Sprachenvielfalt Algeriens. Eine empirische Untersuchung zur aktuellen Sprachsituation Algeriens am Beispiel der Stadt Sétif


Bachelorarbeit, 2018

63 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Entwicklung der Sprachenvielfalt
1.1 Vorkoloniale Sprachsituation
1.2 Situation der Sprache im kolonialen Algerien
1.3 Arabisierung nach der Unabhangigkeit

2. Mehrsprachigkeit im Alltag
2.1 Probleme und Konsequenzen der Arabisierung
2.2 DigitaleMedien
2.3 Presse
2.4 Musik
2.5 Schilderung verschiedener Situationen im studentischen Alltag unter dem Aspekt der
Mehrsprachigkeit - Beobachtungen
2.5.1 Mehrsprachigkeit im hauslichen Umfeld
2.5.2 Mehrsprachigkeit im stadtischen Umfeld
2.5.3 Mehrsprachigkeit in Universitat und Bibliothek
2.5.4 Mehrsprachigkeit in der Freizeit
2.5.5 Mehrsprachigkeit in Behorden
2.5.6 Mehrsprachigkeit in der Mediennutzung

3. Analyse der aktuellen Sprachsituation der Studenten am Beispiel der Universitat Setif...
3.1 Zur sprachlichen Situation in Setif
3.2 Die Unterrichtssprache an der Universitat
3.3 Umfrage unter Studenten zur deren sprachlichen Situation
3.4 Auswertung der Umfrageergebnisse
3.4.1 Muttersprache und Denksprache
3.4.2 Unterrichtssprache von der Grundschule bis zum Lycee
3.4.3 Unterrichtssprache an den Universitaten in Setif
3.4.4 Fragen zur Mediennutzung
3.4.5 Sprache in Gesprachssituationen
3.4.6 Gewunschte Unterrichtssprache
3.4.7 Literaturverstandnis auf Arabisch
3.4.8 Fragen zur Sprachpolitik

Zusammenfassung
1. Aussagekraft der Untersuchung
2. Fortschritt der Arabisierung
3. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang
1. Bilder
2. Umfrage
3. Diagramme

Einleitung

Mehrsprachig oder „sprachlos“ - diese Frage stellt sich schnell, wenn versucht wird, die sprachliche Situation des algerischen Volkes zu beleuchten. So wird der Student der Arabistik, der ein Land bereist in dem die arabische Sprache die offizielle Amtssprache ist davon ausgehen, dass die eigenen Sprachkenntnisse ausreichen, um zumindest Alltagssituationen in sprachlicher Hinsicht zu meistern. Doch schon bei meinem ersten langeren Aufenthalt in Algerien anlasslich eines Praktikums im Jahre 2017 merkte ich recht schnell, dass die Realitat in diesem nordafrikanischen Land so einfach nicht ist. Das Beherrschen der hocharabischen Sprache alleine ist nicht ausreichend. Ohne die zusatzliche Kenntnis der franzosischen Sprache kommt man in diesem Land nicht zurecht. Naturlich wird man verstanden, wenn man Hocharabisch spricht. Die Antwort darauf erfolgt jedoch fast immer im algerischen Dialekt oder in einer Kombination aus dem algerischen Dialekt und der franzosischen Sprache - dem sogenannten „Frarabe“. So stellt sich die sprachliche Situation in Algerien auch noch 56 Jahre nach Erlangung der Unabhangigkeit von Frankreich als sehr zerrissen dar. Die Einfuhrung der Berbersprache Tamazight als zusatzliche Amtssprache im Jahre 2016 vereinfachte das Ganze naturlich keineswegs. Dem algerischen Volk wird oft der Vorwurf gemacht keine Sprache richtig zu beherrschen, keine Muttersprache zu besitzen. Dieser Vorwurf ist sicher uberspitzt. Selbstverstandlich verfugt der Algerier uber eine Muttersprache - die Sprache, mit der er in seinem hauslichen Umfeld aufwachst, die er ohne Unterricht und zusatzliche Hilfsmittel erlernt und in der er sich in alien Lebenslagen auszudrucken vermag. Doch dies ist sein Dialekt und eben nicht die hocharabische Sprache. Mit dieser kommt er im Allgemeinen erst mit Eintritt in die Grundschule in Beruhrung. Wie schwierig es sich fur die Kinder gestaltet, ihre ersten Schritte in die Welt der Buchstaben zu machen in einer Sprache, die ihnen weder in ihrer Satzstruktur noch im Wortschatz vollstandig vertraut ist, konnte ich bei meinem Praktikum in einer Grundschule einige Wochen lang begleiten. Daraus entstand der Entschluss, mich in der hier vorliegenden Bachelorarbeit mit einigen wenigen Facetten dieser Problematik zu beschaftigen. Ich untersuche folgende Frage: Wie stellt sich die sprachliche Situation an einer algerischen Universitat gegenwartig dar? Dabei soil vor allem untersucht werden, inwieweit der seit 1990 andauernde Arabisierungsprozess im algerischen Hochschulwesen fortgeschritten ist. Selbstverstandlich lasst sich dieses Problem im Rahmen dieser Arbeit nicht in seiner Gesamtheit untersuchen. Ein Gastsemester an der Universitat 2 Mohamed Lamine Debaghin von Marz bis Juli 2018, gab mir jedoch die Gelegenheit eine qualitativ-empirische Untersuchung zur sprachlichen Situation an den beiden Universitaten der Stadt Setif durchzufuhren. Die Erhebung der Daten erfolgte dabei sowohl durch Beobachtungen als auch durch Befragungen. Zunachst werde ich einen kurzen historischen Abriss der Sprachentwicklung Algeriens aufzeigen. AnschlieBend stelle ich die allgemeine Realitat der Mehrsprachigkeit im Alltag und die damit verbundenen Probleme und Konsequenzen dar. Bereits hier flieBen empirische Ergebnisse aus Befragungen und Beobachtung ein. Ausgehend davon wird es um die spezielle Situation der algerischen Stadt Setif gehen. Insbesondere die Situation im Bildungswesen wird hier durch eine Umfrage unter Studenten widergespiegelt. Im Rahmen einer Dissertation fuhrte Roland Kuhnel bereits im Jahre 1993 eine ahnliche Umfrage durch. In der Auswertung der von mir erhobenen Daten werde ich bei den dazu geeigneten Fragestellungen anhand eines Vergleichs mit Kuhnels Daten feststellen konnen, ob in den 26 Jahren, die zwischen beide Befragungen liegen ein Fortschritt im Arabisierungsprozess zu verzeichnen ist.

