Soziale In- und Exklusion im höfischen Roman um 1200


Masterarbeit, 2017

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

(I) EINLEITUNG: ZUR AKTUALITÄT SOZIOLOGISCHER FRAGESTELLUNGEN

1. Soziale Ungleichheit als zeitübergreifendes Problem

2. Die terminologische Grundlage: In-/Exklusion oder Des-/Integration?

(II) METHODISCH-THEORETISCHE SITUIERUNG

1. Die methodologische Grundlage: Intersektionalität & Narratologie – Forschungsstand und Problematisierung

2. Raumanalytische Modifizierung des Ansatzes und eigene Herangehensweise

(III) SOZIALE IN- UND EXKLUSION IM HÖFISCHEN ROMAN UM 1200

1. Konformität als Identitätsgrundlage? Die höfische Gesellschaft als Ausgangspunkt

2. Inklusionsdynamiken
2.1 Beschreibung
a) Tristan
b) Brünhild
c) Parzival
d) Kundrie
2.2 Abstraktion der Beobachtungen

3. Exklusionsdynamiken
3.1 Beschreibung
a) Mabonagrin
b) Siegfried
3.2 Abstraktion der Beobachtungen

(IV) ZUM VORMODERNEN TOLERANZBEGRIFF:
Rückblick und Fazit

Literaturverzeichnis

(I) EINLEITUNG: ZUR AKTUALITÄT SOZIOLOGISCHER FRAGESTELLUNGEN

1. Soziale Ungleichheit als zeitübergreifendes Problem

„Within societies and nations, within so-called ‘communities’, there are divisions and conflicts around class, around ethnicity and racialization, and around gender as well as other social categories and social positions. Moreover, old people, single mothers, those living on benefits, the long-term unemployed, the sick, the disabled are terms we use to describe both the boundaries we place between different categories of people (although as we shall see these are not mutually exclusive), categories embodied in state practices and regulations, and unequal economic and social positions around income, housing, employment opportunities, education, skills and social rights as well as forms of social honour and rank. In this quagmire of inequality what means do we have for their understanding?”1

Die Frage nach einem Mittel oder Weg, einem Instrumentarium, das es uns ermöglicht, soziale Ungleichheit(en) systematisch zu beschreiben und zu verstehen, beschäftigt als „eine der Schlüsselfragen für das Verständnis von Gesellschaft“2 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen bereits seit geraumer Zeit und ist bis dato noch nicht abschließend beantwortet. Der Bereich der Ungleichheitsforschung, der Disability Studies, der Diversity Studies oder die Geschlechterforschung – allen Zweigen sind mehr oder minder die Erforschung von Ungleichheiten sowie Debatten und Diskussionen um die Differenzierung zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit, eine Sondierung von Privilegierungs- und Diskriminierungs- oder Stigmatisierungsprozessen gemein. Es handelt sich bei den beteiligten Disziplinen um ehedem deutlich voneinander separierte Sektoren wie die der Soziologie, der Psychologie, der Geschichts- oder der Literaturwissenschaft, die nun vermehrt zusammenkommen, um interdisziplinär die durch die Globalisierung immer deutlicher werdende Ungleichheit greifbar(er) zu machen.

Aus den einleitenden Ausführungen Floya Anthias’ werden zentrale, im Zuge einer Untersuchung sozialer Ungleichheiten innerhalb von Gesellschaften zu berücksichtigende Parameter deutlich: (1) Innerhalb von Gesellschaften finden Separierungen in Abhängigkeit von bestimmten sozialen Kategorien und Positionen statt. (2) Diese Separierung erfolgt u.a. und vor allem über eine bestimmte Terminologie bzw. über sprachliche Etikettierungen. (3) Zwischen verschiedenen Subgruppen bestehen bestimmte Grenzen, die aktiv (Anthias setzt an dieser Stelle ein wenig differenziertes „we“) gezogen werden bzw. konstruiert sind. (4) Separierungen gehen mit Konsequenzen hinsichtlich partizipativer Freiräume, genauer gesagt (sozialer) Handlungs-spielräume, einher. Ihre Problematisierung lässt sich über die Moderne hinaus ebenfalls auf die Vormoderne und ihre Gesellschaften ausweiten: Auch die sogenannte höfische Gesellschaft, welche als wesentlicher Bezugspunkt zur Analyse von Inklusions- und Exklusionsbewegungen im höfischen Roman um 1200 fungieren soll, stellt eine „community“ mit ihr innewohnenden, spezifischen Konflikten und sozialen Separierungen dar, denen bestimmte Normative zugrunde liegen3. Dieses Normenset in Bezug auf dessen Ausgestaltung sowie die damit zusammen-hängenden bzw. daraus ableitbaren Bedingungen einer In- bzw. Exklusion bestimmter Figuren in bzw. aus der höfischen Gesellschaft herauszuarbeiten, soll Ziel der vorliegenden Arbeit sein. Dabei soll eine Auswahl an mittelalterlicher Literatur als Untersuchungsgegenstand fungieren, die der höfischen Ideologie verpflichtet ist, denn sie dient keiner „zweckfreie[n] Unterhaltung, sondern es geht in diesen Geschichten immer auch darum, wie das Verhältnis zwischen dem einzelnen und dem Kollektiv bzw. der Gemeinschaft zu bestimmen sei; es geht immer auch darum, wie gelingende oder scheiternde Sozialisation aussieht.“4

2. Die terminologische Grundlage: In-/Exklusion oder Des-/Integration?

Ob eine Sozialisation als gelungen oder gescheitert bezeichnet werden kann, äußert sich in der sozialen Positionierung des einzelnen. Die Terminologie in Hinblick auf die Beschreibung sozia-ler Dynamiken und Positionierungen unterscheidet sich stark: Vielfach wird gegenwärtig von In- und Exklusion gesprochen, zahlreich finden sich Beschreibungen von Fällen, in denen Integra-tion und Desintegration thematisiert werden. Um das hier vorgestellte Forschungsvorhaben adäquat umsetzen zu können, erscheint aufgrund dieser mangelnden Einheitlichkeit initial eine begriffliche Sondierung ratsam.

Bieling sieht in Inklusions- bzw. Exklusionsprozessen hauptsächlich Phänomene der Moderne, auch wenn er für das Mittelalter, also stratifikatorisch differenzierte Gesellschaften, „die soziale Inklusion in den sozialen Stand bzw. in die soziale Schicht zum bestimmenden Moment“5 erklärt. Aufgrund der Tatsache, dass in der Vormoderne die Genealogie maßgeblich das Inklusionspotential beeinflusste, stellt er fest, dass die soziale Mobilität nur sehr schwach ausgeprägt gewesen sei, wobei sich die Formen der sozialen Inklusion stratifikatorisch aus-differenziert hätten, sich die Exklusion jedoch auf eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe beschränkt habe6. Auch Schulz verweist unter Bezugnahme auf Luhmanns Systemtheorie auf die Notwendigkeit einer Unterscheidung „zwischen vormoderner Inklusions- und moderner Exklu-sionsindividualität“7. Es ist festzuhalten, dass die Dichotomie aus In- und Exklusion demnach in Bezug auf die Vormoderne Anwendung findet und daher applizierbar erscheint. Und doch zeigt sich in den Forschungsarbeiten, die im Zuge der bevorstehenden Figurenanalyse hinzugezogen werden, eine verbreitete Tendenz zur Verwendung des Integrationsbegriffs. Daher verspricht die soziologische Definition dieser Begriffe Abhilfe: Rüdiger Lautmann definiert die Integration allgemein als „[d]ie Eingliederung, insbesondere Akzeptierung eines Individuums in seiner Gruppe“8. Im Gegenzug dazu scheint der partizipative Aspekt im Terminus ‚Inklusion‘ im Vordergrund zu stehen, denn er bezieht sich auf „[e]in differenzierungstheoretisches Konzept für die Teilhabe von Personen an gesellschaftlichen Teilsystemen“9.

