Doppelaufgabeninterferenz am Beispiel Slalomdribbeln im Handball


Projektarbeit, 2019

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Methodik
2.1 Entwicklung des Studiendesigns
2.2 Intervention

3. Ergebnisse

4. Diskussion
4.1 Einflüsse von motorisch-kognitiven Doppelaufgaben auf jeweilige Aufgabenleistungen
4.2 Erhöhte Doppeltätigkeitskosten bei motorisch-motorischen Doppelaufgaben
4.3 Fazit und Ausblick

5. Literatur

Hinweis für die Leserin/den Leser:

Zu Gunsten eines besseren Leseflusses werden in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich Ausdrucksformen männlichen Geschlechts, wie Proband oder Studienteilnehmer, verwendet. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass dabei immer auch Probandinnen und Studienteilnehmerinnen gemeint sind.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Exemplarischer Parcoursaufbau (eigene Darstellung)

Abbildung 2: Durchschnittliche Dribbling-Leistung in den jeweiligen Durchgängen (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Durchschnittliche Anzahl an tatsächlich gespielten & gezählten Beats (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Durchschnittlich eingeworfene Münzen bei dual-task & separat (eigene Darstellung)

1. Einleitung

Situationen im Alltag und in Sportspielen sind häufig von mehreren unterschiedlichen Einflüssen geprägt. Sowohl im Alltag als auch in Sportspielsituationen werden ständig externe Informationen über Sinneswahrnehmung und Propriozeption wahrgenommen und im zentralen Nervensystem (ZNS) verarbeitet. Situationen, bei denen mehrere exekutive Prozesse parallel ausgeführt werden, sind z. B. das Überwinden von Hindernissen, wie einer Pfütze oder einem hohen Bordstein bei einem Spaziergang, führen einer Unterhaltung beim Autofahren oder, bezogen auf Sportspiele, das Ausdribbeln eines aktiven Gegenspielers und erzielen eines Treffers. Verschiedenste Reize können die Hauptaufgabe, in den Beispielen das Gehen bzw. Dribbeln, dabei unterschiedlich stark beeinflussen.

Die Fähigkeit bzw. Eigenschaft mehrere unterschiedliche Aufgaben parallel auszuführen, bezeichnet man umgangssprachlich als Multitasking.

Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag ist das Telefonieren am Steuer eines Autos. Kurz bevor ein Verbot eingeführt wurde, werteten Redelmeier und Tibshirani (1997) das Telefonverhalten von hundert Autofahrern aus, die in Verkehrsunfälle verwickelt waren. Auf Grund der erhobenen Daten schätzten sie das Risiko in einen Unfall verwickelt zu werden auf ein vierfaches höher ein, da der Fahrer seine Aufmerksamkeit nicht mehr nur auf das Steuern des Fahrzeuges richtet (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 274).

Die Einschränkung bei der Durchführbarkeit mindestens einer Aufgabe wird entweder als Doppelaufgabenkosten (dual-task costs) oder als Doppeltätigkeitsinterferenz bezeichnet. Die Doppelaufgabenkosten sind zu verstehen als Leistungsbeeinträchtigungen oder -einbußen, die auftreten, wenn zwei Aufgaben zeitgleich durchgeführt werden. In der Theorie existieren unterschiedliche Auffassungen wie Doppelaufgabenkosten zustande kommen (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 275).

Ein Theorieansatz ist die Aufteilung zentraler Bearbeitungskapazitäten nach beispielsweise Kahnemann (1973). Diese Theorie sieht zeitgleiches Zugreifen mehrerer Aufgaben auf eine zentrale Informationskapazität als Auslöser von Doppelaufgabenkosten. Anders ausgedrückt bedeutet es, dass es beim Übersteigen des zur Verfügung stehenden Kapazitätsbedarfs zur fehlerbehafteten oder langsameren Durchführung bei mindestens einer der beiden Aufgaben kommt (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 275).

