Nordafrika im Zweiten Punischen Krieg (204 - 201 v. Chr.)


Hausarbeit, 2017

27 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Scipios Afrikapläne
2.1 Die Pleminiusaffäre
2.2 Die Bündnisse mit Syphax und Massinissa

3. Die Invasion
3.1 Ankunft und erste Gefechte
3.2 Die List des Scipio

4. Schlacht bei den Großen Feldern – 203 v. Chr.

5. Die Entscheidungsschlacht bei Zama – Narragara (202 v. Chr.)

6. Schlussfolgerungen

7. Bibliographie

1. Einleitung

Die moderne Geschichtswissenschaft gliedert sich in verschiedene Teildisziplinen wie z. B. Politische Geschichte, Sozialgeschichte, Rechtsgeschichte, Kulturgeschichte, Wirtschaftsgeschichte etc., um nur ein paar zu nennen. Diese haben noch mehrere Unterkategorien wie z. B. bei der Politischen Geschichte die Militärgeschichte. Diese zeigt uns wie keine andere das konfliktbestimmte, kriegerische Handeln der Menschheit der vergangenen Jahrhunderte bis in die Gegenwart auf. Eine der wohl spannendsten Episoden der Kriegsgeschichte dürfte sich in der Zeitepoche der Antike abgespielt haben. Es sind die Ereignisse und großen Schlachten in Nordafrika der Jahre 204 – 201 v. Chr., die die entscheidende Phase des Ringens um die Hegemonie im Mittelmeerraum zwischen Rom und Karthago markieren. In der zwei der besten Feldherren der Militärgeschichte aufeinander trafen: der Römer Publius Cornelius Scipio versus Karthagos legendären Hannibal.

Im ersten Kapitel der Arbeit zeige ich dem geneigten Leser die damalige Situation Roms kurz vor der Invasion Afrikas auf, spreche Hindernisse und Probleme Scipios an und bewerte und prüfe diese kritisch. Darauf aufbauend werde ich im zweiten Kapitel den Vorgang und Ablauf der Invasion beleuchten sowie die ersten Monate Scipios auf nordafrikanischem Boden und die damit verbundenen Schwierigkeiten und Gefahren darstellen. Ebenfalls werden die Maßnahmen Karthagos aufzuzeigen und zu hinterfragen sein.

Schließlich werde ich im dritten und vierten Kapitel die großen und entscheidenden Schlachten bei „den Großen Feldern“ und die Schlacht bei Zama – Narragara aufschlüsseln, analysieren und fachlich beschreiben.

Dabei ist das Ziel der Arbeit, dem geschichtlich-militärisch Interessierten einen genauen Detailblick auf das Geschehen zu geben, aber auch allgemeine geschichtliche Ereignisse zu vermitteln. Hierfür standen mir verschiedene Quellengattungen zur Verfügung. Unter anderem eine umfangreiche Sammlung an Sekundärliteratur von Historikern wie Herbert Heftner, Nigel Bagnall, neuste Forschungsliteratur von Gunnar Manz sowie militärische Fachliteratur, wie z. B. „Die Römische Armee“ von Alexander Rudow. Die Sekundärliteratur wird von den zur Überprüfung unabdingbaren Quellen der antiken Historiographen flankiert. Zeitgenössische Autoren, wie allen voran Polybios, Titus Livius und Diodor von Sizilien, bilden den Kern und damit die Grundlage für jede wichtige Aussage und Beurteilung. Aber auch andere Autoren wie Cassius Dio oder Zonoras sollten nicht außer Acht gelassen werden. Unter Verwendung der historisch- kritischen Methode soll versucht werden, dem Leser eine solide, überprüfbare Darstellung zur Einordnung der geschichtlichen Abläufe zu geben. Genauso sollen aber auch Thesen, wie z. B.: „Die hervorragend ausgebildeten römischen Legionäre sowie die bessere Taktik des Publius Cornelius Scipio sicherten den Römern die Erfolge in den Schlachten gegen die karthagischen Feldherrn Hasdrubal und Hannibal in Nordafrika“, besprochen und nach Möglichkeit beantwortet werden. So soll ein ausschnitthaftes Gesamtbild der Ereignisse in Nordafrika für den Leser entstehen, das man unter dem Sinnspruch des römischen Konsuls Appius Claudius Caecus zusammenfassen kann: „[...] fabrum esse suae quemque fortunae“ (Sallust 1, 1, 2).

