Das erste Home Rule-Gesetz Premierminister Gladstones und die Gründe für das Scheitern


Hausarbeit, 2005

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zeitliche Einordnung

3. Inhalt und Zielrichtung des Gesetzes

4. Befürworter des Gesetzes

5. Gegner des Gesetzes

6. Gründe für das Scheitern und die Rolle Gladstones

7. Fazit und Ausblick

8. Anhang: Zeittafel

9. Anhang: Wahlergebnisse der Unterhauswahlen 1868 bis 1892

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Hausarbeit befasst sich mit dem ersten Home Rule -Gesetz[1] Premierminister Gladstones[2] aus dem Jahre 1886. Die Home Rule -Gesetzgebung und damit das Selbstbestimmungsrecht der Iren war ein wesentlicher Bestandteil Gladstonescher Politik. Es war ein, wenn nicht sogar der entscheidende Bestandteil zur Lösung der Irischen Frage. Bis es aber zu diesem ersten Gesetz kam war ein langer, steiniger Weg zurückzulegen. Seit dem Act of Union[3] stand die Irische Frage immer wieder, mal mehr mal weniger, mitunter auch mit Gewalt auf der Tagesordnung englischer Politik. Irische Nationalisten suchten sie zum Teil gewaltsam zu lösen und englische Politiker sahen mit und in ihr das Empire gefährdet. Ignoriert werden konnte die Irische Frage allerdings nicht, aber die Mittel die zur Lösung führten, waren mehr als umstritten. Innerparteiliche Gegner versuchten Gladstones Bemühungen zu unterlaufen, was schließlich zur Gründung einer neuen Partei und einer jahrzehntelangen Schwäche der Liberalen führte.

Letztendlich hatte dieses erste Home Rule -Gesetz sehr weit reichende Auswirkungen: auf die irische Nation, auf die irische Nationalbewegung, die britische Parteienlandschaft und schließlich die politische Zukunft Gladstones. Wenngleich es vorsah dem irischen Volk eine Selbstbestimmung zu geben, war hiermit allerdings keine Unabhängigkeit gemeint wie man sie später in der britischen Kolonialgeschichte erlebte.

Home Rule wird oftmals nur als ein exakt abgrenzbarer Teil irischer und englischer Geschichte betrachtet. Dies erweckt den Eindruck,

als ob die Frage nach der Selbstbestimmung des irischen Volkes nur zu bestimmten Zeitpunkten, insbesondere in den Jahren 1886, 1893, 1913 oder während des wenig später stattfindenden Unabhängigkeitskrieges eine Rolle gespielt hätte. Dies kann aber verneint werden.[4] Vielmehr war Home Rule ein langer und nachwirkender Prozess, dessen Auswirkungen bis in die aktuelle Tagespolitik reichen. Letztendlich beruht der derzeitige Versuch einen gesicherten Frieden in Nordirland zu schaffen auf den Auswirkungen des im Jahre 1913 verabschiedeten und zum dritten Mal eingebrachten Home Rule -Gesetzes. Letztendlich ist ein wesentlicher Teil Ulsters weiterhin Bestandteil des Vereinigten Königreiches und damit wird auch die Vereinigung Irlands, in welcher Form auch immer, weiterhin auf der politischen Agenda stehen.

Im Rahmen dieser Hausarbeit ist insbesondere zu klären, warum sich das Parlament in Westminster überhaupt mit der Irischen Frage beschäftigen musste und welche Probleme es in Irland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab. Welchen Anteil konnte dabei das Home Rule -Gesetz zu einer Lösung beitragen? Welche Intention steckte hinter dem Gesetz und wie war es inhaltlich ausgestaltet? Wer befürwortete es, wer waren die Gegner und warum scheiterte schließlich im Jahre 1886 doch der erste Versuch den Iren ihre Selbstverwaltung wieder zu geben?

Diese Fragen sollen im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit behandelt werden. Hierzu werde ich zunächst kurz auf die Geschichte der englischen Herrschaft in Irland und die inneririschen Verhältnisse seit dem Beginn der großen Hungerkatastrophe im Jahre 1845 eingehen, um mich dann näher mit dem Inhalt und der Zielrichtung des Gesetzes zu beschäftigen und dabei die o. a. Fragen zu beantworten.

