Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kernprozesse im Controlling. Chancen und Risiken aktueller Digitalisierungstreiber


Masterarbeit, 2018

92 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ausgangspunkt
1.2. Ziele und Forschungsfragen
1.3. Vorgehensweise und Methodik

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Einfuhrung in das Controlling
2.1.1. Das IGC Controlling-Prozessmodell 2.0
2.1.2. Erlauterung der Kernprozesse im Controlling
2.2. Digitalisierungstreiber
2.2.1. Big Data
2.2.2. Industrie 4.0
2.2.3. Blockchain
2.2.4. Cloud-Computing

3. AuswirkungenderDigitalisierungstreiber aufdie Kernprozesse
3.1. Bereits stattfindende Digitalisierung in den Kernprozessen
3.2. Diskussion des Ineinandergreifens von Digitalisierungstreiber
und Kernprozess
3.2.1. Strategische Planung
3.2.2. Planung, Budgetierung und Forecast
3.2.3. Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung
3.2.4. Investitionscontrolling
3.2.5. Projektcontrolling
3.2.6. Risikocontrolling
3.2.7. Datenmanagement
3.2.8. Management Reporting
3.2.9. Business Partnering
3.3. Zusammenfassende Bewertung der Auswirkungen
3.4. Hemmnisse und neue Anforderungen an die Kernprozesse

4. Empirische Untersuchung
4.1. Methode
4.2. Darstellung und Diskussion der Ergebnisse

5. Fazit & Ausblick

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das IGC Controlling-Prozessmodell 2.0

Abbildung 2: Ubersicht der Prozessebenen

Abbildung 3: Vorlage zur Ebene 3 am Beispiel des Management Reportings

Abbildung 4: Entwicklung des Datenvolumens weltweit

Abbildung 5: Anwendungsbeispiel fur Smart Contracts

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassende Ubersicht derAuswirkungen

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1. Ausgangspunkt

Einer aktuellen Studie der KPMG AG zufolge, haben ungefahr 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland Projekte zur Digitalisierung initiiert. Dabei geht die Energiebranche voran, wobei die Pharma- und Chemiebranche einen hohen Nachholbedarf hat. Den fuhrenden deutschen Firmen fallt es schwer, eine geeig- nete Strategie und Finanzierung fur die Digitalisierung im Controlling zu etablie- ren. Laut einer anderen Studie haben nur 16 Prozent der Unternehmen eine ade­quate Strategie, urn die Digitalisierung im Controlling voranzutreiben. Bei etwa drei Viertel der befragten Unternehmen ist dieses Vorhaben unterfinanziert.1 2 Dabei sind die erwarteten Chancen, die daraus entstehen, enorm und konnen das Controlling radikal verandern. Urn das Verstandnis fur diese Entwicklung zu fordern, mussen auch Risiken fur die Unternehmenssteuerung weiter erforscht werden.3 4 Vor allem Digitalisierungstreibern wie Big Data, Blockchain, Cloud­Computing und Industrie 4.0 werden enorme Auswirkungen auf das Controlling seitens der Forschung zugeschrieben.5 6 7 8 Urn die Potenziale zu entfalten, wird der Controller in der Rolle als Informationsversorger und wirtschaftliches Gewis- sen, sich mit den neuen Technologien beschaftigen mussen. Voraussetzung fur die Implementierung dieser neuen Technologien sind moderne IT-Infrastruktu- ren, die ebenfalls neue Potenziale fur die Unternehmen und das Controlling bie- ten. In der Forschung und Praxis wurden solche Digitalisierungstreiber nahezu ausschlieGlich im Kontext des gesamten Controllings diskutiert. Diese Arbeit soil jedoch den Fokus auf die darunterliegenden Kernprozesse richten. Als Referenz- modell fur die Prozesse eignet sich das neue Prozessmodell 2.0 des International Group of Controlling. Dieses Modell umfasst alle wesentlichen Controllingpro- zesse und wird in der Praxis sowie Forschung akzeptiert.9

1.2. Ziele und Forschungsfragen

lm Rahmen dieser Arbeit sollen die Auswirkungen der ausgewahlten Digitalisie- rungstreiber, auf die Kernprozesse des Controllings aufgezeigt werden. Zunachst werden die fokussierten Digitalisierungstreiber, wie z.B. die Blockchain, identifi- ziert und deren Auswirkungen aufdie Kernprozesse herausgearbeitet. Diese Ar­beit soil ein Verstandnis fur moderne Technologien im Kontext der zentralen Con- trollingprozesse schaffen und eine Bewertung der Anwendungsmoglichkeiten der Digitalisierung fur die Kernprozesse ermoglichen. Neben den Auswirkungen auf die Controllingprozesse sollen Hemmnisse in der Umsetzung der Digitalisie­rungstreiber aufgezeigt werden. Als weiteres Ziel werden die literaturbasiert er- arbeiteten Auswirkungen auf die Kernprozesse mittels Experteninterviews uber- pruft. Die Experteninterviews eignen sich besonders fur diesen Zweck, da das tiefe Verstandnis fur die Controllingprozesse und die Digitalisierungstreiber bei den Experten vorhanden ist.

Die folgenden Forschungsfragen sollen im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden:

- In welchen Kernprozessen findet die Digitalisierung bereits statt?
- Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Kernprozesse im Controlling aus?

- Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung, wie zum Beispiel Big Data, Blockchain, Cloud-Com­puting und Industrie 4.0, fur die wesentlichen Kernprozesse des Control­lings?
- Welche Technologien bieten dabei die groGten Potenziale und Gefah- ren?

- Was sind mogliche Hemmnisse fur den Einsatz von neuen Technologien in den Kernprozessen? Ergeben sich daraus neue Anforderungen fur die Kern­prozesse?