2. Scipios Afrikapläne

2.1 Die Pleminiusaffäre

Mit dem Jahr 204 v. Chr. befinden wir uns bereits im fünfzehnten Kriegsjahr des Zweiten Punischen Krieges1. Publius Cornelius Scipio, der bereits 206 v. Chr. nach Rom, nach seinem Sieg in Iberien, zurückgekehrt war und 205 v. Chr. zum Konsul für Sizilien ernannt wurde, befindet sich in der ausschlaggebenden Vorbereitungsphase zur Landung in Afrika und dem damit für ihn verbundenen entscheidenden Kampf gegen Karthago. Hier möchte der verhältnismäßig junge, aber nichtsdestotrotz ruhmvolle römische Feldherr, der die Barrikadenmacht in Spanien brach, sein angestrebtes Ziel erreichen und Karthago auf eigenem Boden bezwingen und den Krieg damit endlich für Rom entscheiden2.

Doch beinahe wäre P. Scipio über die politischen Umstände seines Konsulats sowie seine eigene Fehleinschätzung und Ignoranz gegenüber seinem Legaten Quintus Pleminius gestolpert. Mehrere Male gab es Situationen innerhalb des Ablaufs der sogenannten Pleminiusaffäre, die Scipio vermutlich hätten scheitern lassen können, bevor er überhaupt einen Fuß auf afrikanischen Boden gesetzt hätte3.

Nachdem der Senat P. Scipio den Amtsbereich Sizilien zugewiesen hatte, begann er sofort beim Eintreffen mit den Vorbereitungen zur Invasion Nordafrikas. Einer seiner Handlungen war es, bei günstiger Gelegenheit die Stadt Lokroi wieder von den Puniern zurückzuerobern. Dabei kam ihm zugute, dass die Stadt mit Rom-treuen Exil-Lokrern infiltriert werden konnte. P. Scipio schickte den Quästor Quintus Pleminius mit ca. dreitausend Mann aus der Stadt Rhegion aus, um die Stadt am Ionischen Meer zu nehmen. Dank der Infiltration konnte die Zitadelle ohne große Mühe eingenommen werden. Die punischen Verteidiger konnten sich zunächst auf die innere Burg retten. Zwar versuchte Hannibal Barkas noch zu intervenieren, indem er mit Truppen auftauchte und versuchte, das Kontingent von Pleminius zurückzuschlagen, dies misslang jedoch dadurch, dass im selben Moment Scipio mit Verstärkung aus Messana auftauchte. Hannibal erkannte offenbar, dass in dieser Situation nichts mehr gewonnen werden konnte, gab die Stadt auf und zog sich zurück. Die karthagischen Verteidiger mussten ebenfalls aufgeben, konnten sich aber zum Glück noch heimlich aus der Burg in Sicherheit begeben. Die Stadt Lokroi wurde somit wieder römisch4. Überdies war sie nun unter Befugnis von P. Scipio. Dieser wollte aber nach dieser kurzen, aber erfolgreichen Kampagne eiligst zurückkehren, um weiter seine Vorbereitungen persönlich voranzutreiben, deshalb ließ er wohl Quintus Pleminius zurück, mit dem Amt als Scipios Statthalter in Lokroi. Zusammen mit Q. Pleminius waren die zwei Militärtribune Marius Sergius und Publius Matienus mit einer Besatzung in Lokroi stationiert. Kurz nachdem Lokroi wieder zu den Römern gehörte, hatte Scipio bereits die üblichen Vergeltungsmaßnahmen ausgeführt, indem er die Anstifter für den Verrat bzw. Abfall von Rom ausmachen ließ und diese anschließend mit der Todesstrafe belegte. Nun jedoch als Scipio Lokroi verlassen hatte, wütete Pleminius wie ein Tyrann in der Stadt. Es wird berichtet, dass die Heiligtümer der Stadt geplündert, die Tempel entweiht, die Bewohner teils versklavt wurden, auch dass Frauen und Kinder, Mädchen wie Jungen, aus ihren Häusern gerissen und geschändet wurden. Die Gräueltaten müssen so enorm gewesen sein und auch in hoher Zahl, dass die Bevölkerung arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dabei kam es dann zu einer versuchten Meuterei der beiden erwähnten Militärtribune, Anlass war wohl die ungerechte Verteilung an die Soldaten5. Die Folge war allerdings, dass Q. Pleminius die Tribune verhaften und auspeitschen ließ. Es muss jedoch den meisten Soldaten nicht gefallen haben wie Pleminius mit ihren Tribunen umgegangen ist, denn es wird berichtet, dass daraufhin angeblich Soldaten den Stadtkommandanten zusammenschlugen und verstümmelten, an Ohren und Nase (Liv. 29, 9, 1-7). Dies scheint aber keine weiteren Folgen gehabt zu haben, wenn man diesen Schilderungen denn Glauben schenken kann. Publius C. Scipio musste also noch einmal nach Lokroi zurückkehren, um dieses Chaos wieder in Ordnung zu bringen und Ruhe zu schaffen. Nicht überraschend ist die Anordnung Scipios, die beiden Militärtribune in Ketten legen zu lassen, mit der Anweisung an Q. Pleminius diese nach Rom zum Senat zu bringen, wo dieser sein Urteil sprechen sollte6. Welche andere Möglichkeit hatte Scipio auch?