Ein weiter Ansatz beschreibt Doppeltätigkeitskosten mit den Theorien multipler Ressourcen (z. B. Wickens, 1980). Sie sagt aus, dass sich zwei Aufgaben umso stärker in der Ausführungsqualität beeinflussen, wenn sie auf die gleichen Ressourcen zurückgreifen. Aufgaben, die sich zweier unterschiedlicher Ressourcen bedienen, beeinflussen sich demgegenüber weniger stark. Das bedeutet, dass es einen Speicher spezialisierter Bearbeitungsressourcen gibt, die nur für bestimmte Aufgaben benötigt werden (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 275).

Manzey (1988, 1993) führt diese Theorie überzeugend in seinen Studien aus, verwendet aber anstelle der multiplen Ressourcen als Theorie die „Integrierte Aufgabenbearbeitung“ (Blischke & Reiter, 2002).

Neben der Annahme, dass Doppeltätigkeitskosten auf Grund der Überlastung von Verarbeitungskapazitäten entstehen, gibt es Theorien zentraler Engpässe, die auch als “bottlenecks“ beschrieben werden. Diese Theorien sagen aus, dass es bei der Bearbeitung mehrerer Aufgaben zum selben Zeitpunkt beim “Passieren“ des Flaschenhalses zur Unterbrechung der Bearbeitung einer Aufgabe kommt. Dadurch entstehen kurze Zeiten, bei denen eine Aufgabe nicht weiterbearbeitet wird und es somit zu Doppelaufgabenkosten kommt (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 276). Diese Theorien lassen sich anhand eines Computerbeispiels beschreiben: Bei vielen gleichzeitig genutzten oder geöffneten Programmen auf einem Computer, laufen die jeweiligen Prozesse nicht parallel, sondern nacheinander in sehr kurzen Abständen, ab. Pashler (1994) beschreibt den Informationsverarbeitungsprozess so, dass sie in drei voneinander abgrenzbaren Schritten nacheinander ablaufen. Die erste Stufe stellt die perzeptuelle Verarbeitung dar. In der zweiten Stufe wird eine Entscheidung getroffen und eine Reaktion ausgewählt. Die dritte Stufe ist eine motorische Stufe, in der die Reaktion produziert wird. Diese Theorie hat sich mittlerweile in der Wissenschaft durchgesetzt, weil eine Ressource zuweilen nicht eindeutig definiert ist. Unabhängig von den bestehenden Erkenntnissen zu Doppeltätigkeitskosten, werden neue Theorien zu Doppeltätigkeitsinterferenzen immer noch diskutiert (Koch, 2008).

Auch im Zusammenhang mit der Automatisierung von Handlungsabläufen wird sich in der Forschung mit Doppeltätigkeit auseinandergesetzt. Blischke und Reiter veröffentlichten 2002 eine Studie, in der sie an fünf Sportstudierenden überprüften, ob eine Zusatzaufgabe zur Automatisierung einer Bewegung führt. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass es bestimmte Vorteile auf den Automatisierungseffekt der beiden Aufgaben hat, dafür jedoch keine Notwendigkeit besteht. Die Studie zeigte ebenfalls auf, dass bei der Durchführung von zwei Aufgaben Leistungseinbußen bei vier Probanden auftraten (Blischke & Reiter, 2002).

Wehrle, Granacher und Mühlbauer überprüften 2010 den Einfluss der Aufgabenpriorisierung bei Doppeltätigkeitsbedingungen am Beispiel des Gleichgewichts. Neben dem halten des Gleichgewichts, war die zusätzliche Aufgabe rückwärts zu rechnen. Die Studienteilnehmer wurden in Gruppen mit jeweils 20 Teilnehmen aufgeteilt, wobei je eine Gruppe ihre Aufmerksamkeit entweder auf das Gleichgewicht halten, auf das Rückwärtsrechnen oder gleichermaßen auf das Gleichgewicht halten und dem Rückwärtsrechnen richten sollten. Die Studie führte zu keinen signifikanten Unterschieden in der Bewältigung der Aufgaben zwischen den drei Testgruppen.

In der folgenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, welchen Einfluss jeweils eine kognitive und eine motorische Sekundäraufgabe auf die Leistung beim Slalomdribbeln im Handball hat.

