Joseph II. und Maria Theresia. Das Verhältnis zweier Herrscherpersönlichkeiten und die Themen ihrer Zeit beleuchtet anhand brieflicher Quellen unter besonderer Berücksichtigung des Religionsthemas


Hausarbeit, 2016

13 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1. Inhalt

2. Einleitung

3. Joseph II.
3.1. Geburt und Regentschaft
3.2. Das Toleranzpatent von 1781

4. Der Religionskonflikt – Maria Theresia und Joseph II.
4.1. Die Briefwechsel 1775 und 1777
4.2. Gegen Toleranz – Die Kaiserin bezieht Position

5. Fazit, Ausblick, Gedanken

2. Einleitung

Joseph II. ist ohne Zweifel kein unumstrittener Herrscher gewesen. Seine Politik und sein „Reformabsolutismus“ waren mutig und gefürchtet zugleich. Vor ihm lag das Zeitalter der Aufklärung, dem er sehr zugetan war. Hinter und eine zeitlang neben ihm saß seine Mutter Maria Theresia auf dem österreichischen Thron - er war ihr Mitregent. Der starken Persönlichkeit Maria Theresias hat Österreich viel zu verdanken. Joseph II. jedoch wurde von seiner Mutter gemaßregelt und regelrecht bevormundet, wenn es um politische und persönliche Themen ging, andererseits gab es aber auch diese liebevolle Kommunikation, die nicht offensichtlich stattfand. Besonders interessant finde ich daher den Briefwechsel zwischen Maria Theresia an Staatskanzler Kaunitz bei Amtsantritt Kaiser Josephs1 und schließlich den Briefverkehr zwischen Mutter und Sohn, in dem sie ihn nicht wenig oft für seine Reformen kritisiert.2

Diese Proseminararbeit richtet ihren Fokus auf den Briefwechsel zwischen Mutter und Sohn, der im Zusammenhang mit dem „Toleranzpatent“ vom 13.10.1781, in dem der Kaiser die private Religionsausübung für Lutheraner, Calvinisten und Griechisch – Orthodoxe gewährte. Es gibt bereits im Vorfeld Briefkontakt zwischen den beiden Herrschern und zeigt die Diskrepanz zwischen beiden Persönlichkeiten. Für diese Unterschiedlichkeit der Ansichten wird es auch notwendig sein, das Leben und Wirken Kaiser Josephs zu beleuchten. Dazu gibt es ein umfassendes Werk von Derek Beales. Auch Francois Fejtö hat das Leben Josephs II. beleuchtet und ebenfalls interessante Aspekte davon hervorgehoben.3,4 Beales beschäftigt sich ausführlich in einem Aufsatz mit dem Thema Maria Theresia und ihrer Mitregentschaften.5 Auch dieser Aspekt ist wichtig für die Analyse der Briefquellen, weil es das persönliche und emotional-politische Umfeld hinter der Regentschaft beleuchtet. Die Briefkorrespondenz zwischen Maria Theresia, die ich ausgewählt habe, soll die emotionale Komponente zwischen Mutter und Sohn hervorheben zu einem Thema, das eigentlich jeglicher Emotionalität entbehrt, weil wir uns zu dieser Zeit bereits im europäischen Vernunftzeitalter befinden und Europa und andere Teile des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bereits wesentlich aufgeklärter als Österreich waren.6

3. Joseph II.

3.1. Geburt und Regentschaft

Die Geburt des kleinen Prinzen wurde im März 1741 bereits sehnlichst erwartet. Der Wiener Hof und Maria Theresia waren zu diesem Zeitpunkt unter großen Spannungen. Nach dem Tod des Vaters waren ihr nicht alle gut gesonnen, so hatte Friedrich II., König von Preußen, Ende 1740 die österreichischen Grenzen überschritten und auch die spätere Wahl Franz Stephan von Lothringen zum römisch-deutschen Kaiser war nicht unumstritten. In diesen europäischen Wirren kam Joseph II. zur Welt. Maria Theresia blickte anlässlich des 36. Geburtstages Josephs in einem Brief an ihren Sohn Ferdinand auf die Geburt folgendermaßen zurück:

