Der Soldat als Philosoph. Zur Ikonographie und Mentalitätsgeschichte ritterlicher Philosophensarkophage im Zeitalter der Soldatenkaiser


Hausarbeit, 2015

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.1 Einleitung
1.2 Quellenlage
1.3 Forschungsstand

2.1 Die ikonographischen Besonderheiten der ritterlichen Philosophensarkophage
2.2 Der sog. Plotinsarkophag
2.3 Der sog. Musen-Philosophen-Sarkophag Torlonia
2.4 Die Riefelsarkophage
2.5 Die Inschriften

3. Der Soldat als Philosoph? Überlegungen zur Mentalitätsgeschichte der ritterlichen Philosophensarkophage des 3. Jhs

4. Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

Primärquellen:

Literatur:

Abbildungsverzeichnis

Tafelteil

1.1 Einleitung

Die Zeit der sog. „Reichskrise des 3. Jhs“1 stellte das Imperium Romanum vor enorme Krisen in der Außen- und Innenpolitik. Während sich die Kämpfe mit den germanischen Stämmen im Norden intensivierten (Taf. 1.2) und sich im Osten des Reiches nach den Parthern eine neue Gefahr durch den Aufstieg des Sassanidenreiches manifestierte, gelang es den römischen Rittern, den Equites, in immer machtvollere politische Positionen durch ihren Dienst im Heer aufzusteigen. Die Förderung des Militärs, als Antwort auf die Krise, machte die Soldaten schließlich zu der einflussreichsten politischen Klasse. Der Kaiser selbst war nun oftmals soldatischer Herkunft und seine Machtbasis war das Heer2, wenngleich es keinem Soldatenkaiser, abgesehen von Gallienus3, gelungen ist, seine Herrschaft über einen längeren Zeitraum zu konsolidieren. In dieser turbulenten Zeit entstanden jedoch auch zahlreiche handwerklich aufwendige Sarkophage4 mit Darstellungen römischer Ritter im philosophischen Habitus. In dieser Arbeit soll daher der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich der höhergestellte römische Soldat5 des 3. Jhs. mit der Philosophie identifizieren konnte, aus welchen Gründen er sich das Motiv des Philosophen6 zur Selbstrepräsentation für die Ewigkeit erwählte und wie sich antike Philosophie und Soldatentum verbinden lassen. Dazu folgt dieser Einleitung, nach Diskussion der Quellenlage und des Forschungsstandes, zunächst eine archäologische Untersuchung ausgewählter Philosophensarkophage des 3. Jhs. und eine Analyse ihrer wichtigsten ikonographischen Merkmale, sowie wichtiger Inschriften. Im darauffolgenden Teil soll dann dezidiert der mentalitätsgeschichtlichen Fragen nachgegangen und nach der Verbindung zwischen Philosophie und Heer gesucht werden. Die Ergebnisse der Arbeit werden abschließend in einem Fazit gesammelt. Abrunden wird die Arbeit ein Verzeichnis der Quellen und Literatur, sowie der Abbildungen und zuletzt ein Tafelteil.

1.2 Quellenlage

Glücklicherweise sind bis zur heutigen Zeit 12000 bis 150007 römische Sarkophage erhalten geblieben, von denen um die 240 Darstellungen von Philosophen und Intellektuellen aufweisen8. Für mentalitätsgeschichtliche Fragen und die Identifizierung der ursprünglichen Grabinhaber sind insbesondere die Inschriften der Sarkophage von Bedeutung. Ansonsten gestaltet sich die Quellenlage für das 3. Jh. schwierig. Das Geschichtswerk des Senators Cassius Dio endet bereits in severischer Zeit. Danach ist von keinem Zeitgenossen der Soldatenkaiser mehr ein umfassendes historiographisches Werk tradiert worden9. Erst die spätantiken Breviarien10 beschreiben die Zeit der Reichskrise und der Soldatenkaiser genauer, wenn auch in wertender und verkürzter Weise. Die etwas ausführlichere Historia Augusta eines anonymen Verfassers ist grundsätzlich problematisch und reich an sachlichen Fehlern11.

