Brücke Zeitarbeit. Betreten auf eigene Gefahr? Ungleiche Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

25 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einführung

1. Einleitung
1.1. Zentrale Fragestellung und Aufbau

2. Theoretische Basisannahmen
2.1. Humankapitaltheorie
2.2. Signaling-Ansatz

II. Empirie

3. Ungleichheit der Rekrutierungswahrscheinlichkeit durch einen Personaldienstleister
3.1. Arbeitslose
3.2. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
3.3. Exkurs: Geflüchtete

4. Ungleichheit der Verweildauer und der Übernahmechan- cen in der Arbeitnehmerüberlassung - Brücke oder Falle?
4.1.Kurzzeitarbeitslose
4.2.Langzeitarbeitslose
4.3. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter
4.4. Jugendliche und Berufseinsteiger

III. Analyse & Fazit

5. Analyse
5.1. „Arbeitslosigkeit“ als negatives Signal im Lebenslauf
5.2. Beschäftigung „über einen Personaldienstleister“ als ne- gatives Signal „zweiter Ordnung“ im Lebenslauf
5.3. Weitere Erkhirungsansatze
5.3.1.Soziale Netzwerke und berufsrelevante Kontakte
5.3.2. Struktureller Erklarungsansatz

6. Fazit und Ausblick

7. Quellenverzeichnis

Teil I.

Einführung

1. Einleitung

Die Beschäftigungsformen auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind, un- geachtet generell guter Arbeitsmarktlage, niedriger Arbeitslosigkeit und guter Konjunktur, im Wandel. Anteilig gewinnen atypische For- men der Beschäftigung im Gegensatz zu Normalarbeitsverhältnissen an Bedeutung.

Als Erklärung dieses Prozesses lässt sich das Bestreben eines Groß- teils der Akteure auf dem (deutschen) Arbeitsmarkt, nach Flexibili- sierung anführen. Durch eine solche Flexibilisierung verspricht man sich die generelle Erhöhung der Beschäftigung, sowie eine generelle, bessere Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes.1

Dem entgegen stehen Befürchtungen, die Entwicklungen könnten sowohl die soziale Sicherung des Einzelnen, als auch ganze soziale Si- cherungssysteme2 gefährden (vgl. Keller & Seifert 2009). Damit ist klar, dass diese Entwicklungen zukünftig, auch über den Arbeitsmarkt hinaus, von (sozial-)politischer und gesellschaftlicher Relevanz sind.

Die Arbeitnehmerüberlassung stellt im Zuge dieser Entwicklungen einen bemerkenswerten Sonderfall atypischer Beschäftigung dar. Denn anders als beispielsweise bei geringfügiger Beschäftigung in sogenann- ten Minijobs, handelt es sich bei einer Beschäftigung in der Arbeit- nehmerüberlassung in der Regel um eine sozialversicherungspflichti- ge Beschäftigung. Auch sind die Verträge, die Erwerbspersonen mit Personaldienstleistern abschließen, nicht zwangsweise befristet (siehe Gutmann & Kilian 2009). Eine besondere Relevanz kommt der Arbeit- nehmerüberlassung auch deshalb zu, weil die Zahl der Beschäftigten in Zeit-/ und Leiharbeit seit in Kraft treten der „Agenda 2010 Reformen“ in Deutschland stetig wächst. Seit 2004, also dem Jahr des Inkrafttre- tens der Reformen, hat sich die Anzahl der Beschäftigten in Zeit-/ und Leiharbeit in Deutschland verdreifacht; erreicht durch oft zwei- stellige jährliche Wachstumsraten (siehe Dinges 2012, 35). So betrug der Anteil der Arbeitnehmerüberlassung an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland 2016 ca. 3 %, was in etwa einer Million Beschäftigten entspricht – Tendenz steigend (siehe Bundesagentur für Arbeit 2018).

Auffällig hierbei ist, dass unterschiedliche Gruppen von Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmern auf dem deutschen Arbeitsmarkt, in unterschiedlicher Anzahl in der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt sind (vgl. Crimmann, Ziegler et al. 2009).

1.1. Zentrale Fragestellung und Aufbau

Diese Arbeit versucht unter Zuhilfenahme des Signaling-Ansatzes zu analysieren, warum bestimmte Gruppen auf dem Arbeitsmarkt unter- schiedlich stark in der Arbeitnehmerüberlassung vertreten sind, sowie, warum bestimmte Gruppen unterschiedlich stark vom sogenannten „Brückeneffekt“ der Arbeitnehmerüberlassung auf den ersten Arbeits- markt profitieren können.

Dazu werden zunächst die theoretischen Basisannahmen von Hu- mankapitaltheorie und Signaling-Ansatzes erläutert. Darauf folgend werden Daten der Bundesagentur für Arbeit, sowie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung zur Beobachtung des Rekrutie- rungsverhaltens von Personaldienstleistern, sowie dem sogenannten „Brückeneffekt“ der Arbeitnehmerüberlassung herangezogen. Im An- schluss wird versucht, die empirischen Befunde durch den Signaling­ Ansatz zu erklaren. Abschlief3end werden weitere mogliche Erklarun­ gen aufgezeigt, sowie ein Ausblick in die Moglichkeit weiterer For­ schung gegeben.

