Chancen und Grenzen des Einsatzes von Schulhunden im Unterricht. Zusammenarbeit zwischen Pädagoge, Kind und Hund


Hausarbeit, 2015

19 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Tiergestützte Pädagogik
2.1. Mensch-Tier-Beziehung
2.2. Biophilie

3. Hundegestützte Pädagogik
3.1 Rahmenbedingungen
3.2 Der Schulhund im Einsatz
3.3 Kommunikation als Kern der Interaktion

4. Effekte und Einflüsse von Hunden im Unterricht
4.1 Das Drei-Faktoren-Modell
4.2 Praxisbezüge
4.3 Herausforderungen für den Pädagogen

5. Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Hunde als Co-Pädagogen sind in den letzten Jahren immer häufiger an Schulen und Förder- und Betreuungseinrichtungen anzutreffen. Die positive Wirkung schon allein durch die Anwesenheit (und auch die sollte fachkundig organisiert sein) ist inzwischen unbestritten. Ebenso finden die Interaktionen mit pädagogischen Begleithunden immer breitere Anerkennung“ (Jablonowski/Köse 2012: 62).

Schaut man sich heutzutage an Grund- und Sonderschulen um, so findet man fast immer mindestens eine Lehrkraft, die einen Schulhund einsetzt. Dies kann die unterschiedlichsten Formen annehmen, von einem einmaligen Besuch bis hin zum Präsenzhund, der die Lehrkraft die komplette Schulwoche über begleitet. Wenn man die betroffenen Personen und deren Schüler und Schülerinnen[1] nach dem Hund fragt, so erhält man meist vollkommen positive Erzählungen über dessen Einsatz. Diese positiven Effekte aber auch mögliche Grenzen und die grundlegenden Rahmenbedingungen sollen in der Hausarbeit näher betrachtet und erläutert werden. Dabei steht das Wirkungsgeflecht aus Pädagoge, Kind und Hund im Mittelpunkt.

Zu Beginn wird zunächst die tiergestützte Pädagogik allgemein und dabei die Mensch-Tier-Beziehung, sowie deren Zusammenhang mit der Biophilie betrachtet. Der Fokus liegt dabei stets auf dem Schulhund als Teil der tiergestützten Pädagogik. Wie genau die hundegestützte Pädagogik in der Praxis aussieht und welche Rahmenbedingungen dafür erfüllt sein müssen, wird im darauffolgenden Teil erläutert. Die Kommunikation als Kernelement ist hier ein zentraler Punkt. Um die Effekte des Einsatzes von Schulhunden besser verstehen zu können, werden einige Studien aufgegriffen, sowie das Drei-Faktoren-Modell beleuchtet. Um dies greifbarer machen zu können, werden im Anschluss einige Praxisbeispiele erklärt und mögliche Grenzen oder Risiken genannt. Das Resümee versucht daraus resultierende Empfehlungen für die Arbeit mit Schulhunden zu geben.

2. Tiergestützte Pädagogik

Die Arbeit mit Schulhunden fällt unter den Bereich tiergestützte Pädagogik welcher sich wie folgt definieren lässt:

„Tiergestützte Pädagogik (engl. AAP/AAE, Animal-Assisted Pedagogy/Education) wird von einer Fachkraft mit einer pädagogischen bzw. heil-/sonder-/sozialpädagogischen Ausbildung und entsprechendem Fachwissen über die eingesetzte Tierart durchgeführt. Die Intervention ist auf ein pädagogisches Ziel ausgerichtet, welches Bildung und/oder Erziehung betrifft. Dazu zählt die Förderung von sozio-emotionalen, aber auch kognitiven Fähigkeiten und von Exekutiven Funktionen. Die eingesetzten Tiere werden, falls erforderlich, je nach Art speziell für den Einsatz mit Menschen sozialisiert und ausgebildet. In der Praxis kann es in bestimmten Einsatzbereichen zu Überschneidungen mit der tiergestützten Therapie kommen“ (Beetz 2013, 14). Hierbei muss man nun die tiergestützte Pädagogik von der tiergestützten Therapie/Aktivität abgrenzen. Letztere erfolgen durch eine therapeutische Fachkraft (Therapie) oder meist ehrenamtliche Tierhalter ohne Fachausbildung (Aktivitäten).

Ein Ziel der tiergestützten Pädagogik ist es Lernprozesse anzuregen, die die sozio-emotionale Entwicklung der SuS durch Einsatz ausgewählter Tierarten fördern. Wie diese positive Mensch-Tier-Beziehung entsteht wird im Anschluss beleuchtet.