Sicherlich war ihm die Angelegenheit lästig und sollte schnellstmöglich erledigt werden, zum anderen sollte P. Scipio zugeben, dem falschen Mann vertraut zu haben, sicherlich würde eine Entlassung von Pleminius auf ihn zurückfallen, wobei er zugleich hätte ahnen müssen, dass wenn Pleminius weiter im Amt bleiben und sich weiter wie ein Tyrann der übelsten Sorte gegenüber der Stadt und ihren Bewohnern verhalten würde, dass dieses, sollte es an den Senat gelangen, sicher seinen innerpolitischen Rivalen und Feinden nützen würde. Allerdings ist da noch ein anderer Aspekt. Der Senat hatte dem Cornelier nicht den direkten Auftrag erteilt nach Afrika überzusetzen, sondern ihm lediglich eine indirekte Erlaubnis gegeben (Liv. 28, 45, 8), seine Pläne auf eigenes Tun und Verantworten in Sizilien (mit der Amtsbereichszuweisung) vorzubereiten und umzusetzen. Das bedeutet, dass P. Scipio, außer den begrenzten Kontingenten, die bereits in Sizilien zur Sicherung des Territoriums standen, alle Ressourcen selber organisieren musste, d. h. Material zum Schiffsbau, Vorräte, Waffen sowie zusätzliche Truppenanwerbungen, genauso wie deren Sold, sprich Bezahlung ohne die Unterstützung vom Senat. Könnte es also sein, dass ein Teil der Beute von den Raubzügen des Pleminius nicht nur bei den örtlichen Soldaten in Lokroi Verteilung fand, sondern auch Teile der geraubten Schätze zu Scipio geschafft wurden, damit dieser die frisch rekrutierten Soldaten in Sizilien bezahlen und damit bei Laune halten konnte bis die letzten Vorbereitungen abgeschlossen waren? Das würde auch die versuchte Meuterei aufgrund der Verteilung erklären und das Belassen des Quintus Pleminius als Legaten von Scipio in Lokroi. Was eine andere Verhaltensweise Scipios bestätigt, und zwar sein Vorgehen auf der Insel Sizilien (Verwaltungsbereich) selbst. Lokroi liegt nämlich nicht nur geographisch nicht auf Sizilien, es liegt auch nicht in dessen Verwaltungsbereich7.