Bevor erlautert wird, wie sich die Digitalisierungstreiber auf die einzelnen Kern­prozesse auswirken, sollen die in der Praxis bereits stattfindenden Auswirkungen aufgezeigt werden. Anhand der Auswirkungen ergeben sich Chancen und Risi­ken fur die Kernprozesse im Controlling. AnschlieGend erfolgt die zusammenfas- sende Betrachtung, die die groGten Potenziale und Gefahren der Technologien beschreibt. Final werden die Hemmnisse fur die Implementierung der Digitalisie- rungstreiber aufgezeigt und neue Anforderungen an die Kernprozesse ermittelt.

1.3. Vorgehensweise und Methodik

Diese Arbeit umfasst einen theoretischen und empirischen Teil. In Kapitel 2 soil der notwendige theoretische Rahmen fur diese Arbeit gebildet werden. Zunachst werden die Grundlagen des Controllings skizziert und dessen Kernprozesse nach dem aktuellen IGC-Prozessmodells 2.0 aufgefuhrt. Danach erfolgt die Iden- tifizierung und Beschreibung der ausgewahlten Digitalisierungstreiber. Im Haupt- teil (Kapitel 3) wird jeder Kernprozess im Kontext der Digitalisierungstreiber be- trachtet. Hierbei soil die detaillierte Verknupfung von Kernprozessen und Digita- lisierungstreibern erfolgen, um neue Erkenntnisse gewinnen zu konnen. Der ak- tuelle Forschungsstand dient dabei als Grundlage. Des Weiteren sind die in den Prozessen bereits implementierten Digitalisierungstreiber in der Praxis zu identi- fizieren. AbschlieGend werden mogliche Auswirkungen und Hemmnisse heraus- gearbeitet. Die Implikationen werden bewertet und neue Anforderungen fur die Kernprozesse aufgezeigt. Fur Kapitel 4 wird ein Interviewleitfaden zur empiri­schen Befragung der Auswirkungen der Digitalisierungstreiber erstellt. Hierzu werden Experteninterviews durchgefuhrt, durch die die ausgearbeiteten Thesen uberprufen sollen. Die Experten sind Mitglieder im Vorstand des Internationalen Controlling Vereins (ICV) - der groGten Controller Organisation Europas. Sie be- schaftigen sich seit Jahren in der Forschung und Praxis mit dem Thema Digitali- sierung im Controlling. Beruflich haben die Experten leitende Controlling Funkti- onen Oder CEO Positionen in groGen deutschen Unternehmen innegehabt. Viel- mehr verstehen die Experten das Controlling im Kontext des IGC-Prozessmo- dells 2.0.

2. Theoretische Grundlagen

2.1. Einfuhrung in das Controlling

Fur das Controlling (zu Deutsch Unternehmenssteuerung) existiert in der be- triebswirtschaftlichen Lehre keine einheitliche Definition. Daraus ergibt sich eine Vielzahl an Sichtweisen.10 Weber und Schaffer (2016) greifen in ihrem Standard- lehrbuch diese unterschiedlichen (aber dennoch weit verbreiteten) Controlling- Verstandnisse auf. Die zentralen Konzeptionen des Controllings werden in Folge kurz vorgestellt, um dem Leser eine umfangliche Sicht dieser Rolle zu bieten. Die zentralen Paradigmen sind: Informationsversorgung, erfolgsbezogene Steue- rung, Koordination und Rationalitatssicherung. Bei der Informationsversorgung liefern Controller vorrangig monetare, zeitliche und mengenmaGige Daten. Con­troller sollen die zentralen Ansprechpartnerfur entscheidungsrelevante Informa- tionen sein (Stichwort „Single Source of Truth").11 Bei der erfolgsbezogenen Steuerung steht die Ausrichtung aller unternehmerischen Aktivitaten, primar auf die Zielerreichung, im Vordergrund. Bei den Zielen handelt es sich - je nach Un- ternehmensart - nicht ausschlieGlich um monetare Graven.12 Die Koordinations- funktion des Controllings dient der Abstimmung zwischen den Teilbereichen ei- ner komplexen Organisation. Hierbei steht die Effizient und die Effektivitat im Mit- telpunkt, um das Ziel mit moglichst geringem Aufwand zu erreichen.13 Die Ratio­nalitatssicherung versteht sich im Kontext einer Zweck-Mittel-Relation. Die Auf- gabe des Controllings ist die Erkennung, Verhinderung Oder Verm inderung von Rationalitatsdefiziten. Die Unternehmensfuhrung wird dadurch in ihren Entschei- dungen entlastet, erganzt und auch begrenzt.14 Ahnlich sehen es die praxisnahen Controlling-Verbande, wobei dort ein grundsatzlicher Konsens uber die Rolle des Controllings herrscht. Diese Perspektive soil das Bild des Controllings vervoll- standigen.

Als groGte Controlling-Verbande im deutschsprachigen Raum, haben der Inter­nationale Controller Verein (ICV) gemeinsam mit dem International Group of Controlling (IGC), ein Grundsatzpapierzur Definition des Controllings erstellt. Vor allem in der Controller-Praxis genieGen die beiden Vereinigungen ein hohes An- sehen. Das Controlling ist demnach eine Managementdisziplin, in der alle Ent- scheidungen vom Ziel herzu denken sind. Das Fuhrungsumfeld muss durch eine systematische Planung gekennzeichnet sein. Die wesentlichen Aktivitaten im Controlling sind: Planung, Kalkulation, Kontrolle und Steuerung. Jede Manage- mententscheidung und auch die Gesamtfuhrung eines Unternehmens sollten im Kontext dieser Aktivitaten stattfinden. Eine gute Informationsversorgung ist dabei von grower Bedeutung. Bei der Planung definiert das Unternehmen die zur Ziel- erreichung erforderlichen Mittel und Ziele. Die Kontrolle dient zur Uberprufung der Zielerreichung und zur fruhzeitigen Reaktion bei Abweichungen. Beide Akti­vitaten (Planung und Kontrolle) bilden den Rahmen fur Unternehmensentschei- dungen und gleichzeitig Spielraume fur die Initiativen der einzelnen Organisati- onseinheiten. Die Komplexitat des Steuerungsprozesses erfordert auch eine menschliche Fuhrung, denn die Mitarbeiter mussen vom Plan uberzeugt werden. Im Kern wird durch das Controlling die rationale Unternehmensfuhrung ange- strebt. Controller agieren als Partner fur die Unternehmensfuhrung und sorgen fur den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens.15

