Konkretisierungslast und Überprüfbarkeit von Geheimschutzgründen im Zusammenhang mit verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen


Masterarbeit, 2018

53 Seiten, Note: 12


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Rechtsgrundlagen und Gang der Untersuchung

II. Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge und Verschlusssachen
1. Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge, §104 Abs.1 GWB
a) Lieferung von Militärausrüstung, §104 Abs.1 Nr.1 GWB
aa) Militärische Zweckbestimmung
bb) Dual-Use-Gegenstände
b) Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, § 104 Abs. 1 Nr. 2 GWB
c) Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung, §104 Abs.1 Nr.3 GWB
d) Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, §104 Abs.1 Nr.4 GWB
2. Verschlusssachenaufträge, §104 Abs.3 GWB
a) Verwendung von Verschlusssachen bei Erfüllung oder Erbringung des Auftrags
b) Aufträge, die Verschlusssachen nach §104 Abs.3 Nr.1 GWB erfordern und beinhalten
3. Gemischte Aufträge §111 GWB
a) Objektiv trennbare Aufträge
b) Objektiv nicht trennbare Aufträge
c) Analoge Anwendung gem. §111 Abs.6 GWB bei Konzessionen?
4. Rechtsfolge bei Vorliegen von verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen oder von Verschlusssachenaufträgen
a) Regelrechtsfolge: Vergabeverfahren nach §§146 GWB, §11 VSVgV
aa) Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb, §12 VSVgV
bb) Wettbewerblicher Dialog, §13 VgV
b) Ausnahmen vom Vergabeverfahren nach §145 GWB
aa) Nachrichtendienstliche Tätigkeit, Nr
bb) Kooperationsprogramme, Nr
cc) Verteidigungs- und sicherheitsspezifische Aufträge außerhalb der EU, Nr
dd) Auftragsvergabe an eine andere staatliche Einrichtung, Nr
ee) Finanzdienstleistungen, Nr
ff) Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen,Nr
gg) Besondere Verfahrensregeln, Nr
hh) Zwischenergebnis
c) Ausnahmen vom Vergabeverfahren nach §107 Abs.2 GWB
aa) Preisgabe wesentlicher Sicherheitsinteressen, Art.346 Abs.1 lit. a) AEUV, §107 Abs.2 Nr.1 GWB
bb) Maßnahmen zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen Art.346 Abs.1 lit. b) AEUV, §107 Abs.2 Nr.2 GWB
(1) Verteidigungsgüter im formellen Sinne?
(2) Dual-Use-Güter?
(3) Wesentliche Sicherheitsinteressen
cc) Gemischte Aufträge im Sinne von §111 GWB
d) Während des Nachprüfungsverfahrens

III. Konkretisierungslast des öffentlichen Auftraggebers
1. Konkretisierungslast bei Verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen gem. §104 Abs.1 GWB
2. Konkretisierungslast Verschlusssachenaufträge
a) Darlegungslast hinsichtlich formeller Voraussetzungen
b) Darlegungslast hinsichtlich materieller Voraussetzungen
aa) Sicherheitsempfindliche Tätigkeit als Grundvoraussetzung
bb) Weitere Voraussetzung: Verwendung bei Erfüllung (Nr.1), Erfordern oder Beinhalten (Nr.2)
3. Konkretisierungslast der gewählten Verfahrensart
a) Nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, §146 Satz1 GWB, §11 VSVgV
b) Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb aufgrund von Dringlichkeit gem. §12 Abs.1 Nr.1 lit. b) VSVgV
c) Wettbewerblicher Dialog, § 13 VSVgV
4. Konkretisierungslast bei Ausnahmetatbeständen
a) Ausnahmen nach §145 Nr.1 GWB
b) Ausnahmen nach Art.346 Abs.1 AEUV, §107 Abs.2 GWB
aa) Preisgabe wesentlicher Sicherheitsinteressen, Art.346 Abs.1 lit. a) AEUV, §107 Abs.2 Nr.1 GWB
bb) Maßnahmen zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen Art.346 Abs.1 lit. b) AEUV, §107 Abs.2 Nr.2 GWB

IV. Überprüfbarkeit von Geheimschutzgründen
1. Konkretisierungslast trotz Amtsermittlungspflicht gem. §163 GWB?
2. Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge
3. Verschlusssachenaufträge
4. Wahl der Verfahrensart
5. Ausschlussgründe
a) Nachrichtendienstliche Tätigkeit, §145 Nr.1 GWB
b) Ausnahmen nach Art.346 Abs.1 AEUV, §107 Abs.2 GWB
aa) Preisgabe wesentlicher Sicherheitsinteressen, Art.346 Abs.1 lit. a) AEUV, §107 Abs.2 Nr.1 GWB
bb) Maßnahmen zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen Art.346 Abs.1 lit. b) AEUV, §107 Abs.2 Nr.2 GWB
cc) Gesamtvergabe bei gemischten Aufträgen