P. Cornelius Scipio wusste als erfahrener Feldherr der zurückliegenden Jahre, dass eine der entscheidendsten Bedingungen für einen Erfolg in Nordafrika die Nachschubverbindung eben aus Sizilien für seine Truppen war. Ohne diese brauchte der Römer gar nicht erst die Anker lichten zu lassen, das muss ihm klar gewesen sein und galt damals genau wie heute. So war es entscheidend wichtig Sizilien zu einer starken und vor allem verlässlichen, rückwärtigen Basis zu machen, aus der beständig Nachschub nach Afrika kommen würde. Anders als in Lokroi, das zum Verwaltungsbereich von Bruttium gehörte, waren die Bewohner nicht zu rücksichtsloser Ausbeutung und Raubzügen frei gegeben. Denn z. B. den Syrakusanern, die vom langjährigen Krieg erschöpft waren und denen ihr Eigentum von Italikern geraubt wurde, half Scipio, indem er veranlasste, dass sämtlicher Besitz zurückgegeben wurde. Zwar hatte der Senat zuvor schon die Rückgabe bestimmt, jedoch erst nach dem Eintreffen von Scipio wurde dies in die Tat umgesetzt8. Man kann sich vorstellen welche Popularität und welchen Rückhalt er in Syrakus durch diese für die Bewohner gerechte Tat erlangt haben musste. Da berichtet wird, dass er wohl eine ähnliche Handlungsweise und populäre Politik in ganz Sizilien umsetzte, dürfte es auch gewiss sein, dass danach ganz Sizilien ein enormer Rückhalt für P. Scipio war9. Jedoch beim Verhalten gegenüber Pleminius, ob er nun einen Beutegewinn daraus hatte oder nicht, unterlief dem Cornelier im Endeffekt ein fast folgenschwererer Fehler. Der Legat Q. Pleminius wütete zu lange und zu brutal gegen die Bevölkerung von Lokroi. Nachdem diese mehrmals eine Gesandtschaft mit Beschwerden über das Verhalten und Vorgehen des Pleminius bei P. Scipio persönlich vorgetragen hatte, aber immer auf taube Ohren stieß, entsendete diese schließlich, sicherlich auch aus Ausweglosigkeit, eine Delegation direkt nach Rom zum Senat, um dort ihre Beschwerden anzubringen (Liv. 19,16,4-18). Wie man sich leicht vorstellen kann, wurde solch ein Skandal gerne von den Gegnern des Publius Cornelius Scipio aufgenommen und gegen den römischen Feldherrn eingesetzt. Allen voran ist hier Scipios größter innenpolitischer Rivale im Senat zu nennen, Qintus Fabius Maximus10.

Es entstanden wohl heftige Debatten im Senat über das Vorgehen in diesem Fall. Zum erheblichen Nachteil wurde dabei für Scipio der Umstand, dass er trotz erheblichen Anschuldigungen nicht seinen Legaten in Lokroi, Quintus Pleminius, hatte absetzen und bestrafen lassen, sondern eben die Militärtribune zur Verantwortung zog und Pleminius unbehelligt blieb11. Vor allem soll auch bedacht werden, dass die verhafteten Tribune nie beim Senat ankamen, sondern von Pleminius wohl auf eigenes Tun in Lokroi zu Tode gefoltert wurden. Es hätte rein spekulativ ein anderes Licht auf die Sache geworfen, wären die Tribune beim Senat angekommen. So aber bot sich durch die Ignoranz und Unaufmerksamkeit Scipios gegenüber Pleminius und den Beschwerden der gesandten Lokrois gegen diesen eine politische Angriffsfläche. Während die Seite um F. Maximus den Antrag stellte den Statthalter Quintus Pleminius in Ketten nach Rom zu schaffen, damit man über ihn Gericht halten könne, sollte P. Cornelius Scipio sein Imperium über die Truppen in Sizilien aberkannt werden, aufgrund dessen, dass er ohne Erlaubnis des Senats außerhalb seines Amtsbereichs handelte12. Zum Glück für P. Scipio setzte sich der Antrag des konservativen Quintus Mettelus durch. So wurde beschlossen, eine Untersuchungskommission zu entsenden; diese sollte aus zehn Senatoren, zwei Volkstribunen sowie einem Ädil und einem Prätor bestehen. Der Prätor Marcus Pompinius sollte die Kommission leiten, die zwei Volkstribune waren Marcus Claudius Marcellus und Marcus Cincius Alimentus, beim Ädil entschied man sich für einen Plebejischen13. Die Kommission sollte zunächst alles Unrecht rückgängig machen, das den Bewohnern durch Pleminius widerfahren war, d. h. alle Tempelschätze mussten zurückgegeben werden, versklavte Bewohner wurden frei gelassen und bei nicht wieder auffindbarem Vermögen durften Schadensersatzforderungen gestellt werden, welche ggf. auch durch materiellen Ausgleich zu begleichen waren14. Was Pleminius angeht, so fiel es nicht schwer, genügend Beweise und Zeugen zu finden, die ihn belasteten. Er wurde schließlich in Ketten gelegt und sollte nach Rom verbracht werden, wo der Senat über ihn urteilen sollte. Das geschah auch, bis auf den Punkt, dass Quintus Pleminius im Gefängnis zu Tode kam, noch bevor man über ihn Gericht halten konnte15.Was Publius C. Scipio angeht, so wagten es die Bürger von Lokroi nicht ihn zu beschuldigen, zu hoch dürfte sein Ansehen und Amt gewesen sein. So war Scipio am Ende der Untersuchung als unbelastet ohne weitere Konsequenzen aus der sogenannten Pleminiusaffäre hervorgegangen16. Er konnte sich weiter mit Akribie den nun abschließenden Vorbereitungen widmen. Mehr noch, bei der Gelegenheit schaffte es der römische Feldherr die Senatskommission mit einer Heerschau sowie Manövern der bis dato zusammengetragenen Truppenkontingente und militärischen Ressourcen dermaßen zu beeindrucken, dass diese, gerade nach Rom zurückgekehrt, so beeindruckt und gerade zu euphorisiert gewesen sein mussten, dass bald darauf der Senat verkündete, Scipio solle so schnell wie möglich nach Afrika übersetzen. Der Rückhalt dürfte in diesem Augenblick auch im Senat groß für P. Scipio gewesen sein. Wenn er auch weiterhin nicht oder nur halbherzig seitens des Senats unterstützt wurde17. Bemerkenswert wie P. Scipio es geschafft hat, aus einer für ihn fast verhängnisvollen Affäre gestärkt hervorzugehen. Auch wenn wohl Glück genauso wie die enorme Popularität geholfen haben diese zu überstehen.

