Die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frau durch die Bildungsexpansion. Veränderungen in Ausgestaltung und Akzeptanz von Familienmodellen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bildungsexpansion in Deutschland und ihre Folgen
2.1 Gründe für die Bildungsexpansion in Deutschland
2.2 Die Gestaltung der Bildungsexpansion
2.3 Folgen der Bildungsexpansion
2.4 Die Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Frauen

3. Erwerbsmodelle in Partnerschaften im Vergleich: Struktur, Gestaltung und staatliche Implementierung
3.1 Das männliche Ernährermodell
3.2 Staatliche Implementierung: Das Ehegattensplitting
3.3 Das „adult worker model“

4. Aktuelle Ausgestaltung der Familienmodelle-Gründe und Folgen
4.1. Aktueller Stand
4.2 Frauenerwerbstätigkeit
4.3 Aufteilung der Hausarbeit
4.4. Allgemeine Folgen für die Frauen

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die „traditionelle“ Vorstellung der Kleinfamilie bestehend aus einer Mutter, einem Vater und meist zwei Kindern ist in den letzten Jahrzehnten starken Transformationsströmungen unterworfen gewesen, was zunehmend zu einer Pluralisierung der Familienmodelle führte. Das Bild der Frau, die sich ausschließlich für Kinder, die Küche und die Kirche einsetzt, ist abgelöst worden von einem moderneren Frauenbild, das eine erhöhte Bildungsbeteiligung und Erwerbstätigkeit von Frauen einschließt. Obwohl das Frauenbild sich verändert hat, kommt dem Mann noch immer zu großen Teilen die Rolle des Familienernährers zu, der Vollzeit arbeitet und sich von den Reproduktionsarbeiten fernhält. Im Rahmen von Pluralisierungsprozessen, die sich auf alle Lebenslagen auswirken und die heute besonders aktuell sind, stellt sich die Frage, ob die Frauenerwerbstätigkeit im Zuge einer erhöhten Bildungsbeteiligung zu einer Ablösung des männlichen Ernährermodell geführt oder sich ein anderes Familienmodell etabliert hat. Besonders im Fokus soll die Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Frauen im Rahmen der Bildungsexpansion, die in den 1960er Jahren begonnen hat, stehen. Interessant sind dabei der lange Zeitraum der Betrachtung der Frauenerwerbstätigkeit und eine Analyse der möglichen Einflüsse der Bildungsexpansion. Die Frage soll lauten: Hat die Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Frauen im Rahmen der Bildungsexpansion zu einer Ablösung des männlichen Ernährermodells geführt?

Dazu wird in der Einleitung die Kernproblematik umrissen, die sich mit dem männlichen Ernährermodell, der Bildungsbeteiligung der Frau und mit der Bildungsexpansion der 1960er Jahren und deren Auswirkungen beschäftigt. Das zweite Kapitel thematisiert die Gründe für eine Bildungsexpansion und deren Ausgestaltung. Neben vielen erwartbaren Folgen, die auch kurz beschrieben werden sollen, erhöhte sich auch die Bildungsbeteiligung der Frau im Laufe der Jahrzehnte, sodass man sagen kann, dass die Frauen die Gewinnerinnen der Expansion sind. Anschließend soll es im dritten Kapitel dieser Arbeit um das männliche Ernährermodell gehen, das sich von Beginn der bürgerlichen Gesellschaft bis heute großer Beliebtheit erfreut. Analysiert werden die Strukturen dieses Familienmodells, seine staatliche Implementierung, und seine Integration oder Abgrenzung zum Konzept des adult worker model. Im vierten Kapitel soll die aktuelle Bildungsbeteiligung und die Erwerbstätigkeit der Frau im Beruf und im Haushalt analysiert werden und die Frage beantwortet werden, ob die Dominanz des männlichen Ernährermodells als Folge der Frauenerwerbstätigkeit gebrochen worden ist, oder ob es lediglich zu einer kleinen Veränderung in den Erwerbsmodellen in Partnerschaften gekommen ist. Im Fazit werden die Ergebnisse kurz zusammengefasst, die Leitfrage beantwortet und ein Ausblick in eine mögliche Zukunft der Frauenerwerbstätigkeit und Familienmodelle gegeben.

2. Bildungsexpansion in Deutschland und ihre Folgen

2.1 Gründe für die Bildungsexpansion in Deutschland

Die Bildungsexpansion zu Beginn der 1960er Jahre kann als eine der bedeutendsten gesellschaftlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts betrachtet werden, deren Folgen bis heute nachwirken und ganze Generationen geprägt haben.

Es stellt sich dennoch die Frage, warum eine Bildungsreform in diesem Ausmaß von der Gesellschaft für notwendig gehalten worden ist. Was sind die Gründe für die Bildungsexpansion?

