Die demographische Situation in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung


Hausarbeit, 2005

16 Seiten, Note: 2-


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die demographische Situation vor der politischen Wende in Ost und West

3 Die demographische Situation heute
3.1 Mortalität
3.2 Fertilität
3.2.1 Geburtenrückgang und steigendes Erstgebärendenalter
3.2.2 Erklärungsansätze für den Geburtenrückgang
3.3 Migration

4 Zusammenfassung und Ausblick

1 Einleitung

Die Demographie ist die Beschreibung einer Bevölkerung. Deutschland als geteiltes Land bestand 40 Jahre aus zwei verschiedenen Bevölkerungen, die aufgrund ihrer Differenzen getrennt beschrieben werden mussten. Man könnte nun meinen, dass es nach der Widervereinigung auch zur „Vereinigung“ der demographischen Situation gekommen sei – doch dem ist nicht so. Noch heute, 15 Jahre nach der politischen Wende, müssen West- und Ostdeutschland gesondert betrachtet werden, um zu einer realistischen Einschätzung zu kommen. Viel zu groß sind die Differenzen im fertilen Verhalten und bei der Migration. Auch die Mortalität trägt zur Bevölkerungsbewegung bei.

Inwiefern die drei Faktoren Einfluss auf die demographische Situation hatten und haben, soll nun dargestellt werden. Besonders der Geburtenrückgang bedarf einer Reihe von Erklärungsansätzen, die im Anschluss behandelt werden. Zuerst aber wird ein historischer Blick auf die Entwicklung der beiden deutschen Teile vor 1989 gegeben, um die Veränderung im Osten besser herauszustellen.

2 Die demographische Situation vor der politischen Wende in Ost und West

Die demographische Situation im geteilten Deutschland stellte sich im Hinblick auf die Entwicklung der Gesamtbevölkerung vollkommen gegensätzlich dar: Während in der BRD stets Bevölkerungswachstum vorzufinden war, wies die DDR immer ein negatives Wanderungssaldo auf. Wie ist das zu erklären?

Zum einen verließen sehr viele Bürger die sowjetische Besatzungszone bis zum Mauerbau 1961. Durch diesen wurde die Zahl der Abwanderungen zwar verringert, aber nie gestoppt. Lediglich direkt nach Kriegsende wuchs die Einwohnerzahl der DDR leicht, als eine größere Zahl Vertriebener aufgenommen wurde. Im Anschluss daran war es das einzige Land der Welt, das ununterbrochen einen Bevölkerungsschwund zu beklagen hatte.

Die Bundesrepublik war im Gegensatz dazu gekennzeichnet durch ständiges Wachstum – einerseits durch Umsiedler aus dem Osten, andererseits aber auch durch Zuzug von Aussiedlern und Gastarbeitern. Auch nach dem Anwerbestopp 1973 riss die positive Bilanz nicht ab, da Familienzusammenführungen stattfanden und die Zahl der Asylsuchenden zunahm. Ende der 1980er Jahre stieg auch wieder die Zahl der Flüchtlinge aus der DDR an.

Doch nicht nur die Wanderungen beeinflussen eine Bevölkerungsentwicklung, sondern auch Fertilität und Mortalität.

Die Entwicklung der Fertilität nach dem Zweiten Weltkrieg verlief in der BRD in drei Phasen: Nach dem Kriegsende und dem einsetzenden Wirtschaftswunder mitsamt der sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung im Land kam es zum Nachholen von Heirat und Geburten, so dass heute von einer Baby-Boom-Phase die Rede ist. Ab den 1960er Jahren kam es allerdings zum so genannten „Zweiten Geburtenrückgang“, in dessen Folge sich die Kinderzahl je Frau auf einem tiefen Niveau einpendelte. Interpretiert wurde dieser Rückgang häufig als Werteverfall und Versagen der sozialliberalen Familienpolitik, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht förderte. Zum Absinken des Geburtenniveaus trug allerdings auch die Einführung der Anti-Baby-Pille bei. Außerdem war die Häufung von nachgeholten und ohnehin anstehenden Geburten vorüber, so dass von keinem unerklärlichen Vorgang die Rede sein kann. Die niedrigen Geburtenzahlen sind viel mehr ein Phänomen aller westlich-industriellen Gesellschaften und als säkularer Vorgang zu betrachten.

