Wissen und Vorurteile - Soziologische Aspekte und Bezüge


Hausarbeit, 1993

23 Seiten, Note: Bestanden

Burkhard Tomm-Bub (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wissen und Vorurteile: Bezüge zur Soziologie

3. Philosophie
3.1 Definitionen
3.2 Spezielle Beiträge (Platon,Descartes,Kant,Schopenhauer).

4. Psychologie
4.1 Definitionen.
4.2 Spezielle Beiträge (Wahrnehmungsstörungen/-abwehr,Einstellungen)

5. Pädagogik
5.1 Definitionen.
5.2 Spezielle Beiträge (Gesellschaft,Praxisbeispiele)

6. EXKURS: Konstruktivismus
6.1 Definitionen
6.2 Spezielle Beiträge (Rogers, Watzlawick).

7. Bezüge zur Soziologie/Zusammenfassung.

8. ANHANG:
- Quellenangaben (zugleich Anmerkungsverzeichnis)
- Literaturverzeichnis

1. Einleitung

"Soziologie .., Wissenschaft, die sich mit dem Ursprung, der Entwicklung u. der Struktur der menschlichen Gesellschaft befaßt." (1)

So die verkürzte Lexikondefinition des Begriffs Soziologie. Erweiterungen dieser Definition sind möglich, oder -richtiger- notwendig! So ließe sich etwa eine Differenzierung nach Institutionssoziologie (also z.B. Religionssoziologie, Familiensoziologie, etc.), nach sozialen Problemfeldern (wie Kriminalsoziologie, Minoritätenfragen, usw.) und nach der Größenordnung der untersuchten Einheiten treffen (Mikro-, "mittlere Ebenen"- und Makrosoziologie). (2)

Was haben die Begriffe "Wissen" und "Vorurteile" mit dieser Wissenschaft, der Soziologie, zu tun? Ist es -bei näherer Betrachtung- möglich die entsprechenden Bezüge isoliert zu betrachten, oder müssen hier nicht benachbarte Wissenschaften (wie die Philosophie, Psychologie und Pädagogik) herangezogen werden, um zu einem annähernd befriedigenden Ergebnis zu kommen?

Diese und angrenzende Fragen sollen im Weiteren näher untersucht werden.

Anhand zunächst getroffener Definitionen der jeweiligen Begriffe sollen relevante Bezüge dargestellt werden, wobei sich an das "In - Bezug - setzen" von "Wissen/Vorurteilen" zur Soziologie eine Erweiterung dieses Vorgehens auf die erwähnten Nachbarwissenschaften anschließt. Abschließend wird versucht, die hierbei gewonnenen Erkenntnisse wiederum in Bezug zueinander zu setzen.

Natürlich ist es Im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich umfassend vorzugehen. Einzelne Elemente werden herausgegriffen, womit ein gewisser Überblick über die Ansätze geschaffen werden soll.

2. Wissen und Vorurteile: Bezüge zur Soziologie

Um hier Bezüge herstellen zu können, ist es zunächst nötig, die einzelnen Begriffe zu klären, d.h. festzulegen, was mit ihnen jeweils gemeint sein soll. Der Ausdruck "Soziologie" wurde bereits unter Punkt "1." definiert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang besonders, daß a) die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft angesprochen wird und b) daß Soziologie unterschiedliche Bereiche der menschlichen Gesellschaft erforscht, d.h. es wird u.a. das (interne und externe) Verhalten von menschlichen Gruppierungen -letztlich das Verhalten von Menschen- untersucht und es werden hierüber Aussagen getroffen !

Der "Faktor Mensch" ist hier also in zweifacher Hinsicht beeinflussend: Zum Einen in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand, zum Anderen in Hinsicht auf den Untersuchenden d.h. den Soziologen. Denn auch dieser ist immer noch und bei all` seiner Wissenschaftlichkeit ein Mensch!

Der "Faktor Mensch" ist aber -naturgemäß- ein störanfälliger. Wahrnehmung, Urteilsbildung und Interpretation von Gegebenheiten sind recht häufig durch eine Vielzahl von Faktoren determiniert, die eine wissenschaftliche, objektive, "richtige" Sicht und Auslegung der Wirklichkeit verhindern, ja manchesmal ins Gegenteil verkehren. Dies wird auch niemals gänzlich vermeidbar sein, ob es überhaupt wünschenswert ist, soll hier eine offene Frage bleiben.

