Anforderungen an Design und Usability eines auf die Bedürfnisse von Personen aus dem Nahen Osten zugeschnittenen Webportals


Bachelorarbeit, 2018

63 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

Zusammenfassung

Abstract

1. Hinführung zum Thema der Bachelorarbeit
1.1 Aufbau der Arbeit
1.2 Herausforderungen kulturspezifischer Anpassung und Zielsetzung der Arbeit

2. Grundlagen der Usability
2.1 Was man unter Usability versteht
2.1.1 Definition gemäß ISO 9241
2.1.2 Definition von Usability nach Steve Krug
2.2 Die Bedeutung von Usability im Web

3. Der Einfluss von Kultur auf Benutzerpräferenzen
3.1 Hofstedes Modell der Kulturdimensionen
3.1.1 Machtdistanz
3.1.2 Kollektivismus versus Individualismus
3.1.3 Weitere Kulturdimensionen
3.2 Zusammenhang zwischen Kulturdimensionen und Benutzeroberflächen
3.2.1 Aufbau von Benutzeroberflächen
3.2.2 Auswirkungen von Kulturdimensionen auf Benutzeroberflächen

4. Konzeption der Benutzeroberfläche
4.1 Allgemeingültige Konventionen zur Gestaltung von Benutzeroberflächen
4.1.1 Vorstellung der Gestaltgesetze
4.1.2 Nutzererwartungen bezüglich der Anordnung von Elementen
4.2 Navigation
4.2.1 Navigation im Allgemeinen
4.2.2 Navigation: Kulturspezifik des Nahen Ostens
4.3 Farben und ihre Wirkung
4.3.1 Die Wirkung von Farben im Allgemeinen
4.3.2 Farbwirkung: Kulturspezifik des Nahen Ostens
4.4 Wertvorstellungen und Symbolik des Nahen Ostens
4.4.1 Wertvorstellungen des Nahen Ostens
4.4.2 Die Bedeutung von Symbolen
4.4.3 Gesten und Symbolträger: Kulturspezifik des Nahen Ostens
4.5 Typographische Besonderheiten
4.5.1 Empfohlene Zeichenkodierung für arabische Schrift
4.5.2 Die Entwicklung der arabischen Schriftarten im Web
4.5.3 Leserichtung im arabischen Sprachraum - Bidirektionaler Algorithmus
4.5.4 Ladezeiten optimieren durch Subsetting

5. Internetnutzung und E-Commerce-Websites im Nahen Osten
5.1 Entwicklung des Mobile-Commerce
5.2 Internetnutzung im Nahen Osten
5.2.1 Mobiles Internet im Nahen Osten
5.2.2 Responsives Webdesign
5.2.3 Social Commerce im Nahen Osten
5.3 Chancen und Herausforderungen bezüglich des E-Commerce im Nahen Osten
5.4 Beispiele beliebter kommerzieller Websites im Nahen Osten

6. Erstellung eines Mock-ups mit Axure

7. Die Rolle des Ramadan als kulturspezifisches Ereignis im Nahen Osten
7.1 Der Wandel des Ramadan zu einem kommerziellen Feiertag
7.2 Auswirkungen des Ramadan auf das Nutzerverhalten
7.3 Wichtige Anlässe im Ramadan und hieraus resultierende Werbechancen
7.4 Geläufige Symbole des Ramadan

8. Schlussbetrachtung und Ausblick
8.1 Schlussbetrachtung
8.2 Ausblick

9. Literaturverzeichnis

I. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Eisbergmodell kultureller Aspekte ( Quelle: Interkulturelles User Interface Design, Heimgärtner, 2017)

Abbildung 2: Beispiel für Gesetz der Ähnlichkeit (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 3: Beispiel für das Gesetz der Nähe (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 4: Beispiel für das Gesetz der Geschlossenheit (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 5: Startseite von Letouch.net (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 6: Schreibweise arabischer Buchstaben je nach Kontext (Quelle: Selbst erstellte Ver-gleichsgrafik auf Grundlage des folgenden Artikels: https://design.google/library/modernizing-arabic-typography-type-design/)

Abbildung 7: Bidirektionaler Algorithmus (Quelle: https://www.w3.org/TR/alreq/)

Abbildung 8: Mobile Internetnutzer in Prozent (Quelle: Selbst erstellte Vergleichsgrafik basierend auf https://www.slideshare.net/wearesocial/digital-in-2018-in-northern-america-86863088)