1.3 Forschungsstand

In dem großen Corpus der „Antiken Sarkophagreliefs“ sind bereits 1966 einige Philosophensarkophage im Rahmen des fünften Bandes zu den Musensarkophagen von Max Wegner wissenschaftlich bearbeitet worden. Der geplante Band zu den Philosophensarkophagen ist bisher jedoch noch nicht erschienen. Kürzere Erwähnung fanden die Philosophensarkophage dann 1982 im Handbuch von Koch und Sichtermann. Björn Christian Ewalds „Der Philosoph als Leitbild. Ikonographische Untersuchungen an römischen Sarkophagreliefs“ von 1999 stellt die bis heute wichtigste Studie zum Thema dar. Auch die vorliegende Arbeit verfolgt den kulturhistorischen Ansatz von Ewald, der seinerseits auf Paul Zanker zurückgeht12. Obschon es zahlreiche Studien zur Bedeutung der Philosophie und ihrer Vertreter in der späteren römischen Kaiserzeit gibt, ist dem Verfasser kein Werk bekannt, in dem dezidiert der möglichen Verbindung zwischen dem gehobenen Soldatentum und der Philosophie nachgegangen wird13. Zuletzt gilt es festzustellen, daß stadtrömische Sarkophage bisher am meisten Beachtung gefunden haben und den Sarkophagen der Provinzen generell weniger Interesse entgegengebracht worden ist14. Das spiegelt auch die vorliegende Arbeit insofern wieder, als hier ebenfalls keine ritterlichen Philosophensarkophage provinzieller Provenienz beachtet werden sollen.

2.1 Die ikonographischen Besonderheiten der ritterlichen Philosophensarkophage

Grundsätzlich ähneln Philosophensarkophage, die Rittern zugewiesen werden können, den Sarkophagen mit Darstelllungen von Intellektuellen anderer Auftraggeber stark. Die Darstellung von Philosophen auf römischen Sarkophagreliefs folgt nämlich zumeist dem Topos des „Intellektuellen“ und zeigt den Denker daher undifferenziert15. Der Philosoph trägt oftmals ein Pallium16. Allerdings trägt der im philosophischen Habitus dargestellte Verstorbene bisweilen auch eine Toga, die seine bürgerlichen Qualitäten betont17. Oftmals hält der Intellektuelle eine Buchrolle, die zur Lektüre ausgebreitet oder noch geschlossen sein kann. In einigen Fällen befindet sich zu seinen Füßen ein Scrinium, dabei handelt es sich um eine Schachtel für Buchrollen. Die somit implizierte Menge der Bücher des Philosophen betonen wohl seine umfassende Bildung. Bei Philosophendarstellungen ohne Buchrollen und Scrinia führt der Weise oftmals einen Redegestus aus (Taf. 6.1). Der Intellektuelle kann entweder stehend oder sitzend gezeigt werden. Ist letzteres der Fall, sitzt er oftmals auf einem Hocker, dem Diphros (Taf. 4) oder einer Kathedra (Taf. 6.1). Die stereotype Darstellungspraxis erlaubt zumeist keine sichere Benennung römischer Ritter. Allein das Schuhwerk kennzeichnet eine mögliche Zugehörigkeit der dargestellten Personen zum Ritterstand. Der Calceus Equester, der von römischen Rittern und freien Bürgern gleichermaßen getragen wurde ist hierbei ein visuelles Mittel sozialer Distinktion18. Als Hintergrund werden oftmals Vorhänge, Parapetasmata, verwendet.

