Berichterstattung in der spanischen Presse. Werden rassistische Inhalte übermittelt?


Bachelorarbeit, 2017

77 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

1 Immigration in Spanien
1.1 Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland
1.2 Immigranten in Spanien

2 Pressesprache
2.1 Textsorten und Charakteristiken der Pressesprache
2.2 Der Aufbau von Pressetexten
2.2.1 Die Nachricht (la información)
2.2.2 Der Bericht (el reportaje)
2.2.3 Die Reportage (la crónica)
2.2.4 Meinungsbildende Pressetexte (el comentario, la opinión)
2.3 Spaniens Presselandschaft

3 Rassismus, Medien und Diskurs
3.1 Der moderne Rassismus
3.1.1 Definition von Rassismus
3.1.2 Rassismus in Spanien
3.1.3 Rassismus als Institution
3.1.4 Rassismus in den Medien
3.2 Diskurs und Kritische Diskursanalyse
3.2.1 Definition Diskursbegriff
3.2.2 Die Diskursanalyse
3.2.3 Die kritische Diskursanalyse
3.2.4 Angewandte Diskursanalyse / Methoden
3.3 Rassismus in der Presse
3.3.1 Themenauswahl
3.3.2 Quellenauswahl
3.3.3 Sprachliche Mittel
3.3.4 Argumentation
3.3.5 Visuelle Mittel
3.3.6 Zusammenfassung
3.4 Die Darstellung von Einwanderern in der spanischen Presse
3.4.1 Themen
3.4.2 Quellen
3.4.3 Lexik
3.4.4 Argumentation
3.4.5 Bilder

4 Rassismus in der spanischen Presse – Analyse ausgewählter
Pressetexte
4.1 Korpus
4.2 Quantitative Auswertung der Zeitungsartikel
4.3 Ergebnis der quantitativen Untersuchung
4.4 Qualitative Untersuchung der Zeitungsartikel
4.5 Auswertung der Einzelartikel
4.5.1 Artikel über Flüchtlingsboote
4.5.1.1Las primeras pateras intervenidas en Canarias en 2017 permiten
encontrar 120 kilos de hachís (Text A2)
4.5.1.2Rescatadas tres pateras con 112 inmigrantes en Málaga, Granada y
Almería (Text E1)
4.5.1.3Rescatados 52 inmigrantes en una patera al sur de Málaga (Text A9)
4.5.1.4Interceptadas seis pateras en las costas andaluzas en los tres primeros
días del año (Text E6)
4.5.1.5Rescatan dos pateras con 85 inmigrantes a bordo mientras otra, con 28,
sigue desaparecida (Text A17)
4.5.1.6La policía libera a 141 inmigrantes llegados en patera por falta de
espacio en los CIE (Text E8)
4.5.1.7La inmigración de las pateras y las vallas palidece para la UE frente al
drama del Mediterráneo central (Text A22)
4.5.2 Artikel zum Thema Kriminalität
4.5.2.1Detenida una marroquí por llevar a un inmigrante dentro de una maleta
(Text A4)
4.5.2.2El juez manda a prisión a la marroquí que llevaba a un inmigrante dentro
de la maleta (Text A6)
4.5.2.3Detenida una marroquí en Ceuta por llevar a un inmigrante dentro de
una maleta (Text E3)
4.5.2.4Piden siete años de prisión para la marroquí que escondió a un
inmigrante en una maleta (Text E4)
4.5.2.5En libertad bajo fianza los dos españoles detenidos en Grecia por ocultar
a ocho refugiados (Text E2)
4.5.2.6Un detenido de Hellín por ocultar a un inmigrante en el motor de una
furgoneta (Text A37)
4.5.2.7La policía desarticula una red que obligaba a mujeres a prostituirse en
clubes de alterne de Benidorm (Text A13)
4.5.2.8Detenidos 61 integrantes de una banda que robaba pisos en la región
(Text E44)
4.5.3 Artikel zum Thema Flüchtlinge/Flüchtlingspolitik
4.5.3.1Una juez censura la „absoluta masificación” del CIE de Tarifa (Text E23)
4.5.3.2Cataluña pide al Gobierno que acelere la acogida de refugiados ante la
ola del frío (Text A41)
4.5.3.3Humillados (Text E53)
4.5.4 Das Thema Armut
4.5.4.1Una lucha que no cesa ni en fiestas (Text E29)
4.5.5 Das Thema Unfälle / Ereignisse
4.5.5.1Arde un edificio abandonado en Calatayud en el que dormían tres
inmigrantes (Text A32)
4.6 Ergebnis der qualitativen Auswertung

5 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anzahl positiver, neutraler und negativer Artikel

Tabelle 2: Übergeordnete Themen

Tabelle 3: Herkunftsländer der dargestellten Personengruppen

Tabelle 4: Leitfaden für die qualitative Analyse:

Einleitung

“Un jubilado enloquece en Valencia y mata a cuatro personas; un marroquí enloquece en El Ejido y mata a una.

En Valencia nadie se lanza a la caza de jubilados; en El Ejido se lanzan a la de marroquíes.” Eduardo Haro Tecglen1

Das oben erwähnte Zitat bezieht sich auf zwei Ereignisse des Jahres 2000, die bei- nahe zeitgleich stattfanden: An einem Samstag im Februar tötete ein geistig behin- derter Marokkaner in El Ejido eine Frau mit einem Messer. Am darauf folgenden Sonntag erschoss ein psychisch gestörter Rentner in Valencia vier Personen in sei- nem Haus (El País 2000a und 2000b). Das zweite Ereignis erfuhr nur wenig mediale Abdeckung. Das erste Ereignis hingegen wurde von den spanischen Medien regel- recht ausgeschlachtet und führte zu massiven Unruhen und gewaltsamen Übergrif- fen gegenüber der ansässigen maghrebinischen Bevölkerung. Ein derart offenkundi- ger Ausbruch von Rassismus war in der spanischen Demokratie bis zu diesem Zeit- punkt noch weitgehend unbekannt und wurde in den nachfolgenden Wochen euro- paweit diskutiert.

