Zur rechtsethischen Legitimation des assistierten Suizids


Hausarbeit, 2018

26 Seiten, Note: 9,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A.Einleitung

B. Grundaussagen der Entscheidung

C. Abgrenzung zum „privaten Suizid“

D. Rechtsethische Legitimität – Gesellschaftliche und verfassungsrechtliche Situation als Ausgangspunkt für Auswahl der Theorien

E. Ethischer/ Subjektivismus als Signatur der westlichen Welt – Entscheidungsfreiheit des Subjekts als höchstes Gut, Einzelner Mensch als letzes Maß
I. Individueller ethischer Subjektivismus als höchste Form der Autonomie? Eine Betrachtung der Moralvorstellung des Protagoras und dessen Folgerungen für das Urteil des BVerwG
1. Probleme, die der individuelle ethische Subjektivismus als Grundlage staatlicher Rechtsprechung mit sich bringen würde:
2. Protagoras Relativierung des Relativismus – Moral ungleich Recht
II.Der generelle ethische Subjektivismus – Einschränkung der vollkommenen Willkür durch den Begriff der Vernunft – Moralvorstellungen von Kant und deren Abgleich mit dem Urteil des BVerwG
1.Moralische Legitimität der Selbsttötung nach Kant
2. Rechtliche Legitimität der Selbsttötung nach Kant

F. Fazit

Literaturverzeichnis

A.Einleitung

„Es ist des Menschen Pflicht, die ihm bestimmte Zeit abzuwarten, bis seine Stunde schlägt bis er danieder sinkt und von der Last seines Elends erdrückt wird“

So schrieb es einst der britische Autor und Geistliche Humphrey Primatt1. Er brachte damit im Jahre 1776 eine durch alle Zeiten hinweg existierende und auch noch heute weit verbreitete Auffassung über das menschliche Leben und des damit unwiderruflich verbunden Sterbens zum Ausdruck.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Auffassung nicht. Im Urteil vom 02.03.2017 heißt es unter anderem, dass ein unheilbar schwer erkrankter Mensch unter Vorliegen von bestimmten Bedingungen rechtlich dazu befugt ist, eine tödliche Dosis des Medikaments Natrium – Pentobarbital zum Zwecke der eigenen Selbsttötung zu erwerben.2 Danach sei der Mensch also, zumindest auf rechtlicher Ebene, nicht unter jedem Umstand dazu verpflichtet, seinen natürlichen Tod abzuwarten und seinen Sterbeprozess bis zum Ende, auch unter qualvollen Schmerzen, durchzustehen.

Stattdessen sei er vielmehr dazu berechtigt, sich eben nicht von der großen Last seines Elendes erdrücken zu lassen, sondern, -freilich unter Vorliegen der Bedingungen-, vor seinem Elend hinweg zu fliehen und der ihm bestimmten Zeit, sofern diese mit dem natürlichen Tod zu interpretieren ist, zuvor zu kommen.

Die Entscheidung hat sowohl eine breite juristische als auch rechtspolitische Debatte ausgelöst, auf deren Einzelheiten hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll. Stattdessen soll das Urteil nachfolgend aus rechtsethischer Perspektive betrachtet werden, wobei solche ethischen Theorien im Vordergrund stehen werden, die mir für die Beantwortung der mit dem Urteil entstanden Probleme und Fragen am geeignetsten erscheinen.3

B. Grundaussagen der Entscheidung

Zunächst sollen allerdings die Kernaussagen der Entscheidung kurz dargestellt werden. Grundlage der Entscheidung war der Fall einer querschnittsgelähmten Frau, die, nur noch in der Lage ihren Kopf zu bewegen, täglich unter starken und schmerzhaften Krampfanfällen litt. Nachdem von Ärzten festgestellt wurde, dass sich dieser Zustand noch über 15 Jahre hinziehen könnte, beantragte die Frau beim Bundesamt für Arzneimittel die Abgabe einer tödlichen Dosis des Medikaments Natrium-Pentobarbital, welches einen kurzen und schmerzfreien Tod garantiert. Nachdem der Antrag mit Verweis auf den fehlenden Therapiezweck, der nach Bestimmung des Betäubungsmittelgesetzes4 Voraussetzung des Erwerbes von Medikamenten ist, abgelehnt wurde entschloss sich die Frau in der Schweiz das Leben zu nehmen. Der Ehemann der Frau erhob im Anschluss Klage vor den Verwaltungsgerichten.