2.1. Mensch-Tier-Beziehung

Menschen nutzen Tiere einerseits als Nahrungs- und Rohstofflieferanten und halten sie als Nutztiere. Jedoch spricht viel dafür, dass Tiere eine wesentlich größere Rolle im Alltag der Menschen spielen als bloße Nahrung. Beispielsweise gibt es zahlreiche Einsatzstellen in bestimmten Berufsfeldern, wie bei der Polizei oder als Labortiere in der Forschung, aber die wohl größte Bedeutung spielen sie als Haustiere. Hierbei entstehen oft sehr enge Bindungen zwischen Tier und Halter, die auch in der Pädagogik und Therapie genutzt werden. „Lebewesen unterschiedlicher Spezies – Mensch und Tier – stehen sich gegenüber und treten in dialogisierenden Kontakt“ (Wünsche 2012, 241). Dieser Dialog ist von Seiten des Tieres so vorurteilsfrei, dass sich der Mensch angenommen fühlt und neue Wege der Kommunikation, sowohl mit dem Tier als auch mit anderen Menschen, öffnen kann. „Weil du uns annimmst, trauen wir uns mehr zu. Unser Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl steigt, unsere körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte, unsere sozialen Talente werden be- bzw. gestärkt. Der Kontakt mit Tieren fördert auf mannigfaltige Weise den Menschen“ (Otterstedt 2003, 65). Tierbegegnungen können, wie aus diesem Zitat hervorgeht, sehr unterschiedliche Wirkungen wie zum Beispiel Senkung des Blutdrucks und Muskelentspannung (physisch/physiologisch), kognitive Anregung, Aktivierung und Förderung des emotionalen Wohlbefindens (mental/psychologisch), oder Aufhebung von Einsamkeit und Isolation sowie das Zulassen von Nähe und Körperkontakt (sozial), bewirken (vgl. ebd.: 66f).

2.2. Biophilie

Der Ansatz der Biophilie des Soziobiologen Edward Wilson versucht die positiven Wirkungen von Tieren auf Menschen biologisch zu begründen. Dieser besagt, dass wir uns evolutionsbedingt stets mit anderen Lebewesen weiterentwickelt haben und daraus eine evolutionäre Verbundenheit entstanden ist. „Biophilie ist ein biologisch begründbarer Prozess, der sich in der Stammesgeschichte entwickelt hat. Der Begriff beschreibt die Menschen inhärente Affinität zur Vielfalt von Lebewesen in ihrer Umgebung ebenso wie zu ökologischen Settings, welche die Entwicklung von Leben ermöglichen“ (Olbrich 2003: 69). Vereinfacht bedeutet dies, dass Menschen gelernt haben, den Lebenswillen anderer Lebewesen für ihren eigenen Überlebensvorteil zu nutzen. So konnten schon frühe Formen domestizierter Hunde vor Feinden warnen oder das Fleisch sowie Fell/Haut von Herdentieren für das eigene Überleben verwendet werden.

Jedoch reicht die rein naturwissenschaftliche Betrachtung nicht aus, da Tiere vor allem eine soziale Wirkung haben. Um diesen Aspekt ausreichend zu berücksichtigen, muss man die Bindungstheorie mit einbeziehen. Diese erkennt die Biophilie als die Grundlage jeden Kontakts zwischen Mensch und Tier an. Der Kontakt und somit auch die Beziehungen zu Tieren sind laut Olbrich biologisch fundiert und angeboren, sowie notwendig um eine persönliche, geistige und emotional gesunde Entwicklung zu garantieren. Unsere immer höher technologisierte Umwelt erschwert soziale Interaktionen durch Anonymität und rasanten Wachstum. Hierbei können Tiere, vor allem Haustiere, helfen die benötigten Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Tiere achten nicht auf die Zeit oder die Leistung eines Menschen und können so das „Abschalten“ aus dem Alltag unterstützen. Die Erfahrungen, die durch die offenen und wertfreien Beziehungen zu Tieren gemacht werden, können nun auch für die Interaktion mit anderen Menschen genutzt werden (vgl. ebd.: 80f). Bindung spielt also eine wesentliche Rolle in der Mensch-Tier-Beziehung und somit auch in der tiergestützten Pädagogik, in der man sich die ebengenannten Vorteile zu Nutze macht. Im Vordergrund steht dabei die spezielle Form der Interaktion, die Qualität der Kommunikation, die Häufigkeit der Interaktion, sowie das Geben und Nehmen. Dies alles geschieht immer in der Dreiecksbeziehung Pädagoge, Kind, Tier oder Therapeut, Patient und Tier (vgl. Wohlfarth et al 2013: 181). Da es nun im Folgenden um die hundegestützte Pädagogik gehen soll, bezieht sich das Vorangegangene auf das Dreieck Pädagoge, Kind und Hund.