2.1.1. Das IGC Controlling-Prozessmodell 2.0

Dieses Kapitel dient zur Vertiefung der Perspektive auf die Kernprozesse des Controllings. Vielmehr soil hier die Grundlage des modernen Verstandnisses fur die abgrenzbaren Aufgabenbereiche des Controllers entstehen. Die International Group of Controlling (IGC)-Arbeitsgruppe „Controlling-Prozessmodell“, entwi- ckelte in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Controller Verein (ICV) im Jahre 2011 hierzu das erste Modell standardisierter Controllingprozesse. Im Ver- gleich zu anderen Unternehmensfunktionen wie z.B. im Marketing Oder der Lo- gistik, hat es im Controlling bis dahin kein einheitliches Referenzmodell gegeben. Unternehmen haben erkannt, dass Funktionsbereiche mit klar definierten Pro- zessen nicht nur effizienter, sondern auch effektiver sind. Ziel sollte es sein, auch das Controlling zu optimieren und wirtschaftlicher auszurichten.16 17

Das Controlling-Prozessmodell dient dabei als Standardreferenz, Prozesse zu etablieren und auszufuhren. Dadurch werden die Controllingprozesse fur alle in- volvierten Personen greifbar und auch die Unternehmensleitung kann die Rolle des Controllers gezielt weiterentwickeln. Auf der Grundlage eines akzeptierten Modells konnen Richtlinien uber Verantwortung, Kompetenzen und Aufgaben etabliert werden. Aus der Sicht des Controllers ist es die Basis, die Controlling­prozesse zu optimieren und einen anhaltenden Beitrag zu leisten.18 Aufbauend auf dem ersten Prozessmodell, erschien im Jahre 2017 das IGC Controlling-Pro­zessmodell 2.0 (Abb.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das IGC Controlling-Prozessmodell 2.0.19

Das aktualisierte Prozessmodell tragt weiterhin die von der IGC etablierten Grundpfeiler des Controllings: Zielfestlegung, Planung und Steuerung. Innerhalb dieser Definition stehen die zehn Kernprozesse, die die zentralen Herausforde- rungen im Controlling berucksichtigen. Der letzte Prozess „Weiterentwicklung“ unterstutzt die anderen Kernprozesse und soil deshalb in dieser Arbeit ausgeklammert werden. Die funf dunkelblau markierten Prozesse (Planung, Budgetierung und Forecast bis Business Partnering) stellen das Herzstuck der Kernprozesse dar. Die restlichen Prozesse (strategische Planung, Projektcon- trolling, Risikocontrolling und Datenmanagement) haben eine zweitrangige Be- deutung. Im Vergleich zum ersten Prozessmodell ergeben sich nach sechs Jah- ren notwendige Modifikationen. Der Prozess Forecast wurde mit dem Prozess Planung und Budgetierung zusammengefasst. Die Integration der Planungsebe- nen muss erfolgen, um das Planungssystem im Unternehmen zu vereinfachen und zu flexibilisieren. Jede Planungsebene sollte auf voneinander ableitbaren Vorgaben beruhen, die vorher aus der strategischen Planung abgeleitet wur- den.20 Das Projekt- und Investitionscontrolling stellen nun separierte, eigenstan- dige Prozesse dar. Das Datenmanagement wurde als neuer Prozess aufgenom- men.21 22 Hierwird deutlich, dass die Digitalisierung im Controlling in den Fokus ruckt. Im Controlling werden seit Jahrzehnten groGe Datenmengen verarbeitet. Die fortschreitende Digitalisierung erfordert nun jedoch eine prozessuale Sicht auf das Datenmanagement.

Im nachsten Schritt wird das Prozessmodell in der Tiefe erlautert. Bei dem Pro­zessmodell handelt es sich um ein hierarchisches Modell mit vier Prozessebe- nen. In der Abbildung 2 ist zu sehen, wie die einzelnen Prozesse heruntergebro- chen sind. Durch die transparente Prozesshierarchie konnen die Strukturen und Aufgaben klar sichtbar gemacht werden. Prozessbeteiligte konnen ein besseres Verstandnis uber die Details im ubergeordneten Prozess erlangen.23

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ubersicht der Prozessebenen.24

Die Ebene 1 stehtfurden obersten Geschaftsprozess Controlling. Die neun Kern- prozesse befinden sich auf der zweiten Ebene. Diese Ebene dient als Referenz- punkt in dieser Arbeit und wird im nachsten Kapitel ausfuhrlich behandelt. In der Ebene 3 werden die Teilprozesse fur jeden Kernprozess beschrieben. Die Teil- prozesse werden dafur anhand von standardisierten Vorlagen mit Zielsetzung, Inhalten und Prozessschnittstellen abgebildet (siehe Abb. 3). Die vierte Ebene bildet die jeweiligen Aktivitaten anhand von ereignisgesteuerten Prozessketten ab.25 Zusammengefasst geben die Kernprozesse einen guten Uberblick uber die wichtigsten Tatigkeiten im Controlling. Die Teilprozesse beschreiben die Inhalte detailliert und die Aktivitaten liefern Hinweise zur praktischen Ausfuhrung.