1. Entwicklung der Sprachenvielfalt

1.1 Vorkoloniale Sprachsituation

Algerien war schon vor der Kolonialisierung ein Land, in dem viele Sprachen gesprochen wurden. Zu diesen Sprachen gehorten das Hocharabische und dessen Dialekte und die verschiedenen Berbersprachen. Bis es dazu kam beheimatete das Land viele Volker, die Traditionen, Brauche und ihre Sprachen hinterlieBen1. Anfangs bevolkerten verschiedene Berberstamme das Territorium des heutigen Algeriens. Diese errichteten im 3. Jahrhundert v.Chr. das Konigreich Numidien und verbreiteten dort ihre Sprachen. Das Berberische gehort zur hamitisch-semitischen Sprachfamilie und wird noch heutzutage von ca. vier Millionen Algeriern als Alltagssprache verwendet.2 Das Volk entstand noch vor dem der Phonizier. Seine Angehorigen bezeichneten sich selber als Amazigh, in der Sahara Imoschagh. Die Bezeichnung „Berber“ stammt von den Romem: „Den Romern galten alle Volker, die jenseits der Reichsgrenzen, des orbis romanus lebten, als Barbaren.“3 Im 7. - 8. Jahrhundert drangen arabische Stamme ein und ubemahmen die Kuste Nordafrikas vom Osten bis Westen. „Schon 698 war der letzte Byzantiner aus Karthago vertrieben worden. Nordafrika war arabisch.“4. Damit begannen die islamischen Eroberungen in Algerien, woraufhin eine maBgebende Islamisierung und auch Arabisierung der fruheren Bevolkerung erfolgte. Dabei wurde ihnen die arabisch-islamische Kultur vermittelt und damit parallel die arabische Hochsprache5, jedoch mit Inakzeptanz vonseiten der Berber. Die Hochsprache gewann an hoher Bedeutung und Prestige, was sich daran widerspiegelt, dass sie groBtenteils im kultivierten Milieu ihre Verwendung fand, besonders in der Literatur. Jedoch war die Mehrheit der Bevolkerung dieser Sprache nicht machtig und so blieb der Dialekt fur sie als Alltagssprache erhalten. Trotz der Eroberung des Osmanischen Reiches im 16. bis Mitte 19. Jahrhunderts, entwickelte sich die Sprache in Algerien absolut selbstandig. Aus diesem Grund sind kaum sprachliche Hinterlassenschaften aus dem Turkischen in Algerien zu finden. Als Verbindungspunkt verschiedener Sprachen, vereinte das Spanische die italienische, griechische und arabische Sprache miteinander und agierte als mittelalterliche Verkehrssprache im 16. und 18. Jahrhundert hauptsachlich in Oran und an der Kuste des Mittelmeers. Die verschiedenen Dialekte innerhalb Algeriens entstanden dadurch, dass es lange noch kein einheitliches Land war, sondern erst durch die Eroberung Frankreichs im Jahre 1830. Bis dahin bestand es aus Dynastien und Furstentumern.6

