Die Konstruktion der Identität im Roman. Zu "Das Schlafwandelnde Land" von Mia Couto


Hausarbeit, 2017

14 Seiten, Note: 15


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Autor und Werk
2.1.1 Biographie Mia Coutos
2.1.2 Das schlafwandelnde Land -Inhalt und Form
2.2 Die Konstruktion der Identität im Roman: Das schlafwandelnde Land

2.2.1 Definition von Identität
2.2.2 Analyse der Konstruktion der Identität im Roman

3 Fazit

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Mosambik in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, es herrscht ein Bürgerkrieg, der viele Menschenleben in der ehemaligen portugiesischen Kolonie fordert. Unter diesen erschwerten Bedingungen zeichnen sich Identitätskrisen der Romanfiguren und die Identitätskrise einer ganzen Nation ab und somit ist der Begriff der Identität von zentraler Bedeutung in Mia Coutos Roman.

Mosambik in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, es herrscht ein Bürgerkrieg, der viele Menschenleben in der ehemaligen portugiesischen Kolonie fordert. Unter diesen erschwerten Bedingungen zeichnen sich Identitätskrisen der Romanfiguren und die Identitätskrise einer ganzen Nation ab und somit ist der Begriff der Identität von zentraler Bedeutung in Mia Coutos Roman.

Diese Arbeit soll die Konstruktion der Identität des genannten Werkes untersuchen. Nach einer allgemeinen Information über den Autor und das Werk, wird im Hauptteil zunächst der Begriff der Identität hinreichend definiert, um das Werk anschließend unter dem Aspekt der Konstruktion der Identität zu analysieren. Hierbei wird die Gestaltung der Identität der einzelnen Hauptpersonen des Romans unter besonderer Berücksichtigung der Extremsituation des Bürgerkriegs untersucht. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gestaltung der Identität durch den Autor. Dabei sollen sowohl inhaltliche Aspekte, wie die Beziehung einzelner Personen und besonders erschaffene Ausgangsbedingungen, als auch sprachlich und stilistische Mittel analysiert werden. Dabei werden sowohl teils bereits vorliegende Erkenntnisse aus einer anderen Arbeit1, als auch eigene Feststellungen in Kontext zueinander gesetzt.

Die Frage, ob Identität aktiv mitgestaltet und verändert werden kann, und mit welchen Mitteln dies im Roman geschieht wird genauso untersucht, wie die kulturspezifische Gestaltung der Identität.

Des Weiteren wird aufgezeigt, inwiefern neben den einzelnen, individuellen Identitäten und ihren Identitätskrisen, die kollektive, nationale Identität eines postkolonialen Staates literarisch verarbeitet wird. Hierbei werden zunächst, für den Überblick, die präkolonialen demographischen Verhältnisse geschildert, um den Istzustand der kollektiven Identität im Roman deuten zu können.

Sprachlich relevante Aspekte im Roman, die das Portugiesisch des heutigen Mosambiks von dem europäischen und dem der übrigen PALOP-Staaten unterscheiden, werden neben stilistischen Mitteln, und weiteren inhaltlichen Mitteln untersucht, um zu zeigen, wie der Autor die nationale Identität in das schlafwandelnde Land konstruiert.

2 Hauptteil

2.1 Autor und Werk

2.1.1 Biographie Mia Coutos

Antônio Emílio Leite Couto wird am fünften Juli 1955 als Sohn des portugiesischen Einwanderers Fernando Couto in der Stadt Beira in Mosambik geboren. Seine Werke veröffentlicht er unter den Pseudonym Mia Couto (vgl. Frazão 2016). Sein Pseudonym Mia verdeutlicht seine Affinität zu Katzen, denn bereits als Zweijähriger bittet er seine Eltern, ihn Mia zu nennen, da er es gewohnt ist, viel Zeit mit Katzen auf der Straße zu verbringen (vgl. Ferreira 2012).