Er wollte die nachträgliche Feststellung, dass die Verweigerung der Abgabe des tödlichen Medikaments durch das Bundesamt für Arzneimittel rechtswidrig war. Am 02.03.2017 gab das Bundesverwaltungsgericht der Klage in letzter Instanz statt.

Danach habe ein unheilbar kranker Mensch mit starken Schmerzen, die durch keine Therapie gelindert werden können, unter der Voraussetzung, dass er zu einer freien und ernsthaften Entscheidung in der Lage ist und keine andere zumutbare Alternative zur Herbeiführung des Sterbewunsches zur Verfügung steht, die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital.

Grundlage dieser Entscheidung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines jeden Menschen. Dieses gewähre einem schwer und unheilbar kranken Menschen unter Vorliegen der oben genannten Bedingungen, auch einen Anspruch darauf zu entscheiden, „ wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll“.

C. Abgrenzung zum „privaten Suizid“

Bei der rechtsethischen Beurteilung der Entscheidung, also letztlich beim Versuch der Beantwortung der Frage, ob die Verleihung der rechtlichen Befugnis zur Selbsttötung in Einklang zu bringen ist mit rechtsethischen Vorstellungen, geht es um weitaus mehr als um die Frage, ob es ethisch oder moralisch vertretbar ist, dass ein Mensch sein Leben selbst beendet—dann nämlich würde es allgemein und losgelöst von der konkret in der Entscheidung thematisierten Anerkennung und Förderung des Sterbewunsches schwer kranker Menschen durch den Staat- um die moralische Verwerfung der Selbsttötung als solche gehen. Darüber hinaus geht es aber vielmehr auch um die Frage, ob es aus rechtsethischer Sicht vertretbar ist, dass der Staat dem Menschen gerade einen Anspruch (also die Rechtsmacht zur selbstbestimmten Wahrnehmung unter Verpflichtung Dritter zum Gewähren lassen dieser Wahrnehmung5 ) darauf verleiht, sich mittels vom Staat bereitgestellter Medikamente, selbst zu töten.

Entscheidender Unterschied also ist gewissermaßen die Kausalität des Staates- entstehend durch die Verleihung des Anspruches auf Beendigung des Lebens und Bereitstellung der Medikamente, im Bezug auf den Tod des Suizidenten. Man muss hier folglich den Staat zutreffend mit den Worten des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Herrmann Gröhe als „Handlanger von Selbsttötungen“ bezeichnen.6

Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung soll damit die Frage nach der rechtsethischen Legitimität der Verleihung eben jenes Anspruches auf Selbsttötung sein. Auf der einen Seite soll also anhand verschiedener Theorien untersucht werden, inwiefern diese Selbsttötung dem ethisch Gesollten entspricht, auf der anderen Seite zugleich aber auch, inwiefern dieses ethisch Gesollte überhaupt Grundlage für die Verleihung eines Anspruches, also letztlich für die Rechtssetzung des Staates werden kann.

D. Rechtsethische Legitimität – Gesellschaftliche und verfassungsrechtliche Situation als Ausgangspunkt für Auswahl der Theorien

Bevor nun mit eben dieser Untersuchung begonnen werden soll, bleibt zu erwähnen, dass eine Darstellung sämtlicher auf der Welt vorhandener ethischer Wertvorstellung und deren Abgleich mit den aufgeworfenen Problemen kaum möglich erscheint. Es sollen daher all jene ethischen Theorien den Vorzug erhalten, deren Grundzüge in Einklang zu bringen sind mit der gesellschaftlichen, sozialen und verfassungsrechtlichen Entwicklung in Deutschland. So ist der Umstand des Fehlens jeglicher theologischer Standpunkte damit zu erklären, dass in Deutschland nach Artikel 4 des Grundgesetzes die Religionsfreiheit gilt. Menschen das Recht auf Selbsttötung aufgrund religiös fundierter Wertevorstellung zu verweigern ist deshalb nicht zulässig, ferner für die nachfolgende Betrachtung irrelevant.