Hatten die Medien durch ihre Berichterstattung über Marokkaner dazu beigetragen, den Hass der ansässigen Bevölkerung auf diese Bevölkerungsgruppe zu schüren? In den Jahren zuvor waren sehr viele Menschen aus den Maghrebstaaten nach Spani- en eingewandert. Es stellt sich die Frage, ob durch die Berichterstattung der Medien Stereotypen und Vorurteile über diese Bevölkerungsgruppe vermittelt wurden, die dazu beitrugen, dass diese Menschen als Bedrohung und Gefahr für die bisherige Ordnung empfunden wurden.

Das Ereignis liegt fast zwanzig Jahre zurück. Doch auch heute fürchten sich Men- schen in Europa wieder vor Überfremdung, Flüchtlingswellen und Einwanderern. Es lässt sich ein Rechtsruck in Europa verzeichnen. In Frankreich, den Niederlanden, in Deutschland und Österreich sowie in einigen osteuropäischen Ländern gewinnen rechtspopulistische Parteien mit immigrationsfeindlichen Haltungen immer mehr an Einfluss. In Spanien konnten sich solche Parteien bisher noch nicht durchsetzen, doch findet man auch hier Tendenzen gegen Einwanderung. Das Land wird immer öfter als ein Bollwerk an der Außengrenze Europas begriffen, welches vor Einwan- derern und Flüchtlingen geschützt werden muss. Ein Aspekt dieser Arbeit betrach- tet dabei die Rolle der spanischen Presse bei der Vermittlung dieses Bildes.

Sprache kann ein Machtinstrument sein und der Einfluss der Medien auf die öffent- liche Meinung in einer Gesellschaft ist nicht von der Hand zu weisen, ist dies doch eine ihrer primären Aufgaben: Menschen bedienen sich der Medien, um sich darü- ber zu informieren, was sich auf der Welt ereignet.

Die kritische Diskursanalyse hat sich als Zweig der Linguistik in den letzten Jahrzehn- ten mit der Erforschung der Berichterstattung über Ausländer in den Medien und mit Rassismusdiskursen befasst.

Die hier vorgestellte Bachelorarbeit untersucht, ob die spanische Presse rassistische Inhalte übermittelt, ob sie dazu beiträgt, Rassismus in der Gesellschaft zu etablieren und welche sprachlichen Mittel sie hierbei anwendet. Dies soll am Beispiel ausge- wählter Pressetexte über Immigranten in Spanien erfolgen, die sowohl quantitativ als auch qualitativ nach den Methoden der kritischen Diskursanalyse ausgewertet wurden. Die Arbeit ist dabei in zwei Abschnitte untergliedert:

Es erfolgt zunächst eine Einführung in die jüngste Immigrationsgeschichte Spaniens, da diese unmittelbar in Bezug zur aktuellen Medienberichterstattung über Einwan- derer steht. Nachfolgend soll ein Überblick über die wichtigsten Begriffe der Presse- sprache und der Presselandschaft Spaniens erfolgen. Da die untersuchten Artikel auf Basis der Diskursanalyse ausgewertet wurden, werden in einem weiteren Kapi- tel das Konzept des Rassismus, der Begriff Diskurs sowie die Ansätze der Diskurs- analyse erläutert.

In einem zweiten Abschnitt schließlich folgt eine quantitative und qualitative Aus- wertung von Pressetexten der Onlineausgaben zweier spanischer Tageszeitungen, El País und ABC.

1 Immigration in Spanien

Im Rahmen globaler Migrationsprozesse, die Europa zu einem Zielgebiet für zahlrei- che Einwanderer unterschiedlichster Herkunft gemacht haben, ist auch Spanien mittlerweile ein beliebtes Einwanderungsland. Ausgelöst werden solche Migrati- onsprozesse durch „wirkungsmächtige Push- und Pullfaktoren“ (Baumer 2017: 222). Armut, bürgerkriegsähnliche Zustände sowie die Flucht vor Krieg und Terrorismus bringen viele Menschen dazu, die beschwerliche Reise nach Europa anzutreten und auch Spanien hatte Bedarf an ausländischen Arbeitskräften, bedingt durch wirt- schaftliches Wachstum und einen hohen Lebensstandard (Kleiner-Liebau 2009: 80). Zu Beginn der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 ebbte die Einwanderung nach Spanien etwas ab, sie ist aber bereits wieder im Begriff, zuzunehmen.