V. Ergebnis

I. Rechtsgrundlagen und Gang der Untersuchung

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber sind §§144 – 147 GWB. Die dort genannten Verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge sind ihrerseits in §104 GWB geregelt. Während §144 GWB nur ein Reflex aus Gründen der GWB-internen Systematik ist (und den Anwendungsbereich des jeweiligen Unterabschnitts im GWB regelt),1 basieren §104 und §§145 ff. GWB auf der nationalen Umsetzung der RL 2009/81/EG, das ist die Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (Vergaberichtlinie Verteidigung und Sicherheit). Hinsichtlich der Normhistorie folgt §104 GWB grundsätzlich auf §99 GWB a.F., sodass sich die dortigen Wertungen grundsätzlich auf §104 GWB übertragen lassen. Bei der nationalen Transformation wurden indes nicht alle Ausnahmetatbestände nach Art.12, 13 RL 2009/81/EG in dem Umsetzungstatbestand für Ausnahmen, §145 GWB, geregelt. Viele der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen finden sich in §107 GWB. Diese allgemeinen Ausnahmetatbestände in §107 GWB sind neben denen nach §145 GWB anwendbar.2 Da Art.11 RL 2009/81/EG ein Umgehungsverbot normiert, sind die in Art.12, 13 RL 2009/81/EG normierten Ausnahmetatbestände besonders eng auszulegen.3 Weitere Ausnahmetatbestände folgen aus Art.346 AEUV, wie §107 Abs.2 GWB nunmehr ausdrücklich festschreibt, da die RL 2009/81/EG einen eigenständigen Anwendungsbereich hat.4 Ergänzend sind mit Art.15 bis 17 RL 2014/24/EU und Art. 24 bis 26 RL 2014/25/EU die öffentlichen Aufträge und Wettbewerbe mit „Verteidigungs- und Sicherheitsaspekten“ eingeführt worden. Die dort beschriebenen öffentlichen Aufträge sind gegenüber denen der RL 2009/81/EG subsidiär. Ein Anwendungsbereich verbleibt etwa für die Unterschwellenvergabe. Zudem enthalten Art.15 Abs.2, 3, Art.17 RL 2014/24/EU sowie Art.24 Abs.2, 3, Art.27 RL 2014/25/EU weitere Ausnahmetatbestände für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe mit Verteidigungs- und Sicherheitsaspekten, welche mit §117 GWB in nationales Recht transformiert wurden.5 Dem Wortlaut von §117 GWB nach ist die Vorschrift nicht auf die Vergabe von verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen anwendbar, sodass die Norm im Verlauf dieser Arbeit nicht weiter behandelt wird.

Eine weitergehende Konkretisierung hat die Vergabe von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen im Sinne von §104 GWB durch die VSVgV erfahren, deren Verordnungsermächtigung §113 Satz2 Nr.7 GWB begründet. Die VSVgV ist ihrerseits selbst Konsequenz der Umsetzung von Art. 7, 22 RL 2009/81/EG. Im Zusammenhang mit etwaigen Geheimschutzgründen regelt §7 VSVgV den Umgang mit Verschlusssachen nach §104 Abs.3 GWB durch Private (§7 VSVgV ist demnach kein Teil dieser Arbeit). Ergänzend zur VSVgV gilt die VOB/A VS gem. §1 Abs.2 VOB/A bei der Vergabe von sicherheitsspezifischen Bauaufträgen oberhalb des Schwellenwerts. Das Verhältnis zwischen VSVgV und VOB/A VS ist wegen der strengeren Voraussetzungen der VSVgV zu deren Gunsten aufzulösen, d.h. die VOB/AS ist lediglich nachrangig anwendbar.6

Als notwenige Vorfrage ist jeweils zu klären, wann ein öffentlicher Auftrag verteidigungsrelevant oder als Verschlusssache zu behandeln ist. Während sich ersteres materiell über das GWB und die VSVgV bestimmt lässt, ist die Erklärung zur Beschlusssache zunächst an die formellen und materiellen Voraussetzungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) geknüpft, insbesondere an §4 SÜG.7

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist einleitend die Frage zu klären, was unter verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen gem. §104 Abs.1 GWB und was unter Verschlusssachen im Sinne von §104 Abs.3 GWB zu verstehen ist. Denn bereits mit dem Vorliegen eines verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Auftrags oder einer Verschlusssache ist die Transparenz im Sinne von §97 Abs.1 Satz1 GWB im Vergabeverfahren über §146 GWB begrenzt (A.II.4.a)). Das ist der Ausgangspunkt für den weitergehenden Schutz militärisch sensibler Informationen (Geheimschutz im weiteren Sinne). Sodann ist auf die Rechtsfolgen bei Vorliegen eines verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Auftrags einzugehen, insbesondere wann ein Vergabeverfahren nach §145 GWB und nach §107 Abs.2 GWB ausgeschlossen ist (A.II.4.b) und A.II.4.c)). Im Anschluss wird der Geheimschutz im Hinblick auf ein etwaiges Akteneinsichtsrecht der weiteren Bieter im Nachprüfungsverfahren gem. §165 GWB untersucht (Geheimschutz im engeren Sinne, A.II.4.d)). In dem anschließenden Kapital wird die Konkretisierungslast des öffentlichen Auftraggebers für die vorbenannten Bereiche analysiert (A.III .). Sollten unterlegene Bieter Zweifel an dem Vorliegen eines Geheimschutzgrundes haben, ist abschließend zu fragen, ob und inwiefern diese das tatsächliche Vorliegen eines solchen Geheimschutzgrunde gerichtlich überprüfen lassen können (A.IV .). Haushaltsrechtliche Fragestellung werden im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt.

II. Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge und Verschlusssachen

1. Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge, §104 Abs.1 GWB

Verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge definiert §104 Abs.1 GWB. Wie sich aus dem Wortlaut des §104 Abs.1 GWB sowie aus dem systematischen Zusammenspiel mit §103 GWB ergibt, sind verteidigungs- und sicherheitsspezifische Aufträge ein Unterfall der öffentlichen Aufträge. Demnach unterfallen Konzessionen gerade nicht dem Regime von §§104, 144 ff. GWB.8 Der persönliche Anwendungsbereich ist gegenüber den Vorschriften der §§97 ff. GWB identisch, sodass der Auftraggeberbegriff sich nach §98 GWB richtet und sowohl öffentliche Auftraggeber als auch Sektorenauftraggeber umfasst.9 Dieses erstes ist ein notweniges, jedoch kein hinreichendes Kriterium zur Bestimmung der Aufträge nach §104 Abs.1 GWB. Denn darüber hinaus muss der öffentliche Auftrag einen der in den vier Nummern des Abs.1 beschriebenen Tatbestände erfüllen.

a) Lieferung von Militärausrüstung, §104 Abs.1 Nr.1 GWB

Die erste Nummer des Katalogs nach §104 Abs.1 GWB erfasst nach ihrem Wortlaut Militärausrüstung, welche wiederum in §104 Abs.2 GWB legaldefiniert ist (dazu sogleich). Darüber hinaus umfasst der normative Gehalt von Nr.1 auch im Zusammenhang mit der Militärausrüstung stehende Teile, Bauteile oder Bausätze. Gemeint sind damit Einzel- oder Ersatzteile, die für sich genommen noch nicht einsatzbereit sind. Andernfalls käme es zu einem Wertungswiderspruch, wenn fertige Militärausrüstung nach den Regelungen der §§144 ff. GWB und der VSVgV beschafft werden müssten, Ersatzteile hierfür – die als integraler Bestandteil der Ausrüstung gleichermaßen der Geheimhaltung unterliegen können – indes nicht.10 Diesen denkbaren Widerspruch hat der Richtliniengeber gesehen und in Art.2 lit. a) RL 2009/81/EG aufgelöst.11

Wie bereits angesprochen, folgt der Begriff der „Militärausrüstung“ aus §104 Abs.2 GWB in Umsetzung von Art.1 Abs.6 RL 2009/81/EG. Nach der jeweils deckungsgleichen Definition ist Militärausrüstung jede Ausrüstung, die eigens zu militärischen Zwecken konzipiert oder für militärische Zwecke angepasst wird und zum Einsatz als Waffe, Munition oder Kriegsmaterial bestimmt ist.12 Näheren Aufschluss, welche konkreten Produkte unter dem Begriff Militärausrüstung zu fassen sind, erteilt Erwägungsgrund 10 RL 2009/81/EG:

Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten unter Militärausrüstung insbesondere die Arten von Produkten verstanden werden, die in der vom Rat in der Entscheidung 255/58 vom 15. April 1958 angenommenen Liste von Waffen, Munition und Kriegsmaterial aufgeführt sind, und die Mitgliedstaaten können sich bei der Umsetzung dieser Richtlinie allein auf diese Liste beschränken. Diese Liste enthält ausschließlich Produkte, die speziell zu militärischen Zwecken konzipiert, entwickelt und hergestellt werden. Es handelt sich jedoch um eine generische Liste, die unter Berücksichtigung der sich weiter entwickelnden Technologie, Beschaffungspolitik und militärischen Anforderungen, die die Entwicklung neuer Arten von Produkten nach sich ziehen, beispielsweise auf der Grundlage der gemeinsamen Militärgüterliste der Union, weit auszulegen ist. Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte der Begriff „Militärausrüstung“ auch Produkte einschließen, die zwar ursprünglich für zivile Zwecke konzipiert wurden, später aber für militärische Zwecke angepasst werden, um als Waffen, Munition oder Kriegsmaterial eingesetzt zu werden.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Liste des Rats vom 15. April 1958,13 auf welche sich der Erwägungsgrund 10 bezieht, infolge der vergangenen Zeit überholt sein dürfte.14 Schließlich dürfte 1958 noch niemand an gezielte Militäroperationen mittels unbenannter Drohnen gedacht haben. Eine ernsthafte Beschaffung wird in Deutschland erst seit 2016 diskutiert15 und ist immer noch nicht vom Bundestag beschlossen worden.16 Dem technischen Fortschritt war sich auch der damalige Rat bewusst; in dem vorstehenden Erwägungsgrund 10 findet sich daher die Wendung: „ Es handelt sich jedoch um eine generische Liste, die unter Berücksichtigung der sich weiter entwickelnden Technologie, Beschaffungspolitik und militärischen Anforderungen, die die Entwicklung neuer Arten von Produkten nach sich ziehen“. Dieser weiter entwickelnden Technologie hat sich der Rat mit der „Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union“ vom 17. März 2014 angenommen und die vorherige Militärgüterliste vom 11.März 2013 fortgeschrieben.17 In der aktuellen Militärgüterliste sind unter ML 14 die angesprochenen Drohnen aufgezählt. In der Folge ist die jeweils aktuelle Militärgüterliste für die Praxis zur maßgeblichen Auslegungshilfe geworden.18 Deswegen und wegen der offenen Formulierungen in 10. Erwägungsgrund ist der in der Literatur geführt Streit, ob die Liste von 1958 abschließend ist, irrelevant.19