1.2 Situation der Sprache im kolonialen Algerien

Die Besetzung Algeriens durch Frankreich verletzte zum einen die religiose Identitat Algeriens zutiefst, indem die Ausubung des dort zuvor ausgelebten Islams beschrankt wurde. Dies fuhrte im Jahre 1832 zum ersten Hohepunkt, als die „Katchaoua-Moschee“ zur „Kathedrale von Algier“ umfunktioniert wurde.7 Bereits 1848 wurde Algerien ein Teil Frankreichs, nachdem es brutal von Frankreich eingenommen worden war und die Bevolkerungszahl sich dadurch deutlich dezimierte. Daraufhin begannen Europaer sich in Algerien anzusiedeln. Doch nicht nur dieser Aspekt wurde den Algeriern aufgeburdet, sondern auch sprachlich anderte sich durch die Kolonisierung Algeriens vieles. Ein Land lebt von seiner Sprache, von der dadurch entstehenden Mimik und Gestik, die die Emotionen im Inneren des Menschen zum Ausdruck bringt. Nachdemjedoch Frankreich den Lebensstandard und die arabisch-islamischen Werte zum Sinken gebracht hatte, begannen auch die Veranderungen in der Bildungspolitik. Sie wurde von Grund auf kolonialisiert. Knapp 100 Jahre spater (1938) brachte es die franzosische Kolonialherrschaft so weit, dass die arabische Sprache den Status einer Fremdsprache erhielt. Zum groBten Teil lernt ein Mensch in Bildungseinrichtungen seine Sprache weiter und vervollstandigt sie dort, da alle Lehrbucher und Lehrkrafte in dieser Sprache unterrichten. Wenn jedoch plotzlich in der Bildung die neue Sprache gesprochen wird, so wird den Schulem zugleich eine komplett neue Kultur aufgezwungen. Demnach war es fur Frankreich wichtig, dass die Konzentration auf der Bildung liegt, denn dort wird eine neue Generation ausgebildet, die noch formbar ist. Auf diese Weise wurde der Lehrplan neu erstellt und nach franzosischem Muster zugeschnitten und die franzosische Sprache war dabei der Kern.8 Auf der Bildungspolitik lag demnach der Hauptfokus der Kolonialmacht. Jedoch entpuppte sich der von Frankreich aufgestellte Plan zu einem Verhangnis fur das Bildungsniveau der algerischen Bevolkerung, da diese vorerst nicht zum Unterricht zugelassen wurde. Lediglich der franzosische Teil der Bevolkerung, die sog. „colons“, hatte die Berechtigung am Unterricht teilzunehmen und nur wenige Algerier waren zum Unterricht zugelassen. Noch bis 1947 wurden die Schuler strikt in muslimische und nichtmuslimische Schuler aufgeteilt, wodurch sich eine frankophone Elite und nicht frankophone Masse herausgebildet hatten.9 Aus diesem Grund veranderte sich die ethnisch- sprachliche Zusammensetzung der algerischen Bevolkerung nur gering.10 Erst ab 1940 wurden die sog. „francais-musulmans“ in den Schulen integriert mit dem Ziel, das in Europa vorherrschende „Gedankengut“ den algerischen Schulern zu propagieren. Die franzosische Sprache wurde zudem nur in der Stadt gesprochen, wodurch die Distanz zum Dorf geweitet wurde. Die franzosische Sprache ist bis heute in Algerien eine viel benutzte Sprache, da sie sich als Handelssprache durchgesetzt hat. Speziell in den groBen Hafenstadten fungierte sie als „Funktionssprache“, wohingegen in den landlichen Gebieten bis heute hauptsachlich die arabische Sprache verwendet wird und folglich die Wirtschaft und Produktion in den Dorfern wahrend der Kolonialisierung deutlich im Ruckstand lagen.11 Diese zwei Gegensatze sind auch in sprachlicher Hinsicht zu erkennen. Die Ursache liegt laut der algerischen Autorin Fadila Brahimi „in der Sprachpolitik der Kolonialzeit“12, die sich uber mehr als 100 Jahre erstreckte und die das Ziel hatte, dass die Beherrschung der franzosischen Sprache als selbstverstandlich angesehen wird, um in der Gesellschaft aufzusteigen. Die arabische Sprache war dafur nicht mehr ausreichend, wurde jedoch von den Algeriem nicht vemachlassigt. Mit der Grundung der „'ulama'“, der Vereinigung der algerischen muslimischen Rechtsgelehrten (arab. ,im Jahre 1928 durch Abdelhamid Ben Badis wurde den Bestrebungen nachgegangen, die nationale und kulturelle Identitat zu erhalten. So wurden Schulen gegrundet, die dem Ziel dienten, das veraltete Schulwesen zu modemisieren, sowie die arabische Sprache und den Islam aufleben zu lassen. Zunachst wurden in den „Medersas“ nur religiose Lehrinhalte geduldet, jedoch wurden die Inhalte mit der Zeit politischer und gesellschaftlicher. Daraufhin reagierte die franzosische Kolonialregierung mit der Konsequenz der Bewachung und der Durchsetzung der franzosischen Sprache als Unterrichtssprache in den Medersas ab den 40er Jahren. Dabei wurde den algerischen Schulern der franzosische Lehrstoff beigebracht und somit waren auch sie doch in den franzosischen Unterricht miteinbezogen. So wurde die arabische Hochsprache wieder zuruckgedrangt und vernachlassigt. Die franzosische Sprache wurde immer dominanter und schien nicht mehr wegzudenken.13