1.1 Vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland

Spanien nimmt, was das Thema Migration betrifft, innerhalb Europas eine Sonder- stellung ein, denn es entwickelte sich innerhalb nur weniger Jahrzehnte von einem klassischen Auswanderungsland in ein Einwanderungsland (Reher et al. 2009: 8). Dies trifft zwar auf die meisten südeuropäischen Länder zu, beispielsweise auch auf Portugal und Italien, jedoch sind die Einwanderungszahlen in keinem anderen Land so rasant gestiegen, wie dies in Spanien der Fall war. So lag der Migrantenanteil im Jahr 1996 noch bei 1,37%, im Jahr 2010 hingegen lebten bereits 5.747.734 Men- schen nicht-spanischer Herkunft in Spanien, was einem Bevölkerungsanteil von 12,22% entspricht. Eine derartige Entwicklung vollzog sich in anderen europäischen Ländern meist über mehrere Jahrzehnte (Baumer 2017: 182). Baumer (ebd.: 180) unterscheidet dabei mehrere Phasen der Zuwanderung nach Spanien:

Die ersten Einwanderer kamen Ende der 1970er Jahre, als zahlreiche Pensionäre aus dem Norden Europas wegen des dort vorherrschenden milden Klimas begannen, sich einen Altersruhesitz an der Mittelmeerküste einzurichten. Mit der Entstehung von Militärdiktaturen im südlichen Teil Südamerikas gewann Spanien zunehmend auch als Exilland für Lateinamerikaner an Bedeutung. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre kamen viele Menschen aus Lateinamerika und der Karibik als Arbeits- kräfte nach Spanien, darunter vornehmlich Frauen, die im haushaltsnahen Dienst- leistungssektor Arbeit fanden. Dies wird auch als erste Phase der Arbeitsmigration nach Spanien bezeichnet (ebd.: 180 f.). Mit Beginn der 1990er Jahre kamen weitere Immigranten aus den Maghrebstaaten sowie aus Asien. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs folgten Einwanderer aus Osteuropa, hauptsächlich aus Rumänien (Kleiner- Liebau 2009:80). Dies verwandelte Spanien innerhalb weniger Jahre in ein typisches Einwanderungsland (Baumer 2017: 181).

Im Verlauf dieser Entwicklung sahen sich die jeweiligen spanischen Regierungen gezwungen, diese Migrationsprozesse durch verschiedene Gesetze zu regulieren. Das erste Ausländergesetz (Ley de Extranjería) wurde bereits im Jahr 1985 verab- schiedet und regelte die Zugänglichkeit des Arbeitsmarktes für Migranten nach ei- ner Art Gastarbeiterprinzip. Die Möglichkeiten des Familiennachzugs waren damals noch stark eingeschränkt (Kleiner-Liebau 2009: 85). Ein Meilenstein in der spani- schen Migrationspolitik war das Gesetz Ley Orgánica 4/2000 im Jahr 2000, welches gegen den Willen der damaligen Minderheitsregierung PP (Partido Popular) verab- schiedet wurde (Baumer 2017: 189). Mit diesem Gesetz wurde das Thema Einwan- derung als soziale Tatsache akzeptiert und es wurden darin nicht nur die Regulie- rung von Einwanderern, sondern auch deren Integration sowie die Ausweitung ihrer politischen und sozialen Rechte geregelt. Das Gesetz wurde jedoch kurz nach der Wahl im Jahr 2000, die die konservative PP schließlich mit absoluter Mehrheit ge- wann, modifiziert, da diese es als zu freizügig auffasste und trat dann als Ley 8/2000 in Kraft. Der Zugang zu Gesundheitsvorsorge, Stipendien und Bildungseinrichtungen wurde den Immigranten wieder erschwert. Der Fokus dieses Gesetzes lag auf der Prävention und Kontrolle von irregulärer Einwanderung (Kleiner-Liebau 2009: 86), wobei dies kaum Auswirkung auf die Zuwanderungsraten in dieser Zeit hatte, denn Millionen von Einwanderern kamen in den ersten Nullerjahren nach Spanien (Baumer 2017: 202). Liberalisiert wurde das Gesetz erneut im Jahr 2004, als die so- zialistische PSOE (Partido Socialista Obrero Español) die Wahl gewann (Kleiner- Liebau 2009: 86). In deren Legislaturperiode kam es auch zu zahlreichen Regularisierungsprozessen von bisher irregulär im Land lebender Migranten (Baumer 2017: 204).

Im Zuge der spanischen Wirtschaftskrise im Jahr 2008 stürzte das Land in eine tiefe Rezession. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf Immigranten, denn diese wa- ren noch stärker von Arbeitslosigkeit betroffen, als die einheimische Bevölkerung (ebd.: 210). Die Zuwanderungsrate ging in diesen Jahren zurück. Bedingt durch die Krise wurde das Ausländergesetz im Jahr 2009 erneut reformiert und trat als Ley Orgánica 2/2009 in Kraft, welches stärkere Maßnahmen zur Bekämpfung der irregu- lären Einwanderung enthielt. Arbeitsmigration wurde nun nicht mehr als Chance, sondern als Bedrohung aufgefasst. Die konservative Regierung unter Mariano Rajoy hob im Jahr 2012 unter anderem die in diesem Gesetz verankerte kostenfreie Gesundheitsversorgung, die auch irregulären Immigranten zugutekam, auf – was im Jahr 2015 jedoch wieder rückgängig gemacht wurde (ebd.: 328).

Heute leben etwa eine Million Einwanderer weniger im Land als noch im Jahr 2010. Auch wenn Spaniens Wirtschaft seit 2014 wieder wächst, ist die Möglichkeit für Einwanderer auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Stelle zu bekommen, nach wie vor schwierig (ebd.: 258).

