Einstellungen gegenüber nicht-nativer sprachlicher Kompetenz


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gliederung

1) Einleitung
1.1) Fragestellungen
1.2) Prämissen im Umgang mit Fehlern

2) Hauptteil: Studien
2.1) Linda G. Piazza: French Tolerance for Grammatical Errors made by Americans
2.2) Helga Delisle: Native Speaker Judgement and the Evaluation of Errors in German
2.3) Eirlys Davies: Error Evaluation. The importance of viewpoint

3) Schlussbetrachtungen

4) Apendices
4.1) Appendix 1: Fehlerarten und Beispielsätze bei Piazza
4.2) Appendix 2: Fehlerhierarchie nach Gruppen bei Piazza
4.3) Appendix 3: Vergleich der Fehlerhierarchie von Politzer und Delisle
4.4) Appendix 4: Fehlerranking nach Altersgruppen bei Delisle

5) Bibliographie

1) EINLEITUNG:

Die folgende Arbeit widmet sich Fragen rund um Einstellungen und Bewertungskriterien gegenüber nicht-muttersprachlicher Sprachkompetenz. Dies kann die Bewertungsmaßstäbe bei der Benotung von fremdsprachlichen Arbeiten durch Sprachlehrer/innen im schulischen oder universitären Kontext ebenso umfassen, wie z.B. die Untersuchung der Reaktionen und Einstellungen von Muttersprachlern gegenüber Äußerungen in ihrer Sprache, die von nicht-muttersprachlichen Sprechern produziert werden.

Klarerweise handelt es sich bei Bewertungen und Einstellungen um schwer messbare, teilweise subjektive Größen und es wird zu untersuchen sein, wie die gefundenen Ergebnisse in der Praxis des Sprachlernens umgesetzt werden können. Zwar soll es hier nicht in erster Linie um Fehlerlinguistik oder Sprachbewertung als solches gehen, sondern vielmehr um die Einstellungen verschiedener (Sprach-)Gruppen wie Muttersprachlern, Nicht-Muttersprachlern, Lehrern und Laien etc. gegenüber mündlichen oder schriftlichen Äußerungen von nicht-muttersprachlichen Personen. Bei den Untersuchungen zu diesem Themenfeld, auf die ich mich im Folgenden stützen werde, spielt jedoch der Fehler zumeist eine zentrale Rolle: Beinahe sämtliche Studien, die ab den späten Siebzigern und frühen Achtzigern zu Fragen der Sprachbewertung von fremdsprachlichen (L2-)[1] Äußerungen angestellt wurden, gingen vom Fehler des Fremdsprachensprechers als Gegenstand der Bewertung aus und untersuchten zumeist anhand von Bewertungsskalen dessen Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der Kommunikation. Solche Aspekte können z.B. sein:

1.1) Fragestellungen

1) Inwieweit leidet die Verständlichkeit eines Satzes durch typische Fehler von Fremdsprachenlernenden?
2) Welche Arten von Fehlern gibt es und nach welchen Kriterien können sie typologisiert werden?
3) Ist ein Fehler wie jeder andere zu bewerten oder gibt es so etwas wie „schwere“ und „leichte“ Fehler? Daraus folgt weiters:
4) Welche Fehler sind im Sprachunterricht vernachlässigbar und auf welche muss besonders Acht gegeben werden?
5) Wie reagieren Lehrer auf Abweichungen von der Norm und wie reagieren Laien?
6) Gibt es Unterschiede in den Reaktionen von Muttersprachlern und jenen von Nicht-Muttersprachlern?

Dies sind, stark verkürzt, die grundlegenden Fragestellungen mit denen sich diese Arbeit beschäftigen soll und es sei nochmals darauf hingewiesen, dass dies – bis auf wenige Ausnahmen – unter dem Gesichtspunkt des Fehlers, also der Abweichung von dem, was gemeinhin als Norm betrachtet wird, geschehen soll. Dies ist also nur ein linguistischer Ansatz und das vorliegende Problem könnte des Weiteren auch unter sozio-kulturellen (Einstellungen gegenüber bestimmten Kulturen/Sprachen, Vorurteile, Interkulturalität etc.) oder phonetischen (ungewöhnliche Akzente und deren Wirkung auf Muttersprachler) Gesichtspunkten untersucht werden. Die Festlegung auf das Moment des Fehlers (auch in den Studien, die mir zur Verfügung standen, gab es hiervon nur eine Ausnahme, wo auch textuelle Faktoren wie Kohärenz und Kohäsion berücksichtigt wurden[2] ) hängt meiner Meinung nach mit einer der zentralen Fragestellungen des Sprachunterrichts zusammen: Nämlich jener, wie mit den (unvermeidlichen) Fehlern der Lernenden umgegangen werden soll. Jede denkbare Antwort auf diese Frage hängt natürlich stark vom Lernziel ab und letzteres hat sich in den letzten Jahrzehnten wohl stark verändert. Ausgehend von einigen exemplarischen Unterrichtszielen möchte ich kurz (theoretisch) skizzieren wie sich verschiedene Zielvorgaben des Unterrichts auf den Umgang mit „Fehlern“ auswirken könn(t)en:

1.2) Prämissen im Umgang mit Fehlern

Ziel 1) „Fehlerfreiheit“: Wenn es beim Lernen einer Sprache auf das Vermeiden von Fehlern in den Äußerungen der Lernenden ankommt, dann ist – um es mit anderen Worten zu sagen – die Übereinstimmung mit den syntaktischen, lexikalischen, phonetischen und semantischen Regeln der Sprache das oberste Ziel. Was dann ein „Fehler“ ist, lässt sich relativ leicht beantworten: Richtig ist, was mit diesen Regeln im Einklang steht und falsch ist, was diesen Regeln widerspricht. Wenn man dem allerdings keine weiteren Beurteilungskriterien hinzufügt, dann müsste jeder Verstoß gegen die Regeln theoretisch gleich schwer bewertet werden und es gäbe keine „leichten“ und „schweren“ Fehler, was nicht unbedingt Ziel eines sinnvollen Sprachunterrichts sein kann.[3]

Ziel 2) „Richtige Anwendung des Gelernten“: Wenn es auf die richtige Anwendung des im Unterricht Gelernten ankommt, dann sollte das am stärksten benotet werden, was im Unterricht den höchsten Stellenwert einnahm, bzw. am intensivsten geübt wurde. (Was das ist, hängt natürlich in hohem Maße von der Unterrichtsperson ab und es scheint klar, dass auch dieser Ansatz für sich allein genommen noch keine befriedigenden Kriterien zur Evaluation liefern kann, denn wer würde schon ernsthaft behaupten, dass ein Fehler gerade deshalb schwer ist, weil ein Schüler trotz intensiven Übens nicht imstande war eine bestimmte Regel richtig anzuwenden?) In der tatsächlichen Unterrichtspraxis wird diese Überlegung zwar eine gewisse Rolle spielen, doch zuverlässige Bewertungskriterien lassen sich auch darauf nicht aufbauen.

Ziel 3) „Kommunikative Kompetenz“: Etwas viel versprechender scheint es da schon, den Schwerpunkt beim Lernen einer fremden Sprache auf die „erfolgreiche Kommunikation“ zu legen. Nicht nur das Vermeiden von Fehlern oder das Beherrschen des Unterrichtsstoffs soll hier im Vordergrund stehen, sondern die Fähigkeit zur Bewältigung von realen Kommunkationssituationen, was auch eher den tatsächlichen Anforderungen an Sprachkompetenz im außerschulischen Kontext entspricht. Wann aber ist Kommunikation „erfolgreich“ und wann nicht? Um dies zu bestimmen, benötigt man verständlicherweise weitergehende Kriterien, welche über die oben besprochenen der Korrektheit und der richtigen Anwendung hinausgehen. Ein möglicher (Neu-)Ansatz zur Bewertung von Sprache und insbesondere von Fehlern geht von der Auswirkung aus, die ein Fehler auf die Kommunikation eines Inhalts hat (E. davies: „ the error’s effect on communication “). Unter einem solchen Gesichtspunkt, der den Schwerpunkt auf die Verständlichkeit legt, ist ein Fehler erst dann schwer, wenn er sich stark kommunikationsstörend auswirkt, indem er z.B. zu Irritationen beim Hörer oder zu gravierenden Missverständnissen führt.

