Intergenerationelles Lernen. Medienbasierte Lernprojekte zur Förderung eines generationsübergreifenden Dialogs


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Intergenerationelles Lernen
2.1. Der Generationenbegriff – Eine Annäherung
2.2. Formen intergenerationellen Lernens

3.Warum ist intergenerationelles Lernen bedeutsam?
3.1. Soziale und gesellschaftliche Begründung
3.2. Veränderung des generationalen Miteinanders

4.Nationale und supranationale, medienbasierte Lernprojekte zur Initiierung eines generationsübergreifenden Dialogs 11
4.1. Projekt „CompuSternli“
4.2. Modellprojekt KOJALA – Virtuelles Leseprojekt „Kalte Zeiten“

5.Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Intergenerationelles Lernen gewinnt fortwährend an Bedeutung. Der Dialog zwischen den Generationen scheint aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung Älterer, und dem spürbaren Geburtenrückgang Jüngerer, nicht mehr selbstverständlich zu sein (vgl. Franz, 2014, S. 9). Auch die Globalisierung hat wesentliche Einflüsse auf die „Wirtschaft, Ökologie und das soziale Gefüge der Gesellschaft“ (Marquard, 2011, S. 18). Durch diesen demographischen und sozialen Wandel, verändert sich verständlicherweise auch das Verhältnis von und zwischen den Generationen (vgl. ebd.). Außerfamiliale Begegnungen zwischen Jung und Alt sind heutzutage wohl mit weniger Selbstverständlichkeit gesegnet, als dies noch im 20. Jahrhundert der Fall war (vgl. Franz, 2014, S. 19). Hinzu kommt, dass das Zeitalter der Digitalisierung die Erfahrungsräume zwischen Jung und Alt weiter auseinanderdriften lässt (vgl. ebd.). Um diesem möglicherweise „medial bedingten Generationenbruch“ (Beck, Büser, & Schubert, 2016, S. 13) entgegenwirken zu können, führt diese Ausarbeitung die Funktionalität angeleiteter, medienbasierter Lernprojekte aus.

Bevor sich praktisch mit der Planung von intergenerationellen Projekten auseinandergesetzt werden kann, sollten sich ErwachsenenbilderInnen über die theoretisch – didaktische Struktur des Projektes gewahr sein (vgl. Antz et al., 2009, S. 49). An dieser Chronologie sieht sich auch der Aufbau dieser Ausarbeitung orientiert. In Kapitel 2.1. wird einleitend eine mögliche Definition des Generationenbegriffs vorgelegt. Das Ziel ist demnach, sich eine konzeptionelle Definition zu vergegenwärtigen, um intergenerationelle Lernprojekte anhand dieser erfolgsversprechender gestalten zu können. Kapitel 2.2. folgt anschließend mit der Differenzierung dreier intergenerationeller Lernformen: voneinander, miteinander, und übereinander Lernen. Auch diese Formen sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung intergenerationeller Projekte. Nachdem die Definitionen und Formen intergenerationellen Lernens offengelegt wurden, beschäftigt sich Kapitel 3 mit zwei aufeinander aufbauenden Perspektiven, die die Relevanz und Wichtigkeit intergenerationellen Lernens in unserer heutigen Zeit begründen. Im Anschluss an diesen theoretischen Rahmen werden zwei Projekte vorgeschlagen, die ihren Schwerpunkt auf den Dialog zwischen den Generationen legen. Erreicht werden soll der Dialog der Generationen mit Hilfe von Medien, die zunächst explizit, als Thema des Projektes behandelt werden (Projekt CompuSternli) und anschließend implizit, eher als „Kommunikationsmedium“ und Vermittler angesehen werden (Modellprojekt KOJALA).