1.2 Immigranten in Spanien

Die meisten Immigranten leben in den Ballungszentren Madrids und Barcelonas sowie in den von intensiver Landwirtschaft charakterisierten Regionen in Südost- spanien (ebd.: 189). Einwanderer aus der EU leben vorwiegend an den Küsten. La- teinamerikaner, Nordafrikaner sowie Osteuropäer leben an den Orten, an denen ihre Arbeitskraft benötigt wird, zumeist in Großstädten und den landwirtschaftlich geprägten Zonen (Kleiner-Liebau 2009: 84). Etwas mehr als die Hälfte der Einwan- derer sind männlich (54,4%), wenngleich unter Nordafrikanern der Männeranteil höher ist und unter Lateinamerikanern der Frauenanteil überwiegt. Das Durch- schnittsalter der Einwanderer liegt mit 33,2 Jahren etwas unter dem Durchschnitt der spanischen Bevölkerung (ebd.). Der Bildungsstand der Immigranten entspricht in etwa dem der Spanier, wohingegen afrikanische und asiatische Einwanderer oft ein niedrigeres Bildungsniveau aufweisen. Die meisten Einwanderer arbeiten jedoch unabhängig von ihrem Bildungsstand in niedrig qualifizierten Jobs (ebd.: 85).

Die größte Gruppe unter den Einwanderern in Spanien bilden Rumänen (Reher et al. 2009: 292). Diese lösten mit dem EU-Beitritt Rumäniens die Marokkaner als größtes Kollektiv der Einwanderer ab, welche nun die zweitgrößte Gruppe bilden. Nach die- sen stellen Migranten aus Ecuador die drittgrößte Gruppe, gefolgt von Kolumbia- nern, Argentiniern und Peruanern. Demnach ist Lateinamerika die wichtigste Her- kunftsregion für die Einwanderung nach Spanien (Baumer 2017: 229). Seit Beginn der Jahrtausendwende kamen zunehmend auch Migranten aus Subsahara-Afrika und Asien nach Spanien. Die Zuwanderungsrate aus diesen Gebieten liegt jedoch weit hinter Lateinamerika, dem Maghreb und Mittelosteuropa zurück. So machen Subsahara-Afrikaner lediglich einen Anteil von 6,2% an der gesamten ausländischen Bevölkerung aus (ebd.: 246).

Ein Großteil der Immigration in Spanien vollzieht sich nach wie vor irregulär. Die meisten Immigranten, auch wenn sie mittlerweile offiziell anerkannt sind, blicken auf eine Phase der Irregularität zurück. Dies hat zur Folge, dass Immigranten häufig in der Schattenwirtschaft beschäftigt sind, die in Spanien einen erheblichen Anteil an der gesamten Wirtschaftsaktivität innehat (ebd.: 47). Dabei arbeiten viele irregu- läre Immigranten in zumeist schlecht bezahlten so genannten 3D-Jobs (dirty, dangerous and difficult), wie in der arbeitsintensiven Landwirtschaft, der Fischerei, dem Bauwesen, im Tourismus oder der Sexarbeit (ebd.: 48).

Gelang die Integration und Akzeptanz der Einwanderer bis vor Beginn der Krise noch relativ problemlos, so änderte sich dies ab diesem Zeitpunkt drastisch. Migra- tion wurde als Belastung und Bedrohung für Arbeitsmarkt, Sicherheit und Ordnung aufgefasst. Es kam zu einer Verschiebung des Diskurses über Migration (ebd.: 211), der sich bald in Politik und Medien widerspiegelte. Das Thema Immigration wurde ein dominantes Thema in den spanischen Medien.

Dabei erfahren Immigranten in Spanien unterschiedliche mediale Abdeckung: ver- schiedene Gruppen werden in der Presse über- bzw. unterrepräsentiert sowie posi- tiv bzw. eher negativ dargestellt.

lm nachsten Kapitel wird zunachst ein Uberblick uber die Sprache der Presse gege­ ben werden. Nachfolgend befassen sich die weiteren Kapitel mit der Darstellung von lmmigranten in der spanischen Presse.

2 Pressesprache

Die Sprache der Presse gehört zu den Funktiolekten (Wehrstein 2013: 58). Funktiolekte „sind (…) zweckbestimmte, kommunikationsbereichsbezogene Teil- sprachen einer Einzelsprache“ (Hoffmann 2007: 2). Sie sind Forschungsgegenstand der Varietätenlinguistik und haben unter den verschiedenen Varietäten (Dialekte, Soziolekte, Regiolekte etc.) einen besonderen Status. Anders als beispielsweise Re- giolekte, die vor allem durch phonologische Besonderheiten erkennbar sind, unter- scheiden sie sich sowohl im Stil, in der Phonetik, Morphologie, Lexik, Phraseologie sowie auch in der Syntax und werden als reine Textsprachen klassifiziert (ebd.: 9). Hierzu zählen auch die Dichtersprache, Wissenschaftssprache, Behördensprache und die Werbesprache. Sind Texte journalistisch geformt, so spricht man von der Pressesprache (ebd.: 11). Die kommunikative Funktion der Pressesprache besteht im Wesentlichen darin, über aktuelle Ereignisse zu informieren und meinungsbil- dend zu sein (ebd.: 3). Sie besteht jedoch nicht allein aus rein textlichen Elementen: Die geschriebene Sprache wird ergänzt von paralinguistischen (z. B. Fettdruck, Hervorhebung durch besonders groß gestaltete Überschriften, räumliche Anord- nung) und visuellen, nicht-linguistischen Elementen (Fotografien, Zeichnungen, Gra- fiken) wie Martínez Albertos (1993: 186) hervorhebt. Nach dessen Ansicht weist die Pressesprache zumeist sechs wesentliche Merkmale auf:

- Korrektheit: Es handelt sich um eine nicht literarische Sprache, die sich an der gehobenen Standardsprache orientiert.
- Kürze: Es sollten kurze Nominalsätze bevorzugt werden. Im Spanischen sollte ein Satz in einem Pressetext etwa aus 15 – 17 Wörtern bestehen.
- Klarheit: Es sollte im Idealfall in Aktivsätzen und im Indikativ geschrieben werden. Es sollten adäquate Verben verwendet werden.
- Man sollte immer den Rezipienten im Auge behalten, an den sich der Text richtet und dessen Aufmerksamkeit man gewinnen möchte.
- Die Texte werden oft von verschiedenen Co-Autoren geschrieben.
- Es handelt sich um eine gemischte Sprache, die textuelle und visuelle Ele- mente in sich vereinigt (ebd.: 203).

