Lygdamis von Naxos


Hausarbeit, 2017

13 Seiten, Note: 1,7

Thalita Müller (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. QUELLENLAGE

2. ÜBER NAXOS

3. LYGDAMIS VON NAXOS
3.1 HERKUNFT
3.2 MACHTERGREIFUNG
3.3 MACHTSICHERUNG
3.4 FINANZIERUNG
3.5 KUNST UND KULTUR UNTER LYGDAMIS
3.6 AUSSENPOLITIK
3.7 ENTMACHTUNG

4. ZUSAMMENFASSUNG DER HERRSCHAFT DES LYGDAMIS VON NAXOS

5. LITERATURVERZEICHNIS
5.1 QUELLEN
5.2 LITERATUR

6. ANHANG
6.1 KARTENMATERIAL
6.2 BILDER VON DEN ERHALTENEN BAUTEN DES LYGDAMIS

1. QUELLENLAGE

Herodot berichtet in den ersten seiner insgesamt neun Bücher über einen gewissen Lygdamis von Naxos. Dieser war von 538 bis 525/524 v. Chr. der Alleinherrscher über die Kykladeninsel Naxos.

Der Historiograph erwähnt ihn vor allem im Zusammenhang mit den zwei wohl bekanntesten Tyrannen Kleinasiens zur archaischen Zeit: Peisistratos von Athen und Polykrates von Samos. Aus diesem Grund mag es dem Leser vielleicht so vorkommen, als ob Lygdamis nur eine Nebenrolle im Lauf der Geschichte spielen würde. Tatsächlich aber wäre wohl keiner der genannten Autokraten ohne die Hilfe des Lygdamis von Naxos zu ihrer einflussreichen und erinnerungs-würdigen Stellung gekommen.

Leider wird dem naxischen Tyrannen auch in der Literatur der modernen Wissenschaft oftmals nur eine nebensächliche Erwähnung gewidmet. Gründe dafür könnte die verschwindend geringe Zahl an Quellenmaterial sein, die mit Sicherheit auf Lygdamis zurückzuführen ist. An dieser Stelle soll aber auch ein Werk genannt werden, das sich sehr differenziert mit der historischen Person auseinander setzt und auch ihre politische Wirkung in der damaligen Zeit sowie dem von ihr hinterlassenen kulturellen Erbe behandelt: Die archaische Tyrannis, ein Werk von Loretana de Libero, das 1996 in Stuttgart erschien.

Im Folgenden soll die Persönlichkeit, das Aufsteigen und der Fall des Lygdamis von Naxos, sowie seine überlieferten Bemühungen, Kunst und Kultur zu mehren, als auch seine Außenpolitik näher ausgeführt werden. Die Anordnung der Überpunkte, als auch der Fließtextinhalte, erfolgt dazu - ausgenommen vereinzelter Rückblenden oder Vorausgriffe - rein chronologisch.

2. ÜBER NAXOS

Naxos bildet zusammen mit Delos, Andros, Mykonos und 21 weiteren bewohnten Inseln die Inselgruppe der Kykladen. Wie die meisten sich in der Ägäis liegenden und zu Griechenland gehörenden Inseln setzt auch Naxos heutzutage auf den Fremdenverkehr, wobei es früher vom Fischfang und der Landwirtschaft lebte.1 Zudem befindet sich Zas, der mit 1004m Höhe der höchste Berg der ohnehin bergigen Landschaft der Kykladen ist, auf dem 430km[2] großen Naxos.2

3. LYGDAMIS VON NAXOS

3.1 HERKUNFT

Viel ist über Lygdamis‘ Familie und frühe Jahre nicht überliefert. Fest steht aber, dass er sehr wohlhabend war und wird deshalb auch als Teil der Oligarchie oder als Oikosherr beschrieben.3 Dieses beträchtliche Vermögen, mit dem er später Peisistratos bei dessen Machtergreifung über Athen unterstützen sollte, nahm er vor seiner Stellung als Alleinherrscher über Naxos wahr-scheinlich aus den großen Grundbesitzen seiner Familie.4