Der Wortbestandteil „Ausrüstung“ ist insbesondere im Zusammenspiel mit den weiteren Varianten des §104 Abs.1 Nr.1 GWB weit auszulegen. Eine militärische Zweckbestimmung des Gegenstands ist demnach, unbeachtlich der Natur des Gegenstands, ausreichend. Somit unterfallen sowohl Sachen im Sinne von §90 BGB als auch körperlose Gegenstände wie Software, Daten, Informationen oder Rechte dem Ausrüstungsbegriff.20

aa) Militärische Zweckbestimmung

Sofern einem Ausrüstungsgegenstand nicht bereits über die Militärgüterliste eine militärische Zweckbestimmung zugewiesen ist (dies folgt aus der Wendung im Erwägungsgrund 10: Diese Liste enthält ausschließlich Produkte, die speziell zu militärischen Zwecken konzipiert, entwickelt und hergestellt werden),21 ist eine solche objektiv und subjektiv zu bestimmen:22 Sie ist gegeben, wenn der in Rede stehende Gegenstand für den militärischen Einsatz (subjektiv) verwendet werden soll und objektiv einen spezifisch militärischen Charakter hat.23 Die potentielle Verwendbarkeit eines Gegenstands (etwa von Küchenmessern) reicht indes nicht.24 Damit ist unter der subjektiven Komponente, die Widmung des Gegenstands zur militärischen Nutzung im Zeitpunkt der Entstehung zu verstehen. Die Zweckbestimmung muss sowohl bei der Schaffung des Gegenstands als auch im Zeitpunkt des Zuschlags gegeben sein.25 Demnach kommt es nicht auf die Eigenschaft des Verwenders an: Sofern die Bundeswehr zivile Aufgaben wahrnimmt, etwa gem. Art.35 Abs.2 Satz2 GG bei Naturkatastrophen oder einem besonders schweren Unglücksfall, bleibt die Klassifizierung ihrer Ausrüstung unberührt. Spiegelbildlich stellt nicht jeder Gegenstand, der im Rahmen einer Aufgabe nach Art.87a GG von der Bundeswehr genutzt wird, Militärausrüstung dar.26

bb) Dual-Use-Gegenstände

Zweifelsfragen ergeben sich indes bei sog. Dual-Use-Gegenständen, d.h. Gegenstände, die sowohl für eine militärische als auch für eine nicht militärische Verwendung bestimmt sind.27 Mit Blick auf das Ziel des besonderen Regelungsregimes der §§144 GWB und der VSVgV, sensible Information zu schützen,28 ist Folgendes anzunehmen: Für rein zivile Zwecke konzipierte Gegenstände (etwa die bereits erwähnten Küchenmesser), die frei am Markt beziehbar sind, besteht kein besonderes Geheimhaltungsbedürfnis und demnach auch kein Grund, die Beschaffung frei zugänglicher Waren den Regelungen der Sicherheitsvergabe zu unterwerfen.29 Wurde ein Gegenstand sowohl für die zivil, als auch für die militärische Nutzung konzipiert, soll die Zweckbestimmung laut EuGH im Zeitpunkt der Beschaffung des Gegenstands (nicht bei der Entstehung) maßgeblich sein.30 Problematisch ist, dass die Entscheidung des EuGH zu Art.346 AEUV und nicht zu §104 Abs.2 GWB (bzw. §99 Abs.7 GWB a.F.) ergangen ist. Der AEUV hat aber – wie bereits erwähnt – gegenüber §104 GWB einen eigenständigen Regelungsgehalt und demnach ein eigenes Begriffsverständnis. Ausgangspunkt ist zunächst die unterschiedliche Normhierarchie: Während Art.346 AUEV als Primärrecht unmittelbare Wirkung entfaltet, bedurfte die RL 2009/81/EG der nationalen Umsetzung. Da die RL den Mitgliedsstaaten jedoch einen Spielraum beließ, ist im Einzelfall unklar, inwiefern das Primärrecht sich mit dem nationalen Recht deckt. Denn Erwägungsgrund 16 formuliert Folgendes:

Die Artikel 30, 45, 46, 55 und 296 (nunmehr Art.346 AUEV, Erläuterung hinzugefügt) des Vertrags sehen besondere Ausnahmen von der Anwendung seiner Grundsätze und damit auch von der Anwendung des von diesen abgeleiteten Rechts vor. Dies bedeutet, dass keine Bestimmung dieser Richtlinie dem Erlass oder der Durchsetzung von Maßnahmen entgegenstehen sollte, die sich zur Wahrung von Interessen als notwendig erweisen, die aufgrund dieser Bestimmungen des Vertrags als legitim anerkannt sind.

Dies bedeutet insbesondere, dass die Vergabe von Aufträgen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, von dieser Richtlinie ausgenommen werden kann, wenn dies aus Gründen der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt ist oder der Schutz der wesentlichen Sicherheitsinteressen eines Mitgliedstaats dies gebietet. Dies kann bei Verträgen sowohl im Bereich der Verteidigung als auch der Sicherheit der Fall sein, die äußerst hohe Anforderungen an die Versorgungssicherheit stellen oder so vertraulich und/oder wichtig für die nationale Souveränität sind, dass selbst die besonderen Bestimmungen dieser Richtlinie nicht ausreichen, um wesentliche Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten zu schützen, deren Definition in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.

