Arten der Deixis


Hausarbeit, 2005

22 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Arten der Deixis
2.1. Allgemeines
2.2. Personendeixis
2.3. Ortsdeixis
2.4. Zeitdeixis
2.5. Textdeixis
2.6. Soziale Deixis

3. Praktische Anwendung

4. Anhang: Text

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der folgenden Arbeit beschäftige ich mich in einem ersten theoretischen Teil mit den verschiedenen Arten der Deixis. Im zweiten Teil der Arbeit werde ich die im ersten Teil theoretisch beschriebenen Themen an einem Textbeispiel praktisch anwenden. Bei dem ausgewählten Text handelt es sich um eine Rede.[1]

2. Arten der Deixis

2.1 Allgemeines

“Meet me here at noon tomorrow with a stick about this big.”[2]

Deixis kommt aus dem griechischen (deiktikos) und bedeutet zeigen oder hinweisen.

Bußmann definiert Deixis wie folgt:

„(1) Vorgang des Zeigens, Verweisens mittels Gesten oder sprachlicher Ausdrücke auf Situationselemente.
(2) Eigenschaft bzw. Funktion sprachlicher Ausdrücke, die sich auf die Person-, Raum- und Zeitstruktur von Äußerungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Äußerungssituation bezieht.“[3]

In dem oben genannten Zitat von Fillmore ist nicht klar, wer genau „me“ ist, wo „here“ liegt, welcher Tag mit „tomorrow“ gemeint ist, und wie dick der vom Verfasser verlangte Stock sein soll. Unstrittig wäre wohl anzunehmen, dass es sich bei „me“ um den Verfasser des Satzes handelt, aber wer genau dieser Verfasser ist lässt sich nicht sagen. „Here“ könnte, am wahrscheinlichsten, der Aufenthaltsort des Verfassers sein. Die lexikalische Bedeutung der Wörter ist zwar bekannt, jedoch lässt sich die Referenz der Wörter nicht bestimmen, da das linguistische Wissen nicht ausreicht. Es handelt sich um deiktische Ausdrücke die dazu dienen sich im „räumlichen, zeitlichen und sozialen“[4] Umfeld zu orientieren. Die Äußerungsbedeutung wird erst dadurch verständlich, dass man eine Beziehung herstellt zwischen den Umständen des Sprechereignisses und eben diesen deiktischen Ausdrücken. Die jeweiligen Umstände des Sprechereignisses werden als „Orientierungszentrum“ (auch Origo oder deictic centre)[5] bezeichnet, das heißt wo und zu welchem Zeitpunkt ein bestimmter Sprecher eine Aussage getätigt hat. Zu einer Verschiebung des Orientierungszentrums (shift of deictic centre)[6] kommt es bei einem Sprecherwechsel. So wird das obige Zitat schon etwas verständlicher wenn man weiß, dass es sich dabei um einen Satz aus einer Flaschenpost handelt. Man unterscheidet zunächst zwischen Personen-, Orts-, Zeit- und Diskurs- oder Textdeixis. Des Weiteren spricht man auch von sozialer Deixis.

2.2 Personendeixis

Zur Personendeixis[7] zählen im Englischen zum Beispiel die vier Personalpronomina I, you (im Singular) und we, you (im Plural). Zunächst einmal werden natürlich die Rollenbezeichnungen durch diese Deiktika ausgedrückt. So stellen sich die Fragen: Wer ist der Sprecher und wer der Hörer? Wer spricht mit wem? Außerdem ist zu fragen ob es sich um eine einzelne Person oder mehrere Personen handelt. Bublitz[8] weist darauf hin, dass im Falle von I nicht nur von einer Rollenbezeichnung gesprochen werden kann, sondern dass dieses Personalpronomen auch selbstreferierend verwendet wird. Dazu gibt er folgendes Beispiel.

Dave: “I have two scholarship interviews tonight.”