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3:Vorlage zur Ebene 3 am Beispiel des Management Reportings.26

2.1.2. Erlauterung der Kernprozesse im Controlling

lm folgenden Teil werden alle relevanten Kernprozesse im Detail vorgestellt. Die­ses Kapitel dient als Grundlage fur ein gemeinsames Verstandnis der Controller- tatigkeiten. Fur die Einhaltung der Konsistenz sind die Erlauterungen der Kern­prozesse am aktuellen Controlling-Prozessmodell 2.0 der IGC angelehnt. Jeder Kernprozess wird nach der folgenden Systematik erlautert: Ziele und Inhalte des Prozesses sowie die Aufgaben des Controllers.

Strategische Planung

Zweck der strategischen Planung ist es, das Management beim langfristigen Un- ternehmenserfolg (zwischen drei und funf Jahren) zu unterstutzen. Dabei gilt es den bestehenden Erfolg zu sichern und weitere Potenziale zu erkennen. Aus der strategischen Planung gehen zentrale Unternehmensentscheidungen hervor, die fur die Unternehmensbereiche operationalisiert werden. Typische Inhalte sind z.B. Kernkompetenzen, Portfolio, Produkte, Technologien oderMarkte.

Der Controller agiert dabei als Moderator im Prozess, der dem Management Aus- wertungen bereitstellt. Zu nennen sind Wettbewerbs- und Marktanalysen, die haufig mithilfe von SWOT-Analysen (Instrument zur Analyse von Starken, Schwachen, Chancen und Risiken) durchgefuhrt werden, urn externe und interne Faktoren einzubeziehen. Die relevanten Faktoren konnen von quantitativer und qualitativer Natur sein. Aus der Bewertung dieser Analysen wird die Entwicklung des Unternehmens bestimmt. Jedes strategische Ziel sollte mit genauen Zielgro- Gen geplant und finanziell bewertet werden (Rentabilitat). Nach der Implementie- rung der Strategie im Unternehmen muss ein konsequentes Monitoring der Ziele erfolgen. Hierzu eignen sich z.B. Key Performance Indicators (KPIs), urn Abwei- chungen rechtzeitig erkennen und GegenmaGnahmen einleiten zu konnen. Der gesamte Prozess erfordert viele Ruckkopplungsschleifen und dementsprechend hohen Abstimmungssaufwand.27 28 29

Planung, Budgetierung und Forecast

Die operative Planung und Budgetierung hat zur Aufgabe, die Auseinanderset- zung mit Zielen, MaGnahmen und Budgets in den Unternehmensbereichen zu fordern. Die Unternehmensbereiche sollen dem Management bei der Erreichung der strategischen Ziele helfen. Hierzu dienen vor allem operationalisierte kurz- und mittelfristige Ziele, die fur ein ganzes Geschaftsjahr im Voraus geplant wer- den.30 Der Forecast hat einen agilen Charakter, der sich aus der operativen Pla- nung und Budgetierung ableitet. Zu erwartende Abweichungen aus der Planung sollen durch den Forecast fruhzeitig erkannt werden, um MaGnahmen gegen Ziellucken einleiten zu konnen. So lassen sich die im Jahresverlauf neugewon- nen Erkenntnisse fur die Steuerung nutzen, ohne den ursprunglichen Plan zu andern. Nach einigen Monaten kann das laufende Geschaftsjahr besser bewertet und der Forecast dementsprechend angepasst werden. So gewinnt der Forecast im Jahresverlauf nach mehrmaliger Durchfuhrung an Signifikanz.31 Die Planung und Budgetierung ist die feste OrientierungsgroGe fur kurz- bis mittelfristige Akti- vitaten. Ferner geht es um die Festlegung der Aktivitaten, die Zuordnung von Ressourcen (Planung) und die finanzielle Quantifizierung (Budgetierung). Typi- sche Planungsfelder sind etwa Bilanz, GuV (Gewinn- und Verlustrechnung), Ab- satz, Investitionen, Kosten und Kapazitaten. Bei dem Forecast werden die wirt- schaftliche Entwicklung und die Auswirkungen auf Plane unter Berucksichtigung von GegenmaGnahmen eingeschatzt. Dabei werden Simulationen sowie finanzi­elle und nicht-finanzielle Faktoren betrachtet. Neben der aktiven Unterstutzung der Planenden hat das Controlling die Aufgabe, die Einzelplane termingerecht einzusammeln, zusammenzufassen und zu plausibilisieren. Offene Punkte mus- sen durch Abstimmungsschleifen aufgearbeitet und am Ende mit dem Manage­ment verabschiedet werden.32 33

Investitionscontrolling

Durch das Investitionscontrolling sollen Investitionsprojekte bewertet und gesteu- ert werden. Hierzu werden die Finanzierung und Rentabilitat anhand von Kenn- zahlen transparent gemacht. Investitionsentscheidungen sind wegen ihres lang- fristigen Charakters von besonderer Bedeutung. Die unterstutzenden Aufgaben des Controllings sind dabei Auswahl, Priorisierung, Planung und Steuerung so­wie die Nachbetrachtung von Investitionsprojekten. Des Weiteren ist zu prufen, inwiefern Investitionen im Budgetplan berucksichtigt sind. Da Investitionen haufig in Projekten umgesetztwerden, steht das Projektcontrolling und Investitionscon- trolling in enger Beziehung. Beim Investitionscontrolling stehen jedoch die Finan- zierung sowie Rentabilitat und nicht die unternehmerische Herausforderung im Mittelpunkt.34 35

Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung

Als Kernelement des Rechnungswesens schafft die Kosten-, Leistungs- und Er­gebnisrechnung Transparenz, da die Kosten, Leistungen und Erlose sachgerecht den jeweiligen Unternehmensobjekten zugeordnet werden. Vielmehr ist sie in rechtlicher Hinsicht (z.B. bei Transferpreisen) von Bedeutung. Ein weiteres Ziel ist es eine verantwortlichkeitsbezogene Managementbewertung zu ermoglichen. Hierzu konnen z.B. Geschaftsbereiche Oder Produkte im Kontext der Kosten, Leistungen und Ergebnisse analysiert werden. Das Controlling fuhrt z.B. die Kos- tenrechnung, Vorkalkulation, Periodenerfolgsrechnung, Abweichungsanalysen und die Stammdatenpflege durch. Zentral sind dabei die Kontrolle, Erfassung, Verteilung und Auswertung der Kosten-, Leistungs- und Ergebnispositionen.36 37 38