1.3 Arabisierung nach der Unabhangigkeit

130 Jahre lang wurde Algerien durch Frankreich von Grund auf verandert und der Bevolkerung alles weggenommen, was ihr wichtig war. Sie wurde sich selbst uberlassen und von der Bildung lange Zeit femgehalten, das hinterlieB groBe Spuren im Bildungsniveau der Algerier. 1962 betrug die Analphabetenrate der algerischen Bevolkerung rund 80%14. Dieses Problem war die erste und schwierigste Aufgabe fur die algerische Regierung, denn ein Volk ohne Bildung ist ein Volk ohne Zukunft. Das Ziel war es, ein Bildungssystem zu errichten, das zuruck zum nationalen Bewusstsein fuhrt und die arabische Sprache als Primarsprache in Bildungseinrichtungen anwendet. Fur die Burger war es klar, dass nur durch Bildung aus ihren Kindern etwas werden kann. Wie zur Kolonialzeit wurde der Bildung oberste Prioritat gegeben, da Bildung Menschen pragt und formt. Aus diesem Grund wurde ein groBer Teil aus der Staatskasse fur die Verwirklichung dieses Ziels verwendet.15 Zu den drei groBen Zielen gehorte es, aus den Lehrinhalten die kolonialen Sichtweisen durch eine nationalere Sichtweise zu ersetzen, den Austausch von algerischen Arbeitskraften in Fuhrungspositionen und die Arabisierung im Bildungswesen. Von nun an sollte die arabische Sprache in immer mehr Sektoren das Franzosische ersetzen. Dies gehorte zu der groBen Arabisierungsbestrebung Algeriens, um von der Kolonialisierung endgultig wegzukommen und ein eigener Staat mit eigener Sprache zu werden, da bisher eine richtige National sprache fehlte. Bei diesem Vorhaben jedoch fehlte es an Lehrkraften, die dazu ausgebildet waren, das Hocharabische als Unterrichtssprache anzuwenden und zu lehren. Die gesamten Lehrbucher und Materialien waren noch wie in der Kolonialzeit auf Franzosisch verfasst und demnach mussten diese ubersetzt und die Inhalte neu strukturiert werden. Ziel der Bildungspolitik Algeriens war es, die Bildung fur die Allgemeinheit moglich zu machen, demnach wurde die Schulpflicht fur alle eingefuhrt und das Analphabetentum bekampft. Zudem wurde das Schulwesen vereinheitlicht, damit alle die gleichen Bildungschancen hatten. Die Nationalisierung der Bildungseinrichtungen war ebenfalls ein Ziel, um rechtzeitig fur geeignetes Fuhrungspersonal zu sorgen, welches die Werte des Landes kennt und auch den zukunftigen Schulem weitergibt.16 Jedoch stieB die Bestrebung auf Widerstand bei der Oberschicht, die ihren Kindem eine Bildung bieten wollten, die nicht von der Arabisierung beruhrt wurde. Demnach wollte sie keinen Unterricht, der einzig auf Arabisch gestaltet wird und das Franzosische ganzlich vernachlassigt. Die Arabisierung steht eng mit der Entkolonialisierung in Verbindung, da sie die arabisch-algerische Identitat proklamiert. Sie wurde bereits vor der Unabhangigkeit vorbereitet und direkt nach der Unabhangigkeitserklarung umgesetzt. Dies erfolgte in alien Bereichen der Gesellschaft.17 Unter dem Begriff Arabisierung seien laut Souriau (1974) verschiedene Prozesse zu unterscheiden. Zum einen „a) der Prozess der aufgezwungen ist oder b) von der Mehrheit getragen wird (...) c) um einen abgeschlossenen ProzeB (...) oder ob er sich d) gerade vollzieht.“18 Jedoch ist der deutsche Begriff „Arabisierung“ hierbei, wie der franzosische Begriff „arabisation“, sehr unprazise im Vergleich zur englischen Bezeichnung. Hierbei unterscheidet die englische Sprache namlich zwischen „arabicizing“, ein noch nicht abgeschlossener Prozess und „arabization“, der abgeschlossene Prozess. Im Arabischen dagegen wird der Vorgang der Arabisierung durch drei Begriffe in seinen verschiedenen Ebenen betrachtet. Hier gibt es zuallererst das Wort „ta'rlb“ (m^j*2). Dieser Begriff bezeichnet den Vorgang aus allem Nichtarabischen etwas Arabisches zu machen. „ta'arrub“ (vj*2) beschreibt den Vorgang, in dem ein Nicht-Araber die arabische Sprache, sowie die Kultur annimmt. Zum Schluss weist das Arabische noch den Begriff „isti'rab“ (v'j*^!) auf, welcher dem Begriff „ta'arrub“ nah kommt, jedoch intensiver, indem der Nicht-Araber auch als Araber gelten will.19 Die Arabisierung in Algerien nach der Unabhangigkeit begann damit, dass das Bildungswesen von Grund auf neu eingerichtet wurde. Die Arabischbucher wurden bis zu diesem Zeitpunkt aus der arabischen Welt importiert, jedoch fehlte dadurch im Inhalt der Bezug zu Algerien. Doch war genau das der algerischen Regierung wichtig, da sie der Bevolkerung das Land naher bringen wollte mit samt der Kultur und der Brauche. Daher wurden Lehrer eingesetzt, die in Algerien in den Koranschulen eine traditionelle Ausbildung oder eine Kurzausbildung als „moniteur de l’enseignement“ genossen hatten. Diese Ausbildung war jedoch nicht ausreichend und so entstand ein schlechtes Bild der Arabisierung in den Schulen, sowohl bei den Verantwortlichen, als auch bei der Bevolkerung. Die Lehre der Sprache und Kultur entsprach nicht dem gewunschten und geforderten Niveau. Der Generalsekretar im Ministerium fur Grundschulwesen, Abdelhamid Mehri, stellte 1969 einen Plan auf, der die Umsetzung der Arabisierung im Bildungssektor beinhaltete. Zwei Jahre spater wurden seine MaBnahmen umgesetzt und von nun an wurden ab der dritten Klasse alle Facher auf Arabisch unterrichtet und das Franzosische als Fremdsprache angeboten. Zudem wurde ein Drittel der naturwissenschaftlichen 11. Klassen arabisiert. Das Hochschulwesen wurde im Gegensatz dazu erst 1982 vollstandig arabisiert. Bis dahin war es ein schleichender Prozess. Ab 1982 gab es nur noch Studiengange in denen der Unterricht auf Arabisch gesprochen wird, da die Lehrerausbildung an den „Ecoles Normales“ arabisiert wurde. Seit 1974 werden bestimmte Facher, wie Mathematik und Naturwissenschaften nur auf