3.2 MACHTERGREIFUNG

Lygdamis versuchte schon vor 546/545 mit einer aristokratischen Staseis hinter sich die Herrschaft über seine Heimatinsel zu erlangen. Diese Bemühung blieb aber erfolglos. Warum sie misslang ist jedoch nicht überliefert. Dem naxischem Oiskosherrn fehlte möglicherweise die Unterstützung der arbeitenden Bevölkerungsschichten, da er sich - anders als viele andere aufstrebende Tyrannen – nicht als Freund und Unterstützer der Bauern und Handwerker ausgab, sondern sich allein auf seine adligen Gefolgsleute verlies. Es ist anzunehmen, dass Lygdamis nach diesem Putschversuch für ein paar Jahre ins Exil verbannt wurde. Es wird vermutet, dass ihn viele seiner Anhänger folgten und auch in dieser Zeit weiterhin unterstützten.

Trotz seiner Verbannung war es Lygdamis auch in Eretria möglich, den Athener Peisistratos bei seinen dritten – und nun auch erfolgreichen – Versuch die Alleinherrschaft über die heutige Hauptstadt Griechenlands zu unterstützen.5 Seine Unterstützung war finanzieller Natur und äußerte sich vor allem in den von ihm gezahlten Söldnertruppen, wie der Vater der Geschichtsschreibung in seinem ersten Buch berichtet:

“Argeiische Söldner kamen aus der Peloponnes, und ein Freiwilliger aus Naxos namens Lygdamis brachte in größter Bereitwilligkeit Geld und Leute mit”6

Herodotus 1. 61. 1-4

Man geht davon aus, dass Lygdamis von Naxos den seit 546/545 über Athen herrschenden Usurpator Pesistratros mit eigennützigen Hintergedanken zu seiner Stellung verhalf. Tatsächlich überlies dieser dem Naxier seine Heimatinsel, nachdem er sie unterworfen hatte.7

3.3 MACHTSICHERUNG

Kurz nach seiner Installierung als Tyrann über Naxos durch Peisistratos, begann Lygdamis damit sich seine Herrschaft durch die Vertreibung der ihn feindlich gesinnten ansässigen Aristokraten und durch die Konfiszierung deren Besitztümer zu sichern. Dennoch ist die zurück gegangene Stiftungsbereitschaft der adligen Inselbevölkerung unter Lygdamis auffällig, was auf eine Ab-lehnung gegenüber dessen Herrschaft hinweist, obwohl der Tyrann den Adel nur wenig direkte Verbote auferlegte. Alleinig seine ständige Anwesenheit und Übermächtigkeit zerrte die übrige Oberschicht Naxos‘ aus.

Lygdamis stütze sich zudem auf eine Schar von Söldnern, die wohl schon allein durch ihre Präsenz innere Unruhen unterdrückt haben mögen.

Die Mehrung ihres Prestiges ist typisch für viele Tyrannen, und auch Lygdamis war bemüht durch Bauten8 und große, überschwängliche Feste seine Beliebtheit zu mehren und seinen Wohlstand zu zeigen.9

3.4 FINANZIERUNG

Wie der Autokrat sich die prunkvollen Feiern und eindrucksvolle Gebäude und vor allem sein Söldnerheer leisten konnte ist heute weitgehend unbekannt.

Die Autoren des vierten Jahrhunderts v. Chr. vertreten eine allgemeine Ablehnung der Tyrannis, weswegen in ihren Schriften in puncto Einnahmequellen der Tyrannengestalten fast aus-schließlich Worte wie Habgier, Verrat, List und Tücke fallen.

Die moderne Forschung geht davon aus, dass Lygdamis seinen Untertanen Naturalsteuern auferlegt hatte und zudem aus einer Silbermine auf Kuphonisia10 Kapital schlug. Auch die Grundstücke, auf die er schon sein gesamtes Leben hatte zurückgreifen können, dienten weiterhin zum Unterhalt seiner Machtausübung. Dass der Autokrat die Besitztümer der von ihm vertriebenen naxischen Aristokraten beschlagnahmte gilt als unumstritten; ob er aber tatsächlich die Unverfrorenheit besaß die teilweise unfertigen Weihgeschenke den sich im Exil befindenden Adligen zum Kauf anzubieten, da er sie anderweitig ansonsten nicht veräußern konnte, wie uns durch die Über-lieferungen des vierten vorchristlichen Jahrhundert überliefert ist, ist unklar.11

3.5 KUNST UND KULTUR UNTER LYGDAMIS

Mit totaler Sicherheit kann heute keines der folgenden architektonischen Bautätigkeiten auf Lygdamis zurückgeführt werden. Man bringt sie mit den naxischen Tyrannen in Verbindung, weil man davon ausgeht, dass nur solche große Persönlichkeiten über die Mittel und den Einfluss verfügten um derart mächtige und eindrucksvolle Bauten errichten zu lassen.