2.1 Textsorten und Charakteristiken der Pressesprache

Zu den journalistischen Textsorten gehören die Nachricht, der Zeitungsbericht, der Leitartikel, der Pressekommentar, die Kunstkritik, die Kolumne, der Essay, die Glos- se, das Porträt, die Story, die Reportage und das Interview (Hoffmann 2007: 33 f.). In spanischen Zeitungen dominieren nach Martínez Albertos (1993: 268) die folgen- den vier Genres: die Nachricht (información), der Bericht (reportaje), die Reportage (crónica) und der Pressekommentar (artículo oder comentario).

Im Nachrichtentext wird ein Sachverhalt als gegeben mitgeteilt. Es handelt sich um einen informationsbetonten Pressetext (Wehrstein 2013: 65), wohingegen der Be- richt der Nachricht zwar ähnelt, jedoch komplexer und vielfältiger als der Nachrich- tentext ist. Solche Texte weisen Zitate, kommentierte Stellungnahmen oder auch Hintergrundinformationen auf (ebd.: 66 f.) Eine Reportage hingegen gehört auch zu den informationsbetonten Texten, stellt aber eine konkrete, stark persönlich ge- färbte Darstellung eines Ereignisses oder einer Situation aus Sicht des Berichter- statters dar. Hier ist auch die Ich- oder Wir-Form als Erzählform möglich (ebd.: 68). Man kann die journalistischen Textsorten also in von journalistischer Objektivität (Tatsachenbetontheit) und von journalistischer Subjektivität (Meinungsbetontheit) geprägte Texte unterteilen. Ein Nachrichtentext ist demzufolge eher der Tatsachenbetontheit zuzuordnen, wohingegen der Kommentar und die Kolumne der Meinungsbetontheit zuzuordnen sind.

Journalistische Objektivität kann nach Hoffmann ausgedrückt werden durch:

- Realienbezeichnungen wie Eigennamen, Kalenderausdrücke, Zahlwörter;
- Mittel objektiver Rededarstellung, wie neutrale Verben des Sagens, Äußerns und Mitteilens, der direkten oder indirekten Rede, der Tatsachenmitteilung mit Quellenangabe oder den Redebericht

Die journalistische Subjektivität wird ausgedrückt durch:

- Entweder positiv oder negativ bewertende Ausdrücke;
- Mittel des Widersprechens, Sich-Distanzierens;
- Mittel des Wollens und Wünschens, zum Beispiel durch Modalverben oder Konjunktivformen (Hoffmann 2007: 35 f.)

Das Kriterium der Objektivität ist sehr eng mit den informationsbetonten Nachrich- tentexten verknüpft. Auch wenn Zeitungen sich häufig einer politischen Richtung zuordnen lassen, sollten sich Nachrichtentexte durch Faktentreue, Ausgewogenheit der Informationen, Kennzeichnung von Meinungsäußerungen Dritter und dem Un- terlassen der eigenen Meinungsäußerung auszeichnen (Wehrstein 2013: 72). Je- doch sollte man auch im Hinterkopf behalten, dass es eine absolute Objektivität nicht geben kann, denn bereits bei der Auswahl der Informationen sowie auch der Informanten steckt unvermeidlich eine gewisse Subjektivität (ebd.: 74).

2.2 Der Aufbau von Pressetexten

Nachfolgend wird die Struktur von informationsbetonten und meinungsbetonten Pressetexten dargestellt.

2.2.1 Die Nachricht (la información)

Nachrichtentexte werden unterteilt in hard news und soft news, wobei es bei hard news um Angelegenheiten von großer politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung geht und soft news Themen betreffen, die von allgemeinem Interesse sind, wie Skandale, Verbrechen, Naturkatastrophen, Unglücksfälle oder Einzelheiten aus dem Leben bekannter Persönlichkeiten (ebd.: 66).

Nachrichtentexte beginnen üblicherweise mit einer Überschrift (auch Titel oder Schlagzeile genannt), die wichtige textuelle und kognitive Funktionen hat (van Dijk 1991: 50). Sie stellt zum einen den auffälligsten Teil der Nachricht dar, ist oft kurz, oben positioniert, in Fettdruck dargestellt und grammatikalisch häufig aus unvoll- ständigen Sätzen bestehend. Zum anderen hat sie die Funktion, die wichtigste In- formation der Nachricht zusammenzufassen und enthält dadurch das Hauptthema des Nachrichtentextes. Sie wird vom Leser zuerst gelesen und dieser entscheidet danach, ob er den Rest des Nachrichtentextes liest oder nicht. Der Schlagzeile folgt zumeist noch ein Untertitel, der die Kernaussage des Textes zusammenfasst (ebd.: 118). Der Text selbst beginnt mit dem so genannten Lead (span. arranque oder entrada), einem einleitenden Abschnitt, der sich manchmal auch typographisch vom restlichen Nachrichtentext unterscheidet. In ihm werden die wichtigsten Inhalte der Nachricht zusammengefasst (Martínez Albertos 1993: 291). Der Lead soll im Idealfall die so genannten fünf W-Fragen beantworten, nämlich wer hat was, wann, wo und warum getan? Dies geht zurück auf Richtlinien des US-Journalismus, die auf Methoden der Kriminalistik basieren. Damit wird versucht, einen idealen, vollstän- digen Nachrichtentext zu klassifizieren, sofern alle diese Fragen im Lead beantwor- tet werden (ebd.: 224).