3. Hundegestützte Pädagogik

Hunde sind gemeinschaftsfähig und aufgrund ihrer langen Geschichte als domestizierte Haustiere besonders geeignet um Beziehungen mit Menschen aufzubauen. Als Raubtiere besitzen sie, falls sie gut sozialisiert wurden, keinen großen Fluchtinstinkt, dafür jedoch einen hohen Spieltrieb, der motivierend für die hundegestützte Pädagogik genutzt werden kann. Hundegestützte Pädagogik hat ihren Ursprung in den USA der 60er Jahre, als der Psychotherapeut Boris Levinson das Potential von Hunden für die therapeutische Arbeit entdeckte. Er setzte seinen Hund „Jingles“ gerne in der Arbeit mit Kindern ein, da er besonders bei Jungen einen positiven Effekt erkannte. Diese Jungen, die teilweise vor der Arbeit mit dem Hund nicht mit ihm gesprochen hatten, trauten sich nun durch den Hund in die Interaktion mit Levinson zu treten. Hierbei fungierte der Hund also als sogenannter „Eisbrecher“, was in weiteren Studien bestätigt wurde (vgl. Beetz 2013: 13ff). Durch die Veröffentlichungen von Levinson begann der Einsatz von Hunden in Schulen zunächst in Amerika und anschließend auch im europäischen Raum. Da die Rolle des Hundeführers in Schulen oft durch dort arbeitende Pädagogen übernommen wird, ordnet man hundegestützte Interventionen zum Bereich der tiergestützten Pädagogik und im Speziellen zur hundegestützten Pädagogik zu. Diese wird durch Beetz (2013: 15) wie folgt definiert:

„Hundegestützte Pädagogik wird von einer Fachkraft mit einer pädagogischen bzw. heil-/sonder-/sozialpädagogischen Ausbildung und entsprechendem Fachwissen über Hunde durchgeführt. Die Intervention ist auf ein pädagogisches Ziel ausgerichtet, welches Bildung und/oder Erziehung betrifft. Die eingesetzten Hunde werden speziell für den Einsatz mit Menschen sozialisiert und ausgebildet“ (ebd.: 15).

In der hundegestützten Pädagogik unterscheidet man zwischen dem Schulhund, auch Präsenzhund, der regelmäßig eine gewisse Zeit im Unterricht verbringt und durch eine Lehrperson der Klasse geführt wird und dem Besuchshund, welcher nur stundenweise oder einmalig die Klasse besucht und von einer externen Begleitperson geführt wird (vgl. ebd.: 16). Der Fokus der Hausarbeit liegt jedoch auf dem definierten Schulhund.

3.1 Rahmenbedingungen

Um ein gutes Gelingen der hundegestützten Pädagogik zu ermöglichen, braucht es gewisse Rahmenbedingungen. Wichtig ist es zuallererst eine ausreichende Haftpflichtversicherung für den Hund zu haben, die auch alle Risiken in der Schule abdeckt. Dies lässt sich heutzutage relativ einfach mit der betroffenen Versicherung klären, meist sogar ohne zusätzliche Kosten. Weiterhin muss die Genehmigung der Schulleitung vorliegen, selten auch die des zuständigen Schulamtes. Was nicht notwendig, aber durchaus sinnvoll wäre, ist es die Eltern, sowie Hausmeister und das Kollegium zu informieren und um deren Unterstützung zu bitten. So beugt man Unfrieden und möglichen Konflikten vor (vgl. Beetz 2013: 37f).