Da die vorliegende Arbeit eine differenzierte sozialwissenschaftliche Theoretisierung des In- bzw. Exklusionsbegriffs in seiner Opposition zum Des-/Integrationsbegriff nicht leisten10 kann, folgt sie einer konkreten, weniger theoretischen Aufgabe: Inklusion und Exklusion werden über ihren Bedeutungsursprung begriffen als das Einschließen in und das Ausschließen aus der Gesellschaft. Hierbei soll die partiell auftretende Überschneidung mit dem Begriffspaar der Des-/Integration bei Aufführung anderer Forschungsarbeiten zu diesem Themenkomplex das Ergeb-nis dieser Untersuchung nicht negativ beeinflussen.

(II) METHODISCH-THEORETISCHE SITUIERUNG

1. Die methodologische Grundlage: Intersektionalität & Narratologie – Forschungsstand und Problematisierung

„Wird Ungleichheit als eines der prägendsten Prinzipien moderner Gesellschaften verstanden, haben intersektionale Forschungen […] einen erheblichen Anteil an der Aufdeckung und Deutung der Funktionsweise gegenwärtiger Sozialorganisation“11.

Obschon Schnicke an dieser Stelle den sogenannten Intersektionalitätsansatz eindeutig mit For-schungsvorhaben in Beziehung setzt, welche moderne Gesellschaften fokussieren, wird
in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass es Parallelen hinsichtlich der Funktionsweise gegenwärtiger und vergangener Sozialorganisationen geben muss. Sowohl Ungleichheit als auch soziale In- und Exklusionsprozesse werden demnach nicht als ein Alleinstellungsmerkmal moder-ner Gesellschaften aufgefasst, sondern als ein ebenfalls prägendes Prinzip vormoderner Gesell-schaften angesehen. Die Verknüpfung dieses modernen soziologischen Ansatzes mit vormoder-nen Untersuchungsgegenständen stellt dabei inzwischen kein Novum mehr dar, sondern spiegelt eine aktuell in der Forschungslandschaft vermehrt feststellbare Neigung wider. Im Folgenden soll zunächst der Intersektionalitätsansatz in Bezug zur Narratologie als methodologische Grundlage der vorliegenden Untersuchung erläutert werden, um diesen im nächsten Schritt mithilfe einer Auswahl aktueller Forschungsarbeiten zu reflektieren. Hieraus sollen abschließend die für das vorliegende Forschungsvorhaben notwendigen Modifizierungen abgeleitet und begründbar dargelegt werden.

Die Intersektionalitätsforschung, die ihren Fokus auf „die Beschreibung und systemische Erklärung gesellschaftlicher Imparitäten [setzt], die auf die interne Pluralität und Simultanität ver-schiedener Kategorien abhebt“12, kann ein fruchtbares Instrumentarium sein, um Bedingungen sozialer In- und Exklusion als Folge und Basis von Ungleichheitsgefügen systematisch zu er-schließen, denn:

„Intersectionality is a way of understanding and analyzing the complexity in the world, in people, and in human experiences. The events and conditions of social and political life and the self can seldom be understood as shaped by one factor. They are generally shaped by many factors in diverse and mutually influencing ways. When it comes to social inequality, people’s lives and the organization of power in a given society are better understood as being shaped not by a single axis of social division, be it race or gender or class, but by many axes that work together and influence each other. Intersectionality as an analytic tool gives people better access to the complexity of the world and of themselves.”13

Patricia Hill Collins und Sirma Bilge offerieren hier eine besonders offene Definition des inter-sektionalen Forschungsansatzes, die der Komplexität sowie der mutmaßlich multiplen Applizier-barkeit dieses Konzepts Ausdruck verleiht: Grundlegende Annahme ist, dass sich eine Vielzahl bestimmter Attribute, in diesem Fall wird in der Regel von Kategorien gesprochen, in einem Individuum oder Kollektiv überkreuzen und dass diese Überkreuzung in einer Mehrfach-diskriminierung dieses Individuums oder Kollektivs resultiert14. Demzufolge basiert Diskrimi-nierung nicht allein auf einer einzigen Kategorie, sondern auf einem Zusammenspiel mehrerer Kategorien. Dieses ursprünglich sozio-politische Konzept findet dabei nicht nur in gesellschafts-wissenschaftlichen Disziplinen Anwendung, sondern hält auch zunehmend Einzug in die Literaturwissenschaft, wo es bereits vielfach und unter diversen Prämissen sowohl auf vormo-derne als auch moderne Texte appliziert worden ist. Dabei kristallisieren sich zentrale Kern-probleme bzw. -fragen heraus, die regelmäßig thematisiert werden und deren Klärung bzw. Beantwortung bis dato nicht abschließend, zufriedenstellend oder eindeutig genug gelungen zu sein scheint:

Als vornehmliche Schwierigkeit stellt sich das dem Intersektionalitätsansatz inhärente methodologische Vorgehen heraus. Insbesondere der Weg zu sowie der Umgang mit den diesem Ansatz zugrundeliegenden Kategorien differiert von Publikation zu Publikation: Während einige WissenschaftlerInnen zu einer deduktiven Verfahrensweise tendieren und somit mit einem bestimmten Set an Kategorien an die Analyse eines Textes herantreten, neigen andere zu einem induktiven Vorgehen, welches Kategorien vom Text ausgehend abzuleiten sucht. Das sogenannte ‚Etcetera‘-Problem, die oftmals mit einem „usw.“ verkürzt beendete Aufzählung von Kategorien, ist ein damit verbundener und weiterhin verbreiteter Diskussionsgegenstand; gängig und gemein-hin als „klassisch“15 bezeichnet, ist die Berücksichtigung einer Triade aus den Kategorien ‚class‘, ‚race‘ und ‚gender‘16 im Zuge einer intersektionalen Analyse. Eine reine Beschränkung auf diese Dreizahl erscheint jedoch v.a. bei Betrachtung vormoderner Untersuchungsgegenstände teils in-adäquat, teils allzu reduziert und einengend, ein Umstand, der potentiell auch gattungsabhängig für eine umfassende Analyse problematisch sein und damit das Potential dieses Ansatzes maßgeblich negativ beeinflussen könnte17.

In jüngerer Zeit sind vermehrt Publikationen erschienen, die sich der Fruchtbarmachung des intersektionalen Ansatzes sowohl für die neuere als auch für die ältere Literaturwissenschaft und der Feststellung seines Anwendungspotentials widmen. Dabei fällt auf, dass neuerdings ver-mehrt der räumliche Aspekt als zentrales Bindeglied zwischen dem Intersektionalitätsansatz und der Literaturwissenschaft Anwendung findet.