„[…] Welch ein großer Tag für mich, der all meine Handlungen von vor sechsundreißig Jahren wieder lebendig macht und der mir auch die Hoffnung gegeben hat, dass der liebe Gott, diese göttliche Vorsehung, das Szepter unserem Haus belassen wollte, weil er mir im kritischsten Augenblicke einen Sohn gewährte[…]“ 7

Tatsächlich spiegelt diese Äußerung der Regentin das wieder, was die wirklichen Sorgen Maria Theresias zu jenem Zeitpunkt der Geburt ihres Sohnes und Thronfolgers Joseph II. waren. Denn allein durch die Geburt eines männlichen Erben wurden dynastische Ansprüche der Habsburger ein für allemal wieder gestärkt und letztendlich gesichert.8 Dieser Brief an Ferdinand ist meiner Meinung nach keine „private Korrespondenz“ sondern vielmehr ist er mit der Absicht verfasst, etwas nach außen hin mitzuteilen. Die Äußerungen darin zeigen das Bild einer gefestigten Monarchin, die stolz und glücklich darüber ist, ihren Teil zum Erhalt der Dynastie beigetragen zu haben. Betrachtet man nur diesen einen Brief, so könnte man der Ansicht sein, es gab keine Mutterliebe zwischen Maria Theresia und Joseph II., sondern rein dynastisches Kalkül.

Aber es gibt auch den Brief zwischen Maria Theresia und Staatskanzler Kaunitz9 Ende August des Jahres 1765, wo es heißt:

„Ich bin Ihnen ungemein verpflichtet für alle die Dienste und Ratschläge, die Sie mir bei Lebzeiten unseres unvergleichlichen Herrn und Meisters gegeben haben; ich habe mich immer wohl dabei befunden und habe sie tief eingeprägt in mein Herz. Mit dem gleichen Vertrauen will ich dem Rate nachkommen, den Sie mir für meine betrübte Zukunft geben werden[…] Ich zähle auf Sie und werde nicht ohne Ihren Rat tun[…] Was Sie mir über die Mitregentschaft gesagt haben, tröstet mich unendlich, und ich rechne darauf, dass sie für diesen Zweck tätig sein werden. Verlassen Sie meinen Sohn nicht; ich sehe, dass er geschmeichelt und zufrieden ist, wenn er mit Ihnen spricht, aber er ist es auch gewöhnt und liebt es, dass man ihn aufsucht. Vernachlässigen Sie eher mich[…]“ 10

Joseph II. wurde bereits im April 1764 zum römisch – deutschen Kaiser gekrönt und trat in dieser Funktion die Nachfolge seines Vaters Franz I. zu dessen Lebzeiten an. Es passierte aber am fünften August 1765 bei der Hochzeit des Prinzen Leopold mit der spanischen Infantin Marie Louise. Kaiser Franz I. verließ die Hochzeit früh und sein Sohn Joseph folgte ihm in seine Gemächer, wo Franz I. plötzlichen Schwindel verspürte und zusammenbrach. Ein paar Minuten später starb der Kaiser in den Armen seines Sohnes Joseph.11 Darüber war Maria Theresia so betrübt, dass sie ihr langes Haar ab schnitt und in der Öffentlichkeit nur mehr in Trauerkleidung erschien. Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse spielt sich diese briefliche Korrespondenz ab. Es ist eine Aufforderung an Staatskanzler Kaunitz, der immer ein Ratgeber der Krone war, in Zukunft den jungen Kaiser zu unterstützen. Es ist dies bestimmt keine höfliche Bitte der Regentin, sondern vielmehr ist es ein Befehl. Kaunitz soll weiterhin Berater bleiben, aber nun soll Kaunitz nicht nur ihr Mentor, sondern auch der Josephs II. sein. Und Kaunitz war Zeit seiner Tätigkeit für das Kaiserhaus vielmehr als ein Berater und Minister. Er spielte gekonnt die Rolle des Schiedsrichters zwischen Maria Theresia und ihrem Sohn.12 Beales meint zu diesem Dreiecksverhältnis:

„[…]This letter shows that in case of Kaunitz she went to extraordinary lengths. In urging him to cultivate Joseph, she must have expected that sometimes the result would be that they would work together against her. When it happened, she in fact disliked it. But ordinarily she could rely on the chancellor to find ways of neutralising Joseph[…]“ 13

Maria Theresia und Joseph II. verband also eine mütterlich zwiespältige Liebe, die sich in vielen Bereichen äußerte. Eine wichtige Position im Bereich der Koregentschaft der beiden nahm Minister Kaunitz ein. Dies kann zusammenfassend bemerkt und festgestellt werden.

