Fehlerforschung im pädagogischen und arbeitswissenschaftlichen Kontext

Die Arbeiten von Weimer


Seminararbeit, 2018

18 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Fehler sind menschlich und passieren Jedem

2 Basiswissen zu Hermann Weimer sowie Vorwissen zum pädagogischen Fehlerbegriff
2.1 Weimers Kurzbiografie und seine erfolgreichsten Arbeiten
2.2 Pädagogischer Fehlerbegriff vor

3 Fehlerforschung in Bezug auf Weimers und Kießlings Arbeiten
3.1 Fehlerbegriff
3.2 Fehler und ihre Ursachen
3.3 Kießlings Fehlerbedingungen
3.4 Fehler in der Unterrichtspraxis nach Weimer
3.4.1 Leistungsfehler und Fehlerbeurteilung
3.4.2 Relation von Falsch und Richtig
3.4.3 Vorteile von Fehlern
3.4.4 Lehre der Fehlerbekämpfung
3.4.5 Kritik an den Ansätzen von Weimer
3.4.6 Kritik an den „Bedingungen der Fehlsamkeit“ von Kießling
3.4.7 Was bleibt von Weimers Ansätzen

4 Inwieweit haben die Arbeiten von Weimer die heutige Fehlerforschung beeinflusst

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: „Bedingungen der Fehlsamkeit“ nach Kießling (1925)

1 Fehler sind menschlich und passieren Jedem…

… vor allem Menschen, die sich noch in einer Lernphase befinden. In dieser Semi- nararbeit über das Thema „Fehlerforschung im pädagogischen und arbeitswissenschaft- lichen Kontext: Die Arbeiten von Weimer“ wird die Frage beantwortet, inwieweit die Ar- beiten von Weimer die heutige Fehlerforschung beeinflusst haben. Hermann Weimer hat sich hauptsächlich mit der Fehlerforschung in den zwanziger Jahren im pädagogischen Kontext beschäftigt und sich dabei tiefgründig auf die schulische Unterrichtspraxis bezo- gen. Daher wird der Aspekt der Fehlerforschung im arbeitswissenschaftlichen Kontext in dieser Seminararbeit vernachlässigt.

Der Pädagoge Weimer gehört gemeinsam mit Arthur Kießling zu den Gründern der Feh- lerforschung. In Bezug auf pädagogische Prozesse analysierten sie entstandene Fehler (vgl. Wolfradt/Billmann-Mahecha/Stock, 2015, S. 238). Weimer war zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Gründer der Fehlerkunde sowie der Fehlerpsychologie (vgl. Wein- gardt, 2004, S. 44). Des Weiteren werden in dieser Seminararbeit Arthur Kießlings „Be- dingungen der Fehlsamkeit“ aufgenommen, da Kießling sowie seine Bedingungen in en- ger Verbindung zu Weimer stehen.

Zu meiner Hauptliteratur gehört das Buch „Fehler zeichnen uns aus- Transdisziplinäre Grundlagen zur Theorie und Produktivität des Fehlers in Schule und Arbeitswelt“, veröf- fentlicht von Martin Weingardt im Jahr 2004, sowie der Beitrag von Gerhard Glück „Zeit- geist und Fehlertheorie (1921-1939) -Meister Weimer und sein Schüler Kießling“ aus dem Buch „Fehlerwelten- Vom Fehlermachen und Lernen aus Fehlern“, herausgegeben von Wolfgang Althof im Jahr 1999. In beiden Textquellen stehen Weimers sowie Kießlings Arbeiten im Mittelpunkt. Zunächst werden in dieser Seminararbeit Weimer und seine Werke kurz dargestellt und der pädagogische Fehlerbegriff von 1900 grob beschrieben. Anschließend wird auf die Fehlerforschung in Bezug auf die Arbeiten von Weimer, sowie dazugehörige wichtige Begriffe, die mit Weimer in engem Zusammenhang stehen, ein- gegangen. Danach werden Fehler in der Unterrichtspraxis anhand Weimers Forschun- gen aufgezeigt und Kritikpunkte genannt. Darüber hinaus wird aufgegriffen, was von Wei- mers Ansätzen heute noch geblieben ist. Im Fazit wird erläutert, wie wichtig die Arbeiten von Weimer für die heutige Fehlerforschung sind.