2. Intergenerationelles Lernen

Dieses Kapitel der Ausarbeitung beschäftigt sich zunächst mit dem, was der Begriff „Generationen“ aus biologischer, pädagogischer und soziologischer Perspektive bedeuten kann. Dies ist deshalb wichtig, da der Begriff „Generationen“ in den letzten Jahren und Jahrzehnten häufig inflationär verwendet wurde und sich heutzutage bald jeder Jahrgang als „neue“ Generation wahrnehmen kann (vgl. Beck, Büser, & Schubert, 2016, S. 13). Hier geht es also zunächst auf den konzeptionellen Ursprung zurück, der von bedeutenden Philosophen und Soziologen geprägt wurde. Anschließend werden unterschiedliche Formen intergenerationellen Lernens vorgestellt.

Die Inhalte, die in Kapitel 2 & 3 erarbeitet werden, können als theoretischer Reflexionsrahmen für die praktische Analyse medienbasierter Lernprojekte dienen, die in Kapitel 4 vorgestellt werden.

2.1. Der Generationenbegriff – Eine Annäherung

Zu Beginn dieser Ausarbeitung soll versucht werden, sich einer Definition des Begriffs der „Generationen“ zu nähern. Es kann deshalb nur als ein Annähern verstanden werden, da die Gänze des Begriffes und seine umfängliche Bedeutung innerhalb dieser Auseinandersetzung mit der Thematik nicht zur Vollendung gebracht werden kann.

Zunächst wird der Generationenbegriff in drei Dimensionen gegliedert. Einerseits, kann von dem genealogischen Generationenbegriff gesprochen werden (vgl. Franz, 2014, S. 46). Hierbei handelt es sich um „biologisch verwandte Familienmitglieder“, sprich Großeltern, Eltern, Kinder und Enkel (vgl. ebd.). Des Weiteren, können Generationen aus Lernverbindungen bestehen, welches den pädagogischen Generationenbegriff formt (vgl. ebd., S. 47). Dieser, auf Friedrich Schleiermacher zurückzuführende Begriff, versteht Generationen in einem aus Lernprozessen bestehenden Kontext. Eine der beiden Generationen (meist die ältere) nimmt die Funktion des Vermittelnden und die andere Generation (meist die jüngere) die des Lernenden ein (vgl. ebd., S. 47). Schleiermacher beschäftigt sich mit der in der Erziehungswissenschaft berühmt gewordenen Frage: „Was will denn eigentlich die ältere Generation von der jüngeren?“ (vgl. Schleiermacher, 1966/1826, S. 9, aus: Franz, 2010, S. 25). In heutigen, dynamischen und sich schnell entwickelten Gesellschaften ist aber festzustellen, dass der pädagogische Generationenbegriff nicht mehr die Unterscheidung von Vermittelnden und Lernenden in Alt und Jung vornimmt, sondern dass sich die Rollen durchaus altersunabhängig besetzen lassen (vgl. ebd.).

Ein weiterer, wesentlicher Aspekt ist der historisch-soziologische Generationenbegriff. Dieser ist geprägt durch Karl Mannheim, ein bedeutender Wissenssoziologe und Theoretiker aus dem 20. Jahrhundert. Er widmet sich der Problemlage der Generationen und beschreibt Generationen als gesellschaftlich geformte Erfahrungszusammenhänge. In seinem Essay über „das Problem der Generationen“ (1928/2009) skizziert er zunächst den positivistischen Zugang zu dem Generationenphänomen, der größtenteils von französischen Denkern wie Comte, Dromel und Mentré geprägt wurde (vgl. Mannheim, 2009, S. 122). Hier werden Generationenfolgen als zeitlich messbare Einheiten verstanden. Generationenwechsel werden somit als treibende Kraft im Fortschritt betrachtet (vgl. ebd., S.126). Die Positivisten nehmen demnach eher die Quantität, als die Qualität der Generationen wahr. Den französischen Denkern opponierend stellt Mannheim, eher dem romantisch-historischen Ansatz folgend, fest, dass es auf die innerhalb einer Generation wahrnehmbaren Gehalte ankommt. So konstituiert Dilthey, dass „[d]iejenigen, welche in den Jahren der Empfänglichkeit dieselben leitenden Einwirkungen erfahren, [zusammen] […] eine Generation aus[machen]“ (Dilthey, 1875/1957, S. 37, Einschub A.-C.W.). Dilthey sah also die Einheit der Generationen durch deren „qualitativ erfassbare innere Erlebniszeit“ hergestellt (Mannheim, 2009, S. 126). Weiter, stellt Mannheim einen von Heidegger entwickelten Gedanken vor, der das Problem der „qualitativen Verbundenheit“ untersuchte und auf das Geschick zurückzuführen versucht (vgl. Mannheim, 2009, S. 127). Für Heidegger liegt die Verbundenheit der Generationen in deren schicksalshaftem Dasein und den daraus resultierenden ähnlichen Handlungsmöglichkeiten (vgl. ebd.). Aber auch Pinder, dessen Ansatz aus der Tradition der modernen Kunstgeschichte stammt, wird von Mannheim aufgegriffen. Pinder bringt den Begriff der „Entelechie“ ein. Entelechie bedeutet, dass das Ziel in der Sache selbst liegt. Über den Ausdruck des inneren Ziels gestaltet sich also die Einheit (vgl. ebd., S. 128). Doch dies reicht Mannheim noch nicht vollständig aus, um die einheitsstiftenden Faktoren einer Generation zu formulieren. Er kritisiert an Pinders Arbeit, dass er sich von den romantischen Gedanken zu sehr hat blenden lassen und dabei ein wesentliches Kriterium missachtet.