3.2. Das Toleranzpatent von 1781

„[…]Den augsburgischen und helvetischen Religionsverwandten, dann den nicht unirten Griechen und wird ein ihrer Religion gemässes Privatexerzitium allenthaben gestattet, und es soll der katholischen Religion allein der Vorzug des öffentlichen Religionsexerziziums verbleiben[…]“ 14

Das Toleranzpatent ist eine eine Zusicherung an gewisse Religionsgruppen (Prostestanten und Orthodoxe). Diese dürfen auch in den österreichischen Kronländern ihre Religion frei ausüben. Allerdings enthält das Toleranzpatent den Vorbehalt, dass die katholische Religion noch immer in der Öffentlichkeit den Vorzug genießt.

Es handelt sich hier also um ein reines Zugeständnis gewisser Freiheiten für eingeschränkte Gruppen, sollte aber keinesfalls dazu dienen, die Staatsreligion zu ändern oder gar aufzuheben. Dieser Rechtsakt Josephs ist keinesfalls als Akt der Sympathie anzusehen. Genauso wie seine Mutter, Maria Theresia, freundete er sich nicht mit dem Religionskonflikt an, sondern handelte vielmehr aus praktischen Erwägungen. Das Land brauchte Arbeiter, die zur Verbesserung und Erhaltung der wirtschaftlichen Lage beitrugen. Eine Auswanderung der Protestanten musste auf jeden Fall verhindert werden.

„[…]Das Toleranzpatent und die Durchführungsbestimmungen waren ein Zugeständnis an den Geist des Jahrhunderts und an die praktischen Bedürfnisse des Staates. In seiner Politik gegenüber der katholischen Kirche hingegen wollte Joseph seine Rechte als absoluter Herrscher von Gottes Gnaden geltend machen[…]“ 15

Mikoletzky16 ist auch der Ansicht, dass Joseph II. mit dem Ziel gehandelt hat, dem Staat zu nutzen und ihn dadurch zeitgemäßer zu gestalten. Aber er sagt dazu:

„[…]Es konnte mit Recht festgstellt werden, dass es ungerecht wäre, wollte man Ideen und Maßnahmen Josephs nur nach dem bürokratischen Auswüchsen und taktischen Fehlern beurteilen. Viele der eingeleiteten Reformen, und dazu gehören auch die auf religiösem Gebiet, waren nur allzusehr berechtigt, auch wenn es manchmal zu einer massiven Fehleinschätzung der Aufgabe des Staates durch den Wunsch nach Überwachung und Bevormundung aller Lebensäußerungen kam[…]“

Die Kirchenreform und das Toleranzpatent sind Auswüchse des Zeitgeistes gepaart mit dem Wunsch des Monarchen, doch die katholische Religion als vorherrschende zu etablieren. Der Zusatznutzen dabei ist offensichtlich. Man gibt dem Volk den kleinen Finger und bewahrt sich dadurch die ganze Hand. Das hat Joseph II. meiner Meinung so gewollt und nicht nur mit bestem Wissen und Gewissen, sondern mit voller Absicht gehandelt.

Es ist nur erstaunlich und sicher kein Zufall, dass der Kaiser dieses Toleranzpatent knapp nach dem Tod seiner Mutter erlassen hat. Denn, wie ein Brief Maria Theresias zeigt, war sie über das Religionsthema „not amused“. Vor allem machte ihr der offene und liberale Umgang ihres Sohnes damit zu schaffen.

[...]