Stattdessen soll vor allem der ethische Relativismus bzw. Subjektivismus als die, die heutige westliche Welt immer stärker kennzeichnende Ideologie in den Mittelpunkt rücken.7

E. Ethischer/ Subjektivismus als Signatur der westlichen Welt – Entscheidungsfreiheit des Subjekts als höchstes Gut, Einzelner Mensch als letzes Maß

In seiner Predigt zur Eröffnungsmesse des Konklaves im Jahre 2005 bezeichnete Joseph Ratzinger, später Papst Benedikt XVI, das heutige Zeitalter als „Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letzes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten lässt.“.8

In der Tat zeigt sich gerade in der westlichen, vom modernen Liberalismus und Pluralismus geprägten Welt, nicht zuletzt aufgrund der immer weiter fortschreitenden Säkularisierung, der Wunsch einer Loslösung von objektivierten Maßstäben.9 So fällt in wertebestimmenden Diskussionen immer häufiger umgangssprachlich die Redewendung „Leben und leben lassen“. Oder um es ein wenig graziler mit den Worten Schoppenhauers auszudrücken :„Wer unter Menschen zu leben hat, darf keine Individualität, sofern sie doch einmal von der Natur gese­­­tzt und gegeben ist, unbedingt verwerfen; auch nicht die schlechteste, erbärmlichste, oder lächerlichste.[…]Dies ist der wahre Sinn des Spruches: "Leben und leben lassen."

Gemeint ist also damit vielfach die Ablehnung von Verurteilungen anderer aufgrund von subjektiv differenten Auffassungen und Meinungen. Jeder soll so leben können, wie er es selbst für richtig hält, gleichzeitig aber auch tolerant sein und anderen ihre Lebensweise zugestehen. Dies spiegelt sich vor allem in der Einführung des Rechts auf gleichgeschlechtliche Eheschließung („Ehe für alle“) wieder.10

Dieser ethische Subjektivismus, also die Grundauffassung, dass prinzipiell jeder Mensch selbst für sich entscheidet, was ethisch gut oder falsch ist11, hat damit auch über die Grenzen der Moral hinausgehend, immer stärkeren Einfluss auch auf das Recht.

Daneben hat diese, durch die Prinzipien der Aufklärung immer weiter verstärkte Auffassung auch in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland Eingang erhalten. Sowohl das in Artikel 20 zum Ausdruck kommende Demokratieprinzip, dass die Bürger des Staates zum Bezugspunkt für jegliches staatliches Handeln, also auch für das Gewähren und Verweigern von Rechten macht, als auch vor allem die Grundrechte, die nicht nur das Volk als Grundlage statuieren, sondern vielmehr jeden einzelnen, individuellen Bürger zum Bezugspunkt der gesamten Rechtsordnung machen, zeigen diese Entwicklung eindrucksvoll.

Innerhalb der Grundrechte ist dabei mit dem BVerwG vor allem Artikel 2 nochmals hervorzuheben: Dort heißt es unter anderem, „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ sowie „ Die Freiheit der Person ist unverletzlich“. Dieses zentrale Grundrecht der Handlungsfreiheit, auf dass sich auf das BVerwG bei seiner Entscheidung bezieht, stellt also nochmals klar, dass jeder Einzelne grundsätzlich frei ist, sprich unabhängig vom Willen anderer das tun kann, was er will.12

Der Subjektivismus, der seinen Ausdruck auch und insbesondere im Persönlichkeitsrecht des Artikels 2 des Grundgesetzes findet, rückt also , wie eindrucksvoll gesehen, immer mehr ins Zentrum des Denkens, weshalb er bei der Frage nach der Zulässigkeit der Selbsttötung schwer kranker Menschen eine herausragende Rolle spielt. Je nachdem auf welchen Aspekt der Schwerpunkt gelegt wird, lassen sich jedoch auch innerhalb des ethischen Subjektivismus bestimmte Gruppen unterscheiden.

I. Individueller ethischer Subjektivismus als höchste Form der Autonomie? Eine Betrachtung der Moralvorstellung des Protagoras und dessen Folgerungen für das Urteil des BVerwG

Bereits vor 2000 Jahren brachte der Protagoras mit seinem berühmten Homo-mensura-Satz: „der Mensch ist das Maß aller Dinge13 die wohl radikalste Form des ethischen Subjektivismus zum Ausdruck.14

Kerngehalt dieses sog. individuellen Subjektivismus ist, dass der Mensch, und zwar der einzelne, individuelle Mensch, das Maß aller Dinge ist. Das Individuum selbst, nicht eine bestimmte Gruppe, eine Gesamtheit, gar die Menschheit ist der Ausgangspunkt der Bewertung des eigenen Handels, sondern einzig sein individuelles Bewusstsein selbst ist der einzige Bezugspunkt für sein Verhalten. Es gibt demnach objektiv kein richtig oder falsch mehr, sondern alles ist in hohem Maße als relativ anzusehen.15

Nimmt man diesen Gedanken als Ausgangspunkt für die Bewertung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts so könnte sich zunächst folgende Überlegung ergeben: Wenn der einzelne Mensch selbst der einzige Bezugspunkt dafür ist, ob sein Verhalten dem ethisch Gesollten entspricht oder nicht, so muss es auch jeweils dem Einzelnen freigestellt sein, sich für oder gegen die Selbsttötung auszusprechen.

