Der Raum als dritter Erzieher in der Grundschule. Der Einfluss der Raumgestaltung auf den Lernerfolg nach Montessori


Hausarbeit, 2014

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Entwicklung der Reformpädagogik
2.1 Erkenntnisse zur Wichtigkeit der räumlichen Gestaltung
2.2 Das besondere Konzept Maria Montessoris in Bezug zur Raumgestaltung

3 Pädagogische Wirkung der Raumgestaltung nach Maria Montessori
3.1 Ästhetik
3.2 Fehlerkontrolle
3.3 Ordnung
3.4 Selbstständigkeit
3.5 Aufforderungscharakter

4 Montessori Schulen heute: Am Beispiel einer Grundschule in Berlin

5 Zusammenfassender Vergleich

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Ein Kind hat drei Lehrer: 1. die anderen Kinder, 2. den Lehrer in der Schule und 3. den Raum, in dem es lernt (Schwedische Weisheit). Trotzdem sind auch heute noch viele Klassenräume einfallslos eingerichtet und bieten den Kindern nicht das, was ihnen spätestens seit der reformpädagogischen Bewegung (1890-1932) zugeschrieben wird (vgl. Bönsch, S. 25). Die neueren Schulen greifen aber gerade Ansätze der Reformpädagogen des 20.Jahrhunderts auf und spiegeln ihre Ideen in der Raumgestaltung wieder. Die reformpädagogische Bewegung proklamierte das „Jahrhundert des Kindes“ (Ellen Key 1900) und strebte eine konsequente Veränderung des damaligen Schulbildes an. „Der Mensch sollte von nun an im Mittelpunkt stehen und der Unterrichtsstoff sollte aus seiner unmittelbaren Lebenswelt sein. Kern der Reformpädagogik war eine Kritik am Geist der Wilhelminischen Gesellschaft, mit einer berechtigten Stoßrichtung gegen Prügelpädagogik, (…), gegen die lebensferne Kopfschule.“ (Walden; Borrelbach 2008, S. 24). Alle Vertreter dieser Bewegung propagierten eine Pädagogik, die von dem Kinde ausgeht. Das bedeutete unmittelbar die Akzeptanz der Individualität und der Selbstständigkeit des Kindes, die durch die Lernumgebung unterstützt und weiterentwickelt werden sollte. Im Rahmen dieser Arbeit wird deshalb die Frage untersucht, wie die reformpädagogischen Ideen Maria Montessoris in der Klassenraumgestaltung der Grundschulen umgesetzt werden sollte und heute wird. Hierfür wird deshalb zunächst die reformpädagogische Bewegung kurz erläutert, bevor in dieser Arbeit die Pädagogik Maria Montessoris hinsichtlich ihrer heute noch bedeutsamen Ideen für die Gestaltung von Schulräumen bzw. Klassenzimmern näher untersucht wird. Der Schwerpunkt liegt auf der Konzeption Maria Montessoris und ihrer Vorstellung vom idealen Klassenzimmer für jedes Kind. Die Arbeit endet mit einem Blick auf die heutige Umsetzung am Beispiel einer Grundschule in Berlin. Die Erarbeitung der Frage nach der Aktualität der Montessori- Pädagogik und der Raumgestaltung bilden dabei das Hauptanliegen.

