Sprachenpolitik und Sprachwahl im Unternehmen am Beispiel einer mehrsprachigen Regionalbank in der Schweiz


Studienarbeit, 2016

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis.

Tabellenverzeichnis.

1. Einführung.

2. Ausgangssituation: Die ELAN-Studie.

3. Begriffsdefinition.
3.1 Sprach- vs. Sprachenpolitik.
3.2 Sprachenpolitik im Unternehmen.

4. Sprachwahl
4.1 Motivationale Sprachwahl für Individuen.
4.2 Sprachwahl im Unternehmen.

5. Branchenspezifischer Fremdsprachenbedarf.

6. Dylan-Projekt
6.1 Ziele und Ergebnisse.
6.2 Analyserahmen.

7. Mehrsprachige Regionalbank in der Schweiz.
7.1 Kontext
7.2 Sprachliche Ressourcen.

8. Ein- oder Mehrsprachigkeit: ein Vergleich ökonomischer Kriterien aus der Sicht der Unternehmung und der Betroffenen.

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das komplexe Netz der Sprachenpolitik im Unternehmen

Abbildung 2: „Logogramm“ der Sprachwahl-Verhaltensmuster

Abbildung 3: Das Bäck´sche Drei-Ebenen-Modell

Abbildung 4: Direkte vs. indirekte Vertriebsstrukturen

Abbildung 5: Analyserahmen

Abbildung 6: Arbeitsgespräch in einer zweisprachigen Abteilung in Laufen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Handlungsoptionen

Tabelle 2: Sprachwahlstrategien

Geschlechtsneutrale Formulierung

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit auf die geschlechtsspezifische Differenzierung, z. B. Sprecher/Innen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.

1. Einführung

Die Kommunikation im Unternehmen, sei es mit Kunden, Partnern oder Mitarbeitern ist ein wichtiges Instrument moderner Unternehmensführung. Denn ohne eine effiziente Kommunikation können strategisch wichtige Handlungen und Entscheidungen falsch oder gar nicht ausgeführt werden. Dieser Umstand stellt vor allem internationalisierte Unternehmen vor neue Herausforderungen. Bei der Zusammenarbeit von Mitarbeitern aus verschiedenen Kulturen mit verschiedenen Sprachkenntnissen ist neben der bloßen Nicht-Kenntnis der Sprache des Gegenübers auch die Gefahr gegeben, dass Aussagen aufgrund von routiniertem Kommunikationsverhalten missverstanden werden. Dabei läuft nicht nur ein Projekt oder Vorhaben Gefahr zu misslingen. Auch das Geschäftsklima wird wesentlich von einer möglichst verständigen Kommunikation bestimmt. Deshalb sind vor allem Unternehmen, die im internationalen Bereich tätig sind, auf eine wohl durchdachte Sprachenpolitik angewiesen. Außerdem kann auch eine Entwicklung vorwiegend gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit durch aktive Sprachenpolitik gewährleistet werden. Hierbei existieren die verschiedensten Möglichkeiten zur Gestaltung der Sprachenpolitik, insbesondere in mehrsprachigen Ländern und internationalen Organisationen, in welchen die sprachliche Vielfalt in der Kommunikation mit Klienten stets zunimmt.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird folgenden Fragen nachgegangen:

1. Welche Sprachen werden in der täglichen Praxis tatsächlich verwendet, von wem, wem gegenüber und in welcher Situation?
2. Wie sorgen Unternehmen für die notwendigen Kompetenzen und inwieweit stimmt die wirkliche Sprachverwendung mit einer offiziellen Sprachpolitik überein?
3. Lassen sich in Sprachenpolitik und -verwendung sinnvolle Muster erkennen?