Abbildung 9: Engl. Variante des Modeportals Namshi.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 10: Arab. Variante des Modeportals Namshi.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 11: Engl. Variante des Shoppingportals Wadi.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 12: Arab. Variante des Shoppingportals Wadi.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 13: Logos des Mock-ups der E-Commerce-Website Fresh.com (Quelle: Eigener Screen-shot)

Abbildung 14: Englischsprachiges Mock-up der E-Commerce-Website Fresh.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 15: Arabischsprachiges Mock-up der E-Commerce-Website Fresh.com (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 16: Aufbau des englischsprachigen Mock-ups im Detail mit Anmerkungen (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 17: Aufbau des arabischsprachigen Mock-ups im Detail mit Anmerkungen (Quelle: Eigener Screenshot)

Abbildung 18: Erhöhtes Suchvolumen bestimmter Keywords während des Ramadan (Quelle: Google Paper „Ramadan in MENA“)

Abbildung 19: Videokampagne Betty Crocker zu Beginn des Ramadan (Quelle: Google Paper „Ramadan in MENA“)

Abbildung 20: Erhöhtes Suchvolumen bestimmter Keywords gegen Ende des Ramadan (Quelle: Google Paper „Ramadan in MENA“)

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

Die vorliegende Bachelorarbeit bietet einen Leitfaden zur Konzeption eines auf Personen aus dem Nahen Osten zugeschnittenen Webportals.

Die zentrale Fragestellung lautet, welche kulturellen Besonderheiten Unternehmen beziehungsweise Organisationen beachten müssen, um den Nutzererwartungen der Angehörigen dieses Kulturkreises gerecht zu werden.

Im Anschluss an eine kurze Einführung in das Gebiet der Usability und der Gestaltgesetze werden die kulturellen Besonderheiten des Nahen Ostens sowie deren Auswirkungen auf Benutzeroberflächen ermittelt.

Im Rahmen der Arbeit wird ein Einblick in die Art und Weise der Internetnutzung in dieser Region gewährt.

Zudem werden erfolgreiche arabischsprachige E-Commerce-Portale sowie deren internationale Varianten untersucht.

Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird ein Mock-up einer exemplarischen E-Commerce-Website erstellt, welches eine internationale sowie eine arabischsprachigen Variante beinhaltet.

Zusätzlich wird die besondere Bedeutung des Fastenmonats Ramadan für den E-Commerce in der arabischen Welt erläutert.

Die in der Bachelorarbeit gewonnenen Erkenntnisse sind sowohl für Unternehmen, die in den Nahen Osten expandieren als auch für Organisationen, die Angehörige des arabischen Kulturkreises im Inland ansprechen möchten, relevant.

Abstract

The present paper provides a guideline for the design of a web portal tailored to meet the needs of people from the Middle East.

The key issue is, which cultural specifics companies or organizations have to take into account in order to meet the user expectations of the members of this cultural group.

Following a brief introduction to the field of usability and the gestalt laws, the cultural specifics of the Middle East as well as their impact on user interfaces are identified. The paper gives an insight into the types of internet usage in this region.

Furthermore, successful Arabic-language e-commerce portals as well as their international versions are analyzed.

Based on the knowledge acquired, a mock-up of an exemplary e-commerce website containing an international and Arabic-language version was created.

In addition, the great significance of the fasting month of Ramadan for e-commerce in the Arab World is outlined.

The findings gained from this bachelor thesis are relevant for companies expanding towards the Middle East as well as for organizations who want to nationally address members of the Arab culture.

1. Hinführung zum Thema der Bachelorarbeit

Während durch den Bürgerkrieg in Syrien Märkte zusammengebrochen sind, entstehen anderorts – auch in Deutschland – in den letzten Jahren durch Migration neue Märkte ;(vgl. Brücker 2016).

Umgekehrt beschäftigen sich Unternehmen zunehmend damit, im Rahmen einer Expansion ihrer Onlineshops neue Märkte, unter anderem im Nahen Osten, zu erschließen. Gemäß dem Ergebnis einer Umfrage der Boniversum GmbH aus dem Jahr 2014 lieferten zu diesem Zeitpunkt bereits 77 Prozent der deutschen Onlineshops ins Ausland, wobei 81 Prozent der übrigen 23 Prozent angaben, dass eine Ausweitung ihrer Handelsaktivitäten ins Ausland zeitnah geplant sei ;(vgl. Boniversum GmbH 2014).