So legt Mannheim dar, dass zwischen der „naturalen Sphäre und der geistigen noch die Ebene der gesellschaftlich formierenden Kräfte liegt“ (vgl. ebd., S.129). Das Problem der Generationen als soziologisches Problem, versteht den Generationszusammenhang als „einen besonderen Typus der sozialen Lagerung“ innerhalb einer Gesellschaft (vgl. ebd., 135). Aufgrund des Phänomens der „verwandten Lagerung“ entsteht eine Verbundheit der Generationsmitglieder durch die Dinge, die von ihnen gleichermaßen erlebt werden (vgl. Mannheim, 2009, S. 134). Für Mannheim ist hierbei eine sogenannte „Erlebnisschichtung“ (Corsten, 2010, S. 138) von besonderer Bedeutung. Eine Erlebnisschichtung meint, dass es für zukünftige Entscheidungen und Handlungen bedeutend ist, welche Erlebnisse als erste Eindrücke, als Jugendeindrücke gemacht werden und welche dritte oder vierte Schicht hinzukommt (vgl. ebd.). Die Verbundenheit der Individuen einer Generation zueinander, als eine Art Generationenzusammenhang, gestaltet sich demnach dadurch, dass sie aufgrund ihrer „verwandten Lagerung“ Geschehnisse ihrer Zeit auf ähnliche Art und Weise erleben. Der Generationenzusammenhang basiert nunmehr auf der Tatsache der Generationenlagerung (vgl. Mannheim, 2009, S. 135). Die Generationseinheit, als dritter Begriff der sich in die Generationendefinition Mannheims einreiht, beschreibt nun die Anwendung gleicher Verarbeitungsmechanismen als Reaktion auf die gemeinsam erlebten Eregnisse (Franz, 2014, S. 49). Mannheim differenziert demnach drei verschiedene Ebenen des Generationenbegriffs: Generationenlagerung, also die „parallele Reihenfolge des Erlebens biographischer Ereignisse“ (Corsten, 2010, S. 141), den Generationenzusammenhang, der wiederum durch die Auseinandersetzung mit demselben „historisch-aktuellen Schicksal“ (vgl. ebd.) verwandt gelagerter Individuen entsteht und schließlich die Generationseinheit, die wie oben beschrieben, diejenigen Techniken beschreibt, die zur Verarbeitung der erlebten Ereignisse angewendet werden.

Die zuvor genannte Annäherung an eine begriffliche Definition von „Generationen“ gilt nun als Grundlage für die Erarbeitung der folgenden Teilkapitel dieser Arbeit. Weiter soll es nun darum gehen, inwieweit die Bewusstmachung der unterschiedlichen Generationenbegriffe das Lernen zwischen Generationen beeinflusst und welche Formen intergenerationellen Lernens unterschieden werden können.

