Ist kognitive Verhaltenstherapie bei sozialer Angststörung wirksam?


Hausarbeit, 2018

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Soziale Angststörung

Ist kognitive Verhaltenstherapie bei sozialer Angststörung wirksam?

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlage
2.1 Die soziale Angststörung
2.2 Behandlungsmöglichkeiten der sozialen Angststörung
2.3 Hintergrund der kognitiven Verhaltenstherapie in der Praxis

3 Methoden und Ergebnisse
3.1 Kognitive Therapie auf Basis des Modells von Clark und Wells
3.2 Die kognitive Verhaltenstherapie im Kindesalter

4. Zusatzteil
4.1 Untersuchungsfrage
4.2 Untersuchungsdesign und -verlauf
4.3 Effekt und Auswirkungen der Behandlung
4.4 Beurteilung

5 Diskussion

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Psychische Erkrankungen führen zu Beeinträchtiungen im alltäglichen Leben. Bei der sozialen Angststörung handelt es sich um eine häufige und schwerwiegende psychische Erkrankung. Die Patienten, die unter der sozialen Angststörung leiden, haben Befürchtungen hinsichtlich der negativen Bewertung des eigenen Verhaltens und/oder eine ausgeprägte und anhaltende Angst vor sozialen Situationen. Die soziale Angstörung beeinträchtigt nicht nur die persönliche, sondern auch die berufliche Entwicklung der Patienten zum Teil erheblich. Unbehandelt verläuft die soziale Angststörung eher persistierend und erhöht das Risiko für eine Reihe anderer Störungen. So erweist sich eine effektive Behandlung bzw. Therapie als notwendig, damit die Patienten ihre sozialen Angststörung in die Gesellschaft integrieren sowie ein normales Sozialleben führen können und nicht von dieser psychischen Krankheit beeinträchtigt werden. Kognitiv-behaviorale Verfahren sind mit Abstand die am häufigsten untersuchten klinisch-psychologischen Interventionen für die soziale Angststörung. In diesem Text wird anhand einiger Behandlungsbeispiele darüber diskutiert, ob die kognitive Verhaltenstherapie wirksam ist.

2 Theoretische Grundlage

2.1 Die soziale Angststörung

Die soziale Phobie (soziale Angststörung) ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte und anhaltende Angst vor sozialen Situationen oder Leistungssituationen, in denen Peinlichkeit verpürt werden kann (Essau, 2014). In der Regel wird der Verlauf der sozialen Angststörung als chronisch bezeichnet. Angstsymptome, die für andere sichtbar sind, umfassen zum Beipiel Erröten, Schwitzen und Zittern. Neben den sichtbaren Symptomen können auch solche Gegenstand der Befürchtung sein, die weniger das Aussehen betreffen, sondern sich akustisch äußern, z.B. trockner Mund, Stimmveränderung oder Stottern.

Clark und Wells (1995; nach Stangier et al., 2009) entwickelten ihr umfassendes Modell der zugrundeliegenden kognitiven Mechanismen der Entstehung und Aufrechterhaltung der sozialen Phobie (sozialen Angststörung). In ihrem kognitiven Modell der sozialen Angststörung werden spezifische Mechanismen der Informationsverarbeitung unterschieden, die die Entstehung und Aufrechterhaltung der sozialen Angststörung erklären können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das kognitive Modell der Sozialen Phobie nach Clark und Wells (1995; nach Stangier et al., 2009)

Kritische Lebensereignisse, erhöhte Anforderungen und soziale „Traumata“ zusammen bilden die auslösenden Faktoren der sozialen Angststörung. Nach dem kognitiven Modell von Clark und Wells (1995; nach Srangier et al., 2009) ist darunter Folgendes zu verstehen: Wenn sich beispielweise eine Person in einer bestimmten Situation befindet (z.B. Präsentation des Quartalsberichts) und an eine frühere Erfahrung erinnert wird, die negativ verlief, und zwar von MitschülerInnen und LehrerInnen bei einem Referat in der 11. Klasse ausgelacht wurde, dann macht sich die Person die Gedanken: „Ich werde vor Angst zittern und ins Stocken geraten, alle gucken an mich und mit ist das so peinlich.“ „Mein Chef oder meine Kollengen werden denken, dass ich unfähig bin. Ich werde meinen Job verlieren.“ So hat die Person eine Selbstfokussierung der Aufmerksamkeit, die von ihr selbst als Bedrohung oder Befürchtung wahrgenommen wird. Solche negative Gedanken („Gedankenfehler“) und Selbstfokussierungen der Aufmerksamkeit beeinflussen bzw. verstärken sich untereinander. Dies ist wie ein Teufelskreis. Die Person kann sich keine anderen positiven Gedanken machen und auch nicht die Selbstfokussierung reduzieren. Da sie schon Angst hat, sind bestimmte Angstsymptome aufgetreten (z.B. Herzklopfen, Zittern, Schwindel, Leere im Kopf usw.).

Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten sind die Verhaltensstrategien, die dazu dienen, das Eintreten der gefürchteten „Katastrophe“ zu verhindern, sie spielen auch eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der dysfunktionalen Überzeugungen. Menschen mit der Angst zu schwitzen, enwickeln beispielweise häufig das Sicherheitsverhalten „Kleidung tragen, die Schweißflecken verbirgt“–dies hat oftmals die Konsequenz, dass das Schwitzen verstärkt auftritt und gleichzeitig die Korrektur der Überzeugung verhindert: „Alle Leute finden mich eklig, wenn ich Schweißflecken zeige.“ (Heidenreich T., Doyon, A. & Stangier U., 2010) So kommt es zu der Annahme, dass die Situation noch schlechter gelaufen wäre, wenn die Person das Sicherheitsverhalten nicht gezeigt hätte. Im Rahmen mehrerer miteinander verbundener Teufelskreise halten sich die einzelnen Elemente des Modells gegenseitig aufrecht.

2.2 Behandlungsmöglichkeiten der sozialen Angststörung

Es gibt medikamentöse Therapien für die soziale Angststörung. Die Behandlung erfolgt überwiegend mit Antidepressiva und ihre volle Wirkung entfaltet sich erst nach einer bis drei Wochen. Medikamente wie Benzodiazepine werden nur benutzt, wenn es unbedingt notwendig ist. Denn diese führen schnell zu einer Abhängigkeit und funktionieren nur für eine kurze Zeit. Medikamente können viele Nebenwirkungen mit sich bringen: Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen, sexuelle Funktionstörungen, Kopfschmerzen, beschleunigten Herzschlag, Unruhe usw.

Nur in der Therapie wird gelernt, mit Angst umzugehen. Deswegen ist die kognitive Verhaltenstherapie die sogenannte „Therapie erster Wahl“.

2.3 Hintergrund der kognitiven Verhaltenstherapie in der Praxis

In der kognitiven Verhaltenstherapie der sozialen Angststörung ist es daher das Ziel, Fähigkeiten zu entwickeln, um dysfunktionale (fehlerhafte, einseitige) Annahmen und Gedanken selbstständig zu erkennen, zu unterbrechen und zu korrigieren und sich situationsangepasster Verhalten zu können (Bandelow und Wedekind, 2014). Auf der einen Seite sollen die Angstsymptome reduziert und auf der anderen Seite sollen ggf. auch unabhängig von der Psychologie Fähigkeiten zum Umgang mit der krankheitsbedingten Beeinträchtigung aufgebaut werden. Die meisten kognitiven Verhaltenstherapiestudien der sozialen Angststörung beinhalten folgende Phasen: Störungsmodell erarbeiten bzw. lernen, Arbeit an ungünstigen Kognitionen, Verhaltensübungen, Entspannungstraining, Rollenspiele mit Videofeedback, Konfrontation, Selbstsicherheitstraining und ggf. auch soziales Kompetenztraining. Die Behandlung der sozialen Phobie (sozialen Angststörung) mit Hilfe des sozialen Kompetenztrainings hat vor allem in Deutschland eine lange Tradition (Fehm und Knappe, 2011).

3 Methoden und Ergebnisse

3.1 Kognitive Therapie auf Basis des Modells von Clark und Wells

Die auf dem kognitiven Modell basierende Therapie nach Clark und Wells (1995) findet in der Regel im Einzelsetting statt (Heidenreich, Noyon und Stangier, 2010). Jede Sitzung dauert eine bis 1.5 Stunden. Die Therapie wird aus insgesamt 25 Sitzungen und einer „Booster Session“ aufgebaut. Beim ersten Mal wird ein individuelles („idiosynkratisches“) Erklärungsmodell der sozialen Angststörung erarbeitet. Im Anschluss daran erfolgt eine detaillierte kognitive Vorbereitung auf die Exposition: Rollenspiele mit Videofeedback. Nach den Sicherheitsverhaltens- und Selbstaufmerksamkeitsexperimenten werden die Patienten gebeten, die Ausprägung der Angstsymptome und der erwarteten Wirkung auf andere einschätzen (auf einer 10-Punkt-Skala). Danach wird das Experiment mit der Instruktion wiederholt, das Sicherheitsverhalten so gut wie möglich zu unterlassen und die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu reduzieren. Im weiteren werden die Patienten dazu angehalten, die angstbezogenen Situationen im sozialen Kontext außerhalb des therapeutischen Settings aufzusuchen. Wichtig ist dabei, dass im Rahmen der Exposition für soziale Phobie ein mittleres Angstniveau zu bevorzugen ist (Heidenreich, Noyon und Stangier, 2010). Am Ende der Therapie gibt es erneute Therapietermine, die nach einer längeren Zeit zum Therapieabschluss führen, also zu der sogenannten „Booster Session“. Diese gilt als eine Rückfallprävention.