Abgesehen von Faktoren bezüglich der Konzeption einer Benutzeroberfläche im Rahmen von Konventionen, die zumindest bis zu einem gewissen Grad kulturübergreifend gelten, existieren kulturelle Unterschiede in der Informationswahrnehmung, -verarbeitung und -darstellung (vgl. Heimgärtner 2017: 18).

Folgende Fragestellung ist dabei für Unternehmen, die gezielt Nutzer aus dem Nahen Osten ansprechen möchten, von zentraler Bedeutung: Welche kulturellen Besonderheiten müssen berücksichtigt werden, um das Benutzererlebnis für diese Zielgruppe zu verbessern?

1.1 ;Aufbau der Arbeit

Nach einer kurzen Einführung in das Thema erfolgt die Vorstellung der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit.

Im Anschluss daran werden in Kapitel 2 des Hauptteils die theoretischen Grundlagen der Usability erarbeitet.

Im darauf folgenden Kapitel wird erläutert, was man unter dem Hofstedes Begriff der Kulturdimensionen versteht. Hierbei wird aufgezeigt, welche Kulturdimensionen relevant für welche Elemente einer interkulturellen Benutzeroberfläche sind.

Anschließend wird umrissen, welche allgemeinen Konventionen bei der Grobgestaltung eines Webportals Beachtung finden müssen. Daran schließt sich eine Untersuchung der einzelnen Bestandteile einer Benutzeroberfläche an, wobei jeweils erarbeitet wird, welche kulturspezifischen Besonderheiten diesbezüglich zu berücksichtigen sind. Im Rahmen dieses Kapitels wird auch erläutert, welche Herausforderungen im Zusammenhang mit E-Commerce im Nahen Osten auftreten, der Aspekt einer für Smartphones oder Tablets optimierten Darstellung berücksichtigt sowie einige Beispiele erfolgreicher arabischer E-Commerce-Seiten angeführt.

Als nächster Schwerpunkt wird unter Verwendung des Tools Axure anhand eines Mock-ups basierend auf den in der Arbeit gewonnenen Erkenntnissen aufgezeigt, wie ein Webportal, welches sich an Nutzer aus dem Nahen Osten richtet, konzipiert sein sollte.

Im Anschluss daran wird erörtert, welche Rolle der Fastenmonat Ramadan bezüglich der Internetnutzung im Nahen Osten spielt und wie man das Potential dieser besinnlichen Zeit als Werbetreibender nutzen kann.

Abschließend werden die bezüglich der kulturellen Anpassung der Benutzeroberfläche an Nutzer aus dem Nahen Osten gewonnenen Erkenntnisse im Schlussteil zusammengefasst.

1.2 ;Herausforderungen kulturspezifischer Anpassung und Zielsetzung der Arbeit

Das Literaturangebot bezüglich des Themas der interkulturellen Anpassung von Benutzeroberflächen ist im Gegensatz zu Literatur zum Thema Usability im Allgemeinen noch sehr überschaubar (vgl. Heimgärtner 2017: 189). Dies gilt umso mehr, wenn man sich als Werbetreibender oder Institution Informationen bezüglich der kulturellen Anpassung einer Benutzeroberfläche für eine spezifische kulturelle Zielgruppe aneignen möchte. Aus diesem Grund hat sich die vorliegende Bachelorarbeit zum Ziel gesetzt, zu erarbeiten, welche kulturspezifischen Besonderheiten bezüglich der Gestaltung, Symbolik und Farbgebung bei der Ansprache von Nutzern aus dem Nahen Osten zu beachten sind. Somit können die in der Bachelorarbeit gewonnenen Erkenntnisse dazu dienlich sein, interessierten Unternehmen oder Organisationen einen Leitfaden zur Konzeption eines Webportals beziehungsweise eines Onlineshops für Nutzer aus dem Nahen Osten an die Hand zu geben.

2. Grundlagen der Usability

Der Begriff der Usability hat seit Beginn des E-Commerce in den 90er Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Laut Definition bedeutet Usability Gebrauchstauglichkeit (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-11).

Hinter dem Begriff der Usability steht in erster Linie der Anspruch, die Komplexität einer Website auf ein Minimum zu reduzieren, da Nutzer ansonsten in einen Zustand der Überforderung geraten können.

Da dieser Anspruch mittlerweile allgemeingültig ist und somit die Gebrauchstauglichkeit im Sinne der Benutzerfreundlichkeit einen wichtigen Kernfaktor der Entwicklung eines Webportals darstellt, werden in diesem Kapitel kurz verschiedene Kriterien sowie zwei unterschiedliche Definitionen des Begriffs Usability vorgestellt.