2. Theoretische Basisannahmen

Der theoretischen Rahmen für die unten durchgeführte Analyse ist durch eine Erweiterung des sogenannten „neoklassischen Basismodells“ abgesteckt. Dieses Basismodell ist im Wesentlichen dadurch charak- terisiert, dass es den Arbeitsmarkt als einen „perfekten Markt“ im neoklassischen Sinne betrachtet. Demnach handeln alle Akteure auf dem Arbeitsmarkt rational und vollständig informiert zugunsten ihrer Nutzenmaximierung. Außerdem wird das „Gut“ Arbeit als homogen betrachtet (vgl. Abraham & Hinz 2018).

Die vorgenommene Modellerweiterung unterstellt dem Arbeitsmarkt die Möglichkeit der Existenz von Fehlallokationen. Diese begründen sich darin, dass bei den Akteuren weder von vollständiger Rationali- tät, noch von vollständiger Information auszugehen ist (vgl. Keller& Seifert 2009). Für die weiteren Betrachtungen, sowie die Analyse, ist insbesondere der Aspekt der unvollständigen Information der Arbeit- geber3 von Bedeutung.

2.1. Humankapitaltheorie

Da die Humankapitaltheorie die Grundlage für den „Signaling-Ansatz“ bildet, ist es sinnvoll, diese bezogen auf die Rekrutierung von Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmern durch Unternehmen kurz zu skizzie- ren:

Hinz und Abraham beschreiben den Grundansatz der Humankapi- taltheorie (bzw. deren Modelle) als „die Idee, dass die Produktivität und damit der Wert des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt durch sein Wissen und seine Fähigkeiten bestimmt werden.“ (Abraham &Hinz 2018, 26). Für den Signaling-Ansatz relevant ist demnach die Erkenntnis, dass Arbeit4 kein homogenes Gut ist, sondern sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich in ihrer Produktivität unterscheiden (können).

2.2. Signaling-Ansatz

Führt man die Annahme der (oben erläuterten) unvollständigen In- formation von Arbeitgebern und die Humankapitaltheorie zusammen, ergibt sich für die Arbeitgeber bei der Rekrutierung von Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmern ein zentrales Problem: sie besitzen keine bzw. nur unvollständige Informationen über die (wahre) Produktivität von potentiellen Arbeitskräften.

Sich dieser Problemstellung bewusst, versuchen die Arbeitgeber dem Signaling-Ansatz zufolge Schätzungen über die tatsächliche Produk- tivität von potentiellen Arbeitskräften anzustellen (vgl. Abraham & Hinz 2018).

Weiterhin stellen Hinz und Abraham den Einfluss des Signals „Grup- penzugehörigkeit“ auf diese, von den Arbeitgebern vorgenommenen Schätzungen, wie folgt dar:

„[. . . ] sie [die Arbeitgeber] [haben] Erwartungen über die durchschnittliche Produktivität unterschiedlicher Gruppen von Arbeitnehmern, wie etwa Ausländern, Frauen, Hauptschülern etc.. Die Zugehörigkeit eines potenziel len Arbeitnehmers zu einer Gruppe wird nun als Signal für die Produktivität dieses Individuums verwendet, indem diesem der Gruppenmittelwert zugeschrieben wird. Hat nun eine bestimmte Gruppe aufgrund beliebiger Umstände eine geringere Produktivität, so wird jedem Mitglied dieser Gruppe unabhängig von seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit diese Produktivität zugeschrieben.“ (Abraham & Hinz 2018, 29)

In der Literatur wurde dieser Ansatz oft im Hinblick auf die sogenannte „statistische Diskriminierung“ untersucht und bestätigt (siehe z.B. Fang & Moro 2011).

Diese Arbeit hat nicht zum Ziel, Diskriminierung gegenüber Be- schäftigten in Zeit-/ und Leiharbeit zu erkennen oder gar zu erklären. Dennoch können die in der Diskriminierungsforschung gewonnenen Erkenntnisse bezüglich des Signaling-Ansatzes, für die Erklärung der nun folgenden empirischen Beobachtungen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerüberlassung auf dem deutschen Arbeitsmarkt herangezo- gen werden.

[...]


1 vorausgesetzt der Annahme, dass der Zusammenhang zwischen dem Ausmaß Flexibilisierung und dem Beschäftigungsniveau eng ist; also der Arbeitsmarkt durch Flexibilisierung besser auf interne oder externe Schocks reagieren kann und somit ein plötzliches Ansteigen von Arbeits- losigkeit vermieden werden kann.

2 insbesondere Renten- und Pflegeversicherung

3 bei der Rekrutierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

4 als weitere Erweiterung des neoklassischen Basismodells

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Brücke Zeitarbeit. Betreten auf eigene Gefahr? Ungleiche Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Hochschule
Universität Mannheim
Veranstaltung
Themen der Allgemeinen & Speziellen Soziologie: Arbeitsmarkt und Ungleichheit
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V463093
ISBN (eBook)
9783668924925
ISBN (Buch)
9783668924932
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeitnehmerüberlassung, AÜG, Zeitarbeit, Leiharbeit, Brückenfunktion, Klebeeffekte, Arbeitsmarkt, Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Signaling-Theory
Arbeit zitieren
Marius Rosenthal (Autor:in), 2018, Brücke Zeitarbeit. Betreten auf eigene Gefahr? Ungleiche Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/463093

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