpunkt soll im Folgenden auf den akademischen Selbstkonzepten liegen, welche genauer betrachtet werden sollen. Die Modifikation und Genese von Fähigkeitsselbstkonzepten geschieht anhand verschiedener Faktoren. Sie „basieren nach Shavelson et al. (1976) bzw. Marsh und Shavelson (1985) auf konkreten Leistungsrückmeldungen und den durch sie ausgelösten sozialen Vergleichen und Kausalattributionen“ (Trautwein 2003, S. 39). SuS beschreiben ihre Fähigkeiten anhand erbrachter Leistungen. Allerdings geschieht dies nicht nur in der Selbstreflexion, sondern und vor allem auch im Vergleich mit anderen SuS. Dabei stellen sie ihre Leistungen in einen Vergleich mit den Leistungen ihrer Mitschüler. Die Leistungen der Mitschüler werden zum Vergleichsinstrument bzw. zur Referenz. Wenn der Schüler in diesem Vergleich besser abschneidet als seine Mitschüler, sollte dies zu einem hohen Fähigkeitsselbstkonzept führen. Umgekehrt bei schlechteren Leistungen als die Vergleichsgruppe zu einem niedrigen Fähigkeitsselbstkonzept. (Vgl. Dickhäuser 20066) Vergleicht der Schüler seine Leistungen auf dimensionaler Ebene, so vergleicht er die erbrachten Leistungen in dem einen Fach mit den Leistungen in einem anderen Fach. Auch in diesem Vergleich führen die schlechteren Leistungen in dem einen Fach (Fach A) dazu, dass das Fähigkeitsselbstkonzept im anderen Fach höher ausfällt und zu einem niedrigen Fähigkeitsselbstkonzept im Fach A. (Vgl. Dickhäuser 2006, S. 6) Die SuS nutzen also zwei verschiedene Bezugsrahmen, um ihre eigenen Fähigkeiten zu vergleichen und einzuschätzen. Einmal den externalen, beim Vergleich mit Mitschülern in einem Fach, und den internalen Bezugsrahmen beim Vergleich der eigenen Leistungen in verschiedenen Fächern. (Vgl. Pohlmann et al. 2006, S. 19)

Neben den Vergleichen als Quelle, werden auch Informationen aus Interaktionsprozessen mit Eltern und Lehrern zur Ausbildung des akademischen Fähigkeitsselbstkonzept genutzt.

„Als Bedingungs- bzw. Einflussfaktoren für die Genese und Veränderung von Selbstkonzepten betrachtet er bezüglich schulischer und Aspekte der Lehr- Lernumwelt (wie zum Beispiel das Lern- und Unterrichtsklima, Gestaltungsmomente des Unterrichts, Lern- und Leistungsbewertung bzw. -beurteilung etc.).“ (Hellmich 2011)

Im Laufe ihrer Schulzeit bekommen die Kinder von vielen Seiten Rückmeldungen über ihre Leistungen. Dies geschieht in Form von Noten und Leistungsbewertungen durch den Lehrer. Auch durch Rückmeldungen im Unterricht und in der Lernsituation durch den Lehrer werden die SuS mit ihrer Leistungsfähigkeit konfrontiert.

„Kinder und Jugendliche werden kontinuierlich im Verlaufe ihrer Schulzeit mit expliziten Rückmeldungen ob ihrer Leistungsfähigkeit konfrontiert, aber auch mit «versteckten» Rückmeldungen, wenn der Lehrer ihnen beispielsweise unerbetene Hilfe anbietet oder sie (im Gegensatz zu Mitschülern) für Erfolg in einer leichten Aufgabe besonders lobt.“ (Filipp 2006, S. 65)

Dass der Lehrer mit solchen Rückmeldungen indirekt die Kompetenz und Fähigkeit der SuS einschätzt und damit vor allem in den ersten Jahren der schulischen Entwicklung der SuS Einfluss auf die Selbsteinschätzungen gewinnt, kann von der Lehrperson positiv genutzt werden. (Vgl. Filipp 2006, S. 65) Die Quellen, welche den SuS bei der Genese ihres Fähigkeitsselbstkonzept zur Verfügung stehen, sind also im schulischen Kontext sehr vielfältig, allerdings oft auch widersprüchlich und als Information nicht immer einfach zu nutzen. Diese Informationen aus Rückmeldungen und sozialen und dimensionalen Vergleichen werden von den SuS zur Generierung eines „ausdifferenzierten(s), komplexen(s) Bild der eigenen Person“ (Filipp 2006, S. 68), dem Selbstkonzept, verwendet.