2.1 Was man unter Usability versteht

2.1.1 Definition gemäß ISO 9241

Seit 1998 existiert mit der DIN EN ISO 9241 ein internationaler Standard für Usability. Die Gebrauchstauglichkeit wird wie folgt definiert: “Usability ist das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Nutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen.“ (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-11)

Die Usability umschreibt somit die Qualität, mit der ein Nutzer mit einem Produkt wie einer Website interagieren kann, in anderen Worten die Benutzerfreundlichkeit eines Produkts.

Hierbei werden in der Norm DIN EN ISO 9241-11 folgende Kriterien definiert, die im Folgenden anhand von Beispielen verdeutlicht werden:

Effektivität zur Lösung einer Aufgabe: Diese Messgröße beschreibt, ob der Nutzer ein festgelegtes Ziel erreichen kann. Bei einem Onlineshop wäre dies das Abschließen eines Kaufs durch das Durchlaufen des Check-Out-Prozesses. Wenn dies dem Besucher aus technischen Gründen wie beispielsweise aufgrund eines nicht funktionierenden Buttons oder fehlerhaften Formulars nicht möglich ist, ist das Kriterium der Effektivität nicht gegeben.

Effizienz der Handhabung des Systems: Wenn man bei dem gewählten Beispiel des Onlineshops bleibt, würde fehlende Effizienz bedeuten, dass der Check-Out-Prozess zwar technisch abgeschlossen werden kann, aber viele einzelne Schritte enthält, die diesen unnötig verkomplizieren und daher ein Großteil der Nutzer aufgrund des hohen Aufwands die Seite vor Abschluss des Kaufprozesses verlässt.

Zufriedenheit der Nutzer einer Software: Die Zufriedenheit umschreibt den subjektiven Eindruck, den der Kunde von dem Produkt hat und wird als „Freiheit von Beeinträchtigung und positive Einstellung gegenüber der Nutzung des Produkts“ umschrieben (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-11).

Gemäß der ISO-Norm DIN EN ISO 9241-110, den „Grundsätzen der Dialoggestaltung“, welche aus den 1990er Jahren stammt und 2006 überarbeitet wurde, werden sieben Grundsätze für die Gestaltung und Bewertung von Benutzerschnittstellen festgelegt, die hier beispielhaft erklärt werden:

Aufgabenangemessenheit

Die Dialogwege sollen zielführend und nachvollziehbar sein, unnötige Aktionen wie beispielsweise das mühsame Ausfüllen unnötiger Formularfelder sollen minimiert werden.

Steuerbarkeit

Der Dialog muss durch den Benutzer steuerbar sein. Dieser soll beispielsweise die Möglichkeit haben, Schritte mehrstufiger Eingabeprozesse zu widerrufen, ohne den gesamten Eingabeprozess wiederholen zu müssen. Hierzu zählen auch diverse Filter- und Sortierfunktionen.

Selbstbeschreibungsfähigkeit

Dieser Punkt umschreibt die Verständlichkeit für den Nutzer durch Hilfestellungen und Rückmeldungen. Hierzu gehören unter anderem die Visualisierung von Wartezeiten, die Eindeutigkeit von Linkzielen und Sicherheitsabfragen vor dem Löschen von Daten.;

Lernförderlichkeit :

Dieses Kriterium ist dann gegeben, wenn ein Dialog den Nutzer „beim Erlernen des Systems unterstützt und anleitet“ (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-110). Beispiele hierfür wären Tutorials, FAQ-Bereiche oder ein virtueller Assistent, der dem Nutzer zur Seite steht.

Individualisierbarkeit

Die Möglichkeit der Individualisierbarkeit ist beispielsweise dann gegeben, wenn der Nutzer ein Portal oder einen Onlineshop durch die gezielte Auswahl bevorzugter Inhalte - und somit deren höhere Gewichtung - an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen kann.

Fehlertoleranz

Der Nutzer muss das System benutzen können, selbst wenn er unvorhergesehene Fehler macht. Dies wird ermöglicht, indem das System im Falle von Eingabefehlern die Option anbietet, Korrekturen vorzunehmen. Fehlermeldungen müssen demzufolge auch in einer dem Nutzer verständlichen Sprache erfasst werden.

Es ist in diesem Kontext zudem sinnvoll, Formulareingaben unmittelbar im Browser über JavaScript zu prüfen, um dem Nutzer eventuelle Eingabefehler sofort anzeigen zu können.