Wie vorher erwähnt wird hier also das Personalpronomen I einerseits als Rollenbezeichnung verwendet, Dave ist der Sprecher. Gleichzeitig referiert er jedoch auch auf sich selbst. Bei we ist zu unterscheiden, ob der Sprecher den Hörer mit einschließt, oder ob der Hörer als Referent ausgeschlossen ist und we nur auf eine bestimmte Gruppe von Sprechern referiert.[9]

Dazu folgende Beispiele:

A to B: „Shall we go to the cinema now?“

Bei diesem Beispiel handelt es sich um ein inklusives we. Das we referiert eindeutig auf Hörer und Sprecher.

A to B: „Jen and I are going to the cinema today. We hope to meet you later this evening.”

In diesem Beispiel wird der Hörer B als Referent ausgeschlossen, we referiert nur auf den Sprecher A und Jen. You kann entweder im Singular oder Plural verwendet werden, was in dem missverständlichen Dialog deutlich wird:

A do you mean did I like it or what?

b I don’t mean you I mean you as a family[10]

A bezieht hier das you rein auf sich, wohingegen b you pluralisch verwendet.

Zumeist anaphorisch (Beispiel: Im Satz „When Queen Victoria visited Cologne, she was not amused“[11] wird she anaphorisch verwendet), das heißt sich auf einen Begriff der zuvor im Text genannt wurde beziehend, und also nicht-deiktisch werden die Personalpronomen he, she, it und they verwendet. Grundy wählt als Beispiel für einen typischen anaphorischen Gebrauch von it:

„When I say you have to read the chapter, I mean YOU have to read it and YOU have to read it and YOU have to read it.”[12]

Hier wird also it anaphorisch verwendet zu the chapter. Gleichzeitig wird in diesem Beispiel you deiktisch-gestisch verwendet, indem der Sprecher sich dem angesprochenen Adressaten jeweils zuwendet oder auf ihn deutet.

2.3 Ortsdeixis

Levinson definiert Ortsdeixis[13] als eines von verschiedenen Mitteln der Lokalisierung oder Benennung von Objekten:

„Place or s pace deixis concerns the specification of locations relative to anchorage points in the speech event. The importance of locational specifications in general can be gauged from the fact that there seem to be two basic ways of referring to objects - by describing or naming them on the one hand, and by locating them on the other hand.”[14]

Als eine Möglichkeit von anaphorischer Lokalisierung nennt Levinson folgende Beispiele:

„The station is two hundred yards from the cathedral.“[15]

Hier wird der zu bestimmende Ort relativ zu einem anderen Bezugspunkt in der Nähe beschrieben. Auch ist eine Lokalisierung über festgelegte Koordinationspunkte wie das Längen- und Breitensystem möglich:

„Kabul lies at latitude 34 degrees, longitude 70 degrees.“[16]

Dagegen kann die Lokalisierung auch deiktisch erfolgen:

„It’s two hundred yards away.“[17]

Away wird hier also deiktisch verwendet, die Entfernung wird relativ zum Aufenthaltsort des Sprechers zum Zeitpunkt der Äußerung definiert. Das gleiche gilt für den Satz:

„Kabul is four hundred miles west of here[18].

Bei den Ortsadverbien here und there sowie bei den Demonstrativpronomina this und that handelt es sich um rein deiktische sprachliche Ausdrücke der Orstdeixis „die ohne eine zusätzliche nicht-deikitsche Spezifizierung auskommen“[19] Ähnlich wie zuvor bei der Personendeixis im Fall „we“[20] unterscheidet man auch bei der Ortsdeixis im Fall von here zwischen inklusivem und exklusivem here.[21] Dazu folgende Beispiele:

“I’ve gotta get out of here

do you like this work here in this appartment”[22]

In diesen beiden Fällen ist der Standort des Sprechers gleichzeitig jener des Hörers. Daher handelt es sich um inklusives here.

Dagegen handelt es sich bei den folgenden Beispielen um exklusives here:

“It sure has been beautiful here [i.e. in this part of the country], nice, warm and springlike. The grass is turning green and […] (Letters)

I reached Lincoln Park and toured the Palace of the Legion of Honor, which is one of the fine art museums. […] I could kind of see why people would brave earthquakes, bush fires and mudslides to live out here. (Letters)[23]

Da es sich bei den Beispielen um Auszüge aus Briefen handelt gibt es eine gewisse Distanz zwischen dem Ort der Äußerung des Sprechers und dem Lesezeitpunkt eines Empfängers. Daher dient in diesen Fällen dieses exklusive here nur dazu „die Nähe zur Position des Schreibers zum Zeitpunkt des Schreibens“[24] auszudrücken.