Verschiedene Gefahren ergeben sich jedoch durch falsche "Ergebnisse" (im weitesten Sinne) mit Sicherheit. Auch ist es wichtig, die Mechanismen, die die scheinbar unmotivierten und irrationalen Verhaltensweisen menschlicher Gruppierungen prägen, zu kennen. Doch zunächst soll nun etwas zu den Begriffen"Wissen." und "Vorurteile" gesagt werden. So soll unter "Wissen" etwas einem Menschen bewußtes verstanden werden dessen er sich aufgrund eines Tatsachenurteils bewußt wurde. Das bedeutet, daß vor der Einstufung als "wahr" eine bewußte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand stattgefunden hat, z.B. in Form einer irgendwie gearteten eigenen Untersuchung, oder zumindest durch einen Vergleich unterschiedlicher Standpunkte zum Thema (etwa ein Vergleich verschiedener Quellen).

"Vorurteile" hingegen tragen diese Merkmale nicht. Es wurde ebenfalls eine feste Meinung zu einem Sachverhalt gebildet, jedoch entweder ohne rechtes Bewußt-sein, ohne aktive Auseinandersetzung mit dem Thema und/oder die Meinungsbildung fand nur unter Zugrundelegung einer einzigen Informationsquelle statt (bzw. unter Grundlegung mehrerer äußerst ähnlicher Quellen).

Soweit die Begriffsklärungen.

Es wurde eigentlich schon relativ deutlich, warum auch und gerade für die Soziologie die Begriffe "Wissen" und "Vorurteile" von Bedeutung sind:

Der Soziologe sollte ihn "bedrohende" Einflussfaktoren kennen, die ihn hindern könnten, zu einem abgesicherten "Wissen" zu kommen, stattdessen zu "Vorurteilen" zu gelangen,

Auch ist es wichtig, diese Faktoren zu erkennen und zu berücksichtigen in Hinsicht auf das Klientel: die menschliche Gesellschaft!

Wie sich im Weiteren noch bestätigen wird, reichen rein soziologische Methoden, Untersuchungen und Fragestellungen aber nicht aus, um diesen Bereich zufriedenstellend einzubeziehen.

Dies sei an einem (sehr stark vereinfachendem!) Beispiel deutlich gemacht:

Die Soziologie kann Störfaktoren berücksichtigen, welche zwischen menschlichen Gruppierungen wirken, ein Beispiel wäre hier das Phänomen "in-group - out-group". Mitgliedern der eigenen Gruppe werden (z.T. ungerechtfertigt) eher positive, Mitgliedern der fremden oder gegnerischen (?) Gruppe (ebenso ungerechtfertigt) eher negative Eigenschaften zugeschrieben (cf. das

Ferienlager - Experiment von Sherif ((3)) ).

Andere -in starkem Maße individuelle, intrapsychische Faktoren- kann jedoch die Soziologie "eigentlich" nicht berücksichtigen (Stichworte wären hier etwa Begriffe wie "Wahrnehmungsabwehr", "Persönlichkeitszüge" und "spezifische Einstellungen"), Um derlei Faktoren berücksichtigen zu können, wäre nämlich statt an eine soziologische eher an eine psychologische Herangehensweise zu denken.

Damit ist klar, daß ein "Blick über den Tellerrand", d.h. das Einbeziehen benachbarter Wissenschaften nicht nur möglich, sondern nötig ist, um dieses Problemfeld näher zu erforschen.

Bevor nun Beispiele aus dem Gebiet der Philosophie hierzu aufgeführt werden, soll noch eine kurze Anmerkung gemacht werden:

Durch das bisher Geschilderte sollte keine vollkommen abwertende Beurteilung von "Vorurteilen" getroffen werden. Vorurteile im weiteren Sinne erleichtern zum Teil das Alltagsleben, ermöglichen es in einigen Bereichen sogar erst. (Nicht jede "Kleinigkeit" lässt sich im Vorhinein empirisch auf ihre Durchführbarkeit / Berechtigung prüfen, dies würde ein "normales" Alltagsleben verunmöglichen.) Weiter gibt es auch eine Reihe "kleinerer" Vorurteile, die im Verhalten recht wenig zur Ausprägung kommen, oder sonst wie als relativ "harmlos" erscheinen. ( cf. Allport ((4)) )

Nun aber zu den o.a. Beispielen aus benachbarten Wissenschaften.