Erwartungskonformität

Die ISO-Norm DIN EN ISO 9241-110 definiert Erwartungskonformität wie folgt:

Ein Dialog ist erwartungskonform, wenn er konsistent ist und den Merkmalen des Benutzers entspricht, z.B. den Kenntnissen aus dem Arbeitsgebiet, der Ausbildung und der Erfahrung des Benutzers sowie den allgemein anerkannten Konventionen. (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-110)

Die Funktionalität einer Website muss demnach den Vorerfahrungen der Nutzer gerecht werden. Ein Beispiel für zu beachtende allgemeingültige Konventionen wäre beispielsweise, dass es sich bei unterstrichenen Textbereichen um klickbare Links handelt. Im Kapitel 4.1 dieser Arbeit wird der Aspekt der Konventionen ausführlicher erläutert.

2.1.2 Definition von Usability nach Steve Krug

Um den Begriff Usability in seiner konkreten Bedeutung noch besser nachvollziehen zu können, wird die in Kapitel 2.1.1 aufgeführte ISO-Norm durch eine Auflistung von Eigenschaften des Begriffs Usability sowie eine kurze, treffende Definition dieses Begriffs seitens des bekannten Usability-Beraters und Autoren Steve Krug ergänzt.

In seinem Buch „Don’t Make Me Think!” führt der Autor folgende Kriterien an, die den Begriff Usability beschreiben:

nützlich: Kann es etwas, das Leute brauchen?
erlernbar: Können Leute herausfinden, wie es funktioniert?
einprägsam: Müssen Sie es für jeden Gebrauch erneut lernen?
effektiv: Erledigt es seinen Job?
effizient: Tut es das in einem angemessenen Zeitraum und mit zumutbarem Aufwand?
begehrenswert: Werden Leute es wollen?
reizvoll: Ist der Gebrauch erfreulich oder macht es sogar Spaß? (Krug 2014: 9)

Steve Krugs allgemeine Definition von Usability lautet wie folgt:

Wenn etwas nutzerfreundlich ist – ganz gleich ob Website, Fernbedienung oder eine Drehtür – bedeutet es, dass eine Person mit durchschnittlicher (oder sogar unterdurchschnittlicher) Fähigkeit und Erfahrung versteht, wie man das Ding benutzt, um etwas zu erreichen, ohne dass dabei der Aufwand größer als der Nutzen ist. (ebd.)

2.2 ;Die Bedeutung von Usability im Web

Der bekannte Autor und Berater für Usability von Software und Webanwendungen Jakob Nielsen erklärt, warum Benutzerfreundlichkeit gerade im Web im Vordergrund stehen muss. Aufgrund der überwältigenden Auswahlmöglichkeiten verlange der Nutzer eine unmittelbare Befriedigung seiner Wünsche und verlasse die Seite, wenn er nicht in etwa einer Minute erkennen könne, wie die vom ihm besuchte Website zu bedienen sei (vgl. Nielsen 2001: 10).

Hierzu wird angemerkt, dass der vom Autor bei der Erstellung seines Buches „Designing Web Usability“ gewählte Zeitraum von „etwa einer Minute“ im Jahr 2018 der Erstellung dieser Arbeit nicht mehr zutrifft, da die Erwartungshaltung der Nutzer in den letzten Jahren gestiegen ist und Nutzer mittlerweile bereits binnen 3 Sekunden entscheiden, ob sie auf einer Website bleiben möchten oder nicht (vgl. Sens 2017: 62).

Jakob Nielsens einfache Gleichung im Anschluss an diese Aussage unterstreicht die Bedeutung der Usability im Web. Diese führt an, dass Kunden Produkte und Software zuerst käuflich erwerben und dann anschließend erst mit deren Usability konfrontiert werden, wohingegen Nutzer von Websites zuerst die Usability erleben und später erst zu zahlenden Kunden werden (vgl. ebd.: 10 f.).

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass sich die vorliegende Arbeit der Konzeption eines Webportals widmet und sich der Begriff der „Usability“ im Folgenden nur auf „Web Usability“, also die Gebrauchstauglichkeit beziehungsweise Benutzerfreundlichkeit einer Website, bezieht.