In einer Studie mit Sportstudierenden (n=8) wurde die Zeit gemessen, in der die Probanden einen Slalomparcours mit einem Handball dribbelnd absolvierten. Als kognitive Zusatzaufgabe sollten die Studenten eine über Kopfhörer eingespielte Beatfolge mitzählen. Die motorische Aufgabe bestand darin, dass die Probanden beim Dribbeln mit der anderen Hand nacheinander Münzen in eine an der Hüfte des Teilnehmers platzierte Spardose stecken sollten. Bei der Durchführung sollten sie ihre Aufmerksamkeit gleichermaßen auf beide Aufgaben richten. Als Leistungsmessung wurde die Zeit mit und ohne Zusatzaufgaben gemessen.

Es soll die in anderen Studien bereits bestätigte Annahme überprüft werden, dass bei einer dual-task (DT) Leistungseinbußen in verschiedenen Dimensionen zu erwarten sind. Ferner wird vermutet, dass eine motorische Zweitaufgabe größeren Einfluss auf die Leistung der motorischen Hauptaufgabe hat als eine kognitive Zweitaufgabe. Diese Vermutung legt die Annahme von Wickens nahe, dass sich Aufgaben stärker beeinflussen, die sich einer identischen oder ähnlichen Ressource bedienen.

2. Methodik

Im Folgenden sollen die Erstellung und Durchführung der im Hinblick auf die Fragestellung und die Hypothese erstellte Intervention näher erläutert werden.

2.1 Entwicklung des Studiendesigns

Im Rahmen des von den Studienleitern besuchten Seminars, stellte sich die Problematik, ein passendes Projektthema zu finden, dass sowohl auf Interesse bei den Studienleitern stößt als dass es auch praktisch gut umsetzbar, sowie auf einen theoretischen Hintergrund zu beziehen ist.

Die ersten Überlegungen im Hinblick auf die Thematik “Kognition und Bewegung“ behandelten die von Horst Lutz entwickelte Trainingsmethode LIFE KINETIK®. LIFE KINETIK® ist ein Trainingsprogramm, bestehend aus alltagsunüblichen koordinativen, kognitiven und visuellen Aufgaben. Von dieser Trainingsmethode ausgehend entstand bei den Projektleitern der Gedanke, dass unterschiedliche Sekundäraufgaben auch unterschiedliche Auswirkungen auf eine motorische Hauptaufgabe bewirken. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich im Folgenden das Studiendesign: Um einen Bezug des Gedankens zum Sport herzustellen, entschieden sich die Studienleiter als motorische Hauptaufgabe für das Dribbling im Handball, bei dem neben der automatisierten Laufbewegung parallel das Prellen des Balles zu realisieren ist. Zur Leistungsmessung sollte das Dribbling in einem einfachen Slalomparcours erfolgen. Um herauszufinden, inwieweit sich kognitive und motorische Sekundäraufgaben auf eine motorische Hauptaufgabe auswirken, mussten die Projektleiter jeweils eine passende, in der Ausführung für mögliche Projektteilnehmer nicht zu komplexe, aber gleichzeitig nicht zu simple, Aufgabe auswählen.

Überlegungen für eine mögliche kognitive Zweitaufgabe waren folgende: Ausgehend von einer bestimmten Zahl, in einem vorgegebenen Intervall, rückwärts zu zählen oder eine vorgegebene, über Bluetooth-Kopfhörer zugespielte, akustische Beatfolge mitzuzählen, während die Hauptaufgabe ausgeführt wird. Aus den vorherig genannten Gründen entschieden sich die Studienleiter für die zweitgenannte Aufgabe.

Die Überlegungen für eine mögliche motorische Zweitaufgabe erwiesen sich problematischer. Es wurde unter folgenden Aufgaben abgewogen: Rhythmisches Schnipsen mit der nicht prellenden Hand, nacheinander jeden Finger der nicht prellenden Hand zum Daumen führen, einen weiteren Ball auf der nicht prellenden Hand balancieren, Abklopfen vorgegebener Tastpunkte am eigenen Körper oder Einwerfen von Kleingeld in eine an der Hüfte des Probanden platzierten Spardose. Auch hier entschieden sich die Projektleiter aus den vorherig genannten Gründen für die letztgenannte Aufgabe.