1 Brief Maria Theresias an Staatskanzler Kaunitz, Ende August 1765, in: Arneth von, Alfred (Hrsg.), Wien 1867.

2 Sämtliche Korrespondenz zwischen Maria Theresia und Joseph II. findet sich in: Maria Theresia und Joseph II. Ihre Korrespondenz sammt Briefen Josephs an seinen Bruder Leopold. Erster und Zweiter Band, Arneth von, Alfred (Hrsg.), Wien 1867.

3 Fejtö, Francois: Joseph II. Kaiser und Revolutionär;ein Lebensbild. Un Habsbourg révolutionnaire, Joseph II. <dt.>, Stuttgart, 1956.

4 Es sei an dieser Stelle hervorgehoben, dass nur Teilaspekte der Biografien beachtet werden können.

5 Beales, Derek : Love and the Empire: Maria Theresia and her Co – regents in: Festschrift für Ragnhild Hatton, Royal and republican sovereignty in early modern Europe. Essays in memory of Ragnhild Hatton, 1. publ, Cambridge u.a., 1997.

6 Friedrich II. König von Preußen galt ebenso wie Katharina die Große von Russland als aufgeklärte Herrscher.

7 Brief an Erzherzog Ferdinand vom 13. März 1777 (Original französisch) in : Maria Theresia und Joseph II. Ihre Korrespondenz sammt Briefen Josephs an seinen Bruder Leopold. Erster und Zweiter Band, Arneth von, Alfred (Hrsg.), Wien, 1867.

8 Durch die „Pragmatische Sanktion“, einem Hausgesetz Karls VI., war Maria Theresia zwar zur Nachfolge in den habsburgischen Erbländern berechtigt, jedoch konnte sie sich bei der Wahl nicht als römisch – deutsche Kaiserin durchsetzen. Erstmals seit langer Zeit wurde der Wittelsbacher Karl VII. zum römisch - deutschen Kaiser gewählt.

9 Vgl. zu Fürst Wenzel Anton Kaunitz: Bernard, Peter Paul , Joseph II 1968, S. 22 ff.

10 Brief an Staatskanzler Kaunitz, Ende August 1765 (Original französisch) in : Maria Theresia und Joseph II. Ihre Korrespondenz sammt Briefen Josephs an seinen Bruder Leopold. Erster und Zweiter Band, hrsg. v. A. v. Arneth. Wien 1867.

11 Fejtö, Francois : Joseph II. Kaiser und Revolutionär, ein Lebensbild, Stuttgart 1956., S. 31 ff.

12 Zur Denkschrift Kaiser Josephs II. und die Reaktionen darauf: Vgl.Fejtö, Francois: Joseph II. Kaiser und Revolutionär, ein Lebensbild, Stuttgart 1956., S. 106ff.

13 Beales, Derek, Joseph II 1987, S. 140 ff.

14 Bitte Quelle bei den Juristen recherchieren

15 Fejtö, Francois: Joseph II. Kaiser und Revolutionär, ein Lebensbild, Stuttgart 1956., S. 274

16 Mikoletzky, Lorenz in Radatz, Alfred, 11. - 13. Symposion der Internationalen Kommission für Vergleichende Kirchengeschichte - Subkommission Österreich. Alfred Raddatz zum 65. Geburtstag. Veröffentlichungen des Instituts für Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät und des Instituts für Kirchengeschichte, Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, N.F., 2, Wien 1994, Bd. II, S. 98 ff.

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Details

Titel
Joseph II. und Maria Theresia. Das Verhältnis zweier Herrscherpersönlichkeiten und die Themen ihrer Zeit beleuchtet anhand brieflicher Quellen unter besonderer Berücksichtigung des Religionsthemas
Autor
Jahr
2016
Seiten
13
Katalognummer
V458849
ISBN (eBook)
9783668893283
ISBN (Buch)
9783668893290
Sprache
Deutsch
Schlagworte
joseph, maria, theresia, verhältnis, herrscherpersönlichkeiten, themen, zeit, quellen, berücksichtigung, religionsthemas
Arbeit zitieren
Katharina Fasch (Autor:in), 2016, Joseph II. und Maria Theresia. Das Verhältnis zweier Herrscherpersönlichkeiten und die Themen ihrer Zeit beleuchtet anhand brieflicher Quellen unter besonderer Berücksichtigung des Religionsthemas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458849

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