2 Basiswissen zu Hermann Weimer sowie Vorwissen zum pädagogi- schen Fehlerbegriff

2.1 Weimers Kurzbiografie und seine erfolgreichsten Arbeiten

Hermann Weimer (1872 -1942) promovierte im Jahr 1899 in Marburg zu einer histo- risch- germanistischen Thematik und war danach im Schuldienst tätig (vgl. Glück, 1999, S. 169). 1915 fing er mit der „Sammlung, Beobachtung und psychologischen Interpreta- tion der SchülerInnen- Fehler und wie Lehrer damit umzugehen hätten [an]“ (Glück, 1999: S. 169). 1921 wurden seine bisherigen Forschungen und Erkenntnisse in Wiesbaden auf der pädagogischen Woche das erste Mal veröffentlicht. Anschließend veröffentlichte Wei- mer diverse Bücher, wie zum Beispiel „Psychologie der Fehler“ (1925), „Die Bedingungen der Fehlsamkeit“ (1925), welches er gemeinsam mit Arthur Kießling schrieb, der sein Schüler und Mitarbeiter war, „Fehlerbehandlung und Fehlerbewertung“ (1926) sowie ei- nige Jahre später, geprägt vom nationalsozialistischen Gedanken, „Fehlerverhütung und Fehlervermeidung“ (1939) (vgl. Glück, 1999, S. 169 f.). Diese Buchinhalte titulierte Wei- mer mit dem Oberbegriff schulpädagogische Fehlerkunde (vgl. Weingardt, 2004, S. 43).

„In den zwanziger Jahren begründete Weimer erstmals eine psychologisch ausgerichtete wissenschaftliche Fehlerkunde, die die im Unterricht wahrnehmbaren Fehlerformen be- schrieb, klassifizierte und ursächlich auf (…) kognitive Fehlerarten zurückführte“ (Wein- gardt, 2004: S. 141). Das seit bereits 1912 bestehende Amt als Schuldirektor gab Weimer 1927 ab und nahm anschließend bis 1932 das neue Amt als Gründungsdirektor an der Akademie für Lehrbildung in Frankfurt am Main auf. Ein weiteres bedeutendes Werk ist „Die Geschichte der Pädagogik“ (Erstauflage 1912), die bis heute mehrfach überarbeitet wurde. Des Weiteren veröffentlichte Weimer eine Vielzahl an Artikeln in Fachzeitschriften (vgl. Glück, 1999, S. 170 f.). Bis zu seinem Tod 1942 „widmete [er] sich fortan der Voll- endung seines wissenschaftlichen Lebenswerks“ (Kießling, 1942: S. 27).

2.2 Pädagogischer Fehlerbegriff vor 1900

Die Darstellung einer historischen Fehlerthematik wurde bisher in der Erziehungswis- senschaft nicht präsentiert. Vor 1900 wurde der Fehlerbegriff vielseitig verwendet. Ver- erbte Fehler, erlernte Fehler, Erzieherfehler, Elternfehler, Verhaltensfehler, Charakterfeh- ler, Fehlleistungen sowie Fehlentwicklungen wurden oftmals vermischt. Bis ins 20. Jahr- hundert hinein wurde von Fehlern gesprochen, doch es war zu seiner Zeit das heutige Fehlverhalten gemeint (vgl. Weingardt, 2004, S. 42). Ab dem 18. Jahrhundert haben sich Pädagogen tiefgründiger mit der Fehlerkunde beschäftigt. Dabei standen Verhaltensfeh- ler im Vordergrund (vgl. Weingardt, 2004, S. 42 f.). Fehler der Erzieher und Lehrkräfte wurden oft erörtert, allerdings ging es dabei zum größten Teil um mangelnde Vorbildlichkeit und Versäumnisse sowie nur in Ausnahmefällen um didaktische Fehler. Weitestgehend rückte das Nachdenken über erzieherische Fehler der Eltern und Lehr- kräfte in den Hintergrund. Der Fehler lag allein bei dem Lernenden. Somit begann erst in den dreißiger Jahren mit Hermann Weimer die Betrachtung von Fehlern in der Unter- richtspraxis detaillierter (vgl. Weingardt, 2004, S. 42 f.).