Demnach wurde mit der RL 2009/81/EG ein zweispuriges Ausnahmesystem parallel zu Art.346 AEUV geschaffen. Normativ statuiert dies Art.2 RL 2009/81/EG, wonach diese Richtlinie vorbehaltlich der Artikel 30, 45, 46, 55 und 296 AEUV (a.F.) gilt. Die nationale Umsetzung erfolgte sodann, wie bereits dargelegt, in §§ 107, 145 GWB.31 Damit diese weitere Ausnahmemöglichkeit der Mitgliedstaaten nicht in eine systematische Umgehung des europaweiten Vergabeverfahrens ausufert, erklärt Erwägungsgrund 17 Folgendes:

Allerdings sollte die Möglichkeit, von solchen Ausnahmen Gebrauch zu machen, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nur so weit in Anspruch genommen werden, wie dies zur Wahrung der nach den genannten Artikeln als legitim anerkannten Interessen unbedingt erforderlich ist. Dies bedeutet, dass eine Nichtanwendung der Richtlinie sowohl den verfolgten Zielen angemessen sein als auch die Option darstellen muss, die den freien Warenverkehr und die Dienstleistungsfreiheit am wenigsten behindert.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Art.346 AEUV und die Regelungen des nationalen Rechts, in Deutschland etwa §§104, 145 ff. GWB, einen eigenständigen Regelungsgehalt haben und ein zweigliedriges Ausnahmeverhältnis begründen. Die Frage, welcher der Vorschriften Anwendung findet, ist mit Blick auf die Rechtsfolge, etwa wann ein wettbewerbsrechtliches Verfahren nach RL 2009/81/EG einzuleiten ist, relevant. Denn Art.346 Abs.1 AEUV bzw. §107Abs.2 GWB führen zu einem Ausschluss vom Vergabeverfahren, während §§104, 144ff. GWB grundsätzlich zur Anwendung des (Sonder-)Vergaberechts führen und nur unter den weiteren Ausnahmen nach §145 GWB hiervon abgewichen werden darf. In der Konsequenz erscheint eine Auslegung von §104 Abs.2 anhand von Art.346 AEUV demnach zweifelhaft.32

Eine spätere Umwidmung eines ursprünglich für zivile Zwecke beschafften Gegenstands hin zu einer militärischen Nutzung stellt hingegen keine Beschaffung dar und ist aus vergaberechtlicher Sicht irrelevant.33 Denn mit Blick auf den Sinn der Sicherheitsvergabe, d.h. den Schutz sensibler Daten, ist eine erneute Sicherheitsausschreibung bei frei beziehbaren zivilen Gegenständen nicht angezeigt. Insofern gilt hier nichts Anderes als gegenüber frei beziehbaren Gegenständen, die dual eingesetzt werden können.34 Etwas anderes gilt nur dann, wie der 10. Erwägungsgrund dargelegt, wenn Gegenstände beschafft werden sollen, die „ zwar ursprünglich für zivile Zwecke konzipiert wurden, später aber für militärische Zwecke angepasst werden, um als Waffen, Munition oder Kriegsmaterial eingesetzt zu werden.“ Denn durch die vorgenommene „Anpassung“ hin zu einem Militärgegenstand entfällt auch die freie Verfügbarkeit des zivilen Gegenstands am Markt. Ob ein Gegenstand für die militärische Verwendung konzipiert oder dahingehend substantiell geändert wurde, ist demnach unbeachtlich.35

b) Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, § 104 Abs. 1 Nr. 2 GWB

Hinsichtlich §104 Abs.1 Nr.2 GWB und der dort geregelten die Lieferung von Ausrüstung, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben wird, einschließlich der dazugehörigen Teile, Bauteile oder Bausätze, ist für die Ausführungen über Verschlusssachenaufträge im Sinne von §104 Abs.3 GWB zu verweisen.36 Auf die vorstehenden Ausführungen zur Ausrüstung wird ebenfalls Bezug genommen.37 Dass die Beschaffung im Zusammenhang mit Verschlusssachen ebenso wie die Beschaffung von Militärausrüstung dem Regime der §§144 ff. GWB und dem der VSVgV unterfällt, ist mit Blick auf das identische Schutzgut nur konsequent. Denn Art.1 Nr.7, 8 RL 2009/81/EG bezeichnet derartige Verschlussaufträge als „sensible Ausrüstung“, denen unabhängig von Form, Beschaffenheit oder Art – insofern unterscheiden sich Verschlusssachen von Militärangelegenheiten – ein Geheimhaltungsgrad zugewiesen ist.38

c) Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung, §104 Abs.1 Nr.3 GWB

Bereits der Wortlaut von §104 Abs.1 Nr.3 GWB, wonach auch Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der in den Nummern 1 und 2 genannten Ausrüstung in allen Phasen des Lebenszyklus der Ausrüstung unter das Sondervergaberecht fallen, verdeutlicht den Ergänzungscharakter des Tatbestands.39 Denn die Vorschrift bezieht sich auf die vorstehenden Nummern und weitetet deren Anwendungsbereich sachlich (Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang) und zeitlich (in allen Phasen des Lebenszyklus) aus. Abstrakte Beispiele hierfür nennen Art.1 Nr.26 RL 2009/81/EG und Erwägungsgrund 12 der RL 2009/81/EG, wo es heißt:

Diese Richtlinie sollte den Erfordernissen des Auftraggebers während des gesamten Lebenszyklus der Produkte, d. h. der Forschung und Entwicklung, industriellen Entwicklung, Herstellung, Reparatur, Modernisierung, Änderung, Instandhaltung, Logistik, Schulung, Erprobung, Rücknahme und Beseitigung Rechnung tragen. Diese Stadien schließen beispielsweise Studien, Bewertung, Lagerung, Transport, Integration, Wartung, Demontage, Zerstörung und alle weiteren Dienstleistungen nach der ursprünglichen Konzipierung ein. Einige Verträge können die Lieferung von Teilen, Bauteilen und/oder Bausätzen, die zum Einbau in die Produkte oder zur Befestigung an diesen bestimmt sind, und/oder die Lieferung von Spezialwerkzeug, Prüfvorrichtungen oder Hilfsmitteln einschließen.

Diese Erweiterungen der Nr.1 und Nr.2 begrenzt das Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs. Ein solcher soll etwa vorliegen, wenn die Militärausrüstung ohne die in Rede stehende Leistung nicht einsatzfähig wäre.40 Gleichermaßen hat das Bundeskartellamt auf die Preisgabe sensibler Informationen bei der Ergänzungsleistung abgestellt.41 In der Folge ist auch die zivile Nutzung ehemaliger militärischer Flächen kein Fall der Nr.3, da hier weder die militärische Einsatzfähigkeit noch der Schutz sensibler Informationen in Rede steht.42

d) Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, §104 Abs.1 Nr.4 GWB

Eine weitere Ergänzung zu Nr.1 und Nr.2 nimmt §104 Abs.1 Nr.4 GWB vor, wonach auch Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke oder Bau- und Dienstleistungen, die im Rahmen eines Verschlusssachenauftrags vergeben werden, dem Regime der §§144 ff. GWB und dem der VSVgV unterfallen. Dies wird durch die Formulierung „Bau- und Dienstleistungen speziell für militärische Zwecke“ und nicht etwa „Militärausrüstung“ deutlich. Lieferaufträge sind ausdrücklich nicht erfasst, was einen Unterschied zu Nr.1 und Nr.2 begründet.43 Häufig wird es bei Dienst- und Bauleistungen im Sinne von Nr.4 um Dual-Use-Gegenstände oder Dienstleistungen handeln, deren Zweck im Einzelfall zu bestimmen ist.44 So erfüllt die Kasernenverpflegung durch einen privaten Dienstleister grundsätzlich keinen militärischen Zweck. Anders sieht das jedoch bei der Verpflegung im Einsatz aus. Dort gehen mit der Dienstleistung militärisch relevanten Informationen (genauer Aufenthaltsort der örtlichen Streitkräfte, Truppenstärker, verbleibende Vorräte) einher, sodass es sich um eine verteidigungs- und sicherheitsspezifische Beschaffung handelt.

2. Verschlusssachenaufträge, §104 Abs.3 GWB

Verschlusssachenaufträge sind gem. §104 Abs.3 GWB öffentliche Aufträge, die im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit ähnliche Merkmalen aufweisen und ebenso schutzbedürftig sind wie Aufträge gem. §104 Abs.1 GWB.45 Des Weiteren muss im Rahmen von §104 Abs.3 GWB – ähnlich wie bei §104 Abs.1 GWB – ein weiteres Merkmal hinzutreten.46 Nach §104 Abs.3 Nr.1 GWB sind öffentliche Aufträge erfasst, bei deren Erfüllung oder Erbringung Verschlusssachen nach § 4 SÜG des Bundes oder nach den entsprechenden Bestimmungen der Länder verwendet werden. Ergänzend regelt §104 Abs.3 Nr.2 GWB öffentliche Aufträge, die Verschlusssachen im Sinne von §104 Abs.3 Nr.1 GWB erfordern oder beinhalten. Mit dem Wortlaut („nicht-militärische Sicherheit“) wird bereits deutlich, dass §104 Abs.3 GWB das zivile Gegenstück gegenüber Aufträgen über Militärausrüstung nach §104 Abs.1 GWB darstellt.47 Die Gleichbehandlung militärischer und nicht-militärischer Aufträge in diesem Kontext lässt sich über die gemeinsame unionsrechtliche Grundlage RL 2009/81/EG erklären, wo unter Art.1 Nr.8 Verschlusssachen definiert sind. Verschlusssachen sind besondere Informationen, denen unabhängig von Form, Beschaffenheit oder Art der Übermittlung ein Geheimhaltungsgrad zugewiesen ist oder für die eine Schutzbedürftigkeit anerkannt wurde. Auf diese Definition bezieht sich ausdrücklich der deutsche Gesetzgeber.48 Ziel des Richtliniengebers war, wie Erwägungsgrund 11 RL 2009/81/EG verdeutlicht, die Umgehung des allgemeinen Vergaberechts zu erschweren. Dies soll erreicht werden, indem der geforderte Geheimhaltungsgrad bzw. die Schutzbedürftigkeit tatsächlich vorliegen und ein unmittelbarer Zusammenhang zur Sicherheitsrelevanz des zu vergebenden Auftrags bestehen muss.49