Arabisch fur die angehenden Lehrer unterrichtet.20 Selbst Franzosischlehrer mussten die Facher Didaktik und Psychopadagogik auf Arabisch lernen. Zudem wurde in Bouzareah eine neue Padagogische Hochschule (Ecole Nationale Superieure) errichtet, die die Arabisierung ohne die Kontrolle der Universitaten durchfuhren konnte. Dabei wurden 17 Dozenten aus dem Irak als Hochschullehrer eingesetzt, die die Schuler drei Jahre lang ausbildeten. Das gesamte Lehrmaterial in Algerien wurde auf Arabisch produziert und die franzosischen Lehrbucher wurden mit der Zeit Mangelware. Nach kurzer Zeit jedoch beschloss der neue Bildungsminister Lacheraf im Jahre 1977 eine Neuorientierung einzuleiten und lieB die gerade erst eroffnete Padagogikhochschule schlieBen, um von den unkontrollierten Methoden wegzukommen. Es sollten wieder frankophone Klassen an Grundschulen und Gymnasien eroffnet werden. Jedoch stieBen diese Regelungen nicht auf Akzeptanz in der Ministerialburokratie. So wurde nach dem Tod Boumediennes (Staatsoberhaupt von 1965 bis 1978) Kharroubi zum Bildungsminister emannt. Dieser verlangsamte den Prozess der Arabisierung. Es wurde erkannt, dass man durch eine schrittweise Arabisierung besser ans Ziel kommt, da die franzosische Sprache in so kurzer Zeit nicht vollkommen wegzudenken war. War sie doch noch immer die Sprache des sozialen Aufstieges. Franzosisch blieb weiterhin eine Prestigesprache in Algerien.21 „Arabisch ist die offizielle Sprache Algeriens, wir aber konnen nicht einmal fuhrende Posten in staatseigenen Betrieben bekommen, wenn wir arabische Hochschulabschlusse vorweisen. Wir werden, verglichen mit den Frankophonen, als Studenten zweiter Klasse behandelt.“22, beschrieb einer der Studenten einem franzosischen Journalisten im Jahre 1979 wahrend eines Streiks der Studenten der Universitat Ben-Aknoun in Algier. Ziel der Studenten war es, Aufmerksamkeit auf die Ungerechtigkeit innerhalb der Bildungschancen zu lenken. Sie befurchteten, dass sie durch die arabischsprachige Bildung weniger Berufschancen hatten im Vergleich zu den frankophonen Studenten. Demnach reprasentierte die Arabisierung eher ein negatives Bild, anstatt, wie anfangs gewunscht, ein Neuanfang, der viel versprach. Im Gegensatz dazu sah die landliche Bevolkerung der Arabisierung positiv entgegen. Fur sie war die Umstellung durch ihre sprachlichen und kulturellen Voraussetzungen von Vorteil. Deshalb straubten sie sich nicht wie der andere Teil der Bevolkerung dagegen. SchlieBlich war bei ihnen die franzosische Sprache gar nicht bis kaum in Gebrauch, denn die einzigen Bildungseinrichtungen waren Koranschulen und „Medersas“. Auf diese Weise erhofften sie sich, mehr Moglichkeiten wahrnehmen zu konnen, die bislang aufgrund fehlender Franzosischkenntnisse unerreichbar waren. So bestand eine gewisse Auseinandersetzung zwischen „francisants“, die ein hohes Bildungsniveau erlangen wollen durch das Franzosische und den „arabisants“, die durch Sprachpolitik das niedrigere Bildungsniveau wieder ausgleichen wollen und damit argumentieren, dass die Kolonialzeit mit der franzosischen Sprache verbunden ist und so die negativen Aspekte weitergegeben werden.23 Die neue Schulreform „L’Ecole Fondemantale Polytechnique“ vom Bildungsminister Mehri, stellt eine Gesamtschule dar, die auf Arabisch unterrichtet und erst ab der vierten Klasse die franzosische Sprache als Fremdsprache einfuhrt. Sie wurde 1974 in unzahligen Schulen als Modellversuch zugelassen. Jedoch hielt diese Schulform nicht lange an und wurde 1978 vom neuen Bildungsminister Lacheraf wegen Problemen bei der Finanzierung abgeschafft. Zur gleichen Zeit wurden allerdings auch die Arabisierungskurse abgeschafft und demnach ist zu vermuten, dass die Absetzung dieser neuen Schulreform auch sprachpolitische Grunde vorzuweisen hat. Die Schulreform wurde erst mit Chadli Bendjedid (Staatsoberhaupt 1979) wieder in Kraft gesetzt. Ein neues Ministerium unter dem Namen „Ministere de l’Enseignement Fondamental“ unter Fuhrung von M. Kharroubi sollte sie verwirklichen. Allerdings wurde dieses Mai eine franzosischsprachige Klasse eingefuhrt fur diejenigen, die den naturwissenschaftlichen Weg wahlen, da dieser in der Universitat auf Franzosisch unterrichtet wird. Durch Mangel an arabischsprachigen Lehrmaterialien und geschultem Lehrpersonal war die Arabisierung an den Hochschulen schwer umzusetzen. In den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachern war die Umsetzung vergleichsweise einfacher, da man auf die bereits existierenden Traditionen zuruckgreifen konnte. Die anderen Studienrichtungen wurden in den kommenden Jahren arabisiert; jedoch wurde bilingual abgefragt. Die Studenten, die auf Arabisch studierten mussten beweisen konnen, dass sie die Fachtermini auf Franzosisch beherrschen, bzw. mussten die franzosischsprachigen Studenten zeigen, dass sie uber Kenntnisse der arabischen Sprache machtig sind.24 Ab dem Moment der Befreiung Algeriens hatte die Regierung das Ziel das gesamte Land zu arabisieren. Dabei sollte allerdings nicht nur Franzosisch verdrangt werden, sondern auch die Sprache der Berber - Tamazight. Jedoch ohne Erfolg. Durch Aufruhen und Proteste fur mehr „Eigenstandigkeit und kulturelle Rechte“ versuchten Berber sich diese Ziele zu erkampfen. Durch die Berberaufstande 2001/2002 mit 126 Toten kabylischer Herkunft kam es dann zu den langersehnten Neuerungen fur die Berber. Neben dem Arabertum und dem Islam wurde auch das Berbertum als eine ,,der drei Saulen des Staates“25 anerkannt. Seit 2003/2004 wird in Schulen der Kabylei auch Tamazight gelehrt.26 Im Jahre 2016 folgte fur das Berbervolk jedoch der groBte Schritt: Tamazight wurde als offizielle Amtssprache neben Hocharabisch eingefuhrt.27