So attestiert Schul in Abseits bekannter Pfade: Mittelalterliche Reise-Narrative als intersektionale Erzählungen „dem Begriff intersection [eine] bereits inhärente Raum-Metaphorik“18 und nutzt die als oszillierend charakterisierte Bewegung zwischen dem Eigenen und dem Fremden als Ausgangs-punkt ihrer induktiv angelegten, intersektionalen Untersuchung des mittelalterlichen Versepos Herzog Ernst. Die intersektionale Erforschung ihres Untersuchungsgegenstandes wird, ihrer Argumentation folgend, mithilfe des Einbezugs räumlicher Aspekte erst möglich und fruchtbar, um soziale Positionierungen des fokussierten Protagonisten als wesentliches Ziel ihrer Arbeit systematisch zu erschließen. Damit wird ein zentraler Aspekt deutlich, der auch für die vorliegen-de Untersuchung bedeutsam ist: Sozialität, also Gesellschaftlichkeit, bzw. soziale Einordnung in ein Gefüge ist sowohl vom Individuum selbst als auch von dem mit ihm zusammenhängenden Kollektiv verbunden; ein Individuum kann sich einerseits selbst gesellschaftlich positionieren, indem es sich in Abgrenzung zum Anderen seines Eigenen bewusst wird, andererseits ist diese soziale Positionierung des Individuums zwangsweise von einem Kollektiv abhängig, welches als Spiegel fungiert: So ist es in Schuls Untersuchung das Kollektiv aus Herzog Ernsts Mitreisenden, welches mit ihm gemeinsam die Storchenmenschen als Fremde deklariert und ihn sowie sich selbst in seiner Superiorität dem Devianten gegenüber bestätigt 19. Derartige soziale Positionierun-gen, die sie auf figurativer und narrativer Ebene untersucht und kulturhistorisch kontextualisiert, versteht sie dabei „als historisch bedingte und medial vermittelte Konstellationen der Differen-zierung“20, weshalb eine Anpassung des modernen Intersektionalitätsansatzes und seiner Vorbe-dingungen an vormoderne gesellschaftlich-historische Gegebenheiten zwingend notwendig sei.21 Schul kommt zu dem Schluss, dass eine eindeutig sozial und räumlich begrenzte Einordnung des Protagonisten nicht gänzlich möglich sei, da das im Herzog Ernst dargestellte, fiktionale Weltver-ständnis nicht auf unmissverständlich abgrenzbaren Dipolen aus „Gewöhnlichem und Außerge-wöhnlichem, Vertrautem und Befremdlichem, Höfischem und Nicht-Höfischem, Menschlichem und Nicht-Menschlichem“22 reduziert werden könne. Auch wenn sie weniger auf der Grundlage der für diesen Ansatz typischen Kategorien argumentiert, sondern den Protagonisten über-wiegend über den Bezug zum Eigenen/Fremden sowie zu Grenzen und deren Überschreitungen in einem sozial-identitätsstiftenden Koordinatensystem einordnet, kristallisiert sich ein für die folgende Untersuchung wesentlicher Aspekt heraus: die mögliche Fruchtbarmachung des inter-sektionalen Ansatzes für die Literaturwissenschaft unter Zuhilfenahme des Aspekts ‚Raum‘ und eine daraus resultierende Möglichkeit der Untersuchung sozialer In- und Exklusionsprozesse23.

Wesentlich verbreiteter im Vergleich zu vormodernen literarischen Untersuchungsgegen-ständen ist die Anwendung des Intersektionalitätsansatzes auf moderne Texte: Obschon auch hier vermehrt Reise-Narrative mithilfe intersektionaler Kategorien untersucht werden, zeigt Maruo-Schröder, dass sich dieser Ansatz ebenfalls außerhalb dieser Gattung anwenden lässt: Sie vergleicht zwei afroamerikanische Sklavenerzählungen24 und bezieht in ihre Untersuchung eben-falls den Raum mit ein, indem sie Mobilität als eine wesentliche Kategorie in ihrem komparatisti-schen Verfahren deklariert und diese nutzt, um die in den Texten jeweils zum Tragen kommen-den „genderspezifische[n] literarische[n] Modelle“25 und deren Funktionalisierung zu fassen. Auch sie geht induktiv vor, indem sie „aus den […] dargestellten Identitätsdimensionen der erzählenden Subjekte“26 die in ihrem Fall zentralen Kategorien ‚race‘ und ‚gender‘ ableitet. Auch in diesem Fall ist eine (historische) Kontextualisierung unerlässlich: Maruo-Schröder verbindet Form und Inhalt beider Texte mit gesellschaftlichen Normen und bringt sie in einen Zusammen-hang, in dem die sozialen, in diesem Falle Selbst-Positionierungen der jeweiligen Autoren deutlich hervortreten.

Auch Folkert Degenring verbindet in seiner literaturwissenschaftlichen Untersuchung Intersektionalität mit räumlichen Vorstellungen: In „A man to whom everything in life had come easily“: Eine intersektionale Skizze zu John Lanchesters Roman ‚Capital‘ charakterisiert Degenring nach einer Darlegung der Rezeption und Struktur des gesamten untersuchten Romans zunächst die auf-tretenden Figuren, um aus zentralen festgestellten Attribuierungen (intersektionale) Kategorien abzuleiten, auf deren Grundlage er „den fiktionalen sozialen Raum“27 nachzuzeichnen sucht. Nach dessen Konturierung sucht er die Figuren in Bezug darauf einzuordnen und analysiert in diesem Zusammenhang die Gewichtung der intersektionalen Kategorien als Charakterisierungs-grundlage sowohl für eine einzelne Figur als auch für die Beziehung zwischen zwei Figuren. Es handelt sich bei dieser Untersuchung Degenrings um eine erkennbar fruchtbare Tendenz induktiven Arbeitens mit dem Intersektionalitätsansatz, die versucht, der häufig monierten Anle-gung der klassischen Trias aus ‚race‘, ‚class‘ und ‚gender‘ zu begegnen und einer schablonenhaften Anwendung von Kategorien entgegenzuwirken.

Die Verbindung des Ansatzes mit literarischen Untersuchungen von Phänomenen der In- und Exklusion ist nicht gänzlich neu, bedarf jedoch, da sie sich immer noch in ihren Anfängen befindet, einer weiteren und intensiveren Verfolgung. Zuvorderst sei ein Aufsatzband zu nennen, der schwerpunktmäßig das Nibelungenlied fokussiert und herausstellt:

„Fragestellungen der Intersektionalitätsforschung lassen sich in vielfältiger Weise für die Literatur des Mittelalters fruchtbar machen. Die Zugehörigkeit des Einzelnen zu einer Gruppe ist entscheidend für die Stabilität des sozialen Gefüges und die Identitätskonstitution literarischer Figuren, Machthierarchien werden ausgelotet und das Glück wie das Unglück der Protagonisten wird durch Strategien der Inklusion oder Exklusion bestimmt.“28

Diesen Worten Toepfers ließe sich ausnahmslos zustimmen, ließe sie nicht außer Acht, dass eben jene Aspekte nicht nur einzig für Hauptpersonen, sondern auch für Nebenfiguren von Erzählun-gen gelten bzw. gültig sein können.

Trotz mangelnder Einheitlichkeit zeigen sich also gewisse sich ähnelnde Tendenzen innerhalb neuerer Publikationen in Hinblick auf den literaturwissenschaftlichen Umgang mit dem Intersektionalitätsansatz. Entgegen kritischer Stimmen, welche das Konzept der Intersektionalität aufgrund seiner Offenheit und des mutmaßlich schablonenhaften Umgangs mit Kategorien in Frage stellen, kann dessen Nutzung der tatsächlichen Komplexität innersozialer Dynamiken nicht-literarischer, also realer, und literarischer Art, darunter fiele die fiktive Darstellung solcher Dynamiken, gerecht werden und über die ihm implizite Kategorisierung zur Systematisierung bzw. Ordnung dieser Komplexität und damit zu einem besseren Verständnis derselben beitra-gen. Zwingend notwendig erscheint jedoch in Hinblick auf den Umgang mit mediävistischem Untersuchungsmaterial eine Kontextualisierung und Historisierung des Intersektionalitätskon-zepts; unreflektiert „modern“ anmutende Kategorien wie ‚gender‘ oder ‚class‘ an vormoderne Vorstellungen von Gesellschaft anzulegen hält auch Florian Schmid in (De-) Konstruktion von Identität in der ‚Nibelungenklage‘ „aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven von Mittelalter und Neuzeit“29 für problematisch. Indem diese moderne Zugriffsform in Relation zur mittelalterli-chen Weltanschauung gesetzt würde, könnte das häufig bemängelte „Etcetera-Problem“ intersek-tionaler Forschung zumindest in Ansätzen in Bezug auf mittelalterliche Literatur gelöst werden.