Wahrscheinlich weil sich in den Schulklassen langsam die Prioritäten geändert haben; weg von grammatikalischem Drill und hin zu mehr Kommunikationskompetenz, wurde auch die Frage aufgeworfen, wie mit Fehlern unter diesen neuen Prämissen umzugehen ist. Und wohl auch deshalb kam es zu der Fülle an Untersuchungen in denen Lehrer, Laien, Muttersprachler und fremdsprachliche Sprecher in ihren Reaktionen auf Fehler von Sprachlernenden verglichen wurden. Zusammengefasst, geht es in den meisten der Studien die ich im Laufe meiner Recherchen herangezogen habe, darum a) Kriterien zur Unterscheidung und Typologisierung von Fehlern im Hinblick auf verschiedene Aspekte der Kommunikation zu finden und b) zu untersuchen, inwieweit die verschiedenen „Fehlerarten“ das erfolgreiche Kommunizieren beeinträchtigen. Die Untersuchungen mit Muttersprachlern stellen dazu ein Schlüsselelement dar, denn wer soll besser beurteilen können was in einer Sprache korrekt, was verständlich und was „Geschmackssache“ ist, als jemand der diese Sprache als Muttersprachler erlernt hat?

Im Besonderen möchte ich dazu drei Studien in etwas detaillierterer Form vorstellen, welche mir sinnvoll erscheinen um die wesentlichsten Aspekte der Thematik herauszuarbeiten; relevante Ergebnisse aus anderen Untersuchungen (siehe bibliographische Angaben) werden nichtsdestotrotz in die Arbeit mit einfließen.

1) Zur „Toleranz“ von Muttersprachlern des Französischen gegenüber häufigen Fehlern amerikanischer Französischsprecher: linda piazza: “French Tolerance for Grammatical Errors Made by Americans“[4]
2) Zur Rolle des sprachlichen Mediums und zur Fehlerbewertung (anhand einer amerikanischen Studie in Deutschland): helga delisle: “Native Speaker Judgement and the Evaluation of Errors in German“[5]
3) Zur Frage der unterschiedlichen „Einstellungen” und Blickwinkel von Lehrern und Laien, Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern: eirlys davies: “Error Evaluation: The Importance of Viewpoint”[6]

2) Hauptteil: Studien

2.1) Linda G. Piazza: “French Tolerance for Grammatical Errors made by Americans”

Ziele: Hauptziel dieser Untersuchung war es, (Kommunikationsbezogene) Kriterien für die Fehlerbewertung von Sprachlernenden zu finden, um es Fremdsprachenlehrenden zu ermöglichen die gängigen Kategorien von „schweren“ und „leichten“ Fehlern zu überdenken und mit dem zu vergleichen, was native speaker für „schwere“ und „leichte“ Fehler halten.

“The study was undertaken to investigate Frenchmen’s tolerance for grammatical errors typical of Americans learning French and to establish priorities for correcting those errors in the classroom.” (Piazza 1980; S. 422)

[...]


[1] vom Englischen „second language“, d.h. die erste Fremdsprache neben der Muttersprache.

[2] Steve Y. Chiang: “Assessing Grammatical and Textual Features in L2 Writing Samples”. The Case of French as a foreign Language, in: The Modern Language Journal 83, (219-232), 1999

[3] H. Delisle schreibt hierzu: „If our goal is to achieve absolute linguistic correctness, all errors are equally serious and will be rated accordingly. However, if we define our objectives in terms of communicative success, then we will probably use a different rating scale.“ (Delisle 1982: 39)

[4] In: Modern Language Journal 64, 1980

[5] In: Modern Language Journal 66, 1982

[6] In: English Language Teaching Journal 37, 1983

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Einstellungen gegenüber nicht-nativer sprachlicher Kompetenz
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Seminar "Language Awareness"
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V46295
ISBN (eBook)
9783638435185
ISBN (Buch)
9783638658638
Dateigröße
1045 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Seminararbeit beschäftigt sich auf der Grundlage einiger (englischsprachiger) Studien mit Fragen der Sprachbewertung und Fehlertoleranz im Hinblick auf mögliche Beurteilungskriterien für den Sprachunterricht. Es stehen dabei insbesondere die sprachlichen Äußerungen von "non-native speakers" im Vordergrund und es werden die unterschiedlichen Reaktionen auf deren Fehler und Abweichungen von Muttersprachlern, Lehrern und Laien untersucht werden.
Schlagworte
Einstellungen, Kompetenz, Seminar, Language, Awareness
Arbeit zitieren
David Schachinger (Autor:in), 2005, Einstellungen gegenüber nicht-nativer sprachlicher Kompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46295

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