Dazu können sowohl gesamtgesellschaftliche und politische Entwicklungen und soziologische Theorien für die Klärung herangezogen werden.

Der sogenannte „Sputnik-Schock“ sorgte auf politischer Ebene für Aufsehen und neue Dynamiken für eine Bildungsreform. So wurde aus wirtschaftspolitischer Sicht befürchtet, dass die westlichen Industrienationen durch eine mangelnde Bildung und unzureichende Qualifikation ihrer Bevölkerung im Wettlauf um wirtschaftlichen und technischen Fortschritt, nicht mehr mit den Ostblockstaaten mithalten können.1. Die Durchdringung der Lebenswelt und anderer Lebensbereiche mit Technik und technischen Neuerungen führte zu einem höheren Bedarf an besseren Qualifikationen und eben diese sollten gesteuert und geplant werden können.2

Die Soziologen begründen ihre Forderung nach einer Bildungsreform in den 1960er Jahren in Deutschland von zwei verschiedenen Standpunkten. Während die Bildungsökonomen den Nutzen der Bildung für das Wirtschaftswachstum hervorheben (Bildung als Humankapital), konzentrieren sich die sozial-liberalen Bildungsforscher auf die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Bildung (Bildung als Bürgerrecht).3. Letzteres thematisiert vor allem die Bildungsungleichheiten zwischen den Sozialschichten, Geschlechtern und Regionen. Eine stabile und handlungsfähige Demokratie kann nur mit einer Gesellschaft aufgeklärter und mündiger BürgerInnen aufrechterhalten werden.4 Die ökonomische Sicht auf die Bildung erfolgt vor allem auf der Basis der Humankapitaltheorie, in der Bildung als Investition in die Zukunft erscheint und ein größeres Interesse an höheren Schulen entsteht, wenn gute Renditen aus der Bildungsinvestition zu erwarten sind. Die Erweiterung dieser These sieht Bildungszertifikate als Mittel der Selektion an, deren Erwerb, Vorteile auf dem Arbeitsmarkt bringen und der „positionale“ Wettbewerb für sich entschieden wird.5

2.2 Die Gestaltung der Bildungsexpansion

Ausgelöst durch die verschiedenen Gründe für die Bildungsexpansion, soll sie in erster Linie die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit zu höheren Bildungsabschlüssen geführt werden und Bildungsungleichheiten, die sich auf die Ungleichheiten unter den Sozialschichten, Geschlechtern und Regionen beziehen, aufgehoben werden.

Um diese Ziele umzusetzen, kam es zu einem enormen Ausbau des sekundären und tertiären Bildungsbereichs, der zu mehr mittleren und höheren Abschlüssen in der Bevölkerung führen sollte.6 Im sekundären Bereich wurden vor allem das Gymnasium und die höheren Sekundarschulen für alle Schichten und Geschlechter geöffnet, sodass auch immer mehr Menschen Zugang zum tertiären Bereich bekamen und eine Universität oder Fachhochschule besuchen und einen Abschluss erwerben konnten. Damit gingen auch eine Verlängerung der Pflichtschulzeit und eine längere Verweildauer im Bildungssystem einher.

2.3 Folgen der Bildungsexpansion

Die Folgen der Bildungsexpansion sind auf der einen Seite erwartbar gewesen, so ist beispielsweise eine allgemeine Höherqualifizierung der Bevölkerung eingetreten und die Schullaufbahn dauert für den Einzelnen länger. Andere Ziele, die von Theoretikern im Vorfeld der deutschen Bildungsexpansion eingefordert worden sind, wie die Demokratisierung, Pluralisierung und die Emanzipation der Bevölkerung sind heute zu großen Teilen auch empirisch nachweisbar.

Von einem Demokratisierungsdruck und einer zunehmenden Akzeptanz von ethnischen Minderheiten kann durch die Erhöhung des Qualifikationsniveaus ausgegangen werden, was aber empirisch schwer nachzuweisen ist. Wenn man Ulrich Becks These folgt, so geht ein erhöhtes Bildungsniveau immer auch einher mit einem größeren Maß an Selbstreflexion, Selbstfindung und Individualisierung, die wiederum zu einem neuen Pluralismus im Wertebereich und in den Lebensformen führt.7

Zum Bereich der erhöhten Individualisierung von Lebensstilen gehört ebenso der Monopolverlust der kleinbürgerlichen Familie, der eng mit einer späteren Heirat und Geburt und einer Zunahme von nichtehelichen Lebensgemeinschaften zusammenhängt. Eine weitere Folge der Bildungsexpansion ist eine formale Verringerung der sozialen Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. So ist es empirisch nachgewiesen, dass Mädchen mehr höherer Abschlüsse und zugleich bessere Abschlüsse im Vergleich zu den Jungen erlangen.8 Diese Tatsachen, die empirisch zu beweisen sind, führen zu der Frage, warum ein Großteil der Frauen nur in Teilzeit arbeitet und die Politik jahrelang über eine Frauenquote für Spitzenpositionen in den deutschen Unternehmen diskutiert hat. Wie stark haben sich die Ungleichheiten im Zuge der Bildungsexpansion für die Frauen wirklich verringert? Welche Rolle spielt das männliche Ernährermodell bei der Verfestigung von geschlechtsspezifischen Ungleichheiten?