2 Entwicklung der Reformpädagogik

Der reformpädagogischen Entwicklung wird kein Anfangs- und Enddatum zugeordnet (vgl. Oelkers 2005, S.27). Aber ein Ereignis gilt als Auslöser der Reformpädagogik, welche erstmals in dieser Breite in die Öffentlichkeit gelang: Die von dem deutschen Kaiser Wilhelm ΙΙ einberufene Schulkonferenz in Berlin, welche vom 4. bis zum 17.Dezember 1890 andauerte. Sie kritisierte unter Anderem die Überforderung der Schülerrinnen und Schüler, die fehlende Verknüpfung der Schule mit dem Leben und die Vernachlässigung des Erziehungsauftrages der Schule als Institution (vgl. Oelkers 2005, S. 27 zit. nach Göring 1891,S. 13ff). Eine dynamische und derart weitreichende Reform war aber nur möglich, weil eine kulturelle, soziale und intellektuelle Entwicklung die Grundlage war (vgl. Skiera 2010, S.7). Der Drang, der Industrialisierung und ihren gesellschaftlichen und sozialen Veränderungen entgegenzuwirken, wird in der Reformpädagogik wiedergespiegelt (vgl. Skiera 2010, S.8f). Sie war dementsprechend keine einseitige, ausschließlich wirtschaftliche Reform, sondern „immer mit pädagogischer Reform konfrontiert“ (Oelkers 2005, S:28). Nichts desto trotz sind besondere Merkmale und Gewinne des pädagogischen Einstellungswechsels heute noch sichtbar. Das wahrscheinlich wichtigste Grundmotiv war die Orientierung am Kind als individuelles Wesen. Die Reformpädagogen hatten außerdem gemeinsam, dass sie Lernen „als eine aktive, kreative, die Selbstständigkeit fördernde, lebensverbundene und ‚natürliche’ Tätigkeit“ definierten (Skiera 2010, S.7). Abgegrenzt von der „Alten Schule“ etablierte sich die „Neue Schule“, die den Kindern als Lebenswelt zur Verfügung stehen sollte. Prominente Vertreter sind Montessori, Freinet, und der Begründer der Waldorf-Pädagogik Steiner. Deutlich wird, dass nicht mehr nur die Wissensvermittlung im Vordergrund stand, sondern diese nun mit der physischen, sozialen, emotionalen und intellektuellen Erziehung sowie Entwicklung des Kindes verknüpft wurde. Im Folgenden wird untersucht wie sich die Grundmotive der Reformpädagogik in der Gestaltung der Klassenzimmer verwirklicht hat, bevor dann explizit auf Maria Montessoris Konzeptionen eingegangen wird.

2.1 Erkenntnisse zur Wichtigkeit der räumlichen Gestaltung

Auch wenn die reformpädagogische Bewegung verschiedene Richtungen einschlägt, gibt es ein zentrales Anliegen: Die Entwicklung und Entfaltung der Kinder zu selbstständigen und individuellen Persönlichkeiten.

Die Erkenntnis, dass „der Lernraum uns emotional „berührt“, sich persönlichkeitsprägend und lernförderlich auswirkt“ (Hinz 2012, S.50) wurde damals entwickelt. Eine Veränderung des bis zum Aufblühen der Reformpädagogik vorherrschenden Schulbildes bedeutete unmittelbar eine Neuorganisation und Neuwahrnehmung des Klassenraums. Die Betonung der Selbsttätigkeit des Heranwachsenden für die Reformpädagogen schloss außerdem die Ermöglichung des entdeckenden Lernens (vgl. Bender 2007, S.2) ein. Wie genau diese Theorie umgesetzt wurde und welche Konzeptionen entwickelt wurden, wird im Folgenden erläutert. Sehr viele bedeutsame Persönlichkeiten etablierten für die heutige Zeit noch lehrreiche Konzepte. Darunter Rudolf Steiner, dessen Waldorf- Schulen zu den gefragtesten Konzeptionen gehört oder Celestine Freinet, dessen Arbeitsateliers, hinter denen sich der Gedanke des entdeckenden Lernens verbirgt, heute noch großen Zuspruch finden. Eine der wohl bekanntesten Reformpädagoginnen ist dabei Maria Montessori. Auch nach ihrem Tod 1952 wird ihr Bildungskonzept international fortgesetzt.

2.2 Das besondere Konzept Maria Montessoris in Bezug zur Raumgestaltung

Hinter all der Vielfalt, die die Reformpädagogik mit sich gebracht hat, verbergen sich engagierte Lehrkräfte, Schüler, Künstler, Schriftsteller und Publizisten, die ihre Konzeptionen nicht nur theoretisch niederschrieben, sondern auch in die Praxis umsetzten (vgl. Hansen- Schaberg, Schonig 2002, S.14).

„Die Geschichte der Pädagogik hat nur eine weibliche Klassikerin zu verzeichnen: Maria Montessori“ (Hedderich 2011, S.12). Ihre Arbeit mit Kindern in der Psychiatrischen Universitätsklinik in Rom und die Gründung eines Kinderhauses prägten das Konzept der am 31.August 1870 geborenen Maria Montessori (vgl. Hedderich 2011, S.12; Katei 1992, S.11).