Bereits mit 14 Jahren schreibt Couto Gedichte, welche sogar in der Zeitung Notícias da Beira veröffentlicht werden. 1971 verlässt er die Stadt Beira, um sich in der damaligen Hauptstadt Lourenço Marques, heute Maputo, dem Studium der Medizin zu widmen, welches er jedoch nicht abschließen wird. 1974 beginnt er seine ersten Journalistischen Tätigkeiten für divers e Tageszeitungen und wird 1976 mit der Unabhängigkeit Mosambiks Reporter und Direktor der Agência de Informação de Moçambique. Sein erster Gedichtband Raízes de Orvalho wird im Jahre 1983 veröffentlicht. Zwei Jahre später beendet Mia Couto seine Karriere als Journalist und beginnt ein Biologiestudium mit dem Schwerpunkt Ökologie. 1992 veröffentlicht Couto seinen ersten Roman Terra Sonâmbula, ein Werk über das postkoloniale Mosambik, in poetischer Prosa verfasst, welches 1995 den Prêmio Nacional de Ficção da Associação dos Escritores Moçambicanos gewinnt.

Weitere bedeutende Werke des Autors sind: Cada Homem é Uma Raça (1990), Cronicando (1991), Mar Me Quer (2000), Um Rio Chamado Tempo (2002), O Fio das Miçangas (2003), Venenos de Deus, Remédios do Diabo (2008), Tradutor de Chuvas (2011), A Confissão da Leoa (2012) und Mulheres de Cinza (2015).

Mia Couto ist der meist übersetzte mosambikanische Autor im Ausland und zählt zu den meist verkauften ausländischen Autoren in Portugal. Er ist Träger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen und es bleibt zu erwähnen, dass Couto, als einziger afrikanischer Autor, Mitglied der Academia Brasileira de Letras ist (vgl. Frazão 2016).

2.1.2 Das Schlafwandelnde Land- Inhalt und Form

Das zu analysierende Werk Terra Sonâmbula zu Deutsch: Das Schlafwandelnde Land ist ein 1992 von Mia Couto veröffentlichter Roman, welcher die Lebensbedingungen des mosambikanischen Bürgerkrieges (1977-1992) thematisiert. Das Werk gliedert sich formal in elf Kapitel, welche sich jeweils in ihrer ersten Hälfte Tuahir und Muindinga widmen und in ihrer zweiten Hälfte jeweils ein Heft von Kindzu beinhalten. Die Hefte von Kindzu sind jeweils in der ersten Person verfasst und die Erlebnisse von Tuahir und Muindinga in der dritten Person. Zuletzt findet sich im Roman ein Glossar, welcher unbekannte Wörter aus dem mosambikanischen Kulturraum erklärt (vgl. Couto 1994). Es handelt sich um ein Werk, welches dem magischen Realismus zuzuordnen ist, in welchem Raum und Zeit sich aufzulösen scheinen und in welchem ein besonders metaphernreicher Sprachgebrauch erkennbar ist (vgl. Loimeier 2015).

Der alte Tuahir wandert mit seinem Schützling, dem jungen Muindinga, welcher aufgrund des Verzehrs einer verdorbenen Maniokwurzels stark erkrankt ist, dass er sowohl seine Erinnerung als auch seine körperlichen Fähigkeiten verloren hat, durch die vom Bürgerkrieg zerstörte ehemalige Kolonie. Muindinga, von dem alten Tuahir in einem Flüchtlingsheim vor dem Tode bewahrt, begibt sich auf die Suche nach seiner Familie und somit seiner verlorenen Identität. In einem alten ausgebrannten Bus, welcher ihnen als Nachtlager dient, finden die beiden neben Leichen, Hefte des Jungen Kindzus. Kindzus Erinnerungen werden zur allabendlichen Lektüre, welche für Zerstreuung sorgt, aber auch zur Reflexion über einen eigenen, idealisierten Alltag mit einer Familie, ohne Bürgerkrieg anregt (vgl. Couto 1994).