Management Reporting

Das Management Reporting dient im engeren Sinne dazu, die Fuhrungsebene mit - zur Zielerreichung entscheidungsrelevanten - Informationen zu versorgen. Die Berichterstattung der quantitativen und qualitativen Informationen geschieht mittels Standardbericht Oder Ad-hoc-Bericht. Inhalte eines Berichtes sind z.B. Umsatze, Bilanzen, Cashflows, Investitionen, Projekte, Kapazitaten sowie die GuV einzelner Managementbereiche. Des Weiteren sollten Berichte Dash­boards/Cockpits zur interaktiven Analyse („Self-Service“) umfassen, urn der dy- namischen Unternehmensumwelt Rechnung zu tragen. Die Rolle des Control­lings ist es zunachst entscheidungsrelevante Informationen zu sammeln, zu fil- tern, zu konsolidieren und zu aggregieren. AnschlieGend werden die Informatio­nen bewertet, kommentiert und der Unternehmensleitung in Form von Tabellen und anderen Visualisierungsformen prasentiert. Final konnen GegenmaGnahmen (bei Abweichungen von Zielerreichungsprognosen) gemein- sam mit der Unternehmensfuhrung erarbeitet werden.39 40 41

Business Partnering

Die Beratung durch den Controller soil die Koordination und Rationalitatssiche- rung von Entscheidungen in der Fuhrungsebene sicherstellen. Die Vorbildfunk- tion fur das betriebswirtschaftliche Denken, Handeln und Verhalten seitens des Controllers ist hier eine wichtige Voraussetzung. Bedingt durch die moderne dy- namische Unternehmenswelt sind Controller zunehmend auch als interne Bera- ter bei Veranderungsprozessen („Change Agents") gefragt. Grundsatzlich sorgt der Controller in der Rolle des „Sparringspartners“ dafur, dass Strategien, Ergeb- nisse, Finanzen und Prozesse bereichsubergreifend transparent sind. Zukunfts- bezogene strategische Analysen gewinnen jedoch immer mehr an Bedeutung.42 43 44

Projektcontrolling

Ziel des Projektcontrollings ist es, die Auswahl und Steuerung von Projekten mit dem Management zu begleiten. Informationen uber Rentabilitat, Nutzen und Pro- jektergebnisse sowie die Einhaltung von Kosten-, Zeit- und Qualitatsziele, mus- sen dem Management bereitgestellt werden. Dabei unterstutzt das Projektcon­trolling alle Projektphasen bis zum Abschluss. Im Spezifischen unterstutzt der Controller das Projektmanagement bei der Formulierung der Ziele, der Bewer- tung des Nutzens und der Rentabilitat. Projekte haben die Eigenschaft nicht im­mer nach Plan zu laufen und erfordern daher vermehrt Forecasts. Der Projekt- fortschritt muss dabei eng anhand von Plan-lst-Vergleichen beobachtet werden. Bei Abweichungen vom Forecast mussen GegenmaGnahmen erarbeitet wer­den.45 46

Risikocontrolling

Das Ziel des Risikocontrollings ist die langfristige Fortfuhrung des Unterneh- mens, sowie der Ausbau der Planungsqualitat durch die fruhzeitige Antizipation und Steuerung der unternehmerischen Risiken. Der Sinn ist dabei jedoch nicht, jedes Risikopotenzial auszuschalten, zumal dadurch Erfolgspotenziale verloren gehen konnen. Das Risikomanagement ist eher als zyklischer Prozess zu verste- hen, der aus der Identifikation und Kontrolle von Risiken besteht. Hauptaufgaben des Controllers sind hier Risiken zu analysieren, klassifizieren und - soweit mog- lich - zu quantifizieren. Chancen und Risiken haben meist eine implizite, auf sub- jektiven Erwartungen beruhende, Grundlage. Folglich muss der Controller die ln- formationen zu einem Gesamtrisiko aggregieren, um Planungsunsicherheiten zu eliminieren. Zum Abschluss mussen MaGnahmen erarbeitet und die Risikobe- richte an das Management kommuniziert werden.47 48 49

Datenmanagement

Zweck des Datenmanagements ist es zu gewahrleisten, dass relevante Informa- tionen fur Steuerungsprozesse in ausreichender Qualitat verfugbar sind. Das Controlling sollte dabei die Gewalt uber die steuerungsrelevanten Daten haben (Stichwort: „Single Source of Truth"). So wird die Fuhrungsebene durch eine zent- rale Datenquelle mit steuerungsrelevanten und validen Daten versorgt. Die dy- namische Unternehmenswelt erfordert hier eine permanente Anpassung der technischen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Die Gewalt uber die tech- nische Ausfuhrung sollte bei den IT-Abteilungen liegen. Der Controller versteht sich hier als Auftraggeber. Das Controlling muss sich fur die Datenqualitat ein- setzen, die sich in Zeiten von Big Data mit teilweise unstrukturierten Daten, als eine zunehmende Herausforderung darstellt. Hierzu konnen Berichte etabliert werden, welche die Dateninkonsistenzen Oder AusreiGerautomatisiert identifizie- ren konnen. Weitere bewahrte Mittel sind Richtlinien und Anweisungen, etwa zur Handhabung von Geschaftsfallen Oder Kontierungselementen. Zusammenfas- send muss das Controlling die Gewalt uber alle Daten, die in der Datenquelle enthalten sind, haben (oder zumindest die Standards vorgeben), um der Rolle als „Single Source of Truth" gerecht zu werden.50 51 52