Es stellt sich die Frage, ob das Home Rule -Gesetz ein sinnvoller Schritt in Richtung des Selbstbestimmungsrecht Irlands war oder ob das Voranpreschen Gladstones nicht eher kontraproduktiv war und so der Grundstein für das verstärkte Misstrauen der unionistischen Bevölkerungsteile gelegt wurde. Wäre die Selbstbestimmung schneller gekommen, wenn Gladstone im Jahre 1886 auf das überhastete Einbringen des Gesetzentwurfs verzichtet hätte? Eins ist sicherlich klar, das erste Home Rule -Gesetz hat seine Spuren hinterlassen. Warum die Irische Frage allerdings 1886 nicht gelöst werden konnte, soll ebenfalls nachfolgend dargestellt werden.

Meine Hausarbeit stützt sich dabei im Wesentlichen auf die Veröffentlichungen von James Camlin Beckett, Jürgen Elvert. Michael Maurer und Frank Otto, ergänzt durch die aktuellen Forschungen zu Home Rule durch Alvin Jackson.

2. Zeitliche Einordnung

Als 1800 der Act of Union das Ende der irischen Selbstständigkeit besiegelte, war noch nicht absehbar wie sich die irische Geschichte weiter entwickeln wird, und ob es jemals wieder zu einem unabhängigen irischen Staat kommen könnte.

Irland war im Jahre 1834, so wie in den Jahrhunderten zuvor, ein zutiefst katholisches Land. Es gab 80,9 % Katholiken, 8,1 % Presbyterianer und 10,7 % der Bevölkerung gehörten der Church of Ireland an.

Die Volkszählung von 1861, deren Ergebnisse als recht genau gelten, zeigte keine wesentlichen Änderungen bei der Religionszugehörigkeit auf. Weiterhin bekannte sich demnach eine überragende Mehrheit der irischen Bevölkerung zum katholischen Glauben. Exakt waren 77,7 % Katholiken, 9 % Presbyterianer und 12 % Anglikaner. Nun konnte niemand mehr der Meinung sein, dass die anglikanische Staatskirche jemals die Kirche des irischen Volkes würde.[5]

Die Relation von Katholiken und Protestanten veränderte sich also insgesamt nur wenig. Die geringfügigen Veränderungen beruhten auf den Tatsachen, dass von Hunger, Krankheiten und Emigration stärker die Armen, die Gälischstämmigen und Katholiken betroffen waren. Ein weiterer Grund für die leichte Abnahme des katholischen Bevölkerungsanteils lag im Souperism. Bei dieser Armenspeisung erhielten irische Einwohner nur dann staatliche Suppe, wenn sie zur Staatskirche übertraten.[6]

Nach der Hungerkatastrophe befand sich Irland im Zustand wirtschaftlicher und politischer Erschöpfung. Die irischen Widerstandsorganisationen gegen die Union existierten nicht mehr, das „Junge Irland“ hatte sich aufgelöst und wurde kaum noch erkannt, niemand fand sich, der O´Conells[7] Platz hätte einnehmen können, Irland verfügte über keine nationale Partei und die britische Regierung zudem über keine einheitliche Irlandpolitik.

Vierzig Jahre später, also in den 1880er-Jahren, hatte sich die Situation von Grund auf geändert. Parnell[8] war im Besitz einer Führungsposition, die ebenso eindeutig – wenn auch nicht so gesichert – war wie die O´Connells, und er hatte eine geschlossene Gruppe von Abgeordneten hinter sich, die über 80 % aller Abgeordneten Irlands in London umfasste.[9]

Trotz dieser starken politischen Repräsentation bestanden die eigentlichen Probleme in Irland über das Ende der 1870er-Jahre unverändert fort: Missernten und Hungersnot auf dem Lande vereint

mit Auswirkungen der zunehmenden Industrialisierung und Mechanisierung vor allem in Großbritannien, welche die weniger entwickelten Gewerbe in Irland an den Rand des Ruins brachten.

Das Hauptthema in der irischen Geschichte während der Jahrhunderte englischer Dominanz war der Drang nach Selbstbestimmung. Die moderne Home Rule -Bewegung begann 1870 mit Isaac Butt. Dieser wandte sich mit seinem Programm hauptsächlich an die irische Mittelklasse. Die tiefe Krise in der Landwirtschaft begann 1873 und brachte die Home Rule -Bewegung voran. Parnell brachte auch die Arbeiter in der Landwirtschaft auf die Seite der Home Rule -Bewegung, ebenso wie dies bei der Fenier -Bewegung der Fall war. In dieser waren nur Wenige bereit Gewalt der Sache wegen anzuwenden. Selbst Parnell lehnte den Mord an zwei britischen Beamten im Dubliner Phoenix Park im Jahr 1882 ab.