2. Mehrsprachigkeit im Alltag

2.1 Probleme und Konsequenzen der Arabisierung

In vielen Teilen der Welt wachsen Menschen mit mehreren Sprachen auf. Dies bringt ihnen oft mehr Vorteile als Nachteile. Doch ist die Situation in Algerien eine andere. Dies liegt nicht nur daran, dass die Sprachen nicht immer voneinander getrennt benutzt werden, sondern auch an der historischen Last der Kolonisation. Besonders trifft das auf die altere Generation zu, die durch die Kolonialisierung bildungstechnisch eingeschrankt war. Zum einen durch die Zerstorung vieler schulischer Einrichtungen, deren Inhalte auf dem Islam basierten und das gesellschaftlichen, kulturelle und religiose Leben des Algeriens noch vor der Kolonialisierung lehrten.28 Zum anderen wurde es nicht jedem algerischen Kind erlaubt an den franzosischen Einrichtungen zu lernen. Nur einer geringen Anzahl war dies moglich. So betrug der Anted im Jahr 1888 nur 2% und stieg im Jahre 1902 geringfugig auf 3,5%. Kurz vor Beginn des Befreiungskrieges, im Jahre 1954 erhohte sich die Anzahl auf gerade einmal 15%. Die Analphabetenrate belief sich zu dieser Zeit auf 85%.29 Aus kulturellen Aspekten besuchten weniger Madchen als Jungen die Schule, da diese bei der Hausarbeit mithelfen mussten. Alles wurde auf den mannlichen Nachwuchs gesetzt, speziell auf den Altesten der Sohne. Da die Ecole Frangaise ganzheitlich auf Franzosisch lehrt, und auch andere Bereiche im offentlichen Leben auf Franzosisch geleitet werden, bestand fur die Algerier keine andere Moglichkeit, als auf das Franzosische im Alltag zuruckzugreifen, das auch in Behorden und Institutionen gesprochen wurde. Die arabische Sprache wurde kaum noch benutzt, auBer in Gesprachen uber die Religion, da diese mit dem Arabischen in Verbindung steht.30 Neben dem Verlust der eigenen Sprache verlor die algerische Bevolkerung zudem ihre kulturelle Identitat und es kam zu einem voranschreitenden Verblassen des kulturellen Erbe und der eigenen algerischen Zivilisation durch gewaltsames Etablieren der franzosischen Kultur und Sprache.31 Erst durch die Arabisierung ab 1962 durch die neue Regierung, fand die klassische arabische Sprache wieder ihre Rolle in der Gesellschaft und wurde als Amtssprache eingefuhrt. Durch das Zuruckdrangen des Arabischen wahrend der Kolonialherrschaft Frankreichs, erlosch die Bestandigkeit der arabischen Sprache in der Gesellschaft. Wenn Arabisch gesprochen wurde, so war es meist der Dialekt, doch das klassische Hocharabisch nahm an Bedeutung ab, besonders in alltaglichen Gesprachen, da hier auf den regionalen Dialekt zuruckgegriffen wird, denn „das klassische Arabisch war und blieb den meisten Algeriem bis heute fremd.“.32 Bis heute beherrschen nur wenige Algerier das klassische Hocharabisch in Wort und Schrift. Die heutige GroBelterngeneration versteht laut eigenen nichtreprasentativen Befragungen nur etwa 30-40% des gesprochenen Hocharabisch im Femseher bzw. im Radio. Da die meisten wahrend ihrer Jugend keine Schule besuchten, ist der GroBteil nicht in der Lage zu Lesen oder zu Schreiben. Das Hocharabische neu zu lernen ist sehr muhsam, dennoch besuchen viele altere Menschen Moscheen, die Analphabetisierungskurse kostenfrei anbieten. Deren Kinder, die heutige Elterngeneration, konnenje nachdem was sie studiert oder gelernt haben, weitaus mehr Hocharabisch verstehen. Doch bis heute sind Politiker und andere Fuhrungskrafte nicht in der Lage das klassische Arabisch flieBend zu sprechen. Aus diesem Grund wird in Ministerien und Behorden bisjetzt auf Franzosisch kommuniziert. Die neue Sprachpolitik der Arabisierung in Algerien fuhrte nicht dazu, dass das klassische Hocharabisch bestandig als Amtssprache eingefuhrt wird, sondem vielmehr dazu, dass diese aufgrund des Uberschwangs, mit der das Gesetz der Arabisierung durchgefuhrt wurde, in einer unuberschaubaren Sprachsituation endete. Eine Situation, „die mehr Probleme verursachte als sie zulosen im Stande war“33. Die franzosische Sprache nahm die Rolle der Sprache der privilegierten und kultivierten Gesellschaftsschichten ein34. Bis heute stellt das Franzosische den Schlussel dar zur Tur der westlichen modernen Welt. Im Gegensatz dazu wird das Arabische als nicht modem genug angesehen, da es in enger Verknupfung mit dem Islam und der alten Kultur steht und demnach nicht zu der voranschreitenden Entwicklung in westlichen Gesellschaften passt.35 Demnach hat die Stellung der Sprachen sich wahrend der letzten Jahrhunderte verandert. Wer heute durch die StraBen Algeriens zieht und auf schaut, der wird bemerken, dass jeder Haushalt mindestens eine Satellitenschussel besitzt, um franzosisches Femsehen zu empfangen36. Auf diesem Wege halten sie Kontakt zur westlichen Gesellschaft und horen, wenn sie es so wollen ihre Nachrichten auf Franzosisch. Nicht jeder Haushalt schaut seine Nachrichten auf Arabisch. Einige praferieren die franzosische Version, zum einen, um die franzosische Sprache zu uben, bzw. zu festigen, oder auch, weil ihnen die arabische Sprache zu langweilig geworden ist. Letzteres bezieht sich hauptsachlich auf die Jugend, die mit der traditionell arabischen Lebensweise kaum noch etwas zu tun haben mochte. Zwar ist die franzosische Sprache heute keine Amtssprache mehr, dennoch fand sie ihre Rolle als inoffizielle Amtssprache, das sich in verschiedenen Gesellschaftsbereichen zeigt. In der beruflichen Kommunikation greifen Mitglieder der Regierung, Geschaftsleute oder auch hohe Beamte, nach wie vor auf das Franzosische zuruck. Das gleiche gilt auch in Bildungsstatten, wo die Schuler ab dem dritten Jahr Franzosisch als Fremdsprache lernen. Ebenso in den algerischen Universitaten, speziell in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengangen, hier bevorzugen die Studenten die franzosische Sprache.

