Die Skeptische Generation - Helmut Schelskys Theorie der Jugend


Seminararbeit, 2003

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Einleitung:

Hauptteil:
I.) Schelskys Theorie der Jugend
I.1.) Definition „Jugend“
I.2.) Jugendsoziologischer Ansatz
I.3.) Determinierende soziale Faktoren
I.3.1) Soziale Grundgebilde
I.3.2.) Epochale Sozialstruktur
I.3.3) Zeitgeschichtlich-politische Situation
I.4.) Jugend als Übergang zwischen zwei sozialen Verhaltenshorizonten
I.4.1.) Verhaltensunsicherheit der Jugend
I.4.2.) Verhaltessicherheit als Grundbedürfnis der Jugend
I.5.) Zeitgeschichtliche Lösungen der deutschen Jugend
I.5.1.) Die Generation der Jugendbewegung
I.5.2.) Die Generation der politischen Jugend
I.5.3.) Die Skeptische Generation
I.5.3.1.) Die Skeptische Generation und die Familie
I.5.3.2.) Die Skeptische Generation und die Berufswelt
I.5.3.2.) Die Skeptische Generation und die sozialen Mächte
II.) Kritik an Schelskys „Skeptischer Generation“
II.1.) Zum Begriff der Generation
II.2.) Zur Repräsentativität der empirischen Befunde
II.3.) Zur Betonung der epochalen Sozialstruktur

Schluss: Würdigung

Literaturverzeichnis

Einleitung:

Helmut Schelksy (1912 – 1984) studierte in Königsberg und Leipzig Germanistik, Soziologie , Philosophie und Geschichte. Nach seiner Habilitation in Königsberg 1939, lehrte er als Professor für Soziologie an verschiedenen deutschen Hochschulen (Münster,Hamburg)

Für Schelskys wissenschaftlichen Wirken ist es kennzeichnend, dass er sich aktuellen sozialen Problemen zuwandte und diese soziologisch so analysierte, dass sie eine breite Öffentlichkeit erreichten (Wandlungen der deutschen Familie in der Gegenwart 1953, Ortsbestimmung der deutschen Soziologie 1959,etc.).

Sein wohl bekanntestes Werk ist die „Skeptische Generation“ (1957), in dem Helmut Schelsky eine soziologische Analyse der Deutschen Nachkriegsjugend zwischen 1945 und 1955 vorlegt. Trotz einer breiten empirischen Basis wird Schelskys Ansatz als phänomenologische Analyse angesehen (vgl. Schäfers in: Baier,1986,S.61). Dieser Ansatz geht davon aus, dass die soziale Realität bereits vorstrukturiert wahrgenommen wird. Die phänomenologische Analyse versucht nun, diese soziale Wirklichkeit anhand ihrer Einzelerscheinungen/ Phänomene zu erfassen und zu analysieren. So versucht Schelsky in der „Skeptischen Generation“ anhand von Einzelphänomenen jugendlicher Verhaltensweisen eine komplexe Verhaltensgestalt der deutschen Nachkriegsjugend herauszuarbeiten.

Schelskys jugendsoziologisches Werk hat sowohl bei Kollegen als auch bei der Öffentlichkeit reges Interesse hervorgerufen. Im Folgenden möchte ich nun seine Theorie der Jugend näher darstellen, und im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit werde ich versuchen, die wesentlichen Kritikpunkte an Schelskys Analyse herauszuarbeiten.

Hauptteil

I.) Schelskys Theorie der Jugend

I.1.) Definition der Jugend

Zu Beginn einer Darstellung von Helmut Schelskys Jugendtheorie erscheint es mir notwendig, zunächst darzulegen, welche Jugenddefinition dieser Theorie zu Grunde liegt.

Aus soziologischer Sicht ist für Schelsky die Jugendphase „eine Übergangsphase von der eigenständiger gebliebenen sozialen Rolle des Kindes und der heute weitgehend als sozial generell und endgültig gedachten Rolle des Erwachsenen (…)“ (Schelsky,1960,S.18).

Der Begriff ´soziale Rolle´ umfasst in diesem Zusammenhang all diejenigen Verhaltensweisen und Einstellungen, die das soziale Umfeld und die Gesellschaft den ihnen zugehörigen Menschen zuweisen, und nicht –wie Schelsky betont- festgelegte Eigenschaften oder „leibliche und seelische Charakteristika des Menschen (…)“ (Schelsky, 1960,S.16).