3. Der Einfluss von Kultur auf Benutzerpräferenzen

Die Werte einer Kultur repräsentieren unentbehrliche Richtlinien für deren Vertreter und bleiben solange im unsichtbaren Bereich, bis sie durch deren Verhalten sichtbar werden (vgl. Meidl 2014: 20). Kulturmodelle ermöglichen es, die zunächst nicht sichtbaren Bereiche anderer Kulturen zu entdecken. Das bekannte in Abb. 1 dargestellte Modell des kulturellen Eisbergs visualisiert, dass lediglich 10 Prozent der Eigenschaften einer Kultur sichtbar und wahrnehmbar sind, wohingegen der Rest unsichtbar, unterbewusst und daher schwierig zu erforschen ist (vgl. Hoft 1996: 44 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 - Eisbergmodell kultureller Aspekte

Das kulturspezifische Verhalten bildet die Spitze des vorgestellten Eisberges, die auf unterbewusster kultureller Prägung basiert. Bezüglich der Zielsetzung dieser Arbeit gilt es, dieses Verhalten von Nutzern aus dem Nahen Osten zu analysieren und Rahmenbedingungen für die Erstellung eines auf diese Zielgruppe zugeschnitten Webportals aufzustellen.

Hierbei stellen die fünf Kulturdimensionen nach Geert Hofstede kulturelle Eigenschaften dar, welche im Verhältnis zu anderen Kulturen quantifizierbar sind (vgl. Hofstede 2011: 30) und bei der Kommunikation mit einem bestimmten Markt zu beachten sind (vgl. Meidl 2014: 29).

Der Begriff der „Kultur“ wird häufig in unterschiedlichem Kontext verwendet und ist sehr vielschichtig. Auf eine Auflistung einzelner Definitionen dieses Begriffs wird daher im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.

Dieses Kapitel widmet sich ausschließlich Hofstedes Modell der Kulturdimensionen als einem der am weitesten verbreitetsten Konstrukte sowie den konkreten Auswirkungen der ermittelten Unterschiede auf verschiedene Bereiche der Benutzeroberfläche.

3.1 ;Hofstedes Modell der Kulturdimensionen

Die Dimensionen umfassen verschiedene Bereiche, die im Folgenden näher vorgestellt werden:

3.1.1 Machtdistanz

Es ist allgemein bekannt, dass in jeder Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad ein Ungleichgewicht der Macht vorhanden ist und deren Ausmaß von Land zu Land variiert. Die Dimension der Machtdistanz selbst fungiert als Gradmesser für Ungleichheit in der Gesellschaft (vgl. Hofstede 2011: 51).

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden Angestellte der Firma IBM in unterschiedlichen Ländern zu Situationen am Arbeitsplatz zwischen Mitarbeitern und deren Vorgesetzten befragt. Diese Befragung ermöglichte es, jedem Land einen Wert zuzuweisen, welcher den Grad der Machtdistanz des jeweiligen Landes definiert, den sogenannten Machtdistanz-Index (MDI) (vgl. ebd.: 51 ff.).

Während westeuropäische Länder wie beispielsweise Deutschland mit einem Wert von 35 einen niedrigen MDI aufwiesen, wiesen die meisten asiatischen, osteuropäischen und lateinamerikanischen Länder hohe MDI-Werte über 70 auf, wobei sich die arabischen Länder, deren Kultur für die vorliegende Arbeit relevant ist, mit einem MDI von 80 im oberen Drittel befanden (vgl. ebd.: 54 ff.).

3.1.2 Kollektivismus versus Individualismus

Kollektivismus bedeutet, dass das Interesse der Gruppe, das „Wir“, die Hauptidentität eines Menschen bildet und dem Interesse eines einzelnen Menschen deutlich übergeordnet ist (vgl. Hofstede 2011: 95 f.). Der Begriff „Familie“ umfasst in den meisten kollektivistischen Gesellschaften nicht nur die unmittelbaren Angehörigen, sondern auch entferntere Verwandte oder Mitbewohner (vgl. ebd.: 96). Im Gegensatz dazu besteht in der für individualistische Gesellschaften typischen Kleinfamilie die Familie meist nur aus 2 Elternteilen und eventuell Geschwistern (vgl. ebd.: 96). In individualistischen Gesellschaften bildet nicht die Gruppenzugehörigkeit die Hauptidentität eines Menschen, sondern dessen individuelle Merkmale (vgl. ebd.: 96 f.).;