Auf eine ausführlichere Schilderung rein soziologie- immanenter Faktoren wurde

aufgrund des beschränkten Umfanges dieser Arbeit verzichtet.

3. Philosophie

3.1 Definitionen

"Philosophie, wörtlich (griech.): )Liebe zur Weisheit(, )Streben nach Wissen(." (5)

... so verstehen wir unter )Philosophie( das Unternehmen, das die Welt schlechtweg und das menschliche Leben in ihr, die sogenannte Lebensführung, zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung macht, also, mit anderen Worten, über Welt und Leben zur fraglosen Klarheit zu kommen sucht." (6)

Soweit zwei Definitionsversuche des Begriffs "Philosophie". Recht deutlich wird hier schon der von der Philosophie partiell unternommene Versuch grundlegend für sämtliche anderen Wissenschaften, letztlich aber für überhaupt "Alles" (Welt und Leben) zu sein. Ob dies -insbesondere "fraglos"- gelingen kann, darf u.a. aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen philosophischen Strömungen natürlich bezweifelt werden. Dennoch wurde die Philosophie, eben aufgrund dieses Anspruches, auch hier an den Anfang gesetzt.

Definitionsergänzend sei noch auf die Tatsache hingewiesen, daß die Philosophie im Mittelalter lange Zeit als "Magd" der christlichen Theologie fungierte, d.h. sich dieser Theologie unterordnete. Interessant ist hier, daß auch dies wieder Verbundenheiten und Bezüge unterschiedlicher Disziplinen aufzeigt (hier eben der Philosophie und der Theologie).

Viele bedeutsame Vertreter der Philosophie entwickelten im Laufe der Geschichte ihre philosophischen Systeme oder Gedankengänge. Namen wie Platon, Kant, Schopenhauer und Descartes scheinen in diesem Zusammenhang eine eher willkürliche Auswahl darzustellen. Dennoch seien speziell sie erwähnt, denn an ihnen soll exemplarisch geprüft werden, ob von Seiten der Philosophie relevante Bezüge zum Thema bestehen.

3.2 Spezielle Beiträge

Was ist die Wirklichkeit, gibt es sie überhaupt in dem Sinne wie Menschen sie verstehen und -wenn ja- können wir sie überhaupt wahrnehmen, so wie sie ist? Diese und ähnliche Fragen sind wichtige Elemente vieler philosophischer Schulen und Systeme.

Der Bezug zur Fragestellung dieser Arbeit ist evident: Die Wichtigkeit einer hinreichenden Definition von Wirklichkeit und eventueller Störfaktoren der Wahrnehmung dieser Wirklichkeit wurde weiter oben schon ausgeführt.

Als Beispiel für möglicherweise relevante Überlegungen hierzu soll zunächst der griechische Philosoph Platon (ca. 428 - 348 v.Chr.) erwähnt werden. Es findet sich folgender Hinweis:

Die Grundlage seiner Philosophie ist die Ideenlehre. Danach existieren außerhalb der sichtbaren, sinnlich erfahrbaren Welt Ideen -ewige und unveränderliche Urbilder- als eigentliche Wirklichkeit ... Alle sichtbaren Dinge sind nur unvollkommene u. vergängliche Abbilder der Ideen." (7)

In seinem bekannten "Höhlengleichnis" etwa verdeutlicht Platon anschaulich, welche Schwierigkeiten mit der Definition von Wirklichkeit verbunden sein können, dies insbesondere in Bezug zum jeweiligen sozialen Umfeld: Menschen von Geburt an nur mit einer reduzierten Wahrnehmung der Wirklichkeit konfrontiert, hätten sehr große Probleme die tatsächliche Realität (oder zumindest eine andere Sicht der Realität) wahrzunehmen. Verwirrtheit, "Schmerzen" und ähnliches wären zunächst die Folge. Gelänge jedoch die Adaption und kehrte der jeweilige Mensch in seinen alten sozialen Kontext zurück, manifestiere sich dasselbe Phänomen wie beim ersten Übergang: wieder sind Verwirrtheit, Desorientierung, usf. die Folge. Hinzu käme die Unfähigkeit wieder im Konsens mit dem sozialen Umfeld zu leben, da ein gemeinsames Bezugssystem nunmehr fehle. "Soziale Probleme" wären demnach wohl die Folge, sinngemäß also z.B. ein "Außenseitertum",