An Träger sozialer Rollen werden demzufolge bestimmte Erwartungen seitens der sozialen Umwelt gestellt. Im Gegenzug dazu zeigt diese soziale Umwelt wiederum bestimmte Verhaltensweisen bezüglich der jeweiligen sozialen Rolle. So wird beispielsweise von der sozialen Rolle des Kindes erwartet, sich in die Gemeinschaft der Familie einzufügen; die Eltern ihrerseits reagieren auf diese Rolle des Kindes, indem sie ihm Schutz und Fürsorge angedeihen lassen.

Auffällig ist bei oben angeführter Definition, dass Helmut Schelsky die Jugend tatsächlich nur als Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsenenstatus ansieht, die sozial keine eigene Bedeutung hat.. Sie ist für ihn, bezogen auf die Gesellschaft, eine Phase „normativer Unselbständigkeit“ (Schelsky,1960,S.18).

Aus Dieser Definition der Jugend geht klar hervor, dass Schelsky der Jugend aus soziologischer Sicht lediglich den Status einer Zwischenphase zwischen dem Austritt aus dem sozialen Umfeld der Familie und dem Eintritt in das Sozialgefüge Gesellschaft zugesteht. Er leugnet zwar nicht, dass eigenständige jugendliche Verhaltensweisen existieren, diese betrachtet er jedoch nicht als allgemeingültig, sondern für die von ihm analysierte Jugend lediglich als „geschichtliche Restbestände“ (Schelsky,1960,S.19), die der sozialen Realität nicht mehr angemessen sind.

I.2.) Jugendsoziologischer Ansatz

Wie geht Helmut Schelsky nun vor bei der Analyse der Jugend? Er wählt hierzu einen jugendsoziologischen Ansatz. Dieser fragt – anders als der beispielsweise von Karl Mannheim vertretende gesamtgesellschaftliche Ansatz – nicht danach, was die Jugend für eine Gesellschaft leistet, sondern danach, was die Gesellschaft für die Jugend bedeutet

Der jugendsoziologische Ansatz betrachtet die Jugend also zunächst als unabhängigen Forschungsgegenstand, dessen soziale Besonderheiten es zu erforschen gilt. Da es sich jedoch um eine soziologische Vorgehensweise handelt, kann die Jugend nicht als sozial unabhängiger und aus der Gesellschaft herausgelöster Zustand begriffen werden, sondern es ist danach zu fragen, wie die soziale Umwelt die Jugendphase beeinflusst und bedingt. Der jugendsoziologische Ansatz Schelskys betrachtet demnach „soziale Zusammenhänge und Tatsachen als determinierende Faktoren des Jugendverhaltens (…) (Schelsky,1960, S.27).

I.3.) Determinierende soziale Faktoren

Der nun folgende Punkt widmet sich den sozialen Faktoren, die den Übertritt in neue soziale Rollen für den Jugendlichen wesentlich bestimmen. Schelsky nennt hierbei drei hauptsächliche Faktoren: Die sozialen Grundgebilde, die epochale Sozialstruktur und die zeitgeschichtlich-politische Situation.

I.3.1.) Die sozialen Grundgebilde

Unter sozialen Grundgebilden sind hier alle sozialen Faktoren zu verstehen, die weitgehend unabhängig von der historischen Situation und der Gesellschaftsverfassung die Stellung des Jugendlichen in der sozialen Wirklichkeit beeinflussen. Für Helmut Schelsky zählen zu diesen Grundgebilden die Familie, das Vorhandensein verschiedener Geschlechterrollen, öffentlicher Ordnung und gesellschaftlich geregelter Herrschaftsverhältnisse. All diesen Faktoren ist der Jugendliche im Übergang vom Kind zum Erwachsenen ausgesetzt und zwar in jedem historischen Kontext und jeder Gesellschaftsordnung. Allein die Art und Weise, wie dieser Übergang in verschiedenen Gesellschaften sozial ermöglicht wird, ist unterschiedlich; Schelsky nennt hier beispielsweise die „Initiationsriten, Mutproben und Reifungszeremonien der Naturvölker(…)“ (Schelsky,1960,S.22). Die sozialen Grundgebilde jedoch stellen zeitlos die Basis aller die Jugend gesellschaftlich beeinflussender und bestimmender Faktoren dar.