Das Merkmal „nicht-militärische Ausrüstung“ (abgeleitet aus dem Wortsinn von „ähnliche Merkmale […] wie die Lieferung von Militärausrüstung“) ist parallel zur dem Ausrüstungsbegriff des §104 Abs.1 GWB weit zu verstehen. In der Folge sind auch Dual-Use-Güter, die gerade nicht für militärische Zwecke konzipiert oder angepasst wurden, erfasst. Eine Begrenzung folgt jedoch aus der Auftragsart im „speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit“. Die Ausgestaltung dieses Bereichs prägt Erwägungsgrund 11 RL 2009/81/EG:

„Im speziellen Bereich der nicht-militärischen Sicherheit sollte diese Richtlinie für Beschaffungen gelten, die ähnliche Merkmale aufweisen wie Beschaffungen im Verteidigungsbereich und ebenso sensibel sind. Dies kann insbesondere in Bereichen der Fall sein, in denen militärische und nicht-militärische Einsatzkräfte bei der Erfüllung derselben Missionen zusammenarbeiten und/oder die Beschaffung dazu dient, die Sicherheit der Union und/oder der Mitgliedstaaten auf ihrem Hoheitsgebiet oder darüber hinaus vor ernsten Bedrohungen durch nicht-militärische und/oder nichtstaatliche Akteure zu schützen. Dies kann beispielsweise den Grenzschutz, polizeiliche Tätigkeiten und Kriseneinsätze einschließen.“

Demnach sind etwa die polizeiliche Ausrüstung, etwa Sicherheitswesten – deren Widerstandsfähigkeit dürfte eine entsprechende sensible Information sein –, oder die Ortungsgeräte des technischen Hilfswerks50 dem nicht-militärischen Bereich mit vergleichbaren Sicherheitsanforderungen zuzuordnen.51

Wann eine Verschlusssache im Sinne von §104 Abs.3 GWB vorliegt, richtet sich nach §4 SÜG oder nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz der Länder.52 Verschlusssachen gem. §4 Abs.1 Satz1 SÜG sind im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Wohles des Bundes oder eines Landes, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Verschlusssachen können nach §4 Abs.1 Satz2 SÜG auch Produkte und die dazugehörenden Dokumente sowie zugehörige Schlüsselmittel zur Entschlüsselung, Verschlüsselung und Übertragung von Informationen sein (sog. Kryptomittel). Darüber hinaus können im öffentlichen Interesse nach Satz3 auch Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungs-, Steuer- oder sonstige private Geheimnisse oder Umstände des persönlichen Lebensbereichs geheimhaltungsbedürftig sein. Konkret können demnach Verschlusssachen Schriftstücke, Karten, Fotokopien, Lichtbildmaterial, elektronische Dateien und Datenträger, elektronische Signale, Geräte, technische Ausrüstung oder das gesprochene Wort sein.53 Die weitere Klassifizierung des Vertraulichkeitsgrads in §4 Abs.4 SÜG ist die Einordnung als Verschlusssache im Sinne von §104 Abs.3 GWB unerheblich.54

[...]


1 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.4.

2 Antweiler, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 145 GWB, Rn.2.

3 Wagner/Bauer, VergabeR 2009, S.856 (860); Ziekow, VergabeR 2007, S.711 (712f.).

4 Erwägungsgrund 16 RL 2009/81/EG.

5 Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, § 104 Rn.3f.

6 Winnes, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, §1 VOB/A VS, Rn.5.

7 BR-Drucks. 349/08, S. 33f.; vgl. auch Prieß/Hölzl, NZBau 2011, S.65 (66).

8 Siehe für den verbleibenden, in der Praxis kaum relevanten Fall der Vergabe von Konzessionen im den Bereichen Verteidigung und Sicherheit §150 GWB; dazu Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, §150 Rn.2 ff.

9 Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, §104 Rn.18f.

10 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.13.

11 Erwägungsgrund 14 RL 2009/81/EG.

12 Abstrakte Definitionen der Merkmale „Waffen“, „Munition“ und „Kriegsmaterial“ bei Scherer-Leydecker, NZBau 2012, S.533 (536); ders., in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 91ff. und bei von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.46ff.

13 Nicht veröffentlicht, vgl. aber Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.28; Thiele, in: Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht III, §104 GWB, Rn.13.

14 So etwa Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, § 104 Rn.31; Wegener, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn.105.

15 https://www.tagesschau.de/inland/drohnen-127.html (abgerufen am 19.08.2018 um 15:13 Uhr).

16 https://www.tagesschau.de/inland/drohnen-143.html (abgerufen am 19.08.2018 um 15:14 Uhr).

17 Abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=OJ:C:2014:107:FULL (abgerufen am 19.08.2018 um 15:15 Uhr).

18 Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, §99 GWB a.F., Rn.262; Scherer-Leydecker, in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 93.

19 Gegen einen abschließenden Charakter Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 99 a.F. Rn. 261; Willenbruch, in: ders./Wieddekind, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 136; Scherer-Leydecker, in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 90; Krohn, in: Gabriel/Krohn/Neun, Vergaberecht, §57 Rn.12; wie hier offen gelassen bei von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.32; Wegener, in Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 105.

20 Scherer-Leydecker, NZBau 2012, S.533 (535); Wegener, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 106, Willenbruch, in: ders./Wieddekind, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 18.