3 Fehlerforschung in Bezug auf Weimers und Kießlings Arbeiten

3.1 Fehlerbegriff

Weimer unterscheidet in seinen bereits zuvor genannten Werken in 2.1 seinen Feh- lerbegriff auf zwei unterschiedliche Weisen. Er kategorisiert Fehler, welche man hat wie beispielsweise Schönheitsfehler oder Charakterfehler und Fehler, welche man macht wie beispielsweise Buchstaben in einem Wort vertauschen. Weimer legt seinen Fokus auf die Fehler, die aus bestimmten Handlungen erfolgen. Diese nennt er Fehlerhandlungen oder Handlungsfehler. Weimer setzt den Handlungsfehler mit dem Leistungsfehler gleich (vgl. Weingardt, 2004, S. 44).

3.2 Fehler und ihre Ursachen

Weitere typische Schlüsselbegriffe für Weimer sind Täuschung, Fälschung, Fehler und Irrtum. Zum einen unterscheidet er Täuschungen und Fälschungen, welche vom Ur- heber bewusst gemacht werden, zum anderen unterscheidet er zwischen Fehlern und Irrtümern, welche unwillentlich geschehen. Gemeinsam stellen alle diese Begriffe das Falsche dar. Im weiteren Verlauf wird nur tiefgründiger auf die Begriffe Fehler und Irrtum eingegangen. Nach Weimer unterscheidet man Fehler und Irrtum, indem man Fehler macht und sich in einem Irrtum befindet (vgl. Weingardt, 2004, S. 44). Dies bedeutet, dass der Fehler „(…) ein Gebilde des Augenblicks ist“ (Weimer, 1925a: S. 3), der durch das „Versagen psychischer Funktionen“ (Weimer, 1925a: S. 5) zustande kommt. Weimer betrachtet „den Fehler als ‚eine Handlung, die gegen den Willen ihres Urhebers vom Richtigen abweicht‘, wobei die Abweichung eben bedingt sei durch ein Versagen psychi- scher Funktionen“ (Weingardt, 2004: S. 45). Ein Irrtum hingegen ist ein Zustand, der durch Unwissenheit von relevanten Tatsachen entsteht (vgl. Weingardt, 2004, S. 45). Weimer ist der Meinung, dass ein Fehler erst durch das Versagen von den drei Leis- tungsfunktionen Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Denken auftritt (vgl. Glück, 1999, S. 171). Des Weiteren unterscheidet Weimer die Begriffe Fehlerformen und Fehlerarten. Fehlerformen unterliegen objektiven Bedingungen, Fehlerarten hingegen subjektiven Bedingungen (vgl. Breitkreuz, 2009, S. 159 f.). Zu den Fehlerformen zählt er Fehler, die äußerliche Ähnlichkeiten aufzeigen. Fehlerarten hingegen lassen sich durch gleiche in- nere Ursachen kategorisieren (vgl. Weingardt, 2004, S. 44 f.). Weimer unterscheidet fol- gende fünf Fehlerarten: (1) Geläufigkeitsfehler, (2) Perseverationsfehler, (3) Ähnlichkeits- fehler, (4) Mischfehler und (5) Gefühls- und willensbedingte Fehler. (1) Geläufigkeitsfeh- ler sind Fehler, die wiederholt auftauchen. (2) Perseverationsfehler sind Fehler, bei dem sich veraltetes Wissen gegen neues Wissen durchsetzt. Sie werden in Nachwirkungs-, Vorwirkungs- und Einstellungsfehler unterteilt. (3) Ähnlichkeitsfehler entstehen, wenn es eine Ähnlichkeit zum Richtigen gibt. (4) Mischfehler sind Fehler, die durch Bedeutungs- verwandtschaft in wechselseitiger Beziehung zueinanderstehen. (5) Gefühls- und willens- bedingte Fehler entstehen, wenn man richtiges Wissen verdrängt. In Folge der Klassifi- zierungen ist es Weimer wichtig, eine Fehlerbehandlung zu entwickeln, wobei der Fokus auf den wiederkehrenden Fehlern liegt. Dafür ist er der Meinung, dass die oben genann- ten Leistungsfunktionen gestärkt werden müssen und lediglich Fehlermarkierungen und -korrekturen in der Lehrpraxis nicht mehr ausreichen. Lösungen sind für ihn beispiels- weise die Nutzung von Wandtafeln, die Selbstkorrektur oder die Fehlersuche sowie -be- sprechung im Klassenverband (vgl. Weingardt, 2004, S. 45 f.).