2.2. Digitalisierungstreiber

In diesem Kapitel soil das Grundverstandnis fur die ausgewahlten Digitalisie­rungstreiber geschaffen werden. Die Kernprozesse des Controllings und diese Technologien bilden gemeinsam das erforderliche Fundament fur den Hauptteil dieser Arbeit. Digitalisierungstreiber im Controlling sind digitale Technologien, die einen wesentlichen Wertbeitrag zur Verbesserung (z.B. Automatisierung und Standardisierung) der Controllingprozesse beitragen.53 Anhand einer umfassen- den Literaturrecherche wurden fur diese Arbeit die gegenwartig relevanten Tech­nologien fur das Controlling identifiziert. Nach der weitestgehend ubereinstim- menden Auffassung seitens der Wissenschaft, haben Big Data, Industrie 4.0, Blockchain und Cloud-Computing aktuell und in Zukunft enorme Auswirkungen auf das Controlling.54 55 56 57 Jeder Digitalisierungstreiber unterscheidet sich - je nach Umsetzungsgrad - in der Anwendungsmoglichkeit im Unternehmen. Fur eine progressive Betrachtung der Potenziale dieser Technologien, sollen die nach dem aktuellen Forschungsstand denkbaren, aber auch realisierbaren Ein- satzmoglichkeiten erortert werden.

2.2.1. Big Data

Zunachst wird die historische Entwicklung von Big Data beschrieben, bevor der Begriff und dessen zentralen Merkmale definiert werden. AnschlieGend wird die Relevanz der Technologie aufgezeigt. Zuletzt erfolgt die Beschreibung wesentli- cher Anwendungsmoglichkeiten.

Bereits mit dem verbreiteten Einsatz von Computern in den 1970er Jahren nahm der Bestand an Daten, die Verarbeitungsgeschwindigkeit und die Speicherkapa- zitat stetig zu. Weitere Technologien - wie das Worldwideweb - beschleunigten diese Entwicklung in den nachsten Jahren.58 In der Abbildung unten ist der rasante Anstieg am Datenvolumen dargestellt. Besonders in den letzten Jahren sowie in der Prognose fallt das exponentielle Wachstum auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Entwicklung des Datenvolumens weltweit.59

Innerhalb einer Studie der KPMG AG und BITKOM Research im Jahre 2016 wurde herausgefunden, dass 80% (+5% zum Vorjahr) der Unternehmen ihre Ent- scheidungen basierend auf Erkenntnissen aus Unternehmens- und Kundendaten treffen. Einen konkreten Nutzen aus der Datenanalyse konnen demnach etwa 66% der Unternehmen (+18% zum Vorjahr) ziehen.60 Anhand dieser starken Ver- anderung innerhalb kurzer Zeit, ist die gegenwartige Bedeutung dieser Thematik zu erkennen. Big Data genieGt weltweit enorme Relevanz in der Wissenschaft, der Industrie sowie im staatlichen Sektor. So wurden in den letzten zehn Jahren vermehrt wissenschaftliche Sonderausgaben und Arbeitsgruppen zum Thema Big Data publiziert. Firmen wie Microsoft, Amazon Oder Google initiierten vor ca. zehn Jahren eigene Projekte zum Thema Big Data. IBM geht mit Investitionen von uber 16 Milliarden US-Dollar seit 2005 als Beispiel voran. Auch Landerorga- nisationen wie die Vereinigten Staaten, Japan und die Vereinigten Nationen (UN) starteten im laufenden Jahrzehnt ihre Big Data Projekte mit erheblichen Investi- tionsaufwendungen.61

Die Tatsache von wachsenden Datenvolumina und der Nutzung daraus wird schon seit Jahrzehnten wahrgenommen und ist dementsprechend nichts Neues. Big Data hat jedoch besondere Eigenschaften, die diesen bestandigen Me­gatrend begrunden. Im Folgenden soil Big Data daher naher erlautert werden. Ursprunglich wurde der Begriff „Big Data" von Doug Laney, einem Analysten der spateren Firma Gartner Inc. im Jahre 2001 definiert. Dabei unterstrich erdie Her- ausforderungen und Moglichkeiten die aus dem Datenvolumen, der Datenvielfalt und der Geschwindigkeit resultieren. So ist Big Data mit dem „3-V“-Modell (Vo­lume, Velocity, Variety) erstmals definiert worden.62 Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Big Data Definitionen, in denen vom „4-V“-Modell (oder auch mehr V's) gesprochen wird. Als viertes „V“ wird jedoch uneinheitlich entweder Value (Wert), Veracity (Richtigkeit) Oder Validity (Widerspruchsfreiheit), je nach Autor, beansprucht.63 64 65 66 Das „3-V“-Modell der Gartner Inc. ist auch heute ver- gleichsweise unumstritten und definiert sich folgendermaGen:

Volume (Menge): Diese Eigenschaft beschreibt das Datenvolumen, das inner- halb der Technologien von Big Data verarbeitet werden muss. Diese GroGe er- streckt sich mittlerweile bis hin zu mehreren Zettabytes. Den Unternehmen ste- hen zunehmend Daten zur Analyse zur Verfugung, die weitere Ruckschlusse er- moglichen.67

Velocity (Geschwindigkeit): Die Geschwindigkeit bezieht sich einerseits auf Daten, die sich standig wandeln, erweitern Oder ihre Gultigkeit verlieren und an- dererseits auf die erhohten Anforderungen an den Verarbeitungsprozess, urn auf die Veranderungen fruhzeitig zu reagieren. Die Geschwindigkeit der Verarbei- tung von Datenflussen erfolgt vermehrt in Echtzeit. Echtzeit bedeutet einen nicht wahrnehmbaren zeitlichen Versatz zwischen der Datenaufnahme und der Bereit- stellung.68