2.2 Der sog. Plotinsarkophag

Die wieder zusammengefügten Fragmente der Vorderseite eines römischen Philosophensarkophages, die sich heute im Museo Gregoriano Profano befinden und die Inventarnummer 9504 tragen, sind erstmals von Gerhart Rodenwaldt 1922 als Plotinsarkophag bezeichnet worden19. In der Mitte des Reliefs (Taf. 2.1) ist ein auf einer Kathedra sitzender Mann zu erkennen. Er trägt Toga und Calcei Equestres, womit eine Identifikation mit dem Ordo Equester möglich wird20. Seine Hände halten eine ausgebreitete Buchrolle, die sein nach rechts gewandter Blick jedoch nicht trifft. Zu seinen Füßen befinden sich ein Rollenbündel und Scrinium. Um den Togatus herum stehen fünf weitere Personen, von denen ihm die drei in seiner unmittelbaren Nähe zugewandt sind. Es handelt sich um zwei Frauen mit Portraitzügen, deren Haupt nach Art der Matronen verhüllt ist und einen Philosophen im Hintergrund. Die Frau links der Kathedra ist im Typus der Muse Kalliope, die rechte Frau nach Art der Polyhymnia, dargestellt. Die Philosophen (Taf. 2.2) sind möglicherweise verschiedenen Richtungen der Philosophie zuzuordnen. Ganz links befindet sich ein Weiser, dessen hohe Stirn, Barttracht, sowie Tragen des Palliums ohne Untergewand, ihm dem Sokrates ähnlich machen. In der linken Hand hält er eine Schriftrolle. Rechts von ihm, zwischen der Frau im Kalliope Typus und dem sitzenden Intellektuellen, ist ein weiterer Philosoph mit stärkerer Kopfbehaarung im Pallium zu erkennen. Ganz rechts ist ein weiterer Philosoph mit kurzer Haar- und Barttracht in einem langen Untergewand, der ebenfalls eine Schriftrolle in der Linken hält und mit der Rechten seine Gewandbahn greift. Am äußeren rechten Rand ist noch die Hälfte einer Sonnenuhr zu erkennen. Im Hintergrund ist ein Parapetasma gespannt. Obschon das soweit rekonstruierte Fragment bereits eine Länge von 2,20 Metern aufweist, fehlen noch jeweils eine weitere Figur links und rechts21. Obschon von Plotin, gegen dessen ausdrücklichen Wunsch, ein Portrait angefertigt worden ist22, kann dieses nicht mit dem Gesicht des Togatus identifiziert werden. Tatsächlich ähnelt die Haartracht des Mannes sogar der des Kaisers Gallienus, weshalb auch der Versuch unternommen wurde, den Kaiser selbst, umringt von der Gattin Cornelia Salonina und einer weiteren Familienangehörigen, auf dem Sarkophag zu erkennen23. Sicher ist jedenfalls, daß der Auftraggeber des Sarkophages über enorme finanzielle Mittel verfügt haben und somit der Oberschicht zugehörig gewesen sein muß. Damit ist die Deutung des sitzenden Intellektuellen als hochrangigen Soldaten des Ritterstandes, in Anbetracht des historischen Hintergrundes, wahrscheinlich24. Die weiblichen Portraitfiguren können hierbei ebenfalls als Familienangehörige des Verstorbenen gedeutet werden25. Selbst ohne direkte Darstellung Plotins kann der Sarkophag jedoch, zumindest indirekt, mit dem Neuplatoniker in Verbindung gebracht werden. Der Einfluss Plotins auf die römischen Eliten, zu denen ebenfalls die Ritter in hohen militärischen Positionen zählten, wird beachtlich gewesen sein, was sich z.B. an dem Interesse des Kaiserhauses an Plotin und seiner Philosophie zeigt26.

2.3 Der sog. Musen-Philosophen-Sarkophag Torlonia

Der Deckel des Musen-Philosophen-Sarkophages Torlonia27 (Taf. 3.1) bezeichnet, dank einer erhaltenen Inschrift in der Tabula, den ehemaligen Grabinhaber als den Ritter Lucius Pullius Peregrinus28. Es ist offenbar sein Portrait, das der sitzende Palliatus, der eine zur Lektüre ausgebreitete Buchrolle in den Händen hält und in der Mitte der Vorderseite des Reliefs des Sarkophagkastens sitzt, trägt. Die ihm zugewandte Frau weiter links, die eine Palla trägt und im Typus der Muse Polyhymnia erscheint, wird vermutlich die Ehefrau des Ritters gewesen sein. Sie hält eine Schriftrolle in der linken Hand. Der Kopf der Frau ist noch in Bosse29. Umringt wird das Paar von 14 weiteren Figuren. Die acht weiblichen Figuren, die sich im Hintergrund halten, sind hierbei als Musen erkennbar30. Die Sechs männlichen Personen im Vordergrund stellen kaum individualisierte Philosophen dar31, die nur schwer unterschiedlichen Schulen zugewiesen werden können32. Der ganz links sitzende Philosoph hält einen Knotenstab und trägt das Pallium ohne Untergewand, womit er durchaus die Attribute der Kyniker aufweist (Taf. 4). Er wirkt jedoch, so wie die anderen Philosophen auf dem Sarkophag, ordentlicher, als es die literarische Überlieferung für Kyniker vermuten ließe33. Die Darstellung von geschönten kynischen Philosophen mag hierbei für die Abwandlung und Adaption der extremen Lebensweisheiten des Kynismus durch eine eher bürgerliche Klientel stehen34. Bemerkenswert an diesem Sarkophag ist jedenfalls insbesondere, daß der Verstorbene hier als der siebte Weise35, seine Ehefrau als die neunte Muse, dargestellt wird. Die Nebenseiten des Sarkophages (Taf. 3.2) zeigen jeweils drei Satyrn beim Stampfen von Weintrauben; ein sicherlich dionysisches Thema.

