Inwieweit erlauben deontologische und teleologische Ethiken die Todesstrafe?


Hausarbeit, 2017

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Deontologische Ethik
2.1 Kantianismus

3. Teleologische Ethik
3.1 Utilitarismus

4. Todesstrafe
4.1 Todesstrafe nach deontologischer Ethik
4.1.1 Kritik der deontologischen Sichtweise
4.2 Todesstrafe nach teleologischer Ethik
4.2.1 Kritik der teleologischen Sichtweise

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In meiner folgenden Hausarbeit werde ich mich mit der Todesstrafe aus Sicht des Kantianismus und des Utilitarismus nach Mill auseinandersetzen. Die Basis für meine Arbeit wird der Text „Ethik – eine analytische Einführung“ von William K. Frankena bilden.

Diese beiden Theorien sind die Hauptversionen der deontologischen beziehungsweise der teleologischen Ethik. Diese beiden Ethiken setzen unterschiedliche Wertmaßstäbe und Argumentationsstränge bei dem, was man als „richtiges“ und „gutes“ Handeln bezeichnen würde. Auf diesen Aspekt gehe ich bei der jeweiligen Beschreibung der beiden Theorien genauer ein.

Folgend werde ich die Todesstrafe aus der Sicht der jeweiligen Ethiken analysieren. Am Ende wird eine kurze kritische Beleuchtung der beiden Argumentationsstränge und Positionen vorgenommen.

Im Weiteren werde ich kurz auf die Begriffe Ethik und Moral eingehen, um diese zu klären und von einem einheitlichen Standpunkt aus meine Arbeit nach der Einleitung fortzusetzen. Berufen werde ich mich dabei auf Frankena.

Der Begriff der Ethik ist dem Zweig der Philosophie zuzuordnen und befasst sich mit Überlegungen zur Moral sowie mit aus der Moral erwachsenen Handlungen, Problematiken und Urteilen1.

Moral kann als System verstanden werden, dass die Beziehung der Individuen untereinander regelt. Die Moral kann zudem als „Instrument der Gesellschaft“2 bezeichnet werden, um (von außen) Forderungen an den Einzelnen heranzutragen. Nichtsdestotrotz ist es möglich, dass der Einzelne diesen Forderungen widerspricht, allerdings nur, wenn der Person selbst bereits ein anderer moralischer Wert zugeordnet werden kann, welcher ihm/ihr eingeprägt wurde.

Es geht hierbei allerdings nicht darum, zu sagen, dass Denkweisen und Entscheidungen vorzuschreiben. Besonders in der westlichen Welt verlangt es die Moral, die eigene Vernunft einzusetzen und auf dieser Basis individuelle Entscheidungen treffen zu können. Die Moral ist dabei stets nur ein unterstützender Faktor3.

Untersucht werden soll nun im Folgenden, ob es unterschiedliche moralische Vorstellungen gibt, die eine Bewertung der Todesstrafe differenziert betrachten lassen.

2. Deontologische Ethik

2.1 Kantianismus

Im Kantianismus geht es unabhängig von den Folgen darum, dass gewisse Handlungen erlaubt, andere wiederum nicht erlaubt sind. Daher wird diese Ethik auch als Pflichtethik ( altgr. deon = Pflicht) bezeichnet.

Mit Kant verbindet man in erster Linie den Kategorischen Imperativ, welcher auch als Leitfaden für die Pflichtethik bezeichnet werden kann. Denn beim Kategorischen Imperativ geht es darum, dass man sich diejenige Handlungsoption aussucht, durch welche man erwarten kann, dass eine Person in der gleichen Situation gleich handelt.

[…] handle nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde (Kant 1961a, AA IV 421).

Der Hintergrund dabei ist, dass die Handlung gewählt werden muss, von der der Einzelne sagen kann, dass diese die moralisch richtige ist. Nach Kant ist ein freier Wille dabei unabdingbar.4

Bei der Pflichtethik geht es nicht darum, eine Handlung auf Basis der Folgen zu beurteilen. Kants Ethik geht davon aus, dass es Handlungen gibt, welche moralisch verboten bzw. verpflichtend sind, unabhängig davon, dass diese vermeidlich positive Folgen für die haben könnten. Der Grund dafür ist, dass diese moralisch zu verbietende Handlungen nur dadurch positive Folgen haben, da sich eben nicht jeder so verhält. Ein einfaches Beispiel ist die Lüge, welche im Einzelfall positive Folgen für den Einzelnen haben kann, entscheidet sich jedoch jeder dazu, zu lügen, so steigt das Misstrauen innerhalb einer Gesellschaft und Debatten oder Argumentationen wären nichtig5.