21 Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, §99 GWB a.F., Rn.268.

22 Dippel, in: Müller-Wrede, GWB, §104 Rn.24f.; Krohn, in: Gabriel/Krohn/Neun, Vergaberecht, §57 Rn.9; Wegener, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 106ff.; im Ergebnis ebenso rein von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.38f.: „gewillkürter Zweckbestimmung“, die „objektiv nachprüfbar sein“ muss; subjektiv EuGH, NZBau 2008, S.401 (403), allerdings zu §346 AEUV; objektiv nunmehr EuGH, NZBau 2012, S.509 (511) ebenfalls zu Art.346 AEUV; Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.24; Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, § 104 Rn.27.

23 Vgl. Müller, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, § 104 Rn.32.

24 EuGH, NZBau 2012, S.509 (511); NZBau 2008, S.401 (403) für die Beschaffung von Hubschraubern für Militärkorps zur zivilen Nutzung; Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.33.

25 Scherer-Leydecker, in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn. 89.

26 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.37f.

27 Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck.

28 Vgl. BT-Drucks. 17/7275, S.2 bezeichnet die Beschaffung militärischer Güter als „besonders sensible Materie[, bei der] wichtige nationale Verteidigungs-, Sicherheits- und Geheimhaltungsinteressen berührt werden“.

29 Andernfalls könnte der freie Wettbewerb beeinträchtigt werden, EuGH 2012, S.509 (511); Weyand, Vergaberecht, §99 a.F. Rn.415; a.A. wohl Rechten, in: Willenbruch/Wieddekind, Vergaberecht, § 99 a.F., Rn. 86; Scherer-Leydecker, in: Heuvels/Höß/Kuß/Wagner, Vergaberecht, § 99 GWB, Rn. 87, 89.

30 EuGH, NZBau 2008, S.401 (403).

31 A.I., S.4.

32 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.44; im Ergebnis ebenso Prieß/Hölzl, NZBau 2008, S.563 (565); Wegener, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn.101; a.A. Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, §99 GWB a.F., Rn.267; Scherer-Leydecker, NZBau 2012, S.533 (535).

33 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.45; a.A. Scherer-Leydecker, NZBau 2012, S.533 (535): Verfahren aufheben und neu ausschreiben.

34 A.II.1.a)bb), S.9.

35 EuGH, NZBau 2012, S.509 (511).

36 A.II.2.

37 A.II.1.a), S.8.

38 Darauf bezieht sich auch die Begründung der deutschen Umsetzung, BT-Drucks. 17/7275, S.13.

39 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.17.

40 BKartA Bonn, Beschluss vom 12.12.2014 – VK 1 - 98/14 –, juris Rn.42; Dippel, in: Müller-Wrede, GWB, §104 Rn.51.

41 BKartA Bonn, Beschluss vom 12.12.2014 – VK 1 - 98/14 –, juris Rn.38: „Ebenso kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Durchführung dieses Auftrags (der Betankung der [... ] Einheiten der Ag nach Einzelabruf) die Ag Informationen preisgibt (z.B. Name und Art der zu versorgenden Einheit, [...]), deren Preisgabe den Sicherheitsinteressen widersprechen könnte, da solche Informationen durchaus z.B. für die Planung terroristischer Anschläge auf die Streitkräfte der Ag relevant sein können“.

42 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.22.

43 Wegener, in: Pünder/Schellenbach, Vergaberecht, § 99 GWB a.F., Rn.116.

44 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.26.

45 Das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2016 – VII-Verg 46/15 –, juris Rn.30 spricht von einem „Auftrag für Sicherheitszwecke“.

46 So auch Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.43.

47 Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.39.

48 BT-Drucks. 17/7275, S.13; BR-Drucks. 464/11, S.14.

49 Von Wietersheim, in: Beck'scher VergaberechtskommentarI, §144 GWB, Rn.53.

50 https://www.thw.de/SharedDocs/Ausstattungen/DE/Geraete/bioradar.html;jsessionid=BCB7E3E491E90F072C7397ECC0C683D4.2_cid379?nn=925122 (abgerufen am 19.08.2018 um 15:15 Uhr).

51 Allgemein zur den nicht-militärischen Bereich Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.42f.

52 Im Rahmen dieser Arbeit wird nur das SÜG des Bundes behandelt. Nachweise zu den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen der Länder finden sich bei Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.45 Fn.103.

53 Homann, in: Leinemann/Kirch, VSVgV, §99 GWB a.F., Rn.26.

54 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2016 – VII-Verg 46/15 –, juris Rn.31; Hölzl, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht; §104 Rn.47.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Konkretisierungslast und Überprüfbarkeit von Geheimschutzgründen im Zusammenhang mit verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen
Hochschule
Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer (ehem. Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer)
Note
12
Autor
Jahr
2018
Seiten
53
Katalognummer
V458007
ISBN (eBook)
9783668896888
ISBN (Buch)
9783668896895
Sprache
Deutsch
Schlagworte
konkretisierungslast, überprüfbarkeit, geheimschutzgründen, zusammenhang, aufträgen
Arbeit zitieren
Jan Tenner (Autor:in), 2018, Konkretisierungslast und Überprüfbarkeit von Geheimschutzgründen im Zusammenhang mit verteidigungs- und sicherheitsspezifischen öffentlichen Aufträgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458007

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