2.4 Die Riefelsarkophage

Die Riefelsarkophage mit Philosophendarstellungen lassen sich zumeist weder mithilfe der Ikonographie noch anhand von Inschriften der Ritterschaft zuweisen36. Dennoch erscheint die Behandlung dieser Sarkophage im Rahmen dieser Arbeit insofern sinnvoll, als sie höchstwahrscheinlich vielfache Verwendung durch Equites erfahren haben. Die handwerklich eher einfachen Riefelsarkophage machen nämlich einen Großteil der erhaltenen Philosophensarkophage aus37. Ihre Mitte ziert oftmals ein Clipeus, worin sich entweder das einzelne Portrait eines Verstorbenen (Taf. 5.1) oder ein Doppelportrait von gemeinsam bestatteten Eheleuten (Taf. 5.3) befindet. Das Motiv des Philosophen wird insbesondere bei den Riefelsarkophagen auch mit anderen, zumeist bukolischen, Themen verbunden, wodurch der Eindruck einer übergreifenden Vita Felix Konzeption geweckt wird38. Exemplarisch soll an dieser Stelle ein Riefelsarkophag des 3. Jhs. (Taf. 5.2) genauer untersucht werden. Die Vorderseite des Sarkophages weist insgesamt drei Relieffelder mit Figuren auf, die von zwei Riefelfeldern getrennt werden. Ganz links steht eine Frau in Palla mit Portraitkopf und Buchrolle in der linken Hand vor Parapetasma. Ganz rechts ein Palliatus mit Buchrolle in der rechten Hand, ebenfalls vor Parapetasma. In der Mitte steht ein Togatus mit Portraitkopf und Buchrolle in der linken Hand in einer Ädikula mit Tritonen in den Zwickeln; eine Verknüpfung mit dem Themenbereich der Meerwesen. Zu seinen Füßen steht ein Scrinium39. Die Riefelsarkophage wurden zumeist von den Werkstätten vorgefertigt und stellen somit keine Auftragsarbeiten dar. Allein der Portraitkopf wurde in Bosse gelassen, um später dann, zumindest idealiter, an das Gesicht des Käufers angeglichen zu werden40.

[...]


1 Es ist bei dem Begriff der Reichskrise zu differenzieren. Im 3. Jh. gab es durchaus temporär prosperierende Regionen, weshalb lokal oft nicht von Krise gesprochen werden kann. Vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen über Ritter in Heer und Gesellschaft insgesamt Alföldy 2011, 218-272.

2 Diese Herrscher werden deshalb als Soldatenkaiser bezeichnet. Vgl. Alföldy 2011, 224.

3 Die Herrschaft des Gallienus erstreckte sich über einen Zeitraum von acht Jahren, womit dieser ein Unikum unter den Soldatenkaisern darstellt. Vgl. Alföldy 2011, 219.

4 Im Rahmen dieser Arbeit werden die Sarkophage mit Darstellungen von Menschen im Habitus von Intellektuellen hauptsächlich als Philosophensarkophage bezeichnet werden. Grundsätzlich kann jedoch zumeist nicht sinnvoll zwischen Philosophen- und Musensarkophagen differenziert werden, da die Motive des Intellektuellen und seiner Muse einander komplementieren und oftmals auf denselben Sarkophagen direkt nebeneinander stehen. Richtig ist es deshalb von Musen-Philosophen-Sarkophagen zu sprechen, wie Ewald 1999, 18 gut erkannt hat. Die bewusste Bevorzugung der Bezeichnung Philosophensarkophage in dieser Arbeit ist allein der Kürze des Wortes geschuldet.