Der 28-jährige ledige Patient hatten den Arzt aufgesucht, um Betablocker zu erhalten. Mit diesen wünschte er sich, die für ihn schwierige berufliche Situation zu bewältigen. Nach einer Diagnostik wurde festgelegt, dass der Patient unter einer sozialen Angststörung liet und eine leichte Symptomatik der Depression zeigte. Die diagnostischen Kriterien der Depression wurde aber nicht vollständig erfüllt. Die Angst des Patienten bezog sich nicht nur auf berufliche Situationen, sondern auch auf private. Wegen einer neuen Arbeitsstelle war er vor zwei Jahren in die Stadt gekommen. Bisher hatte er keine Kontakte knüpfen können. Er wünschte sich eine Beziehung, hatte aber keine engen oder sexuellen Kontakte mit anderen. Das fand er sehr „peinlich“. Ein idiosynkratisches Modell wurde anhand des Quartalsberichts erarbeitet. In der anschließenden Sitzung wurden Rollenspiele von Patienten und Mitarbeitern des psychologischen Instituts durchgeführt. Das Ergebnis zeigte, dass die Situation auch mit reduziertem Sicherheitsverhalten bewältigt wurde, jedoch die Lenkung der Aufmerksameit auf sich selbst eine negative Auswirkung hatte. Im Videofeedback bemerkte der Patient, dass das für ihn im Zentrum stehende Zittern sehr viel weniger stark ausgprägt war als er erwartet hatte. Dann wurden noch einige angstauslösende Situationen im alltäglichen Leben mit den Patienten besprochen (z.B. informelle Gespräche mit KollegInnen). Der Patient wurde instruiert, in Verhaltensexperimenten verschiedenste Befürchtungen zu überprüfen (Heidenreich, Noyon und Stangier, 2010, S. 175). Die Vermeidung und das Sicherheitsverhalten in den Situationen wurden reduziert. Nach einigen Sitzungen zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Stimmung. Bei den nächsten Quartalsberichten lag keine exzessive Vorbereitung vor und der Patient durfte die Präsentation nicht schriftlich fixieren und auswendig lernen. Dies hat der Patient als „Katastrophe“ erlebt. Zunächst stand er für eine längere Zeit ganz still und hat nicht angefangen. Er glaubte daran, dass er einen schlechten Eindruck hinterlassen hatte. Er hatte begonnen, eine Einschätzung der Situation zu machen und einige Denkfehler tauchten auf. Ein zuverlässiger Kollege des Patienten hat ihm nach der Präsentation gesagt, dass er während der Präsentation „viel lockerer“ als sonst gewesen sei. Der Kollege hatte ihm interessierter folgen können. Dies macht den größten Teil der insgesamt 25 Sitzungen der Therapie aus. Für den Patienten ist die Kontaktaufnahme zu Frauen schwierig. Die Aufnahme wurde später duch einen Single-Tanz-Kurs erleichtet. Die soziale Angststörung hatte sich im Laufe der Behandlung deutlich reduziert, insbesondere das Ziel, „eine Freundin“ zu finden, war jedoch noch nicht erreicht (Heidenreich, Noyon und Stangier, 2010, S. 175).

Nach drei Monaten auf der Booster Session berichtete der Patient, dass es ihm weiterhin gutgehe und er jetzt mit einer Frau eine Beziehung habe. „Es erfolgte ein abschließender brieflicher Kontakt 6 Monate nach der letzten Booster Session, in der der Patient berichtete, es gehe ihm weiterhin gut.“ (Heidenreich, Noyon und Stangier, 2010, S. 176)

3.2 Die kognitive Verhaltenstherapie im Kindesalter

Kognitive Verhaltensthepratie mit dem einzelnen Kind

Jede Sitzung beginnt mit der Besprechung des Detektivbogens (vgl. Abbildung 2), des Selbstbobachtungs- und Selbstmanagementmaterials. Es folgt eine Entspannungsphase, die mit einer bildgetragenen Kurzentspannung realisiert wird (Kapitän-Nemo-Geschichte; Petermann, 1996a). Durch die Erzählung einer Geschichte wird ein Unterwassermotiv verwendet. Das Kind wird von Käpitän Nemo auf eine Unterwasser-Weltreise eingeladen. Es werden Delphine oder bspw. eine versunkene Stadt besucht. Die mit Hilfe der Geschichte eingebauten Selbstinstruktionen machen Mut und helfen, die Angst zu bewältigen. Nach der Diagnostikphase

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Detektivbogen zur Selbstbeobachtung und Verhaltensübung (aus: Petermann & Petermann, 1996a, S. 96)

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Details

Titel
Ist kognitive Verhaltenstherapie bei sozialer Angststörung wirksam?
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
21
Katalognummer
V456333
ISBN (eBook)
9783668897700
ISBN (Buch)
9783668897717
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verhaltenstherapie, angststörung
Arbeit zitieren
Yifan Su (Autor:in), 2018, Ist kognitive Verhaltenstherapie bei sozialer Angststörung wirksam?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456333

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