Die Besiedlungsumstände der Färöer und Islands im Vergleich


Hausarbeit, 2018

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Situation in Norwegen im 9. Jahrhundert

3. Die Besiedlung der Färöer

4. Die Besiedlung Islands

5. Kolonisationsmotive an konkreten Beispielen

6. Resümee

7. Quellen- und Literaturverzeichnis
7.1. Quellenverzeichnis:
7.2. Literaturverzeichnis:
7.3. Internetquellen:

1. Einleitung

„Northmen“,1 „Vikings“,2 „The Saxon Stories“:3 Ob nun in Filmen, TV-Serien oder in der Unterhaltungsliteratur, in der Populärkultur ist das Thema „Wikinger“ derzeit überaus präsent. Mit ihnen verbunden wird neben den festlandskandinavischen Ländern oftmals auch Island, was daher rühren mag, dass die Insel genau zu jener Zeit von skandinavischer Seite aus besiedelt worden ist. Diese Besiedlung jedoch ist nicht allein für die Populärkultur von Interesse, sondern allen voran auch für die nordische Geschichtswissenschaft, in welcher dieses Thema schon seit geraumer Zeit Forschungsgegenstand ist (vgl. z.B. Byock 1988 oder Pires Boulhosa 2005). Die Quellenlage für die Wikingerzeit ist, abseits der archäologischen Zeugnisse, recht dünn, wobei Island mit seinem landnámabók und dem íslendingabók, für das frühmittelalterliche Skandinavien quellentechnisch außergewöhnlich gut abgedeckt ist, obgleich diese erst mit einigen Jahrhunderten Abstand verfasst worden sind. Ganz anders sieht es jedoch für die weiteren nordatlantischen Inseln aus, welche in etwa zur gleichen Zeit von Skandinaviern besiedelt worden sind. Zu diesen Inseln gehören allen voran die Färöer, deren erste Besiedlung einzig und allein in der faereyinga saga überliefert ist, was wiederum dazu beitragen mag, dass die Frühzeit der Färöer in der Forschung bislang, verglichen mit Island, kaum Beachtung findet.

Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, die Umstände, die zur Besiedlung der Färöer und Islands geführt haben, einander gegenüberzustellen, um auf diese Weise beurteilen zu können, ob nicht vielleicht auch die Ergebnisse der Islandforschung zu einem gewissen Grad auch auf die Färöer übertragbar sind.

2. Die Situation in Norwegen im 9. Jahrhundert

Um mögliche Motive für diese Landnahmen zu finden, erscheint es sinnvoll, zunächst einmal zu untersuchen, warum die Skandinavier in dieser Zeit überhaupt so zahlreich ihre heimatlichen Regionen verließen, um sich bekanntermaßen auf Raubzüge zu begeben oder andernorts niederzulassen.

Ermöglicht worden sind die Wikingerfahrten und Auswanderungen generell erst durch die schiffstechnischen und navigatorischen Entwicklungen dieser Zeit. Um entferntere Inseln zu erreichen, wie Island und die Färöer, waren hochseetaugliche Schiffe von Nöten, welche nun in Form des neuen Schifftyps Knörr verfügbar waren. Mit diesen Schiffen war es möglich, fortan auch Vieh, Hausrat und Baumaterial mitzuführen, was eine effektive Kolonisation bislang unkultivierter Landmassen erst möglich machte (vgl. Simek 2014: 19f).

Das isländische landnámabók berichtet von mehreren Expeditionsfahrten nach Island, welche für die erste Hälfte des neunten Jahrhunderts angenommen werden können (vgl. Hjálmarsson 2009: 12). Diese Abenteurer hatten über Hörensagen von der Existenz der Insel erfahren und waren auf gut Glück dorthin gesegelt (vgl. Böldl 2011: 234).

Es ist davon auszugehen, dass der Aspekt der Abenteuerlust nach der geglückten Kolonisation Islands wesentlich an Bedeutung gewann, da es sich zwar weiterhin um ein fremdes, fernes Land handelte, welches man zu erreichen strebte, die Gefahren jedoch relativ überschaubar zu sein schienen, da man sich bereits bewusst gewesen ist, dass eine erfolgreiche Niederlassung auf Island durchaus möglich war.