Die Irische Frage stand demnach ganz oben auf der innenpolitischen englischen Agenda. Ihr Aufkommen und erste Schritte zur Lösung fallen größtenteils in die Amtszeit Premierminister William Ewart Gladstones, der vier Regierungen in den Jahren 1868 bis 1874, 1880 bis 1885, 1886 und 1892 bis 1894 vorstand.

3. Inhalt und Zielrichtung des Gesetzes

Premierminister William Ewart Gladstone versuchte, die Irische Frage durch das Home Rule -Gesetz zu lösen, welches er 1886 formell einbrachte.

Dieses Home Rule -Gesetz setzte voraus, dass die oberste Gesetzgebung für Irland auch weiterhin in Westminster verblieb. Dennoch konnte das irische Parlament weit reichende inländische Entscheidungen treffen. Zu den Entscheidungen die sich Westminster allerdings vorbehielt, und über die nach wie vor ein von London zu ernennender Lord Lieutenant an der Spitze der Dubliner Verwaltung wachen sollte, gehörten alle sicherheits- und außenpolitischen Fragen und zudem insbesondere die folgenden Aufgaben:

- Juristische Ahndung von Verratsfällen
- Post
- Fragen, die die Krone betrafen
- Titel/Ehrungen
- Entscheidungen über Fremdenstatus und Einbürgerung
- Außenhandel
- Schifffahrt
- Quarantäne
- Leuchtfeuer
- Leuchttürme
- Münzen
- Gewichte
- Urheberrecht
- Zulassung oder Unterstützung von Religionen und
- nichtkonfessionelle Kontrolle der Schulen.[10]

Die irischen Sitze in Westminster sollten im Gegenzug wegfallen. Das irische Parlament sollte insbesondere in allen Steuerfragen, zuständig sein. Der irische Staat hätte sich allerdings mit einem Betrag von maximal 3.242.000 £ am britischen Haushalt beteiligen müssen. Hinzu wären weitere Ausgaben für die Dublin Metropolitan Police, die Royal Irish Constabulary[11] sowie für Kolonialangelegenheiten in Irland gekommen.[12]

[...]


[1] Unter Home Rule versteht man im Zusammenhang mit der irischen und englischen Geschichte einem Ausdruck, der von irischen Nationalisten im 19. Jahrhundert verwendet wurde, um das Ziel der Souveränität Irlands auszudrücken.

[2] William Ewart Gladstone war Liberaler und lebte vom 29.12.1809 bis zum 19.5.1898.

[3] Der Act of Union im Jahr 1800 war die Vereinigung des Königreiches Großbritannien mit Irland zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland. Diese Vereinigung wurde möglich nachdem das irische Parlament dem Act of Union und damit seiner Selbstauflösung zustimmte.

[4] Vgl. Jackson, Alvin: Home Rule – An Irish History 1800 - 2000, London 2003, S.320 f.

[5] Vgl. Maurer, Michael: Kleine Geschichte Irlands, Stuttgart 1998, S. 235

[6] Vgl. Maurer, Michael: Kleine Geschichte Irlands, a.a.O, S. 235

[7] Daniel O’ Conell lebt vom 6.8.1775 bis zum 15.5.1847 und war ein irischer Freiheitskämpfer.

[8] Charles Stewart Parnell lebte vom 27.6.1846 bis 6.10.1891.

[9] Vgl. Beckett, James Camlin: Geschichte Irlands, Stuttgart 1997, S. 198

[10] Vgl. Noetzel, Thomas: Geschichte Irlands. Vom Erstarken der englischen Herrschaft bis heute, Darmstadt 2003, S. 216

[11] Es handelt sich hierbei um die irische Polizei.

[12] Vgl. Jackson, Alvin: Home Rule – An Irish History 1800 - 2000, a.a.O., S. 58 f.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Das erste Home Rule-Gesetz Premierminister Gladstones und die Gründe für das Scheitern
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Historisches Institut)
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
28
Katalognummer
V45702
ISBN (eBook)
9783638430586
ISBN (Buch)
9783638637428
Dateigröße
492 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Premierminister, Home-Rule, Gladstone, Irland, Irische Frage, Konflikt, Ulster, 1886, Irische Unabhängigkeit
Arbeit zitieren
Wilfried Pott (Autor:in), 2005, Das erste Home Rule-Gesetz Premierminister Gladstones und die Gründe für das Scheitern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45702

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