Im Rahmen der bereits erwähnten Studie wurden Mitarbeiter der Firma IBM weltweit gebeten, in einer Skala von 1 („höchst wichtig“) bis 5 („kaum oder gar nicht wichtig“) zu bewerten, welche Faktoren für sie am Arbeitsplatz von Bedeutung seien (vgl. ebd.: 98). Für den individualistischen Pol waren die Faktoren „Persönliche Zeit“, „Freiheit“ (Gestaltung der Arbeit nach eigenen Vorstellungen) und „Herausforderung“ maßgeblich, der entgegengesetzte kollektivistische Pol setzte sich aus den Faktoren „Fortbildung“, „Physische Bedingungen“ (ein angemessenes Arbeitsumfeld bezüglich Lüftung, Beleuchtung und Arbeitsraum) sowie „Anwendung der Fertigkeiten“ (Möglichkeit eines vollen Einsatzes der eigenen Fähigkeiten bei der Arbeit) zusammen (vgl. Hofstede 2011: 98). Hier wurde den jeweiligen Ländern ein Wert, der sogenannte Individualismusindex (IDV) auf einer Skala von 0 bis 100 zugewiesen, wobei ein höherer IDV eine höhere Tendenz zum Individualismus bedeutet (vgl. ebd.: 100). Die arabischen Länder erreichten beim IDV im Vergleich zu Deutschland mit 67 Punkten hierbei lediglich 38 Punkte, was für einen deutlich ausgeprägten Kollektivismus im Nahen Osten spricht (vgl. ebd.: 101).

3.1.3 Weitere Kulturdimensionen

Als weitere Kulturdimensionen nach Hofstede existieren noch „Maskulinität und Femininität“, „Unsicherheitsvermeidung“ sowie „Langzeit- und Kurzzeitorientierung“. Da die arabischen Länder in der IBM-Studie sowie hinsichtlich der „Langzeit- und Kurzzeitorientierung“ in der sogenannten Chinese Value Survey in diesen Kulturdimensionen fast deckungsgleiche Werte mit Deutschland aufweisen und diese Arbeit sich den kulturellen Unterschieden widmet, werden diese nicht weiter diskutiert (vgl. ebd.: 158, 221, 275).

Zusammenfassend lässt sich demnach feststellen, dass die arabischen Länder einen um ein Vielfaches höheren Machtdistanzindex als westeuropäische Länder aufweisen sowie dass deren Gesellschaftsstruktur im Gegensatz zu individualistischen Gesellschaften kollektivistisch orientiert ist.

3.2 Zusammenhang zwischen Kulturdimensionen und Benutzeroberflächen

Um eine Übersicht zu erhalten, wie Benutzeroberflächen unter Zuhilfenahme von Kulturdimensionen an die Zielkultur anzupassen sind, muss zunächst erarbeitet werden, aus welchen Bestandteilen diese zusammengesetzt sind. Anschließend wird ermittelt, wie die Bestandteile jeweils gemäß der Kulturdimensionen angepasst werden sollten.

3.2.1 Aufbau von Benutzeroberflächen

Im Buchteil „User Interface Design and Culture“ werden im Folgenden fünf Bestandteile von Benutzeroberflächen angeführt (vgl. Marcus 2008: 52 f.):

Metaphern

Bei Metaphern handelt es sich um Konzepte, welche mit den Nutzern mit Worten, Bildern, Geräuschen sowie über taktiles Empfinden in Kontakt treten. Beispiele für visuelle Metaphern sind unter anderem die Briefmarke als Icon für den E-Mail-Client oder die Lupe als Icon neben dem Suchschlitz, wobei beispielsweise das Verschieben eines Lautstärkereglers eine taktile Metapher darstellt.

Mentale Modelle

Mentale Modelle beinhalten Strukturen von Daten, Aufgaben, Funktionen, Rollen oder Gruppen.

Navigation

Die Navigation ermöglicht es dem Nutzer, sich durch mentale Modelle zu bewegen, welche den Inhalt repräsentieren. Beispiele für Navigationselemente sind Menüs, Fenster, Icons, Dialogboxen oder Werkzeugpaletten.

Interaktion

Die Interaktion beinhaltet Techniken der Ein- und Ausgabe, Statusanzeigen sowie andere Arten von Rückmeldungen. Beispiele beinhalten die detaillierte Festlegung des Verhaltens von Tastatur, Maus oder Eingabestiften.

Gestaltung

Diese Eigenschaft beschreibt alle Bestandteile einer Benutzeroberfläche, die man visuell, auditiv oder taktil wahrnehmen kann. Hierzu gehören die Farbgebung, Typographie, Animationsstil, Sprachstil, Geräusche und Vibrationen.