Variety (Vielfalt): Mit dem Anstieg des Datenvolumens nahm gleichzeitig die Da- tenvielfalt zu. So ist festzustellen, dass ein GroGteil der Daten in unstrukturierter Form vorliegt, der bisher lediglich mit einem hohen MaR> an Anstrengungen aus- gewertet und verarbeitet werden konnte. Die Vielfaltigkeit zeigt sich durch die Speicherung von unstrukturierten Dateien wie PowerPoint Folien, Tonaufnah- men, Fotos, Videos Oder Inhalten aus sozialen Medien.69

Eine praktische Definition wurde vom Bitkom-Arbeitskreis Big Data formuliert:

„Big Data unterstutzt die wirtschaftlich sinnvolle Gewinnung und Nutzung entscheidungsrelevanter Erkenntnisse aus qualitativ vielfaltigen und un- terschiedlich strukturierten Informationen, die einem schnellen Wandel un- terliegen undin bisher ungekanntem Umfang zu Verfugung stehen.“70

Unternehmen konnen vielfaltige Vorteile aus der Big Data Technologie ziehen. Allgemein zahlen Service- und Produktinnovationen, Kostensenkungen sowie schnellere und bessere Entscheidungen zu den wesentlichen Potenzialen.71 Grundsatzlich ist die Bewegung weg von Entscheidungen subjektiver Natur und hin zur datengetriebenen Grundlage, das Ziel. Unternehmen, die in der Lage sind Daten schnell abzugreifen, zu verarbeiten und daraus MaGnahmen abzuleiten, erringen Wettbewerbsvorteile. Big Data unterstutzt Unternehmen in derautoma- tischen Erfassung, Erzeugung und Analyse der Daten. So wird die haufig kom- plexe Unternehmensumwelt durch Ursache-Wirkungs-Beziehungen transparen- ter gemacht. Neue Datenquellen wie Inhalte aus sozialen Medien, Videos, Texte Oder Kundenpraferenzen tragen dazu bei.72 Vor allem die Verarbeitung von he- terogenen Datentypen (Variety) ermoglicht bisher ungenutzte Potenziale. Klassi- sche quantitative Kennzahlen wie Umsatze Oder die Anzahl an Kundenbeschwer- den, konnen durch qualitative Kennzahlen erganzt werden. Durch die Erfassung unstrukturierter Inhalte sozialer Medien Oder Bewertungen aus Verkaufsplattfor- men (z.B. Amazon), konnen etwa Kundenmeinungen zum Unternehmensimage Oder zur Produktqualitat ausgewertet werden.

2.2.2. Industrie 4.0

Zunachst wird die historische Entwicklung der Industrie 4.0 beschrieben, bevor der Begriff und dessen zentralen Merkmale definiert werden. AnschlieGend wird die Relevanz der Technologie aufgezeigt. Zuletzt erfolgt die Beschreibung we- sentlicher Potenziale.

Der Begriff Industrie 4.0 hat auf der Hannover Messe im April 2011 in Deutsch­land seinen Ursprung. Im Rahmen der Hightech-Strategie Deutschland, beglei- tete die Promotorengruppe „Kommunikation der Forschungsunion Wirtschaft - Wissenschaft" das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Der Begriff steht fur die vierte industrielle Revolution, die die Weiterentwicklung der Elektro- und Informations- technik der dritten Revolution darstellt. Bei der Industrie 4.0 steht die intelligente Vernetzung, mit Hilfe von eingebetteten Informationstechnologien in Gegenstan- den, im Fokus (Stichwort ..Internet of Things").73 74

Die Industrie 4.0 beschreiben Kagermann et al. (2013) anhand von drei zentralen Merkmalen, die in Echtzeitgeschwindigkeit erfolgen. Eine davon ist die horizon- tale Integration der Wertschopfungsnetze. Damit ist die Vernetzung von Prozes- sen und Systemen in der Wertschopfungskette uber Unternehmensgrenzen hin- aus (z.B. vom Zulieferer uber die Montage bis zum Kunden) gemeint. Das nachste Merkmal ist die Durchgangigkeit des Engineerings (Digitalisierung) uber die gesamte Wertschopfungskette eines Produktes. Die Digitalisierung derWert- schopfungskette integriert den Kunden in den Wertschopfungsprozess, urn fur den Kunden individualisierte Produkte zu ermoglichen. Als letztes Merkmal sind die vertikale Integration und vernetzte Produktionssysteme genannt. Dabei steht die Vernetzung der Hierarchieebenen in Unternehmen im Vordergrund, wodurch eine schnellere und flexiblere Steuerung vom Management bis zur tatsachlichen Produktion moglich wird.75 Sendler (2016) weist darauf hin, dass die Industrie 4.0 nicht lediglich auf den Produktionsprozess beschrankt werden darf. Neue Ge- schaftsmodelle Oder Designs sind ebenso wichtige Teile der Wertschopfungs- kette. Des Weiteren tragt auch die Internetgemeinschaft, der Markt Oder Wettbe- werber zu neuen Produkten bei und eben nicht nur der unternehmensinterne Ingenieur.76 Zum anfanglichen Verstandnis der Technologie eignet sich jedoch der weniger abstrakte Produktionsprozess.