Die Reformpädagogin entwickelte eine Pädagogik, in welcher nun das Kind mit seiner eigenständigen Persönlichkeit und „innere[m]Bauplan“ (Hedderich 2011, S.44) im Mittelpunkt des Erziehungsgeschehens steht (vgl. Stiller, S.14). Das von Natur aus gute Kind (vgl. Hedderich 2011, S.39) wurde von Maria Montessori nicht mehr als „unterdrückte Klasse“ (Hedderich 2011, S.39) wahrgenommen, sondern im Gegenteil als Lehrmeister des Erwachsenen, der zum Diener des Kindes wird (vgl. Hedderich 2011, S.39). Demnach verstand Maria Montessori unter Erziehung: „der psychischen Entwicklung des Kindes von Geburt an zu helfen“ (Montessori 1928, S.10). Der wohl bekannteste Erziehungsgrundsatz von Maria Montessori lautete demnach „Hilf mir, es selbst zu tun! Zeig mir, wie es geht“ (vgl. Montessori 1995). Diese Hilfe leistet der Erwachsene durch die kindgerechte Gestaltung der äußeren Welt des Kindes, damit es als „-Herr dieser Umgebung- sich frei entwickeln kann“ (Oswald und Schulz- Benesch 1967, S.27). Damit Kinder Selbstständigkeit erlangen müssen sie selbsttätig werden. Hier beginnt die wichtige Aufgabe des Erwachsenen als Beobachter. Sie „fußt allein auf der Grundlage, daß sich die Kinder frei ausdrücken können und uns so Bedürfnisse und Neigungen enthüllen, wenn (...) eine geeignete Umgebung für spontane Aktivität vorhanden ist“ (Oswald und Schulz- Benesch 1969, S.53). Jedes Kind hat das Bedürfnis nach „tätigen Sinneseindrücken“ (Oswald und Schulz- Benesch 1967, S.32). Der Erwachsene muss dem Kind somit Gegenstände zu Verfügung stellen, die ihm den Zugang und die Befriedung seiner Wünsche leichter ermöglicht. Dabei ist es von Bedeutung den Heranwachsenden lediglich Material, sprich geordnete Reize, darzubieten und ihnen keine Zwänge oder eine Überflutung von Material vorzulegen (vgl. Katei 1992, S.24). Dieser Gedanke entspricht dem Erziehungskonzept Montessoris: der Entwicklung der Kinder zu selbstständig handelnden Individuen. Die freie Wahl, die das Kind in allen Dingen hat, ist mit der Tatsache verknüpft, dass das Kind „in der Wahl der Beschäftigung von starken inneren Motiven geleitet wird“ (Katei 1992, S.39).

Die Lernumgebung, das Klassenzimmer, muss den kindlichen Bedürfnissen zum freien Handeln und seinen physischen Proportionen entsprechen (vgl. Oswald und Schulz- Benesch 1969, S.53). Diese Idee von Maria Montessori wird heute auch außerhalb der Montessori- Pädagogik als äußerst gesundheitsfördernd betrachtet. Wir wissen nämlich, dass eine gesunde, natürliche Haltung beim Sitzen oder der Verrichtung anderer Arbeiten die Konzentration und somit das Lernen begünstigt. Die Ästhetik der Klassenräume fördert neben der Konzentration auch die Lernlust und Neugierde der Heranwachsenden (vgl. Hedderich 2011, S.42; Katei 1992, S.47).

Neben einer angepassten Lernumgebung, die auch ästhetisch ansprechend zu sein hat, stellt Maria Montessori die Anforderung zu Beweglichkeit der Heranwachsenden auf. Die Bedeutung der selbstständigen Bewegung sah Montessori im Zusammenhang mit dem Aufbau der Konzentration und der Förderung des „seelischen Gleichgewichts“ (Hedderich 2011, S.106). Der Bewegungsdrang der Kinder wird durch entsprechende Koordination und erarbeitete Materialien seitens der Lehrkräfte unterstützt (vgl. Katei 1992, S.47) und mit freien Arbeitsphasen (=Frei Arbeit) gefördert. Auch diese Idee ist vor dem Hintergrund des Erziehungsziels zu verstehen, dass die völlige Entfaltung der Kinder zu selbstständigen Persönlichkeiten beabsichtigt.

Die Bedeutung, die Maria Montessori der Klassenraumgestaltung zuschreibt, begründet sie deutlich mit ihren Erziehungsgrundsätzen und Erziehungszielen. Auch der reformpädagogische Ansatz, der eine “Erziehung vom Kinde aus“ vorsieht, wird mit dieser Idee verwirklicht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Raum als dritter Erzieher in der Grundschule. Der Einfluss der Raumgestaltung auf den Lernerfolg nach Montessori
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V463117
ISBN (eBook)
9783668922150
ISBN (Buch)
9783668922167
Sprache
Deutsch
Schlagworte
reformpädagogik, raum, räumliche Gestaltung, konzept, maria montessori, äthetik, ordnung, fehlerkontrolle, Selbstständigkeit, aufforderungscharakter
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Der Raum als dritter Erzieher in der Grundschule. Der Einfluss der Raumgestaltung auf den Lernerfolg nach Montessori, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463117

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