5 Die erfolgreichen Equites verfolgten Offizierslaufbahnen. Der andere Teil des Ordo Equester, d.h. der Ritterschaft, der keiner militärischen Karriere nachging lebte wohl bisweilen friedlicher, prosperierte jedoch nicht. Die sozialen Aufstiegschancen durch den Dienst im römischen Heer waren im 3. Jh. sehr hoch. Durch die Erhöhungen des Soldes und zahlreiche Donative waren Ritter im Militär zudem finanziell vermögend. Vgl. zum Ritterstand im 3. Jh. Alföldy 2011, 233-235.

6 Der Philosoph bzw. Intellektuelle wurde hierbei durchaus stereotyp aufgefasst und dargestellt, wie noch genauer zu zeigen sein wird. Ausgehend von Ewalds Terminologie werden die Begriffe Philosoph und Intellektueller auch in dieser Arbeit synonyme Verwendung finden. Zur Terminologie vgl. Ewald 1999, 17.

7 So bei Ewald 1999, 9 nach Zahlen von Koch.

8 Damit waren Philosophen und Intellektuelle offenbar beliebter als andere zeitgenössische Sarkophagmotive. Allein Jahreszeiten und bukolische Themen sind häufiger anzutreffen. Philosophen- und Jagdsarkophage sind von ungefähr gleicher Häufigkeit. Vgl. Ewald 1999, 9.

9 Eine kleinere Ausnahme stellt die Vita Plotini dar, die Porphyrios den Werken seines Lehrmeisters Plotin einleitend vorangestellt hat. Dabei handelt es sich jedoch hauptsächlich um eine Biographie, in der historische Sachverhalte der Lebensbeschreibung des Philosophen Plotin untergeordnet sind.

10 Wie beispielsweise die Kaisergeschichte von Aurelius Victor.

11 Vgl. zu den literarischen Quellen Handy 2009, 20-33.

12 Vgl. Ewald 1999, 27f.

13 Jedoch hat Johannes Hahn 1989 die Philosophen in der römischen Gesellschaft verortet und deren Beziehungen zum Kaiser und zu den Senatoren erläutert. Deren Beziehung zu den Rittern und dem Militär ging er jedoch nicht nach. Vgl. Hahn 1989 passim. Das mag insbesondere dem Urteil der senatorischen Geschichtsschreibung geschuldet sein, wonach die Soldatenkaiser und das Heer über keine große Bildung verfügt hätten. Oftmals lag es freilich im Interesse der Senatoren, die sozial immer höher geschätzten Equites zu diskreditieren. Cassius Dio z.B. war ein erklärter Gegner derselben. Vgl. Handy 2009, 22-24.

14 Vgl. dazu und zum Forschungsstand bis 1982 allgemein Koch – Sichtermann 1982, 6-20.

15 Vgl. Ewald 1999, 81-83. Allein Sokrates und der Kyniker Diogenes sind anhand einer abweichenden Darstellungspraxis individuell benennbar. Vgl. Ewald 1999, 84-91. Bei Sokrates sind es der Bart und die hohe Stirn, die für ihn auch aus der Portraitkunst bekannt sind. Diogenes wird bisweilen in seinem Pithos gezeigt. Er hält einen Knotenstab und zu seinen Füßen befindet sich ein Ranzen, womit auf den Aspekt der Wanderschaft und Reise kynischer Philosophen hingewiesen wird. Vgl. Ewald 1999, 98. Der Hund in der Nähe des Philosophen ist zudem als kynisches Attribut aufzufassen. Griechisch κύων, kyon, ist der Ursprung von Kynismus. Vgl. Ewald 1999, 84. Schließlich waren die Kyniker für ihre, als hündisch verachtete, Skepsis gegenüber geltenden gesellschaftlichen Normen und ihr Streben nach Bedürfnislosigkeit bekannt.

16 Das Pallium, sowie das weibliche Gegenstück, die Palla, gehen auf das identische griechische Himation zurück. Im Verlauf der römischen Kaiserzeit durchlebte das Kleidungsstück einen Wandel zum ubiquitären Gelehrtenattribut. So bezeugt Tertullian die Verwendung des Palliums an der Schwelle zum 3. Jh. durch zahlreiche Berufsklassen. Vgl. Tert. Pal. 6,2: „De meo vestiuntur et primus informator litterarum et primus enodator vocis et primus numerorum harenarius et grammaticus et rhetor et sophista et medicus et poeta et qui musicam pulsat et qui stellarem coniectat et qui volaticam spectat. Omnis liberalitas studiorum quattuor meis angulis tegitur“ Übersetzung des Verfassers: „[sc. Das Pallium spricht:] Von mir werden bekleidet: Der erste Unterrichter der Buchstaben, der erste Erklärer der Stimme, der erste Rechenmeister, der Grammatiker, der Redner, der Sophist, der Arzt, der Dichter, der, der Musik stampft, der, der die Sterne deutet und der, der den fliegenden [sc. Vogel] beschaut. Jede freisinnige Denk- und Handlungsart der wissenschaftlichen Beschäftigungen wird durch meine 4 Ecken bedeckt.“ Vgl. zum Pallium und seiner Bedeutung in der römischen Kaiserzeit Ewald 1999, 13-17.