I.3.2.) Die epochale Sozialstruktur

Eine weitere Ebene, auf der jugendliche Rollen von der Gesellschaft mitbedingt werden, ist die der epochalen Sozialstruktur. Dieser Begriff ist weit zeitgebundener als die oben angeführten sozialen Grundgebilde und meint die jeweilige Gesellschaftsverfassung, in der sich die Jugend, i.e. der Übergang von der Kindheit zur Erwachsenenrolle vollzieht. Die epochale Sozialstruktur hat wesentlichen Einfluss darauf, wie sich die Jugendphase vollzieht, da jede Gesellschaftsverfassung unterschiedliche soziale Ansprüche an die Jugend stellt. Die von Helmut Schelsky analysierte Skeptische Generation wird von der epochalen Sozialstruktur der industriellen Gesellschaft beeinflusst, die an die Übernahme und Träger sozialer Rollen andere, und weitaus komplexere Anforderungen stellt, als beispielsweise die vorindustrielle Agrargesellschaft

I.3.3.) Die zeitgeschichtlich.politische Situation

Eine dritte Gruppe Einflussfaktoren sind die zeitgeschichtlich-politischen Ereignisse in einer Gesellschaft. Diese ist von den Genannten die am Zeitverhaftetsten, da hier die Verhaltensgestalt der Jugend von aktuellen, sich möglicherweise rasch wandelnden Ereignissen geprägt wird.

Für die Nachkriegsjugend nennt Schelsky wesentliche verhaltensformierende Faktoren, wie zum Beispiel „den verlorenen Krieg, den Zusammenbruch eines totalitären politischen Herrschafts- und Führungssystems, (…), das politische Desinteresse, die materiellen Zerstörungen des Krieges, die Hungerjahre der unmittelbaren Nachkriegszeit und den schnellen Wiederaufbau der Wirtschaft (…)“ (Schelsky,1960,S.24).

Schelsky betont, dass alle drei Faktorengruppen einen wichtigen Einfluss auf die Verhaltensgestalt der deutschen Jugend haben; jedoch betrachtet er die Einwirkungen der epochalen Sozialstruktur als am Wichtigsten für die Analyse der Skeptischen Generation. Dies sieht er darin begründet, dass die Nachkriegsgesellschaft sich selbst noch in der Phase des Überganges zwischen zwei Sozialstrukturen – der vorindustriellen und der industriellen Gesellschaft – befindet und somit den Jugendlichen verschiedene neue Aufgaben der Verhaltensformierung und –anpassung auferlegt. (vgl. Schelsky,1960.S.36).

I.4.) Jugend als Übergang zwischen zwei sozialen Verhaltenshorizonten

Wie bereits weiter oben angeführt, liegt Helmut Schelskys Theorie der Jugend die Überzeugung zu Grunde, dass die Jugendphase ein Übergangsstadium zwischen zwei sozialen Rollen – der des Kindes und der des Erwachsenen – ist. Welcher Art sind nun die Bedingungen, die diesen Übergang in der modernen Gesellschaft so schwierig gestalten?

Die größte Schwierigkeit sieht Schelsky darin, dass die primäre familiäre Sozialisation (Er verwendet diesen Begriff jedoch nicht) in der modernen Gesellschaft nicht mehr ausreicht, um den jungen Menschen adäquat auf die komplexen sozialen Rollen der ausserfamiliären Umwelt vorzubereiten.

Um dies zu verdeutlichen, zeichnet Schelsky zum Vergleich das Bild der vorindustriellen Gesellschaft, in der „Arbeitswelt, Öffentlichkeit und Staatlichkeit (…) familienkonform“ (Schelsky,1960,S.35) waren. Dies bedeutet nun für den jungen Menschen, dass das verhalten, welches er in der Familie gelernt hatte, auch für das Bestehen in der Gesellschaft angemessen und ausreichend war. Das öffentliche Leben war in der vorindustriellen Gesellschaft auf gleiche Weise strukturiert wie das der Familie, so dass sich für den Jugendlichen beim Austritt aus der Kindheitsrolle keine grundsätzlichen Schwierigkeiten ergaben, da sich dieser Übergang im gleichen sozialen Strukturhorizont vollzog (vgl.Schelsky, 1960,S.35).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Skeptische Generation - Helmut Schelskys Theorie der Jugend
Hochschule
Universität Augsburg  (Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Kinder- und Jugendkulturen in ethnographischer Perspektive
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V45381
ISBN (eBook)
9783638427982
ISBN (Buch)
9783638779081
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Skeptische, Generation, Helmut, Schelskys, Theorie, Jugend, Kinder-, Jugendkulturen, Perspektive
Arbeit zitieren
Katja Kuhn (Autor:in), 2003, Die Skeptische Generation - Helmut Schelskys Theorie der Jugend, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45381

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