Die Ausgangssituation stellt die ELAN-Studie dar, welche im nächsten Kapitel genauer erklärt wird. In Kapitel 3 werden die Begrifflichkeiten Sprach- und Sprachenpolitik differenziert und dem Leser ein Grundwissen über dieses Thema vermittelt. Damit das vielfältige Thema ´Sprachenpolitik´ nicht den Rahmen dieser Arbeit sprengt, wird die individuelle und die institutionelle Sprachwahl im Unternehmen fokussiert. Darüber hinaus soll an dieser Stelle eine ökologische Lösung gefunden werden, in dem die direkte sowie die indirekte Vertriebsstruktur genauer betrachtet werden (s. Kapitel 4). In Kapitel 5 wird der branchenspezifische Fremdsprachenbedarf genauer untersucht. Anschließend werden die Ziele und Ergebnisse des Dylan-Projekts vorgestellt. Die bisher theoretisch erarbeiteten Sprachwahlstrategien werden in Kapitel 7 am Beispiel einer mehrsprachigen Regionalbank aufgearbeitet und dem Leser ein Einblick in die tägliche Sprachpraxis gegeben. Sowohl Vor- als auch Nachteile werden hinsichtlich der Sprachwahl behandelt und anschließend zusammengefasst. In Kapitel 8 wird ein Vergleich der ökonomischen Kriterien hinsichtlich der Ein- bzw. Mehrsprachigkeit aus Sicht der Unternehmung sowie der Mitarbeiter gestellt und im letzten Kapitel die wichtigsten Gedanken dieser Arbeit festgehalten.

2. Ausgangssituation: Die ELAN-Studie

Im Jahr 2006 befragte die Europäische Union im Rahmen der sogenannten ELAN-Studie (Effects on the European Economy of Shortages of Foreign Language Skills in Enterprise) exportorientierte Klein- und Mittelbetriebe zu ihrem Fremdsprachenbedarf. Ihr Ziel war es, der Kommission und den Entscheidungsträgern in den Mitgliedstaaten praktische Informationen und Analysen zur Verwendung von Fremdsprachenkenntnissen in Unternehmen und deren Auswirkungen auf die Geschäftsergebnisse an die Hand zu geben. Die Befragung ergab, dass ihnen viele Aufträge aufgrund mangelnder Fremdsprachenkenntnisse entgingen, welche zu großen Verluste in der Wirtschaft führten. Der Betrag des Gesamtverlustes für die Wirtschaft der EU aufgrund mangelnder Fremdsprachenkenntnisse beträgt circa 100 Milliarden Euro pro Jahr (vgl. Lavric 2008: 192).

Aus der quantitativ durchgeführten Fragebogen-Untersuchung kamen wertvolle Statistiken und Prozentsätze heraus, jedoch konnten leider keine Einblicke in die täglich gelebte Praxis der Sprachwahl in den Unternehmen erhalten werden, da die quantitative Untersuchungsmethode dies nicht zulässt.

Interessant für diese Thematik ist die Frage: Wer spricht welche Sprache, mit wem, in welcher Situation und warum? Gemeinsam mit ihren Studierenden hat Lavric ungefähr 30 österreichische Unternehmen auf ihre Sprachverwendung und ihren Sprachbedarf hin untersucht – qualitativ. Zahlreiche Branchen und Größen sind in den Studien vertreten. Zudem wurden Manager, Verkaufsleiter, Personalchefs und Vertriebsmitarbeiter befragt (vgl. Lavric 2008: 193).

Folgende Äußerungen von anonymen Probanden, stellen zwei Extrempositionen dar:

- „Man muss stets die Sprache seiner Kunden sprechen“ vs.
- „Heutzutage spricht ohnehin jeder Englisch; mit Englisch kommt man in der ganzen Welt bereits mühelos durch“ (Lavric 2008: 192)

Irgendwo zwischen diesen beiden Extrempositionen liegt die Wirklichkeit der Sprachenpolitik im Unternehmen. Die Realität jedoch ist sehr komplex, welches aus einem komplexen Netz besteht und während dieser vorliegenden Arbeit sukzessiv behandelt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das komplexe Netz der Sprachenpolitik im Unternehmen (eigene Darstellung nach Lavric 2008: 192)

Jede dieser Kommunikationsverbindung zeigt eigene Machtverhältnisse und bringt verschiedene sprachliche Regelungen mit sich. Damit Unternehmen keine wirtschaftlichen Nachteile haben, ist eine gut durchdachte Sprachplanung in Unternehmen besonders wichtig.