17 Die Toga war den Römern Ausdruck des Bürgerstolzes, wie Verg. Aen. 1, 279-282 bezeugt: „[...]Iuno [...] fovebit Romanos, rerum dominos, gentemque togatam“ Übersetzung des Verfassers: „[...] Iuno [...] wird die Römer, Herren der Dinge und das togatragende Geschlecht fördern“.

18 Vgl. Diokletians Höchstpreisedikt 9, 7-9: „calcei patricii - centum quinquaginta; calicae senatorum – centum; calicae equestres – septuaginta“ Übersetzung des Verfassers: „Patrizische Stiefel – 150 [sc. Rechnungsdenare]; Stiefel der Senatoren – 100 [sc. Rechnungsdenare]; Ritterstiefel – 70 [Rechnungsdenare].“ Goette 1988, 464 definiert die, nach sozialem Stand unterschiedenen, Schuhe so: „ Der calceus patricius läßt sich also als ein geschlossener Schaftstiefel mit doppelter Knotung und vier corrigiae, der calceus senatorius als ein Schuh mit einfacher Riemenknotung (zwei corrigiae) und der calceus equester, der den Rittern und allen freien römischen Bürgern zukam, als ein gameschenähnlicher Stiefel ohne Riemen im Denkmälerbestand erkennen.“.

19 Die Deutung der sitzenden Person im philosophischen Habitus als Plotin bleibt jedoch letztlich unbeweisbar. Vgl. Ousager 2004, 287f. Zum Sarkophag insgesamt vgl. Ewald 1999, 167-169.

20 Vgl. Ewald 1999, 117.

21 Vermutlich weitere Musen. Vgl. Ewald 1999, 167-168 und Wegner 1966, 47.

22 Vgl. Porph. vit. Plot. 1: „ [...]Es soll also nicht genug daran sein das Abbild zu tragen, mit dem die Natur uns umkleidet hat, nein, du forderst ich [sc. Plotin] soll freiwillig zugeben, daß ein Abbild des Abbildes von mir nachbleibe, ein dauerhafteres, als sei dies Abbild etwas Sehenswertes! So sagte er ab und weigerte sich einem Künstler zu sitzen; aber Amelius hatte Carterius zum Freunde, den derzeit besten Maler, und den brachte er mit in die Vorlesungen und ließ ihn so mit dem Meister zusammentreffen (denn es stand jedem frei, der Lust hatte in die Vorlesungen zu kommen); durch langanhaltendes Aufmerken gewöhnte er ihn daran den Seheindruck immer eindringlicher zu erfassen; so konnte er dann nach der in seinem Gedächtnis niedergelegten Vorstellung ein Bild malen, und indem dann Amelius half die Ähnlichkeit der Züge zu verbessern, entstand dank der Begabung des Carterius ein Porträt des Plotinos, ohne dessen Wissen, das sehr ähnlich war.“.

23 Diese These ist jedoch ebenfalls nicht zu beweisen. Vgl. Ousager 2004, 307f.

24 Vgl. Ewald 1999, 169. Die Schuhe sprechen jedenfalls gegen eine Zugehörigkeit zum Senatorenstand.

25 So auch bei Ewald 1999, 94.

26 Porph. vit. Plot. 12: „Insbesondere aber zeichneten der Kaiser Gallienus und seine Gemahlin Cornelia Salonina den Plotinos aus und hingen ihm an [...]“. Ousager geht von einer Blüte philosophischer Themen auf römischen Sarkophagreliefs wegen Plotins Tätigkeit in Rom von 244 bis 270 n. Chr. aus. Vgl. Ousager 2004, 286. Ewald 1999, 119 hält den Einfluss Plotins jedoch für deutlich geringer.