Auf den Lead folgt schließlich der Hauptteil der Nachricht. Er schildert den komplet- ten Inhalt der Nachricht, wobei die wichtigsten Informationen zuerst genannt wer- den (ebd.: 294) bzw. auch das jüngste oder relevanteste Ereignis mit dem höchsten Nachrichtenwert (van Dijk 1991: 121).

2.2.2 Der Bericht (el reportaje)

Der Bericht ist im Wesentlichen genauso aufgebaut, wie der Nachrichtentext. Aller- dings hat der Lead des Berichts eine andere Funktion. Er soll vor allem die Aufmerk- samkeit des Lesers wecken und ihn dazu animieren, den weiteren Text zu lesen (Martínez Albertos 1993: 305). Auch der Hauptteil kann anders strukturiert sein. So hat der Journalist verschiedene Optionen, um Geschehnisse zu erzählen: als Abfolge von Ereignissen, die bereits in der Vergangenheit liegen; als Schilderung von Aktio- nen, die gerade im Begriff sind, zu geschehen oder aufbauend auf Zitaten. Solche Zeitungsberichte werden auch Fact Story, Action Story oder Quote Story genannt. Zu letzterem gehört auch das journalistische Interview (ebd.: 306).

2.2.3 Die Reportage (la crónica)

Die Reportage, die einerseits die Abfolge von Ereignissen erzählt und diese anderer- seits bewertet und interpretiert (ebd.: 347) ist stilistisch objektiv und präzise ge- schrieben, doch gibt sie dem Journalisten auch Raum für seinen eigenen Schreibstil (ebd.: 348). Vom Aufbau her entspricht sie dem Bericht, mit einem Lead, der die Aufmerksamkeit des Lesers weckt und einem Hauptteil, der darauf aufbaut (ebd.: 349).

2.2.4 Meinungsbildende Pressetexte (el comentario, la opinión)

Meinungsbildende Pressetexte behandeln nicht zwangsläufig ein Ereignis. Ihr Ziel ist es auch nicht, primär Informationen zu vermitteln. Sie handeln von Ideen und erör- tern die moralischen, ideologischen, kulturellen und philosophischen Konsequenzen von aktuellen Themen (ebd.: 363 f.). In jedem Fall drückt der Journalist darin seine persönliche Meinung zu einem Thema aus, bleibt dabei jedoch häufig der politi- schen Linie der Zeitung, für die er schreibt, treu (ebd.: 368). In ihrer Form sind diese Texte freier als die informationsbetonten Texte. Ihr Stil ist unterhaltsam, ihre Spra- che „literarischer“ als die der Nachrichtentexte (ebd.: 378).

2.3 Spaniens Presselandschaft

Spanien hat eine Vielzahl an Tageszeitungen und liegt, was deren Anzahl betrifft europaweit auf dem zweiten Platz hinter Deutschland. Ähnlich jedoch wie im restli- chen Europa ist deren Auflagenstärke in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Insgesamt gibt es zwölf Tageszeitungen in Spanien, die eine tägliche Auflagenstärke von etwa 100.000 Exemplaren besitzen, acht davon mit allgemeiner Berichterstat- tung: El País, El Mundo, ABC, La Vanguardia de Catalunya, El Periódico, El Correo de España – El País Vasco, La Voz de Galicia und El Diario Vasco. (Nohlen et al. 2005: 234). Die am meisten gelesene Tageszeitung in Spanien, Marca, ist jedoch eine Sportzeitung. Mit täglich 2.475.000 Millionen Lesern liegt sie weit vor El País, der auflagenstärksten und wichtigsten Tageszeitung Spaniens (ebd.: 235). Alle führen- den Tageszeitungen besitzen auch digitale Ausgaben im Internet, deren Leserzahl die der Printausgaben bei weitem übersteigt (ebd.: 233). Hier verzeichnet El País im April 2017 laut eigenen Angaben die meisten Leser, mit täglich etwa 18,5 Millionen Internetnutzern, gefolgt von El Mundo mit 15,5 Millionen, ABC mit 13,8 Millionen sowie La Vanguardia de Catalunya mit 12,8 Millionen (El País 2017).

In Spanien gibt es im Unterschied zu Deutschland (z. B. Bild) und Großbritannien (z. B. The Sun) keine Boulevardtageszeitungen, jedoch wird auch dort der Bedarf an sensationalistischen Nachrichten durch Wochenzeitschriften oder Fernsehsendun- gen gestillt (Nohlen et al: 2005: 235). Es gibt in Spanien auch keine explizit rechts- populistische oder rassistische Tageszeitung, jedoch gibt es Internetseiten (z. B. von Nuevo Orden), auf denen rassistische und neonazistische Propaganda verbreitet wird (van Dijk 2005: 35). Die meisten Tageszeitungen stehen entweder konservati- ven oder linksliberalen Haltungen nahe. So ist die Zeitung ABC – die bereits im Jahr 1905 gegründet wurde, zur Zeit der zweiten Republik als Sprachrohr der Anhänger der Monarchie galt und während der Franco-Diktatur die am meisten verkaufte Ta- geszeitung Spaniens war (ABC 2014) –, heute konservativ und monarchistisch orien- tiert und steht der Partei PP (Partido Popular) nahe. El País wurde erst während der Rückkehr Spaniens zur Demokratie im Jahr 1976 gegründet und gilt als eine der so- zialistischen Linken nahestehende Zeitung. Sie ist heute die wichtigste spanische Tageszeitung, gehört zu den zwanzig größten Tageszeitungen der Welt und zeichnet sich durch ein hohes Maß an Seriosität und Ausführlichkeit in ihrer Berichterstat- tung sowie durch journalistische Professionalität aus. Ihre Artikel gelten als ideolo- gisch unvoreingenommen und werden von Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft gelesen (Nohlen et al. 2005: 235).