Einen weiteren Aspekt bringt der französische Philosoph und Mathematiker Descartes (oder: Cartesius; 1596-1650) ein: Auf seiner Suche nach einem "neuen Weg zum Wissen" erstrebt er eine gegen jeden Zweifel gefeite Weltanschauung. Sein Ansatz ist ein äußerst radikaler indem er zunächst einmal "Alles bezweifelt". Vorurteilsfrei will er seine Erkenntnisse gewinnen, so wird seine mögliche Relevanz zur vorliegenden Fragestellung deutlich.

Folgende Zitate verdeutlichen seine Überlegungen: "(Descartes) beruhigt sich nicht bei dem Satze, daß die Sinne wahre Kunde von der Welt bringen, sondern prüft auch diesen vorerst auf seinen Wahrheitswert. Wenn die Sinne die Quelle des Wissens sind, so müssen sie ausschließlich Wahrheit liefern; damit aber steht die Tatsache der Sinnestäuschungen in Widerspruch. Und wenn auch diese mit Sicherheit als solche zu erkennen wären, so würden selbst dann die Sinne noch nicht als zweifelsfreier Erkenntnisquell dastehen, weil sich Sinneswahrnehmungen auch nicht sicher von Träumen unterscheiden lassen, es also überhaupt nicht mit Sicherheit festzustellen ist, wann wir träumen und wann wir wahrnehmen ..." (8) (Ähnliche Überlegungen finden sich übrigens auch schon bei älteren chinesischen Philosophen, wie Tschuangtse, ca. 300 v.Chr.) Cartesius bezweifelt anschließend in ähnlicher Manier auch Gesetze der Mathematik und der Logik, dies unter Berufung auf einen hypothetischen "bösen Geist" der des Menschen Vernunft derart trübt, daß er falsche Schlüsse für richtige ansieht.

"Ist also der Zweifel selbst gegen solche Sätze berechtigt, so wird er es wohl gegen alles sein, was wir Wahrheit nennen, ... wenigstens so lange ... bis ein schlechthin sicherer Satz gefunden ist, von dem aus der Zweifel wieder beseitigt werden kann." (9) Dieser Satz, den Descartes später findet, ist sein berühmtes "Cogito, ergo sum!", d.i. "Ich denke, also bin ich!". Er leitet diesen Satz her, aus der Erkenntnis, daß schlechthin Alles bezweifelt werden kann, nicht aber die Existenz des Zweiflers selbst. Denn um an irgendetwas zweifeln zu können, muß etwas vorhanden sein, DAS zweifelt!

Die Logik und Evidenz dieses Gedankens ist zweifellos bestechend!

Interessant auch die nähere Definition des Begriffs "Denken", die Cartesius trifft: Vorstellen, Fühlen, Hoffen, Wollen u.a. werden bei ihm unter diesen Begriff subsummiert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Wissen und Vorurteile - Soziologische Aspekte und Bezüge
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Soziologie)
Veranstaltung
Wissen und Vorurteil
Note
Bestanden
Autor
Jahr
1993
Seiten
23
Katalognummer
V45453
ISBN (eBook)
9783638428545
ISBN (Buch)
9783638658034
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ein noch immer aktueller Streifzug durch Nachbardisziplinen der Soziologie: Philosophie, Psychologie, Pädagogik und Konstruktivismus. Evtl. auch geeignet zur Anregung für eine Diplom- oder Magisterarbeit ...
Schlagworte
Wissen, Vorurteile, Soziologische, Aspekte, Bezüge, Wissen, Vorurteil
Arbeit zitieren
Burkhard Tomm-Bub (Autor:in), 1993, Wissen und Vorurteile - Soziologische Aspekte und Bezüge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45453

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