2. Raumanalytische Modifizierung des Ansatzes und eigene Herangehensweise

Das hier dargelegte Forschungsvorhaben zur sozialen In- und Exklusion im höfischen Roman um 1200 möchte an Degenrings Gedankengang anknüpfen und eine Modifizierung vornehmen: Soziale In- bzw. Exklusion soll in Anlehnung an Lotman im Zusammenhang von Grenzüber-schreitungen zwischen semantischen Räumen beleuchtet werden30, wobei der Hof als sozialer Raum einen wesentlichen Bezugspunkt bilden soll. Grenzüberschreitungen einer Figur deute ich hierbei im Kontext bestehender sozialer Differenzen als Signale für eine In- bzw. Exklusionsdy-namik, die diese durchläuft31.

Die Verbindung eines soziologisch orientierten Ansatzes mit dem literarischen Konzept des Raumes ist insofern naheliegend, da es sich bei Räumen, in denen Figuren auftreten und in denen interfigurale Auseinandersetzungen oder auch Interaktion einer Figur mit ihrer dargestell-ten Umwelt erfolgt bzw. beschrieben wird, selbst um soziale Konstruktionen handelt32, eine Tendenz, welche sich, wie oben gezeigt worden ist, in jüngeren literaturwissenschaftlichen Forschungsarbeiten abzuzeichnen beginnt. Denn die oben aufgeführten Positionen und Erläute-rungen erlauben für die bevorstehende Textanalyse und die zu wählende Methodik den signifi-kanten Rückschluss, dass Räumlichkeit das Bindeglied zwischen dem Intersektionalitätsansatz und der Literaturwissenschaft sein kann, um die von vielen Seiten gewünschte methodologische Fruchtbarmachung dieses Ansatzes voranzutreiben. Die Schärfung des Blickes für Machtverhält-nisse33 verbindet als maßgebliche Funktion die Kulturgeographie mit dem Intersektionalitäts-ansatz.

Unter einem sozialen Raum verstehe ich dabei einen, in Bezug auf die hier vorliegende literaturwissenschaftliche Arbeit fiktiven, gesellschaftlichen Orientierungspunkt, der maßgeblich durch ein bestimmtes Set an Differenzkategorien charakterisiert ist. Dieses Set spiegelt die in einem sozialen Raum geltenden Werte, Normen und Ordnungen wider, sodass ich Hallets und Neumanns Bewertung des literarischen Raumes34 folgen möchte:

„Raum ist in literarischen Texten nicht nur Ort der Handlung, sondern stets auch kultureller Bedeutungsträger. Kulturell vorherrschende Normen, Werthierarchien, kursierende Kollektivvor-stellungen von Zentralität und Marginalität, von Eigenem und Fremdem sowie Verortungen des Individuums zwischen Vertrautem und Fremdem erfahren im Raum eine konkret anschauliche Manifestation. Räume in der Literatur, das sind menschlich erlebte Räume, in denen räumliche Gegebenheiten, kulturelle Bedeutungszuschreibungen und individuelle Erfahrungsweisen zusam-menwirken.“35

Einzelne Figuren können, so meine These, in Abhängigkeit von ihrer Konformität hinsichtlich des jeweiligen Sets an Differenzkategorien an diesen Orientierungspunkten bzw. diesen (sozialen) Räumen kollektive Akzeptanz erfahren, und damit inkludiert werden; im Gegenzug begründet die Nicht-Entsprechung dieser Differenzkategorien eine Exklusion dieser Figur36.

Im Folgenden soll zunächst zur Orientierung und als Folie für die induktive Ableitung möglicher Differenzkategorien aus den jeweiligen Primärtexten ein Abriss des höfischen Gesell-schaftsideals erfolgen. Die darauffolgende Figurenanalyse folgt meist chronologisch der im Text beschriebenen Dynamik der fokussierten Figur. Dabei werden Kategorien über die descriptio und repetitio in gewisser Weise „quantitativ“ erfasst, denn ich gehe davon aus, dass je umfangreicher eine Eigenschaft beschrieben wird, je häufiger sich ein Motiv oder eine Formulierung wiederholt, desto relevanter wird das Beschriebene in Hinblick auf das Begreifen des dargestellten Stoffes und hier im Speziellen der sozialen Dynamik einer Figur. Dies wird als Legitimierung benutzt, um davon ausgehend eine Kategorie festzulegen, welche das Beschriebene umfasst und fixiert.

Ziel dieses induktiven Vorgehens ist es, die sozialen Räume, welche im untersuchten Textkorpus konstituiert werden, zu umreißen und Dynamiken zwischen diesen Räumen, die in Form einer Inklusion oder Exklusion bestimmter Figuren feststellbar sind, zu erklären. Dabei soll insbesondere Berücksichtigung finden, unter welchen Voraussetzungen das Betreten bzw. Verlas-sen eines (anderen) sozialen Raumes möglich ist und auf diese Weise abgewogen werden, in-wiefern die fokussierten Figuren aktiv ihre gesellschaftliche Partizipation (mit)gestalten können in Abgrenzung zur ausschließlichen kollektiven Einflussnahme auf ein passives Individuum bezüg-lich seiner sozialen Zugehörigkeit.

Die oben dargelegte innersoziale Dynamik, welche wesentlicher Untersuchungsgegen-stand der geplanten Arbeit sein soll, beeinflusst maßgeblich die Wahl des Textkorpus für die geplante Analyse: Es müssen höfische Romane bzw. Texte in die Untersuchung einbezogen werden, die der höfischen Ideologie verpflichtet sind und in denen dynamische Figuren auftreten, d.h. Figuren, welche (implizit oder explizit) im Verlauf des Romans eine Neu- oder Umbewer-tung hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, im Speziellen zur höfischen Gesellschaft, erfahren. Unter diesem Gesichtspunkt scheinen folgende Lektüren bzw. Figuren für die geplante Analyse geeignet zu sein und sollen im Folgenden als Analysegrundlage Verwendung finden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aufgrund dieses umfangreichen Textkorpus erscheint eine Fokussierung auf signifikante Passus, welche die jeweilige Dynamik einer Figur beschreiben, zwingend notwendig. Die Berücksichti-gung von Forschungsliteratur in Zusammenhang mit diesen Figuren kann demzufolge nur selek-tiv und in Bezug auf die thematisierten Textstellen erfolgen. Ein Anspruch auf eine umfassende Darstellung der Forschungslage und damit auf Vollständigkeit wird in dieser Arbeit ergo nicht erhoben.