Wenn der Staat also den Personen, die ihr Leben erhalten wollen, dies aber nur durch lebensverlängernde Maßnahmen können, diese Möglichkeit gewährt, so muss er unter diesen ethischen Gesichtspunkten, auch all jenen, die ihr Leben beenden wollen Unterstützung zu teil werden lassen.

Dadurch, dass dem einzelnen Menschen selbst die Wahl gelassen wird, ob er von diesem Recht Gebrauch machen möchte oder nicht, wird er selbst zum „Maß der Dinge“. Insofern entspricht der individuelle ethische Relativismus der Feststellung des BVerwG, dass es einem schwer kranken Menschen freigestellt sein muss, den Zeitpunkt seines Todes selbst zu bestimmen. Trifft ein Mensch diese Entscheidung aufgrund seiner Lebenssituation, etwa weil seine Schmerzen unerträglich sind und er sich nicht mehr erwünscht fühlt auf der Welt, so ist dies ethisch vollkommen legitim. Kein Dritter kann ihm dann von außen aus seiner Sicht, die niemals die konkrete Situation so erfassen kann, wie der kranke Mensch selbst, etwas anderes erzählen oder über seine Entscheidung urteilen, sie gar als falsch resümieren. Entscheidendes Kriterium für die ethische Legitimation ist damit die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Subjekts.

Kann das einzelne Individuum das tun, was es selbst für richtig hält, so ist es auch ethisch legitim, egal wie genau es sich dann entscheidet. Ob es sich dann für die Möglichkeit der Selbsttötung entscheidet oder dagegen ist dann beides gleichsam ethisch vertretbar, beziehungsweise spielt für die Beurteilung der Legitimität der staatlichen Anspruchsverleihung keine Rolle. Die ethische Legitimität wird also in der Hergabe der Entscheidungsfreiheit selbst begründet, nicht etwa im letztlichen Handeln der Person, das gleichsam immer ethisch ist, solange es der handelnde Mensch selbst als ethisch ansieht. Eine ethische Werteordnung aber, die objektiv regelt, was gut oder schlecht ist, kann es nicht geben.

1. Probleme, die der individuelle ethische Subjektivismus als Grundlage staatlicher Rechtsprechung mit sich bringen würde:

Freilich ist umstritten, inwiefern diese Ansicht Grundlage der Beurteilung ethischer Legitimität von staatlicher Rechtsprechung sein kann. Erhebt man sie zum einzigen Kriterium, ergeben sich schwerwiegend Probleme.

Zu welchem Ergebnis man am Ende kommt, ist offensichtlich. Der Staat muss dem Individuum alle Möglichkeiten eröffnen, die es gibt, um ethisch legitim zu handeln. Der Staat hätte dann auf dieser Grundlage, also allein auf ethischer Grundlage, überhaupt keine Einflussmöglichkeiten mehr.

Es wäre ethisch somit alles erlaubt. Der Willkür und Anarchie wäre Tor und Raum geöffnet.16 Der Staat müsste also, wöllte er eine objektive Rechtsordnung erlassen, alles erlauben, nichts verbieten und gleichsam alles verbieten und nichts erlauben.

Der Staat könnte mithin seine Ordnungs-und Friedensfunktion nur unzureichend erfüllen.17 In seiner Friedensfunktion hat er die Aufgabe, Streitigkeiten zwischen Individuen beizulegen, indem er klar und deutlich zum Ausdruck bringt, welche Regeln gelten und welche nicht um so den sozialen Frieden sicherzustellen.18

Auch die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland erkennt diese Problematik. In Artikel 2 des Grundgesetzes findet sich zwar das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auf Selbstbestimmung und Autonomie. Gleichzeitig zeigt der Artikel aber aber auch deren Grenzen auf. So statuiert Satz zwei des Artikels die Freiheit der Person eben nur soweit, wie nicht in die Rechte anderer eingegriffen wird, wie nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Dies resultiert aus dem Fakt, dass wir Menschen, zwar im Grundsatz eigene, freie Individuen sind, als solche aber sehr wohl in einer Gemeinschaft leben.