27 Ausführlich beschrieben bei Wegner 1966, 53-55.

28 Zu dieser Inschrift vgl. den Abschnitt 2.5 dieser Arbeit.

29 Möglicherweise verstarb L. Pullius Peregrinus vor seiner Ehefrau, deren Portrait später noch ausgeführt werden sollte, wozu es jedoch nicht gekommen ist. Vgl. Wegner 1966, 53. Eine andere Deutung, wonach der Sarkophag zwar für ein Ehepaar konzipiert wurde, L. Pullius ihn jedoch bewusst für eine Einzelbestattung nutzte, schlägt Fittschen 1972, 493 vor.

30 Zu deren Benennung im Einzelnen vgl. Wegner 1966, 54.

31 So bemerkte Wegner 1966, 54 treffend: „Sind schon die Weisen nach ihren Gebärden und Attributen nicht sonderlich charakteristisch voneinander unterschieden, so gleichen sich ihre Köpfe mit dem etwas wirren Haupthaar und den wallenden Bärten so sehr, daß alle sechs Brüder sein könnten.“.

32 Vgl. Ewald 1999, 98, der sie mit Kynikern identifiziert.

33 Vgl. Ewald 1999, 105.

34 Vgl. Ewald 199, 106f.

35 Womit jedoch nicht direkt auf die Sophisten verweist werden soll. Vielmehr wurden Philosophen verschiedenster Art zu Siebenergruppen zusammengestellt. Vgl. Ewald 1999, 95-108.

36 Das gilt zumindest für einige Duzend Riefelsarkophage, die dem Verfasser bekannt sind.

37 Wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie günstiger zu erwerben waren als die aufwendigen Fries- und Säulensarkophage. Vgl. Ewald 1999, passim. Die Häufigkeit der Riefelsarkophage macht eine sozial breiter gestreute Nutzung derselben, insbesondere wohl auch durch Ritter in niedrigeren Positionen, wahrscheinlich. Anders als die bisher behandelten, überaus prunkvollen, Sarkophage der Oberschicht, waren die Riefelsarkophage einer breiteren Mittelschicht der römischen Gesellschaft zugänglich.

38 Der Philosoph mag hierbei, zusammen mit den Hirten der bukolischen Motivwelt, als Glücksbringer auftreten und für das Ideal eines glücklichen Lebens stehen. Vgl. Ewald 1999, 72.

39 Vgl. zur Beschreibung des Sarkophages Ewald 1999, 188.

40 Zahlreiche Sarkophage sind jedoch nie umgearbeitet worden, weshalb Köpfe in Bosse häufiger zu beobachten sind. Wichtig ist hierbei jedenfalls, daß die wohlfeilen Riefelsarkophage einer breiteren Bevölkerungsgruppe und wohl insbesondere den einfachen Soldaten, die durch ihre Leistungen in den Ritterstand gelangen konnten, zur Verfügung gestanden haben. Vgl. Ewald 1999, 117: „Gerade auf den vielen wenig qualitätvollen Riefelsarkophagen, die ohne Zweifel auf Vorrat gefertigt wurden, wird nur formelhaft die Erfüllung eines Wertes gezeigt, zu der die eigene Biographie den Anstoß gegeben haben konnte, aber nicht mußte. Mit einem einfachen Riefelsarkophag [...] konnte jeder seine Teilhabe an Bildungswerten ausdrücken – wenngleich in abgekürzter und chiffrehafter Form. Die große Zahl dieser einfachen ´Clipeussarkophage´ belegt die Diffusion des Bildungsideals in allen sozialen Schichten [...]“.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Soldat als Philosoph. Zur Ikonographie und Mentalitätsgeschichte ritterlicher Philosophensarkophage im Zeitalter der Soldatenkaiser
Hochschule
Universität Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
16
Katalognummer
V458987
ISBN (eBook)
9783668929791
ISBN (Buch)
9783668929807
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Abbildungen des Tafelteils wurden aus Gründen des Urheberrechts für diese Publikation entfernt.
Schlagworte
soldat, philosoph, ikonographie, mentalitätsgeschichte, philosophensarkophage, zeitalter, soldatenkaiser
Arbeit zitieren
Kevin Grossart (Autor:in), 2015, Der Soldat als Philosoph. Zur Ikonographie und Mentalitätsgeschichte ritterlicher Philosophensarkophage im Zeitalter der Soldatenkaiser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458987

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