Um moralisches Handeln zu bewerten, reicht es allerdings nicht aus, nur auf die Aktion an sich zu schauen, wie beispielsweise die Entscheidung, nicht zu lügen. Für Kant gibt es noch einen weiteren Aspekt. Dieser betrifft die Motivation, denn nach Kant ist eine Handlung nur dann moralisch richtig, wenn auch die Motivation hinter der Handlung als „richtig“ zu bewerten ist.6 Im Bezug auf das Beispiel des Lügens könnte eine Person sich beispielsweise dazu entscheiden, nicht zu lügen, um sich nicht in Widersprüchen zu verwickeln. Auf der anderen Seite kann die Person auf das Lügen verzichten, da er es für unmoralisch hält, jemand anderes zu belügen. Nach Kant würde nur die zweite Alternative moralisch sein, da er nicht eigennützig, sondern aus einem guten Willen heraus handelt.

Wir haben nun voneinander abgewogen, wann Handlungen nicht moralisch und damit verboten, bzw. wann Handlungen moralisch und damit verpflichtend sind. Was aber genau ist unter Pflicht zu verstehen? Zentrale Merkmale der Pflicht sind zum einen Notwendigkeit und zum anderen Allgemeingültigkeit.

Notwendigkeit bezeichnet, dass eine Handlung nicht zufällig, sondern notwendigerweise geschieht. Allgemeingültigkeit meint, dass alle Menschen unabhängig von ihrer individuellen Situation zu moralischen Handeln verpflichtet sind7.

Eine weitere grundlegende Annahme Kants, die das moralische Handeln begründet, ist die These, dass alle Menschen Vernunftwesen sind. Dies meint, dass nach Kant der Mensch in der Lage ist, vernünftig zu entscheiden. Die Vernunft ist es, welche den Menschen von Tieren unterscheidet, sodass der Mensch seine Handlungen abwägen kann und wenn dieser seine Vernunft benutzt, in bestimmten Situationen zum selben Ergebnis kommt8.

Ein weiterer wichtiger Aspekt Kants Ethik ist das Instrumentalisierungsverbot. Demnach muss man die Menschen so wahrnehmen, wie man selbst wahrgenommen werden möchte und darf sie nicht ausschließlich zu einem Mittel degradieren, um einen bestimmen Zweck zu erfüllen.

Hier begründet sich der Begriff der Würde, welcher auch im Grundgesetz verankert ist und durch die Objektformel geschützt ist, welche man vom Sinngehalt mit dem Instrumentalisierungsverbot vergleichen kann, da diese auch eine Degradierung des Menschen zu einem Mittel/ Objekt verbietet.

3. Teleologische Ethik

3.1 Utilitarismus

Im Gegensatz zu deontologischen Ethiken geht es bei teleologischen Ethiken nicht um die „Pflicht“, sondern um den „Zweck“ (το τέλος = der Zweck). Ob eine Handlung demnach als moralisch gut und richtig bewertet werden kann entscheidet sich nicht anhand der Moral/ der Motivation der Handlung an sich, sondern anhand des außermoralischen Wertes, der durch die Handlung geschaffen wird9. Damit ist gemeint, dass im Gegensatz zum Grundsätzlich ist eine Handlung dementsprechend als gut zu bewerten, wenn die Summe aus positiven Konsequenzen aus dieser Handlung die Summe negativer Konsequenzen übersteigt.10

Zur Bewertung, ob eine Handlung nun moralisch richtig ist, muss zunächst definiert werden, was im außermoralischen Sinne als gut zu bewerten ist. Was nach Ansicht der Teleologen als gut zu bewerten ist, steht ihnen frei. Im Grundsatz wird das Gute meist mit Glück/ Vergnügen gleichgesetzt, wo hingegen das Schlechte mit Leid/Schmerz verbunden wird. Eine richtige Handlung setzt sich daher aus dem Verhältnis zwischen Vergnügen und Schmerz zusammen, bei welcher das Vergnügen überwiegen muss. Alternative Handlungen, die das gleiche Verhältnis aufweisen, werden ebenfalls als richtige Handlungen angesehen. Auch wenn es Gegner dieser Auffassung von Gut und Schlecht gibt, ist es für eine teleologische Bewertung nur wichtig, dass der Teleologe eine Auffassung vom „Guten“ hat, und diese für seine Bewertung einer richtigen Handlung zugrunde legt.11

Der Utilitarismus ist eine der Hauptstränge innerhalb der Teleologie, weshalb ich mich in meiner Arbeit auf diese berufen werde.

Der Kern des Utilitarismus bildet das Nützlichkeitsprinzip. Handlungen sind nur insofern moralisch gut, solange sie Glück für die größte Anzahl an Menschen verursachen. Glück sowie die Nichtverursachung von Schmerz sind die einzigen wünschenswerten Endzwecke, alles andere Wünschenswerte sind ausschließlich Mittel zu diesem Zweck.12

Wieso aber ist das Nützlichkeitsprinzip der Kern des Utilitarismus nach Mill?