Welche Auswirkungen hat nun dieses Fähigkeitsselbstkonzept auf künftige Leistungen, warum ist es wichtig, die Selbstkonzepte von SuS in der Lernsituation zu kennen und zu berücksichtigen? Das es eine Wechselwirkung zwischen Fähigkeitsselbstkonzepten, also der Selbsteinschätzung, und dem zukünftigen Leistungsniveau gibt, ist durchaus in der Forschung bewiesen. Der Zusammenhang zwischen den persönlichen Merkmalen und seiner Umwelt, in Form von Leistung, steht in einer reziprokdeterministischen Beziehung. (Vgl.Filipp 2006, S. 68) So wirkt sich ein hohes Fähigkeitsselbstkonzept positiv auf die Leistungsentwicklung aus. Das erzielte Leistungsniveau wirkt sich im Gegenzug auf das Fähigkeitsselbstkonzept aus. Festzuhalten bleibt aber, „Dass das Selbstkonzept die Leistungsentwicklung in deutlich geringerem Maße beeinflusst, als dies für die Rückwirkung des Leistungsniveaus auf Veränderungen des Fähigkeitsselbstkonzepts zutrifft“ (Filipp 2006, S. 67). Hinzu kommen einige Effekte, welche auf das Fähigkeitsselbstkonzept einwirken und sich somit auch auf das Leistungsniveau auswirken. So kann sich zum Beispiel eine leistungsstarke Schulumgebung erheblich auf den Leistungszuwachs auswirken, in dem „sowohl Assimilations- als auch Kontrasteffekte auf das Fähigkeitsselbstkonzept von Schülern“ (Filipp 2006, S. 68) erzeugt werden. So geht es beim Kontrast um den Effekt, welcher beim Vergleich mit bzw. in der Gruppe erzeugt wird und bei der Assimilation um den Effekt, der bei der Angleichung an den Faktor der Bezugsgruppe gebildet wird. „Der Aufbau stabiler und positiver Selbstkonzepte für den Schulunterricht mit ihrer Bedeutung für selbstreguliertes und motiviertes Lernen bleibt schulformübergreifend (…) ein ausgesprochenes Ziel von Unterricht und Erziehung.“ (Bos und Pietsch 2006, S. 87)

3. Leseselbstkonzept

Um die Bedeutung des Leseselbstkonzept besser verstehen zu können, ist es wichtig, die Auswirkungen des Leseselbstkonzeptes auf die zukünftigen Leistungen zu beschreiben. Also wie die Lesekompetenz durch das Leseselbstkonzept beeinflusst wird. Auch nach Auffassung der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) 2016 wird die Lesekompetenz als reading literacy verstanden. Beim Texte lesen und verstehen handelt es sich demnach nicht nur um eine kognitive Leistung, welche von den SuS erbracht werden. (Vgl. Hußmann et al. 2017, S. 143)

„Modellen zu Determinanten der Lesekompetenz zufolge ist anzunehmen, dass Kompetenzüberzeugungen (wie das Leseselbstkonzept) und weitere motivationale Faktoren (wie die intrinsische Lesemotivation) das Verhalten (wie die Lesehäufigkeit und die Lesemenge) beeinflussen und dies wiederum auf das Leseverständnis wirkt. Das Leseselbstkonzept und die Lesemotivation hängen daher wie das Leseverhalten mit den Leseleistungen zusammen“. (Hußmann et al. 2017, S. 143)

Das Leseselbstkonzept als Determinante der Lesekompetenz ist Teil des akademischen Selbstkonzeptes. Hier ist es auf der sprachlichen – verbalen Ebene anzusiedeln. Die Lesegenese findet in vielen Fächern und Unterrichtsbereichen statt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Leseselbstkonzept von Schülerinnen und Schülern
Hochschule
Universität Münster
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V465377
ISBN (eBook)
9783668937369
ISBN (Buch)
9783668937376
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leseselbstkonzept, schülerinnen, schülern
Arbeit zitieren
Ani Biemann (Autor:in), 2019, Leseselbstkonzept von Schülerinnen und Schülern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/465377

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