3. Begriffsdefinition

3.1 Sprach- vs. Sprachenpolitik

Manche Autoren verwenden ausschließlich den Begriff Sprachpolitik, andere wiederum den Begriff Sprachenpolitik. Für manche Autoren sind beide Begriffe austauschbar und gehen keiner Unterscheidung nach. Anders als die Autorin dieser vorliegenden Arbeit, die den Begriff Sprachenpolitik verwendet, setzt Bußmann im Lexikon der Sprachwissenschaft (1990: 713) die Begriffe ´Sprachpolitik´ und ´Sprachenpolitik´ gleich.

Im Gegensatz zu Bußmann unterscheidet Ammon (1993) Sprachenpolitik terminologisch von Sprachpolitik: "Während sich Sprachpolitik auf politische Maßnahmen innerhalb einer Einzelsprache bezieht (z. B. das Verbot bestimmter Wörter), richtet sich Sprachenpolitik auf das Verhältnis zwischen verschiedenen Sprachen“ (Ammon in Glück 1993: 571). Hier könnte man also von einer Mehrsprachenpolitik sprechen. Viele politische und gesellschaftlich relevante Entscheidungen sind de facto Sprachenpolitik, auch wenn sie nicht immer so genannt werden. Die Entscheidung beispielsweise, welche Sprachen in den Schulen unterrichtet werden soll, ist Sprachenpolitik. Häufig werden beide Begriffe auch mit Sprachplanung gleichgesetzt. Ammon zufolge ist Sprachplanung „ein Versuch der bewußten Gestaltung von Sprache in Hinblick auf übergeordnete Zielsetzung“ und steht zumeist „im Dienste einer bestimmten Sprachenpolitik“ (Ammon in Glück 1993: 583).

3.2 Sprachenpolitik im Unternehmen

Die Sprachenpolitik in multinationalen Unternehmen dient der Regelung der unternehmensexternen und -internen Kommunikation. Sie kann Regeln festlegen, in welcher Sprache schriftlich und in welcher Sprache mündlich kommuniziert wird. Mit der externen Kommunikation sind alle diejenigen sprachlichen Handlungen gemeint, die sich an Nicht-Angehörige des Unternehmens richten wie Lieferanten und Kunden. Die interne Kommunikation dahingegen bezieht sich auf alle Kommunikationsprozesse zwischen Mitarbeitern eines Unternehmens. Sie umfasst nicht nur die Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern auf geschäftlicher Ebene (formelle Kommunikation), sondern auch das lockere Gespräch außerhalb des geschäftlichen Gesprächsstoffes, welches zum Teil der Unternehmenskommunikation wird (informelle Kommunikation). Diese folgt in der Regel kaum Vorschriften und liegt nur teilweise im Kontrollbereich des Unternehmers. Unternehmen stellen Überlegungen zum tatsächlichen sowie potentiellen Sprachbedarf ihrer Mitarbeiter an, entwickeln Strategien und setzen diese um. Sie versuchen über Sprachbarrieren hinweg erfolgreich miteinander zu kommunizieren (vgl. Lavric 2008: 206 f.).