3.3 Kießlings Fehlerbedingungen

Arthur Kießling befasst sich ebenfalls mit den Fragen der Fehlerentstehung und Fehlerbehandlung. In den zwanziger Jahren arbeitet er eng mit Weimer zusammen (vgl. Weingardt, 2004, S. 44). Kießling (1891- 1945) absolvierte 1914 erfolgreich sein Musik-, Germanistik-, Geschichts-, Psychologie- und Philosophiestudium. Nach dem ersten Welt- krieg, bei dem er als Soldat tätig war, promovierte er 1920 an der Universität in München. Bis 1926 war er Lehrer an Schulen in unterschiedlichen Städten. 1927 lehrte er als Do- zent an der Pädagogischen Akademie in Frankfurt. Ein Jahr darauf ernannte man ihn zum Professor für Psychologie (vgl. Wolfradt/Billmann-Mahecha/Stock, 2015, S. 237 f.). Kießling selber nennt sich einen Schüler und Mitarbeiter von Weimer (vgl. Glück, 1999, S. 169). Kießling knüpft an Weimers Forschungen zu den Fehlerarten und Fehlerursa- chen an und ist der Meinung, dass es mehrere Bedingungen gibt, die dazu führen, dass Schülern Fehler in ihren Handlungen unterlaufen (vgl. Weingardt, 2004, S. 46). „Er sieht den gesamten situativen Kontext einer gelungenen oder misslungenen Leistung mit den vielfältigen Verkettungen und Korrelationen zwischen einzelnen Bedingungen als wirk- sam an“ (Weingardt, 2004: S. 46). Es bestehen sehr viele Zusammenhänge, für die Kießling ein Schema aufstellt. Er beschränkt sich dabei allerdings auf die Hauptbedin- gungen, die in Abb. 1 dargestellt sind (vgl. Weingardt, 2004, S. 46 f.).

A. Objektive Bedingungen der Fehlsamkeit

1. Natürliche Umwelt
2. Künstliche Umwelt
3. Soziale Umwelt

B. Subjektive Bedingungen

1. Erblich bedingte Fehlsamkeit
2. Körperlich bedingte Fehlsamkeit

- Anatomie
- Entwicklungsschwankungen
- Ermüdung
- Ernährung/Verdauung
- Organempfinden
- Sexualleben
- Sinnesempfindungen
- Krankheiten/Gebrechen

3. Geistig bedingte Fehlsamkeit

- Emotionale Fehlsamkeit
- Willensschwäche
- Dummheit
- Unaufmerksamkeit

C. Unterrichtliche Bedingungen der Fehlsamkeit

1. Subjektspsychotechnische Bedingungen

a) Der Schüler:

- Kindliche Arbeitsweise
- Technik des Lernens
- Grad der Aneignung

b) Der Lehrer:

- Die Lehrmethode
- Persönlichkeit des Lehrers

c) Die Organisation des Unterrichts

2. Objektspsychotechnische Bedingungen

Abb.1: „ Bedingungen der Fehlsamkeit “ nach Kießling (1925)

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Fehlerforschung im pädagogischen und arbeitswissenschaftlichen Kontext
Untertitel
Die Arbeiten von Weimer
Hochschule
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Note
1,3
Jahr
2018
Seiten
18
Katalognummer
V464053
ISBN (eBook)
9783668927452
ISBN (Buch)
9783668927469
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fehler, Pädagogik, Arbeitswissenschaft, Weimer, BWL, Fehlerforschung
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Fehlerforschung im pädagogischen und arbeitswissenschaftlichen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/464053

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