„Ein Schulhund ist nur so gut wie die Lehrkraft, die ihn führt – mit der Ausbildung der Lehrkraft steht und fällt die Qualität des Schulhund-Einsatzes“ (ebd.: 28). Dies führt zu einem wichtigen Aspekt im gelungenen Schulhundealltag, der Ausbildung von Hundeführer und Hund. Die Basis hierfür ist eine gute Grunderziehung des Hundes, ebenso sollte die Beziehung beider Akteure gefestigt und der Hund an schulspezifische Reize gewöhnt sein. Grundsätzlich muss der Gesundheits- Ernährungs- und Pflegezustands optimal sein, der Hund sollte dem Menschen gegenüber aufgeschlossen sein und keine Feinseligkeiten, Ängste oder Aggressionen in sich tragen. Weitere wichtige Aspekte sind die Kommandosicherheit, eine Lehr- und Führwilligkeit mit guter Unterordnungsbereitschaft, Freude an Körperkontakt und Zusammensein mit Menschen sowie ein kontrollierter Hetztrieb (vgl. Kirchpfennig 2012: 35f). Jagd- oder Hütehunde sind deshalb nur eingeschränkt einsetzbar. Generell spielt die Rasse des Hundes eine untergeordnete Rolle, jedoch gibt es verschiedene Rassen, die die eben genannten Eigenschaften eher mitbringen als andere. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist der Golden Retriever. Der Hundeführer sollte Stressreaktionen des Hundes schnell und richtig deuten können und auf diese einfühlsam eingehen, sowie in den verhaltensbiologischen Grundlagen und der Körpersprache des Hundes geschult sein.

All diese Bedingungen fasst Kirchpfennig in drei Hauptkriterien zusammen: der Grundcharakter des Hundes durch seine Erbanlagen, die Prägung des Hundes durch sein soziales Umfeld und das sozialpädagogische Geschick des Hundeführers. Sind diese Kriterien erfüllt, kann ein Schulhund erfolgreich im Schulalltag eingesetzt werden.

3.2 Der Schulhund im Einsatz

Prinzipiell ist der Einsatz von Schulhunden in allen Klassenstufen und Schulformen möglich, laut Beetz werden sie allerdings am häufigsten in Förder- und Grundschulen eingesetzt (vgl. Beetz 2013: 19). Wie dies im Einzelnen geschieht ist sehr individuell. Zum einen kann der Schulhund als Präsenzkontakt genutzt werden. Hierbei ist der Hund nicht speziell im Unterricht integriert sondern bloß anwesend. Das Hauptziel ist dabei die psychische und physische Entspannung, sowie die Verbesserung des Sozialverhaltens und der Lernatmosphäre. Studien ergaben, dass gut eingeführte Präsenzhunde eine Klasse ruhiger werden lassen und soziale Spannungen vermindern (vgl. Retzlaff 2002). Eine weitere Form des Einsatzes ist die aktive Beteiligung und Einbindung in ein vorhandenes Schulfach. Durch beispielsweise die praktische Gestaltung des Biologieunterrichts zum Thema Anatomie des Hundes werden die Kinder motivierter und erleben Freude am Lernen. Die dritte Variante ist die direkte Arbeit mit dem Hund, wobei der Hund als zentraler Lerngegenstand fungiert und nicht nur als Katalysator oder Motivator für andere Bereiche. In dieser Variante können die SuS dem Hund verschiedene Kommandos geben oder ihn durch einen Parcours führen. Von der Idee des „Spielens“ zwischen SuS und Hund ist abzusehen, da Hunde nicht in dem Sinne spielen. Dies sollte man den SuS auch früh genug beibringen, um Gefahren vorzubeugen. Sinnvoll hierfür ist es Verhaltensregeln für den Umgang mit dem Hund zu erarbeiten, bevor der Hund zum ersten Mal die Klasse besucht.

Je nach Belastbarkeit des Hundes und zeitlicher Flexibilität der Lehrkraft variieren die Einsatzzeiten von Schulhunden, wobei die Hälfte aller Hunde 2-3 Tage in der Schule verbringt. Von längeren Einsätzen wird abgeraten, da dieser Dauereinsatz zu hohe Anforderungen an den Hund stellt. Experten raten zu einer Einsatzdauer von 10-20 Stunden pro Woche, wobei hier auch viele Präsenzstunden eingerechnet sind (vgl. Beetz 2013: 22).

[...]


[1] Im Folgenden werden Schüler und Schülerinnen durch SuS abgekürzt

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Chancen und Grenzen des Einsatzes von Schulhunden im Unterricht. Zusammenarbeit zwischen Pädagoge, Kind und Hund
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Note
1,5
Autor
Jahr
2015
Seiten
19
Katalognummer
V455435
ISBN (eBook)
9783668865167
ISBN (Buch)
9783668865174
Sprache
Deutsch
Schlagworte
chancen, grenzen, einsatzes, schulhunden, unterricht, zusammenarbeit, pädagoge, kind, hund
Arbeit zitieren
Luise Kischel (Autor:in), 2015, Chancen und Grenzen des Einsatzes von Schulhunden im Unterricht. Zusammenarbeit zwischen Pädagoge, Kind und Hund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455435

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