2.2 Digitale Medien

Algerien zeigt besonders in den Medien seine Vielsprachigkeit. Die gesamten Medien werden in verschiedenen Dialekten und Sprachen ausgestrahlt und hergestellt, um den Bedurfnissen der verschiedensprachigen Bevolkerung gerecht zu werden. Auf diese Weise kann sie jeder Burger nutzen. Seien es die Algerier aus der Wuste oder die Berber aus dem Norden, die altere Generation, die kaum Hocharabisch versteht, oder die Jugend, die neben Hocharabisch, die Nachrichten auch auf Franzosisch oder Englisch horen mochte. Hierfur strahlen die staatlichen Fernseh- und Radiosender ihr Programm in den benotigten Sprachen aus. Neben den Arabem nehmen die Kabylen immerhin 30% der Bevolkerung ein37. Es gibt Radiosender auf Tamazight, sowie vereinzelt auch Sendungen im Femseher. Der Radiosender „Tiewinin“ beispielsweise, wurde 2013 vonjungen Leuten produziert, um die Kultur und die Sprache des Tamazight aufrechtzuerhalten38. Es gibt Radiosender mit den gleichen Inhalten auf verschiedenen Sprachen, damit jeder selbst entscheiden kann auf welche Sprache er horen mochte. Unter den 20 verfugbaren Radiosendern in Algerien39, wird einer („TRW“) auf Tamazight ausgestrahlt. „RadioHchicha“ spielt Musik des Tamazight, jedoch werden die Informationen auf Franzosisch gesprochen. Die Kanale wie „Radio Alger Chaine 1“, „Radio El Bahdja 91.5 FM“, „Radio Setif‘ sind auf Arabisch. Der Kanal „Radio Alger Chaine 3“ ist auf Franzosisch mit dem gleichen Inhalt, wie bei der arabischen Version „Radio Alger Chaine 1“. Dieser Radiosender ist speziell bei der jungen Bevolkerung beliebt, da dieser westliche Musik spielt40. Aus der Umfrage, die auf dem Campus der zwei Universitaten in Setif in Algerien durchgefuhrt wurde, ist abzulesen, dass die Halfte der befragten Studenten am liebsten auf Hocharabisch Radio hort, danach Franzosisch und nur wenige auf Tamazight, Dialekt oder Englisch. Die Studenten haben ihre Vorliebe damit begrundet, dass sie es durch die Schulzeit gewohnt sind uber politische, kulturelle oder religiose Themen auf Hocharabisch zu reden, zu lesen und zu horen. Da die neue Generation viel im Internet beschaftigt ist und das Internet hauptsachlich auf Franzosisch benutzen, stimmten dennoch 36% fur Franzosisch ab. 8% der Befragten stimmten fur Englisch ab, was darauf hindeutet, dass ein Interesse fur eine andere Sprache besteht, die in Algerien kaum benutzt wird. Englisch ist die Lingua franca und wird uberall gesprochen und benutzt. Auch wenn in Algerien Franzosisch die Zweitsprache ist, steigt das Interesse an der englischen Sprache laut der Studenten. Von den Befragten wollen 39%, dass die englische Sprache mehr benutzt wird im Bildungswesen, da die neue Generation mit der westlichen Welt sprachlich mithalten will, welche hauptsachlich Englisch benutzt und viele Filme und Bucher nur auf Englisch vorliegen. Tamazight dagegen wurde lediglich von 3% der Studenten gewahlt. Das Nichtinteresse dafur wird mit dem Argument begrundet, dass diese Sprache kaum in Medien benutzt wird und eher innerhalb der Familie ihre Verwendung findet. Dem ist noch hinzuzufugen, dass das Arabisierungsgesetz von 1990 fur die Rubrik Radio keine Bestimmungen vorweist. Beim Anschauen von Filmen verhalt es sich ahnlich wie beim Nutzen des Mediums Radio, auch hier unterscheiden sich die Nutzungsgewohnheiten bezuglich der verwendeten Sprache. Laut der Umfrage konsumieren Studenten Fernsehen in hocharabischer Sprache in etwa in demselben MaBe wie das franzosische Fernsehen. Viele Algerier der jungeren Generation, ab dem 15. und 16. Lebensjahr schauen auf Hocharabisch und Franzosisch ihre Filme und Nachrichten. Nur wenige wahlen Englisch oder Tamazight. Aus Beobachtungen bei verschiedenen Familien kann man dennoch erschlieBen, dass Serien und Filme speziell aus dem Ausland auf Franzosisch konsumiert werden und nicht auf Arabisch. Die Studenten erklaren dies damit, dass die moderne Wortwahl in den Filmen nicht zum Hocharabischen passe. Nachrichten und Dokumentationen sindjedoch auf Hocharabisch beliebter, da das dazugehorige Vokabular an den Schulen auf Hocharabisch gelehrt wurde. Abends in den Wohnzimmem schaut die Familie aber ihre Serien in ihrem stadtischen Dialekt. Jedes Gebiet in Algerien hat seine eigenen Besonderheiten in ihrem Dialekt und dieser wird von den Bewohnern des jeweiligen Gebiets mit Stolz in den Serien und Filmen gehort. Die Serien der verschiedenen Gebiete reprasentieren den Dialekt und die Besonderheiten der Kultur einesjeden Gebiets.