Dazu ist es wichtig zu schauen, was und wie Mill Glück bewertet. Mill ist Vertreter eines qualitativen Hedonismus. Unter Hedonismus versteht man, dass alles was erstrebenswert und wertvoll für den Menschen ist, sein eigenes Glück ist. Das qualitative kommt daher, da Mill davon ausgeht, dass verschiedene Arten von Glück existieren, die sich qualitativ unterscheiden. Demnach kann man noch so viel Glück einer geringeren Stufe anhäufen, erreicht damit jedoch nicht das Glück auf der nächsthöheren Stufe.13

Ein Beispiel für die Klassifizierung von Arten findet sich in der Unterscheidung zwischen sinnlichen und intellektuellen Freuden. Dabei sind die intellektuellen Freuden die qualitativeren, was damit zusammenhängt, dass sich die Menschen durch den Verstand von sinnlichen Wesen unterscheiden. Mill geht davon aus, da der Mensch einen Intellekt besitzt, dass er diesen auch fordern und fördern will, sodass das Lesen eines guten Buches einem Verzehr von Eis zu bevorzugen ist.14

Um das Nützlichkeitsprinzip sinnvoll anwenden zu können müssen wir zunächst festhalten, dass es sich beim Utilitarismus um einen Konsequentialismus handelt. Für die Bewertung einer Handlung zählen allein die Folgen und nicht die Absicht hinter der Handlung.15

Wie man eine Handlung auf Basis des Nützlichkeitsprinzips auswählt, lässt sich anhand des Nutzenkalküls zeigen. Um dieses einfach zu erklären gehen wir von einem Szenario mit vier Individuen aus, die eine Gesellschaft bilden. Nun gibt es eine Situation, in welcher gehandelt werden muss. Es stehen zwei Handlungsmöglichkeiten offen. Gehen wir nun noch davon aus, dass Glück gemessen werden und jedem Individuum Punkte zugeschrieben werden kann, die zeigen, wie viel Glück jedes Individuum nach der Handlung dazugewinnt. Bei der ersten Handlungsoption erhält jedes Individuum einen Punkt, bei der zweiten Handlungsoption erhält ein Individuum zwei und ein Individuum einen Punkt, zwei bekommen gar keinen. Da zusammengerechnet bei der ersten Handlung ein Wert von vier und in der zweiten ein Wert von drei rauskommt, ist die erste Handlung zu wählen, da das Verhältnis von Glück/Schmerz bei dieser höher ist.

Zudem zeigt dieses Beispiel, das persönlicher Vorteil hinter dem gesellschaftlichen anstehen muss, wenn zweiteres überwiegt.16

Den Utilitarismus, den wir hier bisher beschrieben haben, lässt sich als Handlungsutilitarismus bezeichnen, da anhand des Nützlichkeitsprinzips jede Handlung auf die Maximierung des Glückes des Gemeinwohles überprüft wird.

[...]


1 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.6.

2 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.6.

3 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.7.

4 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.275.

5 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.78.

6 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.79.

7 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.83.

8 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.85.

9 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.15.

10 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.15.

11 Vgl. Frankena, William K.: Ethik. Eine analytische Einführung, 6. Aufl., Springer VS: Wiesbaden 2017, S.16.

12 Vgl. Jarre, Nikolai, van Suntum, Ulrich (2004): John Stuart Mill und der Utilitarismus, in: Wirt schafswissenschaftliches Studium 33 (12), S. 708.

13 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.117.

14 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.118.

15 Vgl. von der Pfordten, Dietmar (2017): Rechtsethik, in: Hilgendorf, Eric, Joerden, Jan C. (Hg.): Handbuch Rechtsphilosophie. Stuttgart: J.B: Metzler, S.98.

16 Vgl. Frey, Dieter, Schmalzried, Lisa Katharin: Philosophie der Führung, Springer Berlin Heidelberg: Heidelberg 2013, S.121f.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Inwieweit erlauben deontologische und teleologische Ethiken die Todesstrafe?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V461281
ISBN (eBook)
9783668914476
ISBN (Buch)
9783668914483
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der vorliegende Text setzt sich mit der Rechtfertigung der Todesstrafe durch die beiden vorherrschenden Ethiken der teleologischen und deontologischen Ethiken kritisch auseinander.
Schlagworte
Kant, Kantianismus, Utilitarismus, Todesstrafe, Deontologie, Teleologie, Ethik, Menschenrechte
Arbeit zitieren
Tobias Duff (Autor:in), 2017, Inwieweit erlauben deontologische und teleologische Ethiken die Todesstrafe?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/461281

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