2.2 Die Konstruktion der Identität im Roman: Das Schlafwandelnde Land

2.2.1 Definition von Identität

Für die eigentliche Analyse des Werkes, unter besonderer Berücksichtigung der Konstruktion der Identität, soll an dieser Stelle nun zunächst der Begriff der Identität hinreichend geklärt werden.

Im psychologischem Ansatz beinhaltet die Identität die Antwort auf die Frage wer man selber oder wer ein anderer ist. Zudem beantwortet sie „(...) die Frage nach den Bedingungen, die eine lebensgeschichtliche und situationsübergreifende Gleichheit in der Wahrnehmung der eigenen Person möglich machen“ (Keupp 2000). Abgesehen von der individuellen Identität, soll nun noch die kollektive Identität definiert werden. Unter kollektiver Identität versteht sich „(...)das Selbstverständnis eines Individuums als Mitglied einer bestimmten – wie auch immer gearteten - menschlichen Gruppe“ (Stephan 2002, 13). Weitet man diese Gruppe nun auf ein Gebiet, bzw. eine Nation aus, so kann auch von einer nationalen Identität die Rede sein.

2.2.2 Analyse der Konstruktion der Identität im Roman

Als Ausgangsbedingung schafft Mia Couto eine Situation, in welcher der Charakter Muindinga, aufgrund einer Vergiftung an einer Maniokwurzel, alle seine Erinnerungen verloren hat (vgl. Couto 1994, 52). Nachdem er die Krankheit überwunden zu haben scheint, stellen sich ihm die Fragen nach seiner Herkunft und seiner Person, wie: „Welcher Mensch steckt in Ihm und kommt nach und nach heraus? Wird dieser andere ihn mögen? Heißt er Muindinga? Oder hat er einen anderen Namen, einen portugiesierten, für die Ausweispapiere?“ (Couto 1994, 36). Sich fragend, ob dieser andere Mensch ihn mögen wird und auch die Tatsache, seinen eigenen Namen nicht mit absoluter Gewissheit zu kennen, zielt bereits auf die Wichtigkeit auf die Wahrnehmung der eigenen Person ab, wie auch Keupp es in seinem Essai beschreibt. Dieser essentiellen Antworten bezüglich seiner eigenen Lebensgeschichte beraubt, macht sich Muindinga, gemeinsam mit seinem Freund Tuahir, auf die Suche nach seiner Vergangenheit- seiner Identität.

Diese Suche gestaltet sich jedoch als schwierig, denn „sie fliehen [zugleich] vor dem Krieg, (...), der ihr ganzes Land verseucht hat“ (Couto 1994, 7). Somit zeichnet sich die eigentliche, in den Roman eingebundene, Identitätskrise ab, die Identitätskrise einer ganzen Nation. Dieses noch so junge Land Mosambik, samt seiner Bevölkerung, ist dabei, seine Identität zu entdecken. Vertreten durch seine Romanfiguren zeigt Couto diese Entwicklung bei einer sich mehr und mehr abzeichnenden Verwundbarkeit. Muindinga kann somit als Stellvertreter all derer Kinder betrachtet werden, welche durch die Folgen des mosambikanischen Bürgerkrieges von ihren Familien getrennt worden sind.

[...]


1 besonders anhand der Arbeit von Mariana Clark Peres Rabello: A Construção da Identidade em Terra Sonâmbula, de Mia Couto (siehe Literaturverzeichnis)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Konstruktion der Identität im Roman. Zu "Das Schlafwandelnde Land" von Mia Couto
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Romanistik)
Note
15
Autor
Jahr
2017
Seiten
14
Katalognummer
V461355
ISBN (eBook)
9783668895836
ISBN (Buch)
9783668895843
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Literatur lusophones Afrika, Mia Couto, Das schlafwandelnde land, Portugiesische Literaturwissenschaft, Literatur koloniales Afrika, mosambikanischen Literatur
Arbeit zitieren
Mario Henrich (Autor:in), 2017, Die Konstruktion der Identität im Roman. Zu "Das Schlafwandelnde Land" von Mia Couto, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461355

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