(III) SOZIALE IN- UND EXKLUSION IM HÖFISCHEN ROMAN UM 1200

1. Konformität als Identitätsgrundlage? Die höfische Gesellschaft als Ausgangspunkt der Untersuchung

„das vormoderne Individuum […] kann zwar – ‚über exzeptionelle Leistungen oder Schicksale, über Heroismus oder Askese oder göttliche Fügung‘ eine systeminterne herausgehobene Position erreichen, aber eben keine sie von allen anderen Systemen und Individuen abgrenzende Einzig-artigkeit. ‚Konformität‘ bildet hier – auch wenn soziale Abweichung innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs nicht notwendig negativ sanktioniert wird – einen ganz anderen Wert als in mo-dernen Gesellschaften.“37

Aus Schulz’ Charakterisierung des vormodernen Individuums geht die zwingende Not-wendigkeit hervor, die moderne Gesellschaftsvorstellung von derjenigen der Vormoderne abzugrenzen, um Inklusions- und Exklusionsdynamiken adäquat beschreiben und bewerten zu können. Dies soll Gegenstand des vorliegenden Kapitels sein. Dabei gestaltet sich dieses Kapitel als knapper Umriss vormoderner gesellschaftlicher Rahmenbedingungen; ausgehend davon werden im Besonderen die literarisch transportierten Idealia in Bezug auf den höfischen Ritter und die höfische Dame thematisiert. Daraus soll sich eine Untersuchungsgrundlage für die darauffolgende Figurenanalyse ergeben, da davon ausgegangen wird, dass die soziale In- bzw. Exklusion der in dieser Arbeit behandelten Figuren von der Anpassung an bzw. Abweichung von diesen höfischen Idealen abhängt.

Während das moderne Gesellschaftsverständnis hauptsächlich demokratisch ausgerichtet ist, geht es in der Vormoderne nicht um eine Herstellung sozialer Gleichheit im Sinne von indivi-duellen Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsrechten; wesentlich ist hier die Orientierung am Kollektiv und die Zugehörigkeit zu einem solchen. Dabei erfolgte in der Vormoderne die Zuord-nung zu einer gesellschaftlichen Gruppe maßgeblich über die Geburt38 ; diese galt im Kontext des theozentrischen mittelalterlichen Weltbildes als gottgegeben. Die christliche Religion legitimierte und begründete die mittelalterliche Feudalgesellschaft, die eine ständische Ordnung aufwies, wobei sich die einzelnen Stände v.a. in den mit der Zugehörigkeit zu einem Stand verbundenen Rechten seiner Mitglieder unterschieden39. Scheuble führt in seinen Ausführungen zu mittelalter-lichen Gesellschaftsstrukturen die oratores, bellatores und laboratores als Stände an, verwirft diese Dreigliederung jedoch im selben Schritt und favorisiert eine Unterscheidung von sakralen und profanen Gesellschaftsbereichen40, dem ich mich im Folgenden anschließen möchte. Wie Scheuble konzentriere ich mich auf den weltlichen Bereich, im Speziellen auf die soziale Gruppe des Adels und damit den Hof41.

Von den historisch belegbaren sozialen Umständen42 ist gewiss die Darstellung gesell-schaftlicher Gegebenheiten zu unterscheiden, wie sie der höfische Roman präsentiert, die neben etwaiger Kritik v.a. der Idealisierung des Hofes diente, denn

„[k]ein Mensch hat damals so gelebt wie die Helden der Artusromane, deren ganzes Streben darauf gerichtet war, in Ritterkampf und Minnedienst höfische Vorbildlichkeit zu erringen. Die Dichter haben eine Märchenwelt beschrieben, in der alle politischen, wirtschaftlichen und sozialen Proble-me und Konflikte, mit denen die adlige Gesellschaft in der Realität konfrontiert war, künstlich ausgeklammert blieben.“43

Und doch erlaubt eine Untersuchung, wie sie die hier vorliegende darstellt, trotz der von Bumke eingangs postulierten Realitätsferne der Artusromane einen Erkenntniszuwachs in Hinblick auf das (potentielle) Toleranzverständnis des Adels als maßgeblicher Financier des Literaturbetriebes. So betont Bumke selbst die besondere Relevanz profaner Dichtung für das Selbstverständnis des Adels: „Der höfische Ritter und die höfische Dame wurden gesellschaftliche Leitbilder, die jahrhundertelang gültig geblieben sind.“44

Für diesen idealen höfischen Ritter galten als innere Werte Demut (und damit Gottes-gläubigkeit, aber auch als Form der praktischen Umsetzung Mitleid und Barmherzigkeit gegen-über Mitmenschen), triuwe, mâze und stæte als besonders tugendhaft und damit erstrebenswert. Diese innere Tugendhaftigkeit findet dabei eine Veräußerlichung in seiner sichtbaren körperli-chen Schönheit 45, die ebenfalls in seiner Ausstattung, seiner Rüs-tung, seinem Pferd manifest wird. Er ist „stolz, reich, prachtliebend, voll Ruhmverlangen und von hoher Abkunft“46 . Maßgeb-liches Ziel seiner Handlungen ist dabei das Mehren seiner êre durch das erfolgreiche Bestehen von Kämpfen.

Auch für die höfische Dame war mâze ein charakterliches Ideal47. Ihre vorwiegende Rolle bestand darin, mittels Schönheit und moralischer Vollkommenheit der Hofgesellschaft zur vreude zu gereichen. Trotz der, laut Bumke, neuartigen Anschauung der höfischen Dichter, das weibli-che Geschlecht in seiner Vollkommenheit zu verehren48, bleibt die theologisch begründete Sub-ordination der Frau unter den Mann weiterhin erhalten und spürbar; die „Sinnlichkeit, Sünd-haftigkeit, mangelnde[ ] Verschwiegenheit […], [sowie] ihr[ ] Ungehorsam“49, die Unvollkommen-heit also, die ihnen als eigen galt, legitimierte die Macht des Mannes über die Frau und machten ihre Kontrolle zwingend notwendig. Ihre Unvollkommenheit „bezeugte sich […] sowohl in der geringeren Körperkraft als auch in der geistigen und moralischen Minderwertigkeit der Frau“50, weshalb Gelehrsamkeit und Stärke im höfischen Zusammenhang durchweg als männliche Attribute anzusehen sind.

In der folgenden Figurenanalyse, die sich thematisch in Inklusions- und Exklusionsdynami-ken gliedert, sollen diese Feststellungen als eine Orientierung für die geplante induktive Ableitung von Kategorien dienen. Damit folge ich der Forderung Florian Schmids nach einer Historisie-rung intersektionaler Kategorien51.

2. Inklusionsdynamiken

2.1. Beschreibung

a) TRISTAN

Der Tristan Gottfrieds von Straßburg ist bereits vielfach zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen erkoren worden. Von besonderem Interesse ist seit geraumer Zeit insbesondere das minne -Verhältnis zwischen Tristan und der schönen Isold, ihre soziale Ausgrenzung im locus amoenus der minne -Grotte und die daraus resultierenden verheerenden Konsequenzen für das Liebespaar. Die Signifikanz dieser folgenreichen Zweierbeziehung um die edelen senedæren, die reiner sene wol tâten schîn (V. 126f.) 52 will diese Forschungsarbeit keinesfalls absprechen, jedoch soll im Folgenden eine weniger populäre Episode um die Figur Tristans fokussiert werden, die in Hin-blick auf die Frage nach sozialen Inklusionsdynamiken vielversprechend erscheint: die Eingliede-rung Tristans in die Hofgesellschaft Markes nach seiner Entführung aus seiner Heimat. Zwei soziale Räume, der diffuse Raum der Fremde und der Hof Markes, stehen in diesem Kapitel im Zentrum der Untersuchung, wobei die Auswirkungen eines dritten sozialen Raumes auf die Figur Tristans, desjenigen seiner Heimat, von entscheidender Bedeutung sind in Hinblick auf die Über-schreitung der Grenze, welche die Fremde vom Gebiet seines Oheims Marke trennt.