El Mundo ist ebenfalls eine konservativ orientierte und dem PP nahestehende Zei- tung, wird jedoch im Gegensatz zu ABC von eher jüngeren Personen der oberen Mittelschicht gelesen (ebd.).

Man sollte jedoch nicht außer Acht lassen, dass die spanischen Tageszeitungen trotz der Pressefreiheit, die in Artikel 20 der Verfassung von 1978 verankert ist, heute zu großen Medienkonzernen gehören, die von einer kleinen Zahl von Großunterneh- men kontrolliert werden, an denen beispielsweise Banken, Pressekonzerne, Medi- enanbieter, Werbefirmen und andere Akteure beteiligt sind (ebd.: 233), was unter Umständen einen Einfluss auf ihre Objektivität haben kann.

3 Rassismus, Medien und Diskurs

In diesem Kapitel wird der theoretische Rahmen beschrieben, auf den der empiri- sche Teil dieser Bachelorarbeit gestützt ist. Dabei werden wichtige Begriffe, wie Rassismus und Diskurs definiert und verschiedene Ansätze sowie Theorien zur Er- forschung von Rassismusdiskursen in der Presse beleuchtet.

3.1 Der moderne Rassismus

3.1.1 Definition von Rassismus

Der Rassismusbegriff, der in dieser Arbeit verwendet wird, meint eine Form der Diskriminierung, die eine dominante Mehrheit auf eine Gruppe von Minderheiten ausübt, welche auf deren Herkunft, deren Aussehen und deren Kultur basiert.

Historisch beruht das Konzept des Rassismus auf einer Reihe von Kategorisierungen, die im 18. und 19. Jahrhundert aufgrund unterschiedlicher Erscheinungsformen des menschlichen Körpers, vor allem verschiedener Hautfarben, vorgenommen wurden. Damals wurden pseudowissenschaftliche Argumente entwickelt, die moralische und soziokulturelle Unterschiede dieser „Rassen“ behaupteten und zu dem Schluss ka- men, die weiße Rasse sei den anderen überlegen. Somit hatte man eine Legitimati- on für die westliche Expansion geschaffen, die die Ausbeutung und Unterdrückung anderer Völker, die Sklaverei sowie deren Kolonisierung rechtfertigen sollte (van Dijk 1991: 25).

Heute gilt es als bewiesen, dass es keine Rassen gibt. Trotzdem gibt es auch gegen- wärtig noch Vorstellungen, die die moralische, politische, kulturelle und technologi- sche Überlegenheit der westlichen Zivilisation gegenüber anderen (vor allem nicht- weißen) Bevölkerungen behaupten (ebd.: 26).

3.1.2 Rassismus in Spanien

Rassistische Vorstellungen in Spanien sind kein neuartiges Phänomen, die von den Migrationsprozessen der letzten Jahre hervorgerufen wurden: Bereits im 15./16. Jahrhundert bildeten ein intoleranter Katholizismus, die koloniale Eroberung und die so genannte Reconquista historische Strukturen, die später die spanische bzw. europäische Vormachtstellung in der Welt rechtfertigen sollten (van Dijk 2005: 13).

Die Jahrhunderte der spanischen Kolonisierung führten zu einem Gefühl der Über- legenheit in Spanien. So wurde z. B. auch die 500-jährige Entdeckung Amerikas ge- feiert, obwohl dies ein Ereignis war, das zur Ausrottung ganzer Völker führte und die Basis für Rassismus in Südamerika bildete. Ebenso verhält es sich mit der Feier der 500-jährigen Vertreibung der Mauren aus Spanien, die man nach sieben Jahr- hunderten der Besetzung gezwungen hatte, das Land zu verlassen, obwohl davon auszugehen ist, dass man nach sieben Jahrhunderten nicht mehr wirklich von Beset- zung sprechen kann.

Der politisch offizielle Diskurs in Spanien ist heutzutage nicht offenkundig rassis- tisch, jedoch werden auch hier viele Vorurteile gegenüber Minderheiten und Mig- ranten geschürt. Immigration wird vorwiegend als Problem definiert, als Bedrohung für die Gesellschaft und nicht als Chance. Kulturelle Unterschiede werden als nicht erwünscht erachtet und Integration bedeutet oft die Assimilation und Anpassung von Einwanderern an die spanische Gesellschaft (ebd.: 34).

Spanien hat keine extremistisch rechten Parteien im Parlament, jedoch vertritt die PP ausländerfeindliche Haltungen. Wie bereits erwähnt gibt es auch keine ausdrück- lich rechtspopulistischen Zeitungen. Die spanischen Medien reproduzieren Rassis- mus weniger explizit und weniger systematisch (ebd.: 18).

3.1.3 Rassismus als Institution

Gemäß Jäger (1993: 8) ist Rassismus

„eine Haltung bzw. Haltungen, durch die Fremde als genetisch und/oder kulturell ab- weichend wahrgenommen werden, diese Abweichung als negativ angesehen wird, wo- bei dies aus einer Position der Macht geschieht, die dazu befähigt, diese negative Ein- schätzung auch in Gestalt von ausgrenzenden und diskriminierenden Handlungen zu artikulieren. Erst wenn diese drei Merkmale gemeinsam auftreten, kann danach von Ras- sismus die Rede sein“.