Systeme, welche die virtuelle Welt mit der physischen Welt verbinden, gelten als wesentliche Treiberfur die Industrie 4.0. Dabei erhalten physische Objekte wie Produktionsanlagen Oder Verkehrsmittel, intelligente Erweiterungen (z.B. Daten- speicher, Sensoren), die uberdas Internet verbunden sind. So konnen physische Gerate mit Hilfe von Algorithmen selbststandig Netzwerke untereinander auf- bauen und sich innerhalb dieser optimieren. Von jedem Gerat existiert ein virtu- elles Abbild, uber welches Echtzeitinformationen verfugbar sind. Neben akusti- schen und visuellen Informationen generieren sie auch Daten zu Temperaturen, Druck, Bewegungen Oder melden Fehler. So konnen Unternehmen ein Assis- tenzsystem zur Begleitung von Produktionsprozessen einfuhren, dass das Si- cherheitsrisiko minimiert.77 Dadurch entstehen echtzeitbasiert groGe Datenmen- gen zum Wertschopfungsprozess im Detail. Analog betrachtet ahnelt das System einem Fitness-Tracker. Lediglich der Kontext verschiebt sich vom menschlichen Korperzur Produktionsstatte.78 In der Literaturwird dieser technologischeTreiber unter dem Begriff ..Internet of Things" (loT) subsumiert.79 80 Im ubertragenen Sinne gewahrt loT den Objekten ein eigenes Gehirn und die Moglichkeit der Kom- munikation uber WLAN.81 Durch das loT Verbinden sich die Gerate - mit dem Ziel der Optimierung der Leistungen und Prozesse - in einem Netzwerk miteinander. Diese Entwicklungsstufe wird als ..Smart Factory" bezeichnet. Auch auf andere Anwendungsbereiche lassen sich analoge Bezeichnungen wie „Smart Services", „Smart Buildings" Oder „Smart Products" finden.82 83 Allesamt haben die Optimie­rung und Automatisierung von (einfachen) Prozessen gemein. Lernfahige Ob­jekte sind in der Lage sich neuen Situationen anzupassen und das ohne mensch- liche Steuerung.84 85

[...]


1 Vgl. Schaffer und Weber 2017a.

2 Vgl. KPMG 2017.

3 Vgl. Schafferund Weber2017b, S. 9-10.

4 Vgl. Gadatsch 2016, S. 65-66.

5 Vgl. Bruck etal. 2018, S. 910.

6 Vgl. Seiter et al. 2015, S. 472-473.

7 Vgl. Rockenschaub und Gartner 2015, S. 713.

8 Vgl. Kieninger et al. 2016, S. 247.

9 Vgl. International Group of Controlling 2017.

10 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 20-21.

11 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 83-84.

12 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 22-24.

13 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 24-25.

14 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 47-48.

15 Vgl. GanGlen et al. 2013, S. 56-60.

16 Vgl. Gleich 2013, S. 79-80.

17 Vgl. Niedermayr-Kruse 2011, S. 27.

18 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 18.

19 International Group of Controlling 2017, S. 20.

20 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 33.

21 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 18-19.

22 Vgl. Niedermayr-Kruse 2011, S. 29.

23 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 18.

24 International Group of Controlling 2017, S. 19.

25 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 19-21.

26 International Group of Controlling 2017, S. 45.

27 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 107-108.

28 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 345-346.

29 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 29-31.

30 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 119.

31 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 36-38.

32 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 303-304.

33 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 33-34.

34 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 223.

35 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 39-41.

36 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 263.

37 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 140-141.

38 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 42-44.

39 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 406.

40 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 237.

41 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 45-47.

42 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 470-471.

43 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 432-433.

44 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 49-51.

45 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 351.

46 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 52-53.

47 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 469-470.

48 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 257-258.

49 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 54-56.

50 Vgl. Weber und Schaffer 2016, S. 213-214.

51 Vgl. Horvath et al. 2015a, S. 315.

52 Vgl. International Group of Controlling 2017, S. 57-59.

53 Vgl. Keimer und Egle 2018, S. 63.

54 Vgl. Bruck etal. 2018, S. 910.

55 Vgl. Seiter et al. 2015, S. 472-473.

56 Vgl. Rockenschaub und Gartner 2015, S. 713.

57 Vgl. Kieninger et al. 2016, S. 247.

58 Vgl. Chen et al. 2014, S. 174-175.

59 Aschenbrucker et al. 2014, S. 1.

60 Vgl. KPMG AG 2016,S. 14.

61 Vgl. Chen etal. 2014, S. 175.

62 Vgl. Chen etal. 2014, S. 173.

63 Vgl. Aschenbrucker et al. 2014, S. 4.

64 Vgl. Gadatsch 2016, S. 63.

65 Vgl. Schroeck et al. 2012, S. 4.

66 Vgl. Chen etal. 2014, S. 173.

67 Vgl. Schroeck et al. 2012, S. 4.

68 Vgl. McAfee etal. 2012, S. 5.

69 Vgl. Schroeck et al. 2012, S. 4-5.

70 BITKOM 2012, S. 19.

71 Vgl. Davenport 2014, S. 73-75.

72 Vgl. Gentsch und Kulpa 2016, S. 38.

73 Vgl. Kagermann et al., S. 18.

74 Vgl. Sendler 2016, S. 10.

75 Vgl. Kagermann et al., S. 35-36.

76 Vgl. Sendler 2016, S. 18-19.

77 Vgl. Horvath et al. 2015b, S. 27-28.

78 Vgl. Hoffjan etal. 2017, S. 32.

79 Vgl. Atzori et al. 2010, S. 2787-2788.

80 Vgl. Horvath et al. 2015b, S. 10-11.

81 Vgl. Schluchtermann und Siebert 2015, S. 461.

82 Vgl. Bauer et al. 2014, S. 5.

83 Vgl. Leyk et al. 2014, S. 142-143.

84 Vgl. Hoffjan etal. 2017, S. 32.

85 Vgl. Horvath et al. 2015b, S. 15.

Ende der Leseprobe aus 92 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kernprozesse im Controlling. Chancen und Risiken aktueller Digitalisierungstreiber
Hochschule
Universität Ulm
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
92
Katalognummer
V454823
ISBN (eBook)
9783668876842
ISBN (Buch)
9783668876859
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Controlling, Digitalisierung, Industrie 4.0, Blockchain, Big Data, Cloud Computing
Arbeit zitieren
Waldemar Sitter (Autor:in), 2018, Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kernprozesse im Controlling. Chancen und Risiken aktueller Digitalisierungstreiber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/454823

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