Die Figur des Tristan entwickelt sich zu Beginn der Erzählung, noch vor seiner Begeg-nung mit Isold und vor der Notwendigkeit einer Grenzüberschreitung zwischen sozialen Räu-men, zu einem geradezu idealen Beispiel für hövescheit: Als Waise wird er von Untergebenen seiner Eltern Blanscheflur und Riwalin, dem Marschall Foitenant und seiner Frau Floräte, erzogen. Diese ziehen es vor, Tristan vorzugeben, seine wahren Eltern zu sein, sodass er in Ungewissheit seiner eigentlichen Identität und seines eigentlichen sozialen Status aufwächst; dem sozialen Umfeld wird gleichzeitig vermittelt, Tristan sei bei der Geburt verstorben. In absolutem Schutz vor Enttäuschungen und negativen Erfahrungen verbringt er seine Kindheit (vgl. VV. 2053) und wird mit sieben Jahren zur Lehre fortgegeben, woraufhin ihm eine umfangreiche höfische Er-ziehung zuteilwird: Er betreibt umfassende Lektüre, bereist fremde Länder, erlernt die dortigen Sprachen (vgl. VV. 2060-2067).Obwohl die Erzählinstanz hier feststellt

daz was sîn êrstiu kêre

ûz sîner vrîheite:

dô trat er in daz geleite

betwungenlîcher sorgen,

die ime dâ vor verborgen

und vor behalten wâren

(VV. 2068-2073)

ermöglicht ihm diese Bildung im späteren Verlauf der Erzählung maßgeblich seine Eingliederung in die Hofgesellschaft Markes, wie zu zeigen sein wird.

Im Zuge seiner siebenjährigen Ausbildung erlernt er das seitspil [….] biz er es wunder kunde (VV. 2096-2099), zu reiten wie ein Ritter sowie den Umgang mit Waffen und aller hande hovespil (VV. 2121). Damit hat er ideale Voraussetzungen, um am Hof zu bestehen. So reagiert sein soziales Umfeld durchweg positiv auf Tristan und ist ihm wohlgesonnen (vgl. VV. 2144f.).

Dieser, sozial gesehen, positive Status wandelt sich zu seinem Nachteil als eines Tages vremeden koufman (V. 2160) aus Norwegen an Land anlegen53. Der ausländische Besuch weckt Tristans Neugierde. An Bord des norwegischen Schiffes versetzt ein dort befindliches Schach-spiel ihn in Begeisterung und er lässt sich auf eine Partie ein54. Unterdessen beginnt er, das Interesse der norwegischen Besatzung auf sich zu ziehen, als er diese in ihrer Sprache anspricht. Angetrieben durch das Entzücken der Norweger über seine Fähigkeiten beginnt er mehr und mehr, sich zu profilieren: Er stellt seine herausragende sprachliche Gewandtheit zur Schau, singt schanzûne und spæhe wîse,/refloit und stampenîe (VV. 2294f.), sodass die Norweger beschließen, einen Vorteil aus diesem tugende rîche jungelinc (V. 2270) zu ziehen und ihn unbemerkt zu entführen55 ; Curvenal, sein ihn begleitender meister, vermag ihm nicht zu helfen: Er wird auf See ausgesetzt und sich selbst überlassen. Tristan scheint verloren und die Norweger wähnen sich ihrer Beute sicher. Da zieht unerwartet, provoziert durch den, der elliu dinc beslihtet (V. 2407), ein Sturm auf, sodass sie in Seenot geraten und um ihr Leben fürchten müssen. Sie erkennen die Allmacht Gottes (der Glaube an got wirkt hier als Parallele zwischen den vremeden und Tristan), der ihre schändliche Entführung auf diese Weise strafen möchte, darin und beschließen, Tristan nach Abflauen des Sturmes am nächstgelegenen Ufer in die Freiheit zu entlassen (vgl. VV. 2453-2457). Daraufhin legt sich das Unwetter und Tristan verlässt das norwegische Schiff.

So gelangt der junge Tristan nach Cornwall; die vremeden haben ihn nun zu einem vremeden gemacht. Das Unbekannte macht ihm Angst. In einsamer Verzweiflung wendet er sich an Gott und bittet ihn um Geleit, da ihn v.a. die augenscheinliche soziale Isolation in dieser Fremde ängstigt:

wîse mich doch noch dâ hin,

dâ ich bi liuten müge gesîn!

nu warte ich allenthalben mîn

und sihe niht lebendes umbe mich.

diese grôze wilde die vürhte ich

(VV. 2498-2502)

Die Wildnis ist als asozialer (oder antisozialer?) Raum konnotiert, welcher den höfisch hoch gebildeten und im sozialen Raum sicher agierenden Tristan ohnmächtig werden lässt. In Verbin-dung mit der drohenden Dunkelheit wird seine Angst vor der Natur (in Opposition zur Kultur, welche ihm Sicherheit und Stabilität verleiht) derart potenziert, dass er seinen Tod fürchtet (VV. 2520f.)56.

Die Erzählinstanz fokussiert daraufhin Tristans Äußeres und beschreibt eingehend, wie er bekleidet ist; als erstes Signal im Zuge sozialer Kommunikation wird dieses nonverbale Element ausführlich thematisiert und damit bereits indirekt der Blick des Lesers hin zur bevorstehenden Konfrontation Tristans mit den zwei Pilgern moduliert. Es wird deutlich, dass seine höfische, internale Superiorität in seiner Bekleidung eine Veräußerung erfährt und damit korreliert, denn nichts ist grüner als das pfelle, das er trägt, der hermîn beispiellos weiß, der seinen herausragenden Körper ziert, ebenso wie eingangs seine beispiellose Vollkommenheit beschrieben worden ist (so heißt es u.a: sîn dinc was allez ûz erkorn/beide an dem muote und an den siten (VV. 2126f.)).

Tristan beschließt, sich einen Überblick über seine Lage in dieser Fremde zu verschaffen und begibt sich auf die Suche nach Bewohnern des Gebietes. Die Wildnis muss er dabei merklich physisch durchdringen und bahnt sich aktiv selbsttätig einen Weg in Richtung Zivilisation:

er’n hæte weder wec noch pfat,

wan alse er selbe getrat.

mit sînen vüezen weget’er,

mit sînen handen steget’er:

er reit sîn arme und siniu bein.

(VV. 2563-2567)

Ein Pfad führt ihn sodann von der Anhöhe in Richtung Tal, aus dem waltstîc âne slihte/mit grase verwahsen unde smal (VV. 2572f.) wird auf seinem Weg nach unten eine schœne strâze, diu was ze guoter mâze/breit unde geriten hin unde her (VV. 2577-2579), wodurch bereits erste Anzeichen für nahende Zivilisation erkennbar sind und damit angekündigt werden. Hier setzt sich Tristan nieder und reflektiert das, was ihm zugestoßen ist: Er sieht eindeutig sein Interesse für Falken und die Schachspielerei als auslösende Momente für seine jetzige missliche Lage (vgl. VV. 2593-2599) – nicht seine herausragenden Begabungen und seinen Umgang mit denselben, welche womöglich zur Vorteilsnahme seitens anderer motivieren könnten/durch andere hätten ausgenutzt werden können bzw. wollen. Als sich unerwartet zwei Pilger nähern, fürchtet er eine erneute Entführung, doch reagiert erleichtert, als er sie als Glaubensmänner identifiziert (vgl. VV. 2668f.). Wiederum erkennt sein soziales Umfeld, die besagten Pilger, Tristans zühte und reagiert mit Wohlwollen auf ihn. Auf ihre Nachfrage, woher er komme, beschließt Tristan, seine wahre Identität und Herkunft zu verbergen. Seine Motive für dieses Handeln werden kaum dargestellt; die Erzählinstanz etabliert Tristans Wunsch nach Selbstschutz als wesentlichen Beweggrund nach der gewiss

[...]


1 Floya Anthias: Social Stratification and Social Inequality: Models of intersectionality and Identity. In: Rethinking Class. Culture, Identities and Lifestyles. Hg. von Fiona Devine, Mike Savage, John Scott & Rosemary Crompton. New York 2005, S. 24.