2.2 Die Bündnisse mit Syphax und Massinissa

Als P. Scipio nach Sizilien kam werden ihn die Vorbereitungen zur Invasion in Afrika, wie man sich vorstellen kann, voll in Anspruch genommen haben. In der Zeit, als er den Quästor Quintus Pleminius von Rhegion aussandte, um Lokroi zu erobern, schickte er noch einen weiteren Getreuen aus und zwar Gaius Lealius. Dieser wurde mit einer kleinen Flotte zu einem Raubzug nach Nordafrika entsandt, gleichzeitig sollte er auch die Lage vor Ort erkunden. Er sollte also Beute machen, um die Truppenkosten zu decken und bei der Gelegenheit auch gleich militärisch aufklären, die Lage sondieren18. Das Erscheinen von Lealius löste in Karthago eine erste Panik aus, nahm man doch an, dass es die befürchtete und auch erwartete Invasion der Römer sei. In Karthago beruhigte man sich zwar recht schnell wieder, als man merkte, dass es nur ein Plünderungsvorhaben war, aber ein Schrecken, der einer Warnung gleichkam, wird geblieben sein. Während Lealius Beute bei Hippo Regius machen konnte, wurde, so wird berichtet, der Numiderprinz Massinissa bei diesem vorstellig. Massinissa, der schon in Iberien nach der Niederlage der Karthager bei Ilipa sich mit Scipio verbündet hatte und nun das Reich seines Vaters, das in Ostnumidien lag, an Syphax (Westnumidien) verloren hatte19, suchte das Bündnis mit den Römern in der Hoffnung, dass mit ihrer Hilfe er das Reich seines Vaters zurückerobern und Syphax damit wieder nach Westnumidien vertreiben könnte. Denn sonst wäre er wohl ein König ohne Reich und müsste sich als ein Söldner in fremden Diensten verdingen. So soll er Lealius gedrängt haben, dass P. Scipio so bald wie möglich doch in Afrika langen möge und dass er dem Syphax misstraue. Außerdem soll er seine eigenen treuen Dienste zugesichert haben20. Lealius dürfte dieses wohlwollend aber mit Zurückhaltung aufgenommen haben. Denn wozu braucht man einen Numiderprinzen ohne Reich, in dieser Situation mit ein paar Getreuen als Verbündeten? Wenn man nicht auch einen Herrscher über ganz Numidien zum Verbündeten bekommen könnte, in der Person des Syphax. Allerdings bemühten sich auch die Karthager um ein Bündnis mit Syphax, spätestens als ihnen der Schrecken der Lealius-Ankunft klar machte, dass sie handeln mussten, um ihre Ausgangsposition in Nordafrika zu verbessern. Sie intensivierten die Kontaktaufnahme und damit die Verhandlungen mit Syphax, um diesen für einen Bündnisvertrag mit Karthago zu gewinnen. Syphax stimmte einem Bündnisvertrag mit den Karthagern zu21. Was hatte Syphax davon?