Andere Menschen werden dabei stigmatisiert. Solche Stigmata können sowohl kör- perlich als auch kulturell sein (z. B. Kleidung, Schmutz, religiöse Stigmata). Dies wird auch Kultur-Rassismus genannt und ist nicht harmloser als der sogenannte biologis- tische Rassismus des 18./19. Jahrhunderts (ebd.).

Van Dijk bezeichnet den modernen Rassismus als komplexes, soziales System (2005: 1). Vor allem definiert er es als ein soziales System der Beherrschung, als eine spezi- elle Form der Macht der Europäer über nicht-europäische Völker. Europäer haben mehr wirtschaftliche, politische, soziale und kulturelle Macht und missbrauchen diese, indem sie andere ausgrenzen. Diese Ausgrenzung manifestiert sich auf unter- schiedliche Art und Weise. So wird den „anderen“ der Zugang in ein bestimmtes Land, eine Stadt, eine bestimmte Nachbarschaft, zu diversen Unternehmen, zu be- stimmten Jobs, zur Universität, zur Presse etc. erschwert, was zu sozialer Ungleich- heit führt. Wenn diese Form der Vormachtstellung und Diskriminierung organisiert ist, spricht man von institutionalisiertem Rassismus. Dieser wird getragen von den Eliten einer Gesellschaft, beispielsweise von Parteien, Medien, Bildung und For- schung, die dafür sorgen, dass dieses System der Ungleichheit aufrechterhalten wird, indem sie Minderheiten kategorisch ausschließen (z. B. durch Gesetze).

3.1.4 Rassismus in den Medien

Sprache und Kommunikation spielen eine wesentliche Rolle bei der Reproduktion von Rassismus. Dabei bilden die Massenmedien die Hauptquelle für rassistische Vorstellungen (van Dijk 2005. 5). Medien haben einen erheblichen Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen, weshalb man von ihnen häufig auch als Vierte Gewalt spricht (Jäger 1993: 12). Sie können rassistische Haltungen erzeugen und verfestigen und reproduzieren diese immer wieder aufs Neue (ebd.: 54). Menschen erlernen solche Haltungen durch Nachrichten und Meinungsartikel, die in den Me- dien publiziert werden. Ihre Meinung über Minderheiten und Migranten basiert selten auf konkreten, alltäglichen Erfahrungen mit ihnen, sondern auf Medienbe- richten (van Dijk 2005: 9). Die Presse spiegelt dabei häufig die Meinung der Politik wider. Setzen sich in der nationalen Politik Positionen durch, die Einwanderung und Rechte von Immigranten beschränkt, so findet man in der Presse oft ähnliche Posi- tionen.

In der politisch rechts orientierten Presse findet man sehr häufig Themen, die das Thema Immigration als Bedrohung für die Ordnung der Gesellschaft darstellen. Die liberale Presse veröffentlicht jedoch ebenso häufig Artikel über Themen wie Krimi- nalität, Drogen und Gewalt in Bezug auf Immigranten. Auch sie sieht Diskriminie- rung nicht als ein der Gesellschaft inhärentes Problem, es findet sich hingegen in der liberalen Presse häufig die Leugnung von Rassismus und die Tendenz dieses Phänomen ausschließlich der extremen Rechten zuzuschreiben (van Dijk 1991: 246 ff.)

Die Medien bedienen sich dabei einer ideologischen Polarisierung von „uns“ und den „anderen“, wobei das Gute von „uns“ betont wird und das Schlechte der „an- deren“ hervorgehoben wird, was automatisch dazu führt, die „anderen“ auszugren- zen. Van Dijk prägte hier auch den Begriff des ideologischen Vierecks (1998: 267): Dabei wird das Positive der eigenen Gruppe betont, das Positive der anderen Grup- pe unterdrückt. Das Negative der eigenen Gruppe wird verschwiegen oder abgemil- dert, das Negative der anderen Gruppe besonders hervorgehoben. Diese Strategie wird in Bezug auf Minderheiten von den Medien sehr häufig angewandt. Van Dijk sieht dies als eine der Hauptstrategien im Diskurs über Minderheiten (1991: 187).

3.2 Diskurs und Kritische Diskursanalyse

Rassismus in der Presse wird in der Linguistik im Rahmen der Diskursanalyse er- forscht. Daher wird an dieser Stelle zunächst eine Einführung in dieses Gebiet erfol- gen.

3.2.1 Definition Diskursbegriff

Da die Bedeutung des Begriffs Diskurs relativ breit gefasst ist und auch in verschie- den universitären Disziplinen unterschiedlich verwendet wird, ist es notwendig, an dieser Stelle kurz darzulegen, welcher Diskursbegriff in Rahmen dieser Arbeit An- wendung findet.

[...]


1 Zitiert nach de la Fuente (2004): 1047

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Berichterstattung in der spanischen Presse. Werden rassistische Inhalte übermittelt?
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Romanisches Seminar)
Note
2,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
77
Katalognummer
V458162
ISBN (eBook)
9783668898653
ISBN (Buch)
9783668898660
Sprache
Deutsch
Schlagworte
berichterstattung, presse, werden, inhalte
Arbeit zitieren
Julia Peemöller (Autor:in), 2017, Berichterstattung in der spanischen Presse. Werden rassistische Inhalte übermittelt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458162

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