2 Thomas Schwietring: Was ist Gesellschaft? Einführung in soziologische Grundbegriffe. Konstanz/München 2011, S. 178.

3 Schwietring postuliert dazu: „In jeder Gesellschaft finden sich Formen sozialer Ungleichheit. […] Die Genese von Gesellschaft ist oftmals gleichbedeutend mit der Etablierung einer Hierarchie und ungleichen Verteilung von Gütern und Rechten. Ungleichheit ist nichts, das zu einer bestehenden Gesellschaft hinzukommt, sondern Ungleichheit lässt sich als der Prozess verstehen, in dem sich eine gesellschaftliche Struktur etabliert“ (Thomas Schwietring: Was ist Gesellschaft? Einführung in soziologische Grundbegriffe. Konstanz/München 2011, S. 178).

4 Armin Schulz: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Hg. von Manuel Braun, Alexandra Dunkel & Jan-Dirk Müller. Berlin/Boston 2012, S. 186.

5 Hans-Jürgen Bieling: Dynamiken sozialer Spaltung und Ausgrenzung: Gesellschaftstheorien und Zeitdiagnosen. Münster 2000, S. 33.

6 Vgl. ebd., S. 33: „Denn nur selten, z.B. im Fall der „Vogelfreien“ und Vagabunden, wurden die sozialen Reziprozi-tätsbeziehungen – abrupt – unterbrochen. Selbst die Leibeigenen waren insofern inkludiert, als sie sich in eine kom-plementäre Rollenstruktur der sozialen Ungleichheit, d.h. in die gutsherrschaftliche Arbeitsteilung, einfügten. Erst im Übergang zur frühen Neuzeit beschreibt Luhmann die Exklusion als ein Phänomen, das sich auf größere Personenkreise (Bettler, bestimmte Berufs-, Religions- und Volksgruppen) erstreckte.“

7 Armin Schulz: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Hg. Von Manuel Braun, Alexandra Dunkel & Jan-Dirk Müller. Berlin/Boston 2012, S. 92. Demnach ist im mittelalterlichen Kontext zu berücksichtigen, dass sich das Indi-viduum hauptsächlich über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe identifiziert und nicht, wie es für die Moderne typisch ist, durch Abgrenzung von derselben[7]. Hieraus wird eine Schwerpunktsetzung deutlich, wonach in Bezug auf das Mittelalter v.a. Inklusionsprozesse zu berücksichtigen wären. Nichtsdestotrotz finden sich, wie zu zeigen sein wird, in der mediävistischen Literatur Fälle von Exklusion, die folglich in diesem Zusammenhang besonderes Interesse wecken.

8 Rüdiger Lautmann: Integration [Art.]. In: Lexikon zur Soziologie. Hg. von Werner Fuchs-Heinritz, Rüdiger Lautmann, Otthein Rammstedt & Hanns Wienold. 4. Aufl. Wiesbaden 2007, S. 301.

9 Uwe Schimank: Inklusion [Art.]. In: Lexikon zur Soziologie. Hg. von Werner Fuchs-Heinritz, Rüdiger Lautmann, Otthein Rammstedt & Hanns Wienold. 4. Aufl. Wiesbaden 2007, S. 296.

10 Siehe dazu, jedoch v.a. unter Bezugnahme auf die Moderne Hans-Jürgen Bieling: Dynamiken sozialer Spaltung und Ausgrenzung: Gesellschaftstheorien und Zeitdiagnosen. Münster 2000.

11 Falko Schni>

12 Ebd., S. 11.

13 Patricia Hill Collins & Sirma Bilge: Intersectionality. Cambridge 2016, S. 193.

14 Als grundlegende Lektüre zur Einführung in die Geschichte und den Ursprung intersektionaler Forschung sei an dieser Stelle der Aufsatz Walgenbachs empfohlen, in dem en detail in die Intersektionalität eingeführt wird (Walgenbach, Katharina (2012): Intersektionalität – eine Einführung. URL: www.portal-intersektionalität.de [16.01.2017]. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit Kimberlé Crenshaws Aufsätzen, in denen Intersektionalität als Konzept begründet worden ist, kann in dieser Untersuchung nicht geleistet werden. Es sei jedoch darauf hin-gewiesen, dass solche Auseinandersetzungen bereits publiziert worden sind, vgl. u.a. Anna Carastathis: Intersectiona-lity: Origins, Contestations, Horizons. Lincoln & London 2016.

15 Mechthild Bereswill, Folkert Degenring & Sabine Stange: Intersektionalität als Forschungspraxis (8-19). In: Inter-sektionalität und Forschungspraxis. Wechselseitige Herausforderungen. Hg. von Mechthild Bereswill, Folkert Degen-ring & Sabine Stange. Münster 2015, S. 9.

16 Im Folgenden werden der Übersichtlichkeit und der Einheitlichkeit halber Kategorien in einfache Anführungszei-chen gesetzt.

17 Vgl. zur Problematisierung der Verwendung moderner Kategorien auf mittelalterliche Untersuchungsgegenstände Andreas Kraß: Einführung: Historische Intersektionalitätsforschung als kulturwissenschaftliches Projekt. In: Durch-kreuzte Helden. Das „Nibelungenlied“ und Fritz Langs Film „Die Nibelungen“ im Licht der Intersektionalitäts-forschung. Hg. von Nataša Bedeković, Andreas Kraß & Astrid Lembke. Bielefeld 2014, S. 12-34.

18 Susanne Schul: Abseits bekannter Pfade: Mittelalterliche Reise-Narrative als intersektionale Erzählungen. In: Inter-sektionalität und Forschungspraxis. Wechselseitige Herausforderungen. Hg. von Mechthild Bereswill, Folkert Degen-ring & Sabine Stange. Münster 2015, S. 100.

19 Vgl. ebd., S. 109.

20 Ebd., S. 97.

21 Vgl. ebd., S. 98f.

22 Ebd., S. 99.

23 Ebd., S. 112.

24 Nicole Maruo-Schröder: „From the tomb of slavery, to the heaven of freedom“: Raum, race and gender in afro-amerikanischen Sklavenerzählungen. In: Intersektionalität und Forschungspraxis. Wechselseitige Herausforderungen. Hg. von Mechthild Bereswill, Folkert Degenring & Sabine Stange. Münster 2015, S. 115-133.

25 Ebd., S. 119.

26 Ebd., S. 117.

27 Folkert Degenring: „A man to whom everything in life had come easily“: Eine intersektionale Skizze zu John Lan-chesters Roman Capital. In: Intersektionalität und Forschungspraxis. Wechselseitige Herausforderungen. Hg. von Mechthild Bereswill, Folkert Degenring & Sabine Stange. Münster 2015, S. 141.

28 Regina Toepfer: Die Frauen von Bechelaren. Stand, Herkunft und Geschlecht im Nibelungenlied sowie in Thea von Harbous Nibelungenbuch und in Fritz Langs Film Die Nibelungen. In: Durchkreuzte Helden. Das „Nibelungenlied“ und Fritz Langs Film „Die Nibelungen“ im Licht der Intersektionalitätsforschung. Hg. von Nataša Bedeković, Andreas Kraß & Astrid Lembke. Bielefeld 2014, S. 211.

29 Florian Schmid: (De-)Konstruktion von Identität in der ‚Nibelungenklage‘. Überlegungen zu einem intersektional-narratologischen Zugriff auf mittelalterliche Texte. In: Intersektionalität und Narratologie. Methoden – Konzepte – Analysen. Hg. von Christian Klein & Falko Schnicke. Trier 2014, S. 85.