2.2. Formen intergenerationellen Lernens

Um intergenerationelle Lernprozesse so anzubieten, dass sie den Beteiligten einen Mehrwert versprechen, sollte den ErwachsenenbildnerInnen bewusst sein, auf welchen konzeptionellen Generationenbegriff die intergenerationellen Lernangebote ausgerichtet werden. So basiert auf dem genealogischen Generationenbegriff das Verständnis, eher implizites, innerfamiliales Lernen zu behandeln (Franz, 2010, S. 27). Bei dem pädagogischen Generationenbegriff wiederum werden Generationen als reine Lernverbindung verstanden (vgl. ebd.). Wird der historisch-soziologische Generationenbegriff den Konzepten intergenerationellen Lernens zugrunde gelegt, so werden die jeweiligen Gehalte und Denkweisen, die die Generationen ausmachen, in den Vordergrund gelegt (vgl. ebd.). Demnach ist es also von Bedeutung, bevor Projekte zur praktischen Umsetzung geplant werden, dass man sich der theoretischen Grundlegung bewusst ist. In der Praxis werden intergenerationelle Lernprojekte noch sehr stark an den genealogischen Generationenbegriff angelehnt. Es wird noch davon ausgegangen, dass sobald Generationen räumlich zusammengeführt werden, generationsübergreifendes Lernen automatisch stattfindet (vgl. Franz, 2010, S. 31). Dies sind sogenannte „Begegnungsprojekte“, die die „Begegnung“ der Generationen initiieren, nicht jedoch Bildung ermöglichen (vgl. ebd. S. 32). Ziel von „Bildungsprojekten“ soll die Explikation des für jede Generation spezifischen Gedankenguts darstellen, die entsprechend unterschiedliche Perspektiven auf Inhalte und Themen bewirken (vgl. ebd.). Durch die allmähliche Entwicklung intergenerationeller Projekte hat sich im erziehungswissenschaftlichen Diskurs eine Unterscheidung dreier intergenerationeller Lernformen etabliert, die deutlich machen, wie Lernen in generationsübergreifenden Kontexten aufgestellt werden kann (vgl. ebd.). Unterschieden wird in voneinander, miteinander und übereinander Lernen. Im Folgenden sollen diese drei Formen intergenerationellen Lernens vorgestellt werden, da sie ihre praktische Anwendung in Kapitel 4 finden.

Zu Beginn wird nun das Konzept voneinander Lernen vorgestellt. Diese Form des intergenerationellen Lernens geht davon aus, dass zwei Generationen einander gegenübertreten. Eine der beiden Generationen nimmt die Rolle des Vermittelnden und die andere Generation die des Lernenden ein (vgl. Franz, 2010, S. 32). Vor allem sogenannte „Mentoring-Programme“ in Unternehmen können hierfür als Beispiel dienen (vgl. ebd.). Im Bildungsbereich werden jene Projekte angeboten, die entgegen des klassischen Generationenverhältnisses, die Jüngeren als Mentoren einsetzen und die Älteren somit die Rolle der Lernenden einnehmen. Gerade im Umgang mit neuen Medien ist dies ein lohnenswerter Ansatz (vgl. ebd.). Hierauf aufbauend wird schließlich in Kapitel 4.1. das Schweizer Projekt „CompuSternli“ vorgestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Intergenerationelles Lernen. Medienbasierte Lernprojekte zur Förderung eines generationsübergreifenden Dialogs
Hochschule
Universität Trier
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
18
Katalognummer
V455331
ISBN (eBook)
9783668895089
ISBN (Buch)
9783668895096
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Intergenerationelles Lernen; Medienbildung; Generationendialog; Lernprojekte
Arbeit zitieren
B.o.Ed. Ann-Cathrin Wehrmann (Autor:in), 2018, Intergenerationelles Lernen. Medienbasierte Lernprojekte zur Förderung eines generationsübergreifenden Dialogs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455331

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