Über die Quellen hinaus gibt es noch weitere Aspekte, welche die Skandinavier zur Aufgabe ihrer Heimat bewogen haben mochten: Zum einen gilt es als sehr wahrscheinlich, dass das Erbrecht im frühmittelalterlichen Skandinavien eine gewichtige Rolle dabei spielte. Dieses sah vor, dass der Besitz des Vaters nach dessen Tod einzig und allein an den ältesten Sohn überging. Teilte dieser das Erbe nicht mit seinen Brüdern, bestand durchaus die Möglichkeit, dass diese sich nicht damit zufrieden gaben, keinen Anteil am Hof zu haben, und stattdessen ihr eigenes Glück in der Fremde suchten (vgl. Kaufhold 2011: 32). Bedeutete diese neue Situation für die nicht berücksichtigten Söhne Armut, so dürften sie sich oftmals aus der Not heraus Wikingerzügen angeschlossen haben (vgl. Simek 2009: 14). Dieser Ansicht war bereits Adam von Bremen (1917: 263f.), der sie im Jahre 1070 in seiner Hamburger Kirchengeschichte festhielt. Stand ihnen aber dennoch ein ausreichendes Kapital zur Verfügung, so mag zu späterer Zeit auch eine Emigration auf die Färöer oder nach Island eine Möglichkeit gewesen sein.

In der Forschung hegte man darüber hinaus lange die Vermutung, dass auch eine Überbevölkerung der norwegischen Küstengebiete die Auswanderungswelle der Wikingerzeit bekräftigt haben könnte (vgl. Hjálmarsson 2009: 18). Eine solche Überbevölkerung wird heute jedoch zunehmend bezweifelt, zumal die archäologischen Spuren, die sie hinterlassen haben müsste, nicht existent sind (vgl. Simek 2009: 15). Auch das íslendingabók deutet eher auf das Gegenteil hin: So heißt es in einer Passage, dass der norwegische König Harald die Auswanderung verbot, „weil ihm schien, als würde das Land dadurch entvölkert“ (Þorgilsson 2011: 213).

Auch der Umstand, dass es überhaupt einen König gab, der ein solches Verbot aussprechen konnte, mag vielen Norwegern dieser Zeit ein Dorn im Auge gewesen sein. Mit dem Aufstieg Haralds zum König über ein bis dato unerreicht großes Gebiet verändert sich die politische Struktur Norwegens für die freien Bauern relativ drastisch (vgl. Simek 2009: 15). Diese mussten ihm fortan Abgaben zahlen und sich der Befehlsgewalt der Jarle beugen, welche Harald in den Regionen einsetzte, um an seiner statt Recht und Gesetze auszuüben (vgl. Sturluson 1965a: 94f).

Während in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts die Entwicklung hochseetauglicher Schiffstypen die Mobilität der Skandinavier und damit nicht nur Raubzüge, sondern auch Expeditionsfahrten begünstigten, kamen in der zweiten Hälfte zu den fortwährenden gesellschaftlichen Gründen vermehrt auch innenpolitische Faktoren hinzu, welche die Skandinavier dazu verleiteten, ihre heimatlichen Regionen zu verlassen: Begab man sich nicht auf Wikingerfahrt, so suchte man sein Glück mitunter in der Besiedlung der nordatlantischen Inseln.

3. Die Besiedlung der Färöer

Wie eingangs erwähnt, beschränkt sich die schriftliche Überlieferung der Besiedlung der Färöer auf zwei kurze Sätze in der faereyinga saga, welche zwischen 1210 und 1215 in Island entstand (vgl. Rafn 1987: Vorwort von Klaus Kiesewetter; keine Seitenzählung). Die heute übliche Version der Saga geht auf den dänischen Philologen Carl Christian Rafn zurück, welcher die isländischen Originalquellen sammelte und 1832 unter dem Titel faereyinga saga veröffentlichte (vgl. Arge 1991: 101).

Die Saga datiert die Besiedlung der Inseln in die Regierungszeit des norwegischen Königs Harald Haarschön, also in den ungefähren Zeitraum zwischen 872 und 932 (vgl. Schröter 2007: 17). Bestätigung erfährt dieser Zeitraum in Snorri Sturlusons Haralds saga hárfagra (1965a: 109), nach welcher die Besiedlungen Islands und der Färöer in dessen Regierungszeit fallen.