2.2 Intervention

Die mögliche Probandenanzahl war auf die Seminarteilnehmer begrenzt. An der Studie nahmen acht Sportstudierende (n=8) teil. Die Teilnehmer wurden dahingehend verblindet, dass sie den Dribbelparcours erst unmittelbar vor dem ersten Durchdribbeln des Parcours sehen durften. Jeder der Teilnehmer hatte den Parcours insgesamt drei Mal zu durchdribbeln: Im ersten Durchgang durchdribbelten die Probanden den Slalomparcours ohne zusätzliche Sekundäraufgabe. Im zweiten und dritten Durchgang wurde zusätzlich zum Dribbling entweder die motorische oder kognitive Zusatzaufgabe ausgeführt.

Die Teilnehmer wurden dahingehend aufmerksam gemacht, den vorgegebenen Slalomparcours fehlerfrei und so schnell wie möglich zu durchdribbeln und sich auf eine Hand als Prellhand festzulegen.

Bei den Durchgängen mit Zusatzaufgabe wurde zusätzlich darauf hingewiesen auch die jeweilige Zusatzaufgabe möglichst präzise durchzuführen.

Die kognitive Zusatzaufgabe bestand darin, dass der Teilnehmer während des Dribblings über kabellose Bluetooth-Kopfhörer eine bei allen Teilnehmern identische Beatvorgabe zugespielt bekommen hat und die gehörten Schläge während des Dribblings möglichst genau mitzählen sollte. Die tatsächliche Schlagzahl wurde der mitgezählten Schlagzahl gegenübergestellt. Differenzen wurden als Fehler gewertet. Die gemessene Zeit wurde in der anschließenden Auswertung mit der gedribbelten Zeit ohne Sekundäraufgabe verglichen.

Die motorische Zusatzaufgabe bestand darin, dass der Teilnehmer während des Dribblings Kleingeldmünzen in eine an die Hüfte platzierte Spardose stecken sollte. Auch hier wurde zusätzlich darauf hingewiesen, die motorische Zweitaufgabe möglichst präzise durchzuführen, so dass idealerweise viele Münzen in der Spardose landen. Als Referenz sollten die Studienteilnehmer zu einem späteren Zeitpunkt des Semesters die motorische Zweitaufgabe unabhängig von der Dribbelaufgabe durchführen. Dabei hatte jeder Proband die gleiche Zeit zur Verfügung, die man für das durchdribbeln des Parcours mit motorischer Zweitaufgabe benötigte. Auch hier wurden die Differenzen notiert. Des Weiteren wurde die benötigte Zeit mit den vorher benötigten Zeiten zum Beendigen des Dribbelparcours verglichen.

Aufgrund begrenzter Mittel und hinsichtlich eines ökonomischen Arbeitsaufwands, wurde die Zeit per Hand mittels einer Handystoppuhr, auf die Hundertstelsekunde genau, gemessen. Der gestoppten Zeit wurden aufgrund der individuell unterschiedlichen Reaktionszeiten beim Zeitnehmer anschließend 0,2 Sekunden abgezogen, um möglichen Verzerrungen in den Endzeiten entgegenzuwirken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Exemplarischer Parcoursaufbau

Der gesamte Dribbelparcours hatte eine Gesamtlänge von circa zwanzig Metern und wurde in einer Sporthalle aufgebaut. Zwischen Start- und Zielpunkt wurden sechs Hütchen in einem Abstand von circa zwei bis drei Metern voneinander aufgestellt (Abb.1).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Doppelaufgabeninterferenz am Beispiel Slalomdribbeln im Handball
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
16
Katalognummer
V461915
ISBN (eBook)
9783668905795
ISBN (Buch)
9783668905801
Sprache
Deutsch
Schlagworte
doppelaufgabeninterferenz, beispiel, slalomdribbeln, handball
Arbeit zitieren
Karsten Malarowski (Autor:in), 2019, Doppelaufgabeninterferenz am Beispiel Slalomdribbeln im Handball, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461915

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