Der Mensch lebt nicht völlig losgelöst von anderen Menschen in einem Loch in der Erde, sondern er kommuniziert, agiert und reagiert mit anderen und auf andere Menschen. Er befindet sich, von Anfang an, immer in einem Bezug zu anderen Menschen, zur Gesellschaft als solcher.19 Besonders anschaulich stellt dies der Soziologe Heinz-Günther Vester dar:„Schon pränatal (vorgeburtlich) existiert zwischen Mutter und Fötus ein soziales Band. In diesem Sinne ist die Sozialität des Menschen auch von vornherein eine „natürliche“ Gegebenheit, d.h. durch biologische Prozesse vorgegebene und ermöglichte Sozialität.“20

Dieses Zusammenleben der Menschen führt dazu, dass die Freiheit, die jeder Einzelne auslebt automatisch auch zu einer Einschränkung der Freiheit von anderen führt. Gewährt man nun trotzdem jedem Einzelnen Bürger willkürlich in allen Bereichen absolute Freiheit, führt dies zum Gegenteiligen Ergebnis: Dann setzt sich allein die Macht des Stärken durch: Während ein Teil uneingeschränkte Freiheit hat, lebt der andere in absoluter Unfreiheit.21 Der Staat muss also in seiner Friedens – und Freiheitsfunktion einen gewissen Kompromiss finden zwischen Freiheit des Einzelnen und deren Auswirkung auf die Freiheit der Anderen, wobei höchstes Ziel des Staates sein muss, dem einzelnen Bürger die höchstmögliche Freiheit zu gewähren.22

[...]


1 H.Primatt, A Dissertation on the Duty of Mercy and Sin of Cruelty to Brute Animals

3 Vgl.: BVerwG, Urteil vom 02.03.2017 - 3 C 19.15

2 BVerwG, Urteil vom 02.03.2017 - 3 C 19.15

4 Vgl.: §5 Absatz 1 ,Nr. 6 BtMG

5 Karl Larenz/Manfred Wolf, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts § 14 Rn 4

6 J.Müller/Neuhof, Leiden am Lebensende: Gesundheitsminister Gröhe muss über Sterbehilfe entscheiden,13.05.2017[online]

7 Siamak Nadjafi, Säkularisierung und Fundamentalismus: Ursachen und Auswirkungen der Säkularisierung und des Fundamentalismus für Gesellschaft und Politik in unterschiedlichen Kulturkreisen, S.150

8 Joseph Ratzinger, Missa pro eligendo Romano Pontifice, 18.04 2005 [online]

9 Siamak Nadjafi, Säkularisierung und Fundamentalismus: Ursachen und Auswirkungen der Säkularisierung und des Fundamentalismus für Gesellschaft und Politik in unterschiedlichen Kulturkreisen, S.150

10 § 1353 Absatz 1 Satz 1 BGB

11 Brockhaus in fünfzehn Bändern, Band 13, Ses-Tam, S.394

12 Freilich findet diese Freiheit ihre Grenzen in der Verletzung der Rechte von anderen. Solange dies jedoch nicht der Fall ist, kann sich der einzelne Mensch völlig frei entfalten.

13 Vorbehaltlich anderer Interpretationsmöglichkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden soll. Vgl. dazu: Böckenförde, Geschichte der Rechts-und Staatsphilosophie, S.48 ff.

14 Platon, Theaitetos 152a [online]

15 Franz von Kutschera, Grundlagen der Ethik, S.122

16 Markus Kleine, Sterbehilfe: Rechtliche und ethische Fragen zwischen Freiheit und Verantwortung, Absatz 4 [online]

17 Ebd.

18 Bernd Rüthers, Rechtstheorie, § 3

19 H. Günther Vester in: Kompendium der Soziologie I : Grundbegriffe, S.26

20 H. Günther Vester in: Kompendium der Soziologie I : Grundbegriffe, S.26

21 Markus Kleine, Sterbehilfe: Rechtliche und ethische Fragen zwischen Freiheit und Verantwortung, Absatz 4

22 Böckenförde, Recht, Staat, Freiheit, S.43

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Zur rechtsethischen Legitimation des assistierten Suizids
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
9,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
26
Katalognummer
V455717
ISBN (eBook)
9783668884991
ISBN (Buch)
9783668885004
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inhaltliche Benotung : 12 Punkte, 3 Punkte Abzug wegen Überschreitung der zulässigen Seitenzahl
Schlagworte
legitimation, suizids
Arbeit zitieren
Patricia Sommer (Autor:in), 2018, Zur rechtsethischen Legitimation des assistierten Suizids, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455717

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