In der DDR setzte der Babyboom zeitlich eher ein als in der BRD, genauso wie der anschließende Geburtenrückgang. Allerdings wurde mit verschiedenen Maßnahmen versucht, diesem Trend entgegenzusteuern. So wurde eine eindeutig pronatalistische Familienpolitik betrieben, die von der Förderung Alleinerziehender über Vorteile bei der Wohnungsbeschaffung bis hin zum monatlich freien Haushaltstag für Mütter reichte. So kam es zu einem mittelfristigen Anstieg der Fertilität Mitte der 1970er bis Anfang der 80er Jahre, weil Geburten nun vorgezogen bzw. überhaupt vollzogen wurden. Allerdings konnten diese Maßnahmen ein endgültiges Absinken der Geburtenzahlen in den 80er Jahren nicht verhindern. Dazu trugen auch die Legalisierung der Abtreibung 1972 sowie die Einführung der oralen Kontrazeptiva bei.

Der eigentliche Unterschied nach Dorbritz besteht darin, dass Frauen in der DDR generell eher bereit waren, das erste Kind zu bekommen, wohingegen sich die Frauen in der BRD gänzlich gegen ein Kind entschieden.[1]

Festzustellen bleibt, dass in beiden Teilen Deutschlands schon sehr früh die Bestandserhaltung der Bevölkerung über die Geburten nicht gegeben war: seit 1969 in der BRD und seit 1971 in der DDR.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Zusammengefasste Geburtenziffer (durchschnittliche Kinderzahl je Frau)

Aber nicht nur die relative Kinderzahl blieb in der DDR stets höher als in der BRD, sondern auch andere Komponenten des generativen Verhaltens: Das durchschnittliche Erstgebärendenalter lag bei 22,3 Jahre, wohingegen die „westliche“ Frau im Durchschnitt 25,2 Jahre alt war[2]. Auch die Heiratsneigung war im Osten viel höher: So wurde wesentlich früher wesentlich häufiger geheiratet. Dieses Phänomen ist durch die Mitnahme der gebotenen Förderungen durch den Staat zu erklären sowie durch eingeschränkte Alternativen zu dieser Lebensbiographie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Heiratsalter lediger Personen, 1950 – 1990

Es bestand aber nicht nur eine frühere Heirats-, sondern auch eine größere Scheidungsneigung, die durch die übersichtliche und kostengünstige Gesetzeslage gefördert wurde. Als Grund für die hohen Scheidungszahlen ist außerdem das junge Heiratsalter anzuführen. Außerdem war es vor allem für Frauen kein Risiko, nach einer Scheidung allein erziehend zu werden, da besonders diese Bevölkerungsgruppe staatlich unterstützt wurde.

3 Die demographische Situation heute

Nach der politischen Wende 1989 und der Widervereinigung wurden die staatlichen Institutionen der DDR komplett abgeschafft und durch die der Bundesrepublik ersetzt. Damit ergaben sich für die Menschen vollkommen neue Rahmenbedingungen.

Dennoch hat sich ein Trend aus der Vorwendezeit fortgesetzt: Die Bevölkerung der so genannten neuen Bundesländer sinkt stets und ständig weiter ab – zwischen 1950 und 2001 von 18,4 auf 15,1 Millionen Einwohner. Seit 1989 ist die Wohnbevölkerung dieser Region allein im etwa 1,4 Millionen gesunken.

Dieser Bevölkerungsrückgang hat natürlich verschiedene Ursachen: Zum einen die Entwicklung der Mortalität und der Migration, zum anderen aber auch die Fertilität, auf die besonders im Zuge der Transformation im Osten Augenmerk gelegt wurde und wird – denn das rasante Absinken der Geburtenzahlen war in dieser Form einzigartig. Einige Untersuchungsergebnisse werden dargestellt.

[...]


[1] Dorbritz 1997: 243

[2] Im Jahr 1980. Dabei ist anzumerken, dass die westdeutsche Statistik nur das Alter verheirateter Frauen bei der Geburt des ersten Kindes aufnimmt, während die DDR-Statistik alle Frauen unabhängig vom Familienstand berücksichtigt. Vgl. Beck-Gernsheim (1997): S. 62

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die demographische Situation in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
Bevölkerungssoziologie
Note
2-
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V46444
ISBN (eBook)
9783638436359
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Situation, Ostdeutschland, Wiedervereinigung, Bevölkerungssoziologie
Arbeit zitieren
Lydia Brandl (Autor:in), 2005, Die demographische Situation in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46444

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