2.3 Presse

[...]


1 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): Spracheinstellungen in mehrsprachigen Gesellschaften. Das Beispiel Algerien. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, S. 1.

2 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): Spracheinstellungen in mehrsprachigen Gesellschaften. Das Beispiel Algerien. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, S. 6.

3 Zit. Werner Pieck (1987): Algerien. Hildesheim: Georg Olms Verlag, S. 2.

4 Zit. Werner Pieck (1987): Algerien. Hildesheim: Georg Olms Verlag, S. 8.

5 Vgl. Kuhnel, Roland (1995): Die sprachliche Situation an Hochschulen des Maghreb und die offizielle Sprachpolitik. Eine soziolinguistische Untersuchung. Frankfurt a. M. et al.: Lang, S. 17.

6 Vgl. Kuhnel (1995): S. 17 f.

7 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 8.

8 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 11.

9 Vgl. Arnold, Adolf (1995): Algerien: Eine fruhere Siedlungskolonie auf dem Weg zum Schwellenland; 58 Tabellen. Algerien, Fakten - Zahlen - Ubersichten. Gotha: Perthes. S. 16.

10 Vgl. Kuhnel (1995):S. 18f.

11 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. Ilf.

12 Zit. Brahimi, Fadila (1993): S. 12.

13 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 14.

14 Vgl. Burgmer, Christoph (2012): "Als eine der neuen Nationen werden wir vorurteilslos und fair handeln". Algerien wurde vor 50 Jahren unabhangig. URL https://www.deutschlandfunk.de/als-eine-der-neuen-nationen- werden-wir-vorurteilslos-und.871.de.html?dram:article id=211055 Stand: 23.07.18.

15 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 15.

16 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 16.

17 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 17.

18 Zit. Brahimi, Fadila (1993): S. 18.

19 Vgl. Souriau, Christiane (1974): L'arabisation en Algerie. In: Zeitschrift fur Kulturaustausch 24, S. 86.

20 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 20.

21 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 21.

22 Zit. Klein, Horst (1980): Frankophones Afrika - Wunschtraum und Wirklichkeit. Erlautert am Beispiel des Zaire. In: Zeitschrift Lendemains 19, S. 46.

23 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 22.

24 Vgl. Brahimi, Fadila (1993): S. 23ff.

25 Zit. Altmann, Claudia (2010): Der lange Weg der Kabylen - 30 Jahre Kampf um Anerkennung von Kultur und Sprache. URL https://www.deutschlandfunk.de/der-lange-weg-der- kabvlen.799.de.html?dram:article id=120570 Stand: 18.7.2018.

26 Vgl. Schmeisser, Wilhelm & Hummel, Thomas R. (2009): Globalkompetenz durch Landerstudien - Schriften zum Internationalen Management. Augsburg: Rainer Hampp Verlag. S. 26f.

27 Muhlbauer, Peter (2016): Algerien verleiht Berbersprache Tamazight offiziellen Status. URL https://www.heise.de/tp/features/Algerien-verleiht-Berbersprache-Tamazight-offiziellen-Status-3378188.html 18.07.2018.

28 Vgl. Queffelec, Ambroise (2002): Le frangais en Algerie - Lexuique et dynamique des langues. Paris: Boeck Superieur, S. 19.

29 Vgl. Taleb Ibrahimi, Khaoula (1995): Les algeriens et leur(s) langue(s)- elements pour une approche sociolinguistique de la societe algerienne. Alger: EL HIKMA, S. 38.

30 Vgl. Queffelec, Ambroise (2002): S. 19.

31 Dourari, Abderrezak (2003): Les malaises de la societe algerienne - Crise de langues et crise d'identites. Algier: Casbah Editions, S. 25.

32 Zit. Rubbeling, Rene (2008): Sprache und kulturelle Identitat: Das Franzosische in

der arabischen Welt. Koln: Universitat Koln, Philosophische Fakultat, Dissertation, S. 191.

33 Zit. Rubbeling, Rene (2008): S. 191.

34 Taklit, Mebarek-Slaouti (2004): L'alphabet latin serait - il d'origine berbere. Paris: L'Harmattan, S. 126.

35 Vgl. Temim, Dalida (2006): Politiques scolaire et linguistique - quelle(s) perspective(s) pour I'algerie?. Annaba: Universitat Annaba, Institut fur Linguistik, Dissertation. S. 26.

36 Vgl. Queffelec, Ambroise (2002): S. 50.

37 Vgl. Brandt, Elisabeth (2014): Algerien - Makrosoziale Struktur. URL https://www.liportal.de/algerien/gesellschaft/ Stand: 27.06.2018.

38 Vgl. URL http://www.liveonlineradio.net/algeria/tiewinin-radio-web.htm Stand: 25.06.18.

39 Vgl. URL http://www.radio.de/land/Algerien/Stand: 27.06.18.

40 Vgl. Kuhnel, Roland (1995 ): S. 132.

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Sprachenvielfalt Algeriens. Eine empirische Untersuchung zur aktuellen Sprachsituation Algeriens am Beispiel der Stadt Sétif
Hochschule
Universität Leipzig  (Orientalisches Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
63
Katalognummer
V455089
ISBN (eBook)
9783668880016
ISBN (Buch)
9783668880023
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Algerien, Sprachpolitik, Setif, empirische Untersuchung, Arabisch, Französisch, Tamazight, Berber, Kolonialisierung, Universität Algerien, Sprachwande
Arbeit zitieren
Iman Sainab Bouamama (Autor:in), 2018, Sprachenvielfalt Algeriens. Eine empirische Untersuchung zur aktuellen Sprachsituation Algeriens am Beispiel der Stadt Sétif, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455089

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