2.4 Die Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Frauen

Als eines der großen Ziele der Bildungsexpansion kann der Abbau der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Bildungsbeteiligung gelten. Im Zuge der Bildungsexpansion ist zum einen der Sekundär- und zum anderen der Tertiärbereich für Mädchen immer weiter geöffnet worden. Dies lässt sich sehr deutlich in der Entwicklung der Abiturientenquote, der geschlechtsspezifischen Verteilung von Schulabschlüssen und anhand der Studienanfängerquote verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Abschlüsse der allgemeinen Hochschulreife im Schuljahr 2013/2014 Deutschland (eigene Darstellung, Quelle: Statistisches Bundesamt)9

Die aktuellsten Zahlen aus dem Schuljahr 2013/2014 bestätigen den Trend der letzten Jahrzehnte, dass immer mehr Mädchen den höchsten Schulabschluss erlangen und ihre Zahl, die der Jungen übersteigt. Wenn man die Gesamtzahl der Abiture betrachtet, so fällt auf, dass der Prozentsatz der Mädchen, die ein Abitur erreicht haben, die der Jungen um zehn Prozent überragt (55,1 % zu 44,9 %). Die Entwicklung der Abiturquoten in den letzten Jahren beweist einen klaren „Bildungsvorsprung“ der Mädchen, der sich auch auf Studienanfängerinnenquoten und Absolventen des Hochschulbereichs auswirken sollte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Abiturquoten auf den allgemeinbildenden Schulen von 1950 bis 2010 nach Geschlecht10

Die Erhöhung der Abiturientenquote und vor allem die der Mädchen ist als Folge der Bildungsexpansion in den 1960er Jahren zu deuten. Im Jahr 1965 machten beispielsweise 13 % der Jungen aber nur 6 % der Mädchen das Abitur. Im Jahr 1978 erreichten zum ersten Mal in der deutschen Bildungsgeschichte genauso viele Mädchen wie Jungen den höchsten Schulabschluss. Ab diesem Zeitpunkt waren die Mädchen beim Abitur kontinuierlich in der Überzahl. Dieser Trend kann als Folge der Bildungsexpansion gedeutet werden, da der komplette Sekundärbereich geöffnet wurde. Dies erklärt nicht nur die Erhöhung der Abiturquote bei den Mädchen, sondern die insgesamt größere Anzahl der allgemeinen Hochschulreife (1950: 8 %-> 2010: 60 %)

[...]


1 Vgl. Rolf Becker; Andreas Hadjar: Bildungsexpansion-erwartete und unerwartete Folgen, in: Becker, Rolf, Hadjar, Andreas (Hrsg.):Die Bildungsexpansion. Erwartete und unerwartete Folgen, Wiesbaden 2006,S.11-24,S.11.

2 Vgl. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung, Wiesbaden 2011,S.279.

3 Vgl. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschland. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung. Wiesbaden 2011, S.274)

4 Vgl. Rolf Becker; Andreas Hadjar: Bildungsexpansion-erwartete und unerwartete Folgen, in: Becker, Rolf, Hadjar, Andreas (Hrsg.):Die Bildungsexpansion. Erwartete und unerwartete Folgen, Wiesbaden 2006,S.11-24,S. 11.

5 Vgl. Becker; Hadjar Wiesbaden 2006,S. 13.

6 Vgl. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung, Wiesbaden 2011,S.274.

7 Vgl. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung, Wiesbaden 2011,S.280.

8 Vgl. Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung, Wiesbaden 2011,S.280.

9 Vgl. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2016( https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon?language=de&sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=21111-0014), zuletzt aufgerufen am 26.02.2016

10 Vgl. Marcel Helbig: Geschlecht und Bildungserfolg. Historische Perspektiven auf die „Krise der Jungen“, in: WZ Brief Bildung 23 (2013), S. 2.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frau durch die Bildungsexpansion. Veränderungen in Ausgestaltung und Akzeptanz von Familienmodellen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
22
Katalognummer
V460497
ISBN (eBook)
9783668907553
ISBN (Buch)
9783668907560
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bildungsbeteiligung, frau, bildungsexpansion, veränderungen, ausgestaltung, akzeptanz, familienmodellen
Arbeit zitieren
Laura Stöber (Autor:in), 2016, Die erhöhte Bildungsbeteiligung der Frau durch die Bildungsexpansion. Veränderungen in Ausgestaltung und Akzeptanz von Familienmodellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/460497

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