30 Vgl. Jurij M. Lotman: Die Struktur literarischer Texte. Übersetzt von Rolf-Dietrich Keil. München 1972.

31 Wieland erkennt in der Dynamik sozialer Differenzstrukturen eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung eines Toleranzverständnisses, vgl. dazu Georg Wieland: Das Eigene und das Andere. Theoretische Elemente zum Begriff der Toleranz im hohen und späten Mittelalter. In: Toleranz im Mittelalter. Hg. von Alexander Patschovsky & Harald Zimmermann. Sigmaringen 1998, S. 12f.

32 Hier wird einer der zentralen Grundgedanken/-annahmen des spatial turn aufgegriffen und mit dem Intersektio-nalitätsansatz in Verbindung gebracht: „Raum meint soziale Produktion von Raum als einem vielschichtigen und oft widersprüchlichen gesellschaftlichen Prozess, eine spezifische Verortung kultureller Praktiken, eine Dynamik sozialer Beziehungen, die auf die Veränderbarkeit von Raum hindeuten“ (Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neu-orientierungen in den Kulturwissenschaften. 2. Aufl. Reinbek bei Hamburg 2007, S. 289). Schon Lotmann betonte: „Die allerallgemeinsten sozialen, religiösen, politischen, ethischen Modelle der Welt, mit deren Hilfe der Mensch […] den Sinn des ihn umgebenden Lebens deutet, sind stets mit räumlichen Charakteristiken ausgestattet“ (Jurij M. Lotman: Die Struktur literarischer Texte. Übersetzt von Rolf-Dietrich Keil. München 1972, S. 313).

33 Vgl. Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. 2.Aufl. Reinbek bei Hamburg 2007, S. 292.

34 Vgl. ausführlich zum mittelalterlichen Raumverständis Uta Störmer-Caysa: Grundstrukturen mittelalterlicher Er-zählungen. Raum und Zeit im höfischen Roman. Berlin 2007.

35 Wolfgang Hallet & Birgit Neumann: Raum und Bewegung in der Literatur: Zur Einführung. In: Raum und Bewe-gung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn. Hg. Von Wolfgang Hallet & Birgit Neu-mann. Bielefeld 2009, S. 11.

36 Ich berücksichtige dabei in meinen Vorüberlegungen, dass Transgressionen, also Übergänge von einer Ordnung zur anderen, von einem zum anderen (sozialen) Raum im vormodernen Erzählen im Vergleich zu modernen Texten überwiegend als topographisch markiert verstanden werden können (vgl. Armin Schulz: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Hg. von Manuel Braun, Alexandra Dunkel & Jan-Dirk Müller. Berlin/Boston 2012, S. 294).

37 Armin Schulz: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Hg. von Manuel Braun, Alexandra Dunkel & Jan-Dirk Müller. Berlin/Boston 2012, S. 92.

38 Scheuble spezifiziert für den adeligen Kontext, diese Vorbestimmung des sozialen Status bzw. Platzes habe zumin-dest bezüglich der Zugehörigkeit zu Freien oder Unfreien und dem Adelsrang einer Familie gegolten (vgl. Robert Scheuble: mannes manheit, vrouwen meister. Männliche Sozialisation und Formen der Gewalt gegen Frauen im Nibelungenlied und in Wolframs von Eschenbach Parzival. Frankfurt am Main 2005, S. 73f.).

39 Vgl. zur Problematisierung des Ständebegriffs Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 39-43.

40 Vgl. Robert Scheuble: mannes manheit, vrouwen meister. Männliche Sozialisation und Formen der Gewalt gegen Frauen im Nibelungenlied und in Wolframs von Eschenbach Parzival. Frankfurt am Main 2005, S. 73.

41 Zur Herkunft des Wortes „höfisch“ und seiner Kontextualisierung vgl. Joachim Bumke: Höfische Kultur. Litera-tur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 78-82.

42 Vgl. zur vertiefenden Lektüre u.a. ebd., S. 34-82.

43 Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 381.

44 Ebd., S. 381.

45 Bumke konkretisiert: „Für die höfischen Dichter ist dieser Gedanke einer Harmonie von inneren und äußeren Werten zu einem der wichtigsten Mittel geworden, höfische Vorbildlichkeit darzustellen. Wenn man die philoso-phischen Implikationen außer acht [sic!] ließ, konnte man mit Hilfe dieser Harmonielehre den äußeren Glanz des höfischen Lebens als Erscheinungsbild einer gottgewollten Werthaftigkeit hinstellen“ (Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 423).

46 Ebd., S. 419.

47 Scheuble verweist richtigerweise auf die an dieser Stelle zu berücksichtigende Tatsache, der weibliche Tugend-kanon sei von Männern konzipiert worden und berge die Unmöglichkeit einer tatsächlichen Realisierung in sich (vgl. Robert Scheuble: mannes manheit, vrouwen meister. Männliche Sozialisation und Formen der Gewalt gegen Frauen im Nibelungenlied und in Wolframs von Eschenbach Parzival. Frankfurt am Main 2005, S. 101).

48 Vgl. Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 451.

49 Robert Scheuble: mannes manheit, vrouwen meister. Männliche Sozialisation und Formen der Gewalt gegen Frauen im Nibelungenlied und in Wolframs von Eschenbach Parzival. Frankfurt am Main 2005, S. 101.

50 Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12.Aufl. München 2008, S. 456.

51 Vgl. S. 9.

52 Alle folgenden Zitate zum Tristan sind der Ausgabe Gottfried von Strassburg: Tristan und Isold. Hg. von Walter Haug und Manfred Günter Scholz. Mit dem Text des Thomas, herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Walter Haug, Bd. 1, Berlin 2011 entnommen.

53 So auch Hermann zu dieser Textstelle vgl. Henning Hermann: Identität und Personalität in Gottfrieds von Straßburg Tristan. Studien zur sozial- und kulturgeschichtlichen Entwicklung des Helden. Hamburg 2006, S.127.

54 Sosna erkennt in Tristans Teilnahme am Schachspiel eine Integration desselben in die Gruppe der Norweger (vgl. Anette Sosna: Fiktionale Identität im höfischen Roman um 1200: Erec, Iwein, Parzival, Tristan. Stuttgart 2003, S. 230).

55 Dazu schlussfolgert Hermann auf überzeugende Weise: „Tristans Entführung […] zeigt den Antagonismus zwischen den höfischen Persönlichkeitsidealen und ihrer Bewertung durch die Außenwelt. Bildung und Wissen sind außerhalb des Hofes nicht mehr wert als ein kostbarer Gegenstand, den man sich aneignen und mit Gewinn veräußern kann: ein Handelsgut wie jedes andere.“ (Henning Hermann: Identität und Personalität in Gottfrieds von Straßburg Tristan. Studien zur sozial- und kulturgeschichtlichen Entwicklung des Helden. Hamburg 2006, S. 129f.)

56 Vgl. ausführlich zu dieser Opposition Michael Seggewiß: ‚Natur‘ und ‚Kultur‘ im Tristan Gottfrieds von Straßburg. Beiträge zur älteren Literaturgeschichte. Heidelberg 2012.

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Soziale In- und Exklusion im höfischen Roman um 1200
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Ältere Deutsche Literatur)
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
68
Katalognummer
V457576
ISBN (eBook)
9783668892408
ISBN (Buch)
9783668892415
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Intersektionalität höfischer Roman Parzival Tristan Nibelungen Nibelungenlied Mediävistik soziale Inklusion Exklusion, Kundrie Brünhild Mabonagrin Siegfried, Toleranz, Erec Hartmann von Aue
Arbeit zitieren
Dominique Reiner (Autor:in), 2017, Soziale In- und Exklusion im höfischen Roman um 1200, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/457576

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