In einer Fallstudie (Fototechnik-Branche) war der Chef von seiner Englisch only –Strategie überzeugt, weil er selbst ohne weitere Fremdsprachen wunderbar zurechtkam. Der Chef war aber nicht im Bilde darüber, wie sein Unternehmen im täglichen Betrieb tatsächlich funktioniert und welche Vielfalt an Sprachen seine Mitarbeiter verwenden um den Kunden soweit wie möglich sprachlich entgegenzukommen. Dieser Betrieb ist ein gutes Beispiel für etwas, das Lavric (2008: 208) als `Selbstorganisation des Personals´ bezeichnet. Vielleicht genügt es einfach, kompetente Leute einzustellen und sie selbstständig arbeiten zu lassen, ohne sie von ´oben´ her zu stören. Solche ´Laissez-faire-Strategien´ funktionieren wenn überhaupt eher in Klein- und Mittelbetrieben. Große Konzerne brauchen dahingegen eine explizite Sprachenpolitik, die den aktuellen und zukünftigen Bedarf ermitteln muss und dabei auf zu erobernde Märkte, einzurichtende Vertriebsnetze wie auch auf nötige Investitionen in Sprachausbildung und kompetentes Personal eingeht. Insbesondere bei multinationalen Konzernen mit zahlreichen Auslandstöchtern ist eine solche Sprachpolitik notwendig. In den meisten Fallstudien von Lavric (2008) geht es um österreichische Töchter französischer Konzerne. Sprachlich gibt es für solche Konzerne zwei Grundoptionen, die in der Praxis korrelieren. Die erste und chronologisch frühere Option besteht darin, als Konzernsprache die Sprache der Muttergesellschaft zu wählen, in diesem Fall also Französisch. Je internationaler der Konzern sich allerdings entwickelt, desto mehr drängt sich die zweite Option auf, nämlich die Wahl der internationalen lingua franca Englisch als Konzernsprache (vgl. Lavric 2008: 244 f.).

An die Sprachenpolitik des Unternehmens halten sich aber nicht alle Mitarbeiter streng danach, denn es wird in der Regel die natürlichste und effizienteste Sprache gewählt und nicht jene, die von der Führungsebene vorgeschrieben wird. Welche Prinzipien und Faktoren es für die Sprachwahl gibt, werden im nächsten Kapitel näher erläutert. Die folgende Abbildung zeigt eine sprachliche Realisierung des täglichen Sprachwahlverhaltens einer französischen Bankmitarbeiterin in Österreich (vgl. Lavric 2008: 245).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: „Logogramm“ der Sprachwahl-Verhaltensmuster (vgl. Menz/Müller 2008: 245)

Innerhalb der österreichischen Tochter eines französischen Unternehmens wird als tägliche Umgangssprache nicht Französisch, nicht Englisch, sondern Deutsch gesprochen, denn Deutsch ist die gemeinsame Muttersprache der meisten Mitarbeiter. In der Kommunikation mit der französischen Zentrale verwenden jene Angestellte, die Französisch können, lieber Französisch und nicht Englisch, selbst wenn das Englische als Konzernsprache bestimmt wurde. Dies ist in Zweiergesprächen oft der Fall und wenn man sich nicht in einem hochoffiziellen Meeting befindet. Man wählt seine Sprache demnach situativ nach den Regeln der Sprachwahl auf individueller Ebene – unabhängig von der Sprachenpolitik im Unternehmen (vgl. Lavric 2008: 245 f.).

Eine Schwierigkeit stellt das Skandinavien-Team dar, hier besitzen die Mitarbeiter Schwedisch-, Finnisch- und Norwegischkenntnisse, d. h. die Kommunikation mit den Kunden ist sehr gut, doch auf Grund der mangelnden Französischkenntnisse ist eine Kommunikation intern, also mit Kollegen fast unmöglich. Daher wird intern auf Englisch kommuniziert. Das stört meist die interne Kommunikation, aber Unternehmen nehmen das zugunsten der externen Kommunikation in Kauf.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Sprachenpolitik und Sprachwahl im Unternehmen am Beispiel einer mehrsprachigen Regionalbank in der Schweiz
Hochschule
Universität Siegen
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
27
Katalognummer
V458745
ISBN (eBook)
9783668876132
ISBN (Buch)
9783668876149
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sprachenpolitik, sprachwahl, unternehmen, beispiel, regionalbank, schweiz
Arbeit zitieren
Özge Kaya (Autor:in), 2016, Sprachenpolitik und Sprachwahl im Unternehmen am Beispiel einer mehrsprachigen Regionalbank in der Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458745

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