Zum einen muss man erst einmal konstatieren, dass der Krieg noch nicht entschieden war und man unmittelbar noch nicht absehen konnte, wer siegen würde. Der Vorteil des Syphax, der sich vorher nicht festgelegt hatte, bestand darin, dass er seitens Karthagos nun auch offiziell als Herrscher über das Massaisylier und Massylerreich (West und Ostnumidien) anerkannt wurde. Des Weiteren erhielt er die Tochter von Hasdrubal (Sohn des Gisgo), Sophoniba, zur Frau. Ein cleverer Schachzug der Karthager, um die Stabilität des Bündnisses auch unter Druck zu gewährleisten22. Nicht zuletzt war Sophoniba eine Tochter aus einer der ranghöchsten und traditionsreichsten Familien Karthagos. Es wird außerdem berichtet, dass diese Frau nicht nur jung und wunderschön gewesen sein soll, sondern auch kultiviert und intelligent, sie also auch später noch Einfluss auf Syphax zugunsten Karthagos ausüben konnte. Eine Randnotiz in diesem Fall ist, dass es wohl so gewesen sein soll, dass Sophoniba zuvor dem Massinissa versprochen gewesen sein soll, bevor dieser sein Reich verlor23. Die Hoffnungen der Römer (Scipios), den Syphax zum Verbündeten zu machen und damit an militärischer Schlagkraft zu gewinnen, schlugen also fehl, stattdessen sicherten sich die Karthager eine wichtige Unterstützung. Nachdem Syphax sich endgültig für die Seite Karthagos entschieden hatte, schickte er Gesandte nach Sizilien zu Publius Scipio, um ihn wissen zu lassen, dass im Falle einer Landung der Römer in Afrika er auf der Seite seines Schwiegervaters und damit Karthagos kämpfen werde24.

[...]


1 Manz, Gunnar: Roms Aufstieg zur Weltmacht: Das Zeitalter der Punischen Kriege, Wiesbaden, 2017.

2 Liv. 28, 38, 1-8 vgl. Pol. 11, 33, 7; siehe auch: Heftner, Herbert: Der Aufstieg Roms vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago (280 – 146 v. Chr.), Regensburg, 2005.

3 Huß, Werner: Die Karthager, München, 1990.

4 Liv. 29, 6, 7-10; siehe auch: Manz; Bagnall, Nigel: Rom und Karthago: Der Kampf ums Mittelmeer, Berlin, 1995.

5 Manz.

6 Manz.

7 Manz vgl. Heftner.

8 Bagnall.

9 Bagnall.

10 Liv. 29, 19; siehe auch: Bagnall; Huß; Manz.

11 Heftner.

12 Liv. 29, 20.

13 Liv. 29, 20; siehe auch: Manz; Bagnall; Huß; Heftner.

14 Manz.

15 Liv. 29, 21; Diod. 17, 4; siehe auch: Manz; Bagnall; Heftner.

16 Heftner; Huß; Manz.

17 Liv. 29,21, f.; siehe auch: Bagnall; Heftner; Manz.

18 Heftner; Manz.

19 Heftner; Manz; Barceló, Pedro A., Hannibal, München, 1998.

20 Heftner.

21 Liv. 29, 23 ,1-5; Pol. 14, 1, 4; Zon. 9, 11.

22 Heftner; Huß; Manz; Barceló.

23 Cass. Dio 17, 57, 51 siehe auch: Heftner; Manz

24 Heftner; Huß.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Nordafrika im Zweiten Punischen Krieg (204 - 201 v. Chr.)
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Altertumswissenschaften)
Veranstaltung
Seminar: Rom und Karthago
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
27
Katalognummer
V463977
ISBN (eBook)
9783668924420
ISBN (Buch)
9783668924437
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nordafrika, zweiten, punischen, krieg, Afrika, Hannibal, Rom, Karthago, Scipio, Antike
Arbeit zitieren
Dirk Höppner (Autor:in), 2017, Nordafrika im Zweiten Punischen Krieg (204 - 201 v. Chr.), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463977

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