3.2.2 Auswirkungen von Kulturdimensionen auf Benutzeroberflächen

In Kapitel 3.1 wurden die Werte der arabischen Länder bezüglich Hofstedes Kulturdimensionen ermittelt. Im Folgenden wird unter Zuhilfenahme der im Buchteil „User Interface Design and Culture“ angeführten Beispiele eine knappe Übersicht der Anpassung der vorgestellten Bestandteile der Benutzeroberfläche an die für den Nahen Osten ermittelten Werte (vgl. Marcus 2008: 52-64) durchgeführt. Eine ausführlichere Erörterung der einzelnen anzupassenden Bereiche findet in Kapitel 4 statt.

Auswirkung einer ausgeprägten Machtdistanz auf die Benutzeroberfläche

Wie bereits in Kapitel 3.1.1 dargelegt, ist die Machtdistanz bei den arabischen Ländern im Vergleich zu Deutschland viel ausgeprägter (vgl. Hofstede 2011: 54 ff.). Bezüglich Metaphern sind bei Ländern mit einem hohen MDI Objekte, die für eine ausgeprägte Hierarchie stehen, wie Institutionen oder Gebäude bevorzugt zu verwenden (vgl. Marcus 2008: 59 f.). Als mentale Modelle sind komplexere Strukturen mit vielen Unterkategorien ratsam, wobei die Navigation dem Nutzer einen strikten Pfad vorgeben sollte, der eingehalten werden muss. Bei der Interaktion dürfen auch explizite Fehlermeldungen erscheinen, die den Nutzer darauf hinweisen, dass er „etwas Falsches getan hat“ (vgl. ebd.: 60). Bezüglich der Gestaltung sind Symbole oder Insignien, welche Autorität ausstrahlen wie beispielsweise Bilder von Regierungsgebäuden empfehlenswert (vgl. ebd.).

Auswirkung einer kollektivistischen Gesellschaftsstruktur auf die Benutzeroberfläche

Wie in Kapitel 3.1.2 erläutert, weisen die arabischen Länder einen niedrigen IDV mit 38 Punkten auf, was bedeutet, dass die Kultur des Nahen Ostens kollektivistisch ist (vgl. Hofstede 2011: 100). Metaphern sollten nach Möglichkeit inhalts- anstatt handlungsorientiert sein, wobei mentale Modelle rollen- anstatt aufgabenorientiert sein sollten (vgl. Marcus 2008: 60). Bezüglich der Navigation gilt, wie bereits bezüglich der Machtdistanz festgestellt, dass die Wahlmöglichkeiten eingeschränkt sein müssen, wobei die Navigation zudem gruppen- und eventuell rollenorientiert sein sollte (vgl. ebd.). Die Interaktion sollte nicht personalisierbar und eher eingeschränkt gehalten sein (vgl. ebd.: 61). Bei der Gestaltung sind Bilder von Einzelpersonen zu vermeiden und Bilder von Rollen oder größeren Gruppen angebracht, wobei bei der Ansprache der Nutzer nicht direkt mit dem Aktiv angesprochen, sondern stets das Passiv verwendet werden sollte (vgl. ebd.).

4. Konzeption der Benutzeroberfläche

4.1 ;Allgemeingültige Konventionen zur Gestaltung von Benutzeroberflächen

Im vorhergehenden Kapitel wurden die kulturspezifischen Anpassungen erarbeitet, die bei der Konzeption einer Benutzeroberfläche für Nutzer aus dem Nahen Osten vorzunehmen sind. Bevor die in Kapitel 3 gewonnenen Erkenntnisse in den einzelnen Bereichen der Benutzeroberfläche Anwendung finden, bietet Kapitel 4.1 einen Überblick über die allgemeinen kulturunabhängigen Konventionen, die bei der Gestaltung einer Benutzeroberfläche zu beachten sind.

[...]

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Anforderungen an Design und Usability eines auf die Bedürfnisse von Personen aus dem Nahen Osten zugeschnittenen Webportals
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
63
Katalognummer
V455784
ISBN (eBook)
9783668866621
ISBN (Buch)
9783668866638
Sprache
Deutsch
Schlagworte
usability, middle east, cultural dimensions theory, arab digital generation, ramadan in e-commerce, Naher Osten, Kulturdimensionen, Hofstede, Benutzeroberflächen, Blickverlauf, eye movement
Arbeit zitieren
Annette Markle (Autor:in), 2018, Anforderungen an Design und Usability eines auf die Bedürfnisse von Personen aus dem Nahen Osten zugeschnittenen Webportals, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455784

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