Das noch am besten erhaltene Bauvorhaben, das mit seinem Baubeginn im späten sechsten Jahrhundert v. Chr. in die Regierungszeit des Usurpator fallen könnte, ist der Apollon-Tempel von Palati. Der Tempel wurde auf bereits dem Apollon geweihten Boden errichtet, an dessen Stelle sich schon vorher ein anderes Heiligtum befunden hatte. Der Tempelbau wurde jedoch niemals zu Ende geführt. Keine der nachtyrannischen machthabenden politischen Gruppen, seien sie aristo-kratischer oder demokratischer Herkunft, zeigten Bemühungen das Apollon-Heiligtum weiterzubauen. Bis zum heutigen Tage ist von dieser Baustelle nur das Tor zur Cella des Tempels verblieben.12

Auch in Sangri haben sich die Überreste eines Tempelbaus erhalten13. Dieser Bau wurde um 530 bis 520 v. Chr. begonnen, und – genauso wie der Apollon-Tempel in Palati – nie vollendet. Nicht geklärt ist die Frage welcher Gottheit der Sakralbau gewidmet werden sollte, wobei der Standort und die Weihgeschenke des Tempels auf einem Berg entweder auf ein weiteres Apollon-Heiligtum oder eine Anbetungsstätte der Demeter schließen lassen.

Zuletzt ist der Kopfquader von Kaminaka zu erwähnen, der nördlich der Stadt Naxos gefunden wurde und alterstechnisch ebenfalls dem Autokrat der Insel zugeschrieben werden kann. Es wird überlegt, ob es sich hierbei um einen Altar gehandelt haben könnte.14 15

Eine besondere Verehrung der sogenannten „aristokratischen“ Gottheiten, wie beispielsweise Apollon, Artemis, Dionisos und Demeter, durch Lygdamis von Naxos ist aufgrund der Persönlichkeit und seines Verhaltens gegenüber der bäuerlichen Bevölkerung seiner Insel anzunehmen.

Vergleichbar mit anderen Tyrannengestalten seiner Zeit war wahrscheinlich auch Lygdamis sehr um die Pflege der Kultur in seinem Herrschaftsgebiet bemüht. Dies wird besonders auf der Nachbarinsel Delos sichtbar, denn dort finden sich vergleichsweise viele Überreste von naxischen Bauunternehmen aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert, die den Wohlstand der Bewohner Naxos‘ repräsentieren sollten. Die Bauten auf Delos bilden einen starken Gegensatz zu der Zurückhaltung des einheimischen Adels unter Lygdamis Autokratie in Bezug auf die Stiftungs-tätigkeit.16 17

3.6 AUSSENPOLITIK

Der Tyrann von Naxos pflegte auch noch nach seiner Installierung über seine Heimatinsel weiterhin freundschaftliche Beziehungen zu seinen Verbündeten Peisistratos von Athen, was angesichts der Gegenseitigen Unterstützung beider Männer bei ihrer Machtergreifung18 nicht verwunderlich ist. Peisistratos‘ Vertrauen in Lygdamis wird insbesondere an der Tatsache erkennbar, dass er seine Geiseln, die Söhne aufständischer athenischer Adelsfamilien waren, auf Naxos unter Lygdamis‘ Verwahrung gab.19 Es ist anzunehmen, dass ebendiese Leibbürgen bis zum seinem Sturz 525/524 v. Chr. in naxischer Gewalt blieben.20

Peisistratos von Athen blieb nicht der einzige aufstrebende Autokrat, der sich das bemerkliche Vermögen des Lygdamis zunutze machen konnte; während seiner Herrschaftszeit half der Naxier durch Entleihung einiger Söldner21 den Geschwistern Polykrates, Pantagnotos und Syloson, von denen schon bald nur noch Polykrates regieren sollte, bei deren Machtübernahme über Samos.22 Der nun alleinige Herrscher über Samos hielt mit Lygdamis von Naxos, im Gegensatz zu den meisten anderen Machthabern seiner Zeit, ein freundlich gesinntes Verhältnis aufrecht.23

Das Verhältnis zwischen Lygdamis von Naxos und seinen auswärtigen Beziehungen, vor allem die nach Athen und Samos24, lassen sich wohl am besten durch die Maxime „aristokratische(…) Inter-nationalität archaischer Zeit“25 charakterisieren.