Zieht man das isländische landnámabók hinzu, kann davon ausgegangen werden, dass die Färöer den Norwegern schon vor der Besiedlung Islands 874 bekannt gewesen sind, denn dort heißt es, der erste skandinavische Entdecker Islands sei eigentlich auf dem Weg zu den Färöern gewesen (vgl. Böldl 2011: 233-235). Von einer Besiedlung jener Inseln ist an dieser Stelle jedoch noch keine Rede, was die Existenz einer solchen jedoch nicht kategorisch ausschließen muss.

Dass die Färöer zu einem früheren Zeitpunkt jedoch bereits einmal bewohnt gewesen waren, geht bereits aus ihrer frühesten literarischen Erwähnung hervor (vgl. Gorsemann 2002: 12): Der irische Mönch Dicuil spricht in seiner liber de mensura orbis terrae aus dem Jahre 825 von einer Inselgruppe, welche zwei Tage und zwei Nächte nördlich von Britannien gelegen und von irischen Einsiedlermönchen bewohnt gewesen sein soll, welche laut Verfasser von „ latrones normanni “ verjagt worden seien (vgl. Dicuil 1870: 44). Bei diesen Inseln wird es sich wohl um die Färöer gehandelt haben, bei den „ latrones normanni “ um Wikinger (vgl. Wylie 1987: 7).

Eine frühere Besiedlung der Inseln gilt auch archäologisch als bestätigt. So hat man Hinweise auf Siedlungen gefunden, welche dreihundert bis fünfhundert Jahre älter sind als jene der norwegischen Siedler, wobei die geografische Herkunft der ersten Population noch nicht zu deuten ist (vgl. Church/Arge/Edwards et al. 2013: 228-232). Aufgrund der geografischen Nähe und des Umstandes, dass auch nach der erfolgreichen skandinavischen Kolonisation der Färöer Einwanderer von den schottischen Inseln ihren Weg dorthin fanden (vgl. Wylie 1987: 8f), liegt die Vermutung nahe, dass auch diese Siedler von dort gestammt haben könnten.

Es deutet also alles darauf hin, dass die Färöer zur Regierungszeit Harald Schönhaars von Norwegern aus besiedelt worden sind, was auch archäologisch nachvollziehbar ist (vgl. Stummann Hansen 2003: 59). Allerdings wird es sich bei den Norwegern nicht um die ersten Siedler gehandelt haben, da es als wahrscheinlich gilt, dass zu diesem Zeitpunkt bereits irische Mönche und andere, nicht genau zu bestimmende Personengruppen zeitweise auf den Inseln gelebt haben.

4. Die Besiedlung Islands

Dass es sich bei der Entdeckung Islands um ein Versehen gehandelt hat, geht bereits aus dem vorherigen Abschnitt hervor: Auf dem Weg zu den Färöern wird ein Norweger namens Naddodd nach Westen abgetrieben und stößt stattdessen auf eine größere Insel, nämlich Island (vgl. Friðriksson/Vésteinsson 2003: 142), so die Darstellung im landnámabók (vgl. Böldl 2011: 233). Im Jahre 874 erfolgt schließlich die erste Besiedlung der zufällig entdeckten Insel, welche ebenfalls im landnámabók geschildert wird: Ingolfur Arnarson und Hjörleifur Hródmarsson rüsten ein Schiff und segeln mit der Absicht nach Island, sich dort niederzulassen. Dort angelangt wirft Ingolfur seine Hochsitzsäulen über Bord, um auf diese Weise den idealen Siedlungsort auf göttliche Weise bestimmen zu lassen.

[...]


1 Kinofilm Northmen – A Viking Saga (2014), Regie: Claudio Fäh.

2 Fernsehserie des History Channel, seit 2013.

3 Buchreihe von Bernard Cornwell, seit 2007.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Besiedlungsumstände der Färöer und Islands im Vergleich
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Institut für Fennistik und Skandinavistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
13
Katalognummer
V456749
ISBN (eBook)
9783668888043
ISBN (Buch)
9783668888050
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Färöer, Island, Saga, Sagas, Isländersagas, Färingersaga, Altnordisch
Arbeit zitieren
Finja Heeger (Autor:in), 2018, Die Besiedlungsumstände der Färöer und Islands im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456749

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