2.4 Zeitdeixis

Zunächst einige Beispiele die Grundy als Deiktika der Zeit anführt:

„this/last/next M onday/week/month/year

now, then, ago, later, soon, before

yesterday, today, tomorrow”[25]

Bei der Zeitdeixis[26] wird durch deiktische Äußerungen ein Bezug zum Äußerungszeitpunkt hergestellt. Um die Bedeutung der Deiktika zu beschreiben werden Bezeichnungen coding time (CT) und receiving time (RT)[27] verwendet. Coding time ist der Augenblick, in dem die Äußerung stattfindet, receiving time dagegen der Zeitpunkt an dem die Äußerung aufgenommen, also gelesen oder gehört wird. Zwischen CT und RT vergeht eine gewisse Zeitspanne (ZS) die unterschiedlich lang sein kann. Dies sei am Beispiel von now erklärt:

“it [the camera]’ll become a museum piece […] I see two of you very darkly – now I see one of you but deeply magnified.[28]

In diesem Fall entspricht der Äußerungszeitpunkt, also CT genau RT. Der Sprecher schildert was er gerade durch die Kamera betrachtet, und die Hörer hören ohne eine Zeitspanne das Gesprochene. Im folgenden Beispiel vergeht aber eine gewisse Zeitspanne zwischen CT und RT:

„I won’t write more now, so that i’ll be able to send this note to you“[29]

[...]


[1] Text siehe Anhang

[2] Fillmore, Charles. Lectures on deixis. Stanford: Center for the Study of Language and Information, 1997 S.60

[3] Bußmann, Hadumod. Lexikon der Sprachwissenschaft. 3. aktualisierte und erweiterte Auflage.Stuttgart: Kröner, 2002 S.149/50

[4] Bublitz, Wolfram. Englische Pragmatik: Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt 2001 S. 204

[5] Kortmann, Bernd. Linguistik: Essentials. Berlin: Cornelsen, 1999 S. 193

[6] Kortmann (1999) S. 193

[7] engl. person deixis

[8] Bublitz (2001) S. 209

[9] man spricht hier von inklusivem oder exklusivem we (engl. inclusive/exclusive we)

[10] Bublitz (2001) S.209

[11] Herbst, Thomas. Rita Stoll, Rudolf Westermayr. Terminologie der Sprachbeschreibung. Ein Lernwörterbuch für das Anglistikstudium. Ismaning: Hueber, 1999 S. 182.

[12] Grundy, Peter. Doing Pragmatics. 2. Auflage. London: Arnold, 2000 S. 27

[13] engl. place deixis

[14] Levinson, Stephen. Pragmatics. Cambridge: Cambridge University Press, 1994 S. 79

[15] Levinson (1994) S.79

[16] Levinson (1994) S.79

[17] Levinson (1994) S. 79

[18] Levinson (1994) S. 79

[19] Bublitz (2001) S. 211

[20] siehe Seite 4/5

[21] engl. inclusive/exclusive here

[22] Bublitz (2001) S. 210

[23] Bublitz (2001) S. 212

[24] Bublitz (2001) S. 212

[25] Grundy (2000) S. 31

[26] engl. time deixis

[27] Levinson (1994) S.73

[28] Bublitz (2001) S. 217

[29] Bublitz (2001) S.217

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Arten der Deixis
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V46453
ISBN (eBook)
9783638436441
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es werden in einem theoretischen Teil die verschiedenen Arten der Deixis vorgestellt. In einem praktischen Teil werden die Deiktika an einem Textbeispiel (politische Rede) angewendet.
Schlagworte
Arten, Deixis
Arbeit zitieren
Tim Krappmann (Autor:in), 2005, Arten der Deixis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46453

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