Es besteht kein Anlass zur Annahme, dass zwischen diesen drei Alleinherrschern eine Art Hierarchie bestand, die aus deren Hilfestellungen bei der Gewinnung der Macht in der Heimat des jeweils anderen resultieren könnte. Vielmehr bauten diese Verbindungen auf gegenseitige Akzeptanz der Autonomie der anderen Tyrannen und deren Vertrauen zu einander26, das zwischen Lygdamis und Polykrates so tief wurzelte, dass der naxische Oikosherr sogar seine eigene Entmachtung in Kauf nahm. Eine Freundschaft zwischen Peisistratos und Polykrates gilt allerdings als unwahrscheinlich.27

[...]


1 Vgl. K. Bötig, Griechische Inseln – Ägäis. Reiseführer mit Insider-Tips (Hachette, 19943), S.27.

2 Vgl. http://www.aegeanislands.gr/de/islands-aigaio/geographic-information/info-aigaio.html, zuletzt aufgerufen am 11.03.2017.

3 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 236.

4 Vgl. Ibid, S. 238.

5 Vgl. Ibid, S. 237.

6 Hdt., Historien. Erster Band Bücher I-V (Düsseldorf 20067), S. 55ff.

7 Vgl. M. Dillon, L. Garland, Ancient Greece, social and historical documents from archaic times to the death of Socrates (c. 800 - 399 BC), (London 20002), S. 110.

8 Mehr zu Bauten unter Lygdamis‘ Herrschaft unter dem Punkt „3.5 Kunst und Kultur unter Lygdamis“.

9 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), 238ff.

10 Eine Karte, die die Entfernung der Inseln zeigen soll, befindet sich im Anhang unter „5.1 Kartenmaterial“, Abb. 1.

11 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), 238f.

12 Bilder von der Cellatür des Apollon-Tempel von Palati befinden sich im Anhang unter „5.2 Bilder von den erhaltenen bauten des Lygdamis“, Abb. 2-3.

13 Ein Bild des Tempels von Sangri befindet sich im Anhang unter „5.2 Bilder von den erhaltenen Bauten des Lygdamis“, Abb. 1.

14 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 241f.

15 Eine Karte, die die Lage des Apollon-Tempels von Palati, den Tempel von Sangri und der ungefähren Ausgrabungsstätte des Kopfquaders von Kaminaka veranschaulichen soll, befindet sich im Anhang unter „5.1 Kartenmaterial“, Abb. 2.

16 Vgl. dazu „3.3 Machtsicherung“.

17 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 242f.

18 Vgl. dazu „2.3 Machtergreifung“.

19 Vgl. Hdt., Historien. Erster Band Bücher I-V (Düsseldorf 20067), S. 59.

20 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 239.

21 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 277.

22 Vgl. H. Bengton, Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis in die Römische Kaiserzeit (München 200910), S. 115.

23 Vgl. E. Stein-Hölkeskamp, Polykrates, in: K. Brodersen (Hg.), Große Gestalten der griechischen Antike. 58 historische Portraits von Homer bis Kleopatra (München 1999), S. 110.

24 Eine Karte, die die Lagen von Athen, Naxos und Samos veranschaulichen soll, befindet sich im Anhang unter „5.1 Kartenmaterial“, Abb. 3.

25 L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 237.

26 Vgl. L. de Libero, Die archaische Tyrannis (Stuttgart 1996), S. 237.

27 Vgl. D. M. Leahy, The Spartanian Embassy to Lygdamis: JHS (1957), S. 274.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Lygdamis von Naxos
Hochschule
Universität Passau
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
13
Katalognummer
V460009
ISBN (eBook)
9783668904217
ISBN (Buch)
9783668904224
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lygdamis von Naxos, Tyrann, griechische Tyrannis
Arbeit zitieren
Thalita Müller (Autor:in), 2017, Lygdamis von Naxos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/460009

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