Heinesche Ironie. Heinrich Heine und der Vormärz


Hausarbeit, 2018

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1 Heine und der Vormärz - Eine Einordnung
1.1.1 Heine und die Romantik
1.2 Fragestellung
1.3 Ironie
1.3.1. Definition
1.3.2 Ironie bei Heine
1.3.3 Abgrenzung zu anderen Stilmittel - Komik, Satire, Parodie?

2.Ironie innerhalb der Zeitgedichte
2.1 Die Tendenz (1844)

3.Ironisches Zerrbild der Romantik
3.1 Mein Herz, mein Herz ist traurig (1827)

4. Abschluss und Reflexion

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Heine und der Vormärz - Eine Einordnung

Mit dem Wiener Kongress 1814 und der Gründung des Deutschen Bundes 1815 begann die Epoche, die nachträglich Vormärz genannt wurde. Vormärz deshalb, weil die gescheiterte Märzrevolution 1848 das Ende der Epoche markierte.1 Die politische Situation dieser Zeit hat einen großen Einfluss auf die Literatur. Es kommt zu einer Politisierungswelle, die gegenwärtige Zustände anklagt, kritisiert und verarbeitet. Neben sozialen Themen, wie der Ständegesellschaft und der Armut nach einem raschen Bevölkerungswachstums nach Kriegsende, spielt auch die Frage nach der Nation eine große Rolle.2 Die Vertreter der Epoche fordern ein geeinigtes Deutschland. Zu den Vertretern zählen überwiegend junge Akademiker, die mit ihren revolutionären Gedanken die Wut der konservativen Machthabern auf sich ziehen. Dies äußert sich 1819 durch die Karlsbader Beschlüsse, welche unteranderem die Vorzensur beinhalteten.

Heinrich Heine zählt sowohl zu den Vertretern, als auch den Kritikern der Politisierung jener Epoche. Die politische Dichtung, die negativ auch Tendenzliteratur genannt wird, ist ihm zuwider, da sie, wie der Name schon verdeutlich durch ihre Parteilichkeit geleitet, zwanghaft als Literatur Einfluss nehmen will. Dies äußert sich auch in seinen Werken, in denen er die Erscheinungen seiner Zeit teilweise auch ironisch verarbeitet. Nicht selten nimmt er dabei Bezug auf seine Zeitgenossen. Dabei spielen sowohl die anderen Vormärzvertreter, als auch Literaten aus dem Biedermeier, welches den Gegensatz zum Vormärz darstellt, eine Rolle.

Die unsichere Situation führte die Autoren des Biedermeier weg von der Politik und zurück ins Private.3

1.1.1 Heine und die Romantik

Heine bezeichnete sich selbst als entlaufener Romantiker. Einerseits charakterisiert er in seiner ״Romantischen Schule“ (1836) die Romantik als Restitution des Mittelalters4 und kritisiert die verklärte Darstellung, andererseits räumt er zeitgleich seine eigenen romantischen Züge ein. Er kennt und nutzt die Stilmittel der Romantik, meist jedoch mit ironischem Unterton. Genaueres dazu folgt unter dem Punkt 3.1., bei dem ein romantisches Gedicht Heines in Bezug auf vorhandene Ironie detaillierter Betrachtet wird. Trotz seinem ambivalenten Verhältnis zu dieser Epoche wird Heine als Spätromantiker angesehen, aber mit der Funktion eines Schlusssteins.5

1.2 Fragestellung

Heines Werke wirken auf die meisten Leser belustigend und mitunter sehr scharfzüngig. Charakteristisch für seine Texte ist die Ironie, die unterschiedliche Intentionen verfolgt. Meine Arbeit setzt sich mit dieser Thematik auseinander und versucht, nach einer Erläuterungen der Funktionen der Heineschen Ironie, zu erklären, wie sich diese in ausgewählten lyrischen Texten Heines zeigen.

1.3 Ironie

1.3.1. Definition

Ironie beschreibt den imeigentlichen Sprachgebrauch, bei dem das Gemeinte durch sein Gegenteil ausgedrückt wird.6 Es liegt also eine Differenz zwischen dem Gesagten, und dem Gemeinten vor. Etymologisch geht Ironie auf das griechische eironia (Verstellung betrügerischer Art) zurück, welches abgeleitet ist von griech. eiron (Schalk).7

In der Linguistik wird Ironie als uneigentlicher Sprechakt verstanden, da das Geäußerte nicht der Bedeutung des Gemeinten entspricht.8 Wichtig für das ironische Sprechen ist hierbei, dass diese Differenz erkannt, und ein wörtliches Verständnis vermieden werden soll. Das Signal der Ironie ist meist der Kontext. Sollte dieser nicht ausreichen, nutzt der Sprecher andere Ironiesignale, zu denen sowohl sprachliche als auch parasprachliche Mittel dienen, wie Z.B. die Mimik und Gestik.9

Die Rhetorik unterscheidet die Ironie als Wort- und Gedankentropus.10 Es unterteil Ironie außerdem in vier Hauptversionen. Eine ist durch Lob zu tadeln, bzw. durch Tadel zu loben.

Aristoteles sieht darin das eigentliches Wesen der rhetorischen Ironie.11 Eine weiter ist, das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint. Die Dritte ist, etwas anderes sagen, als man meint. Da es bei diesen beiden Versionen nicht immer klare Grenzen gibt, spricht man hier auch vom ironisches Spielraum.12 Die letzte Version ist Spotten, Sich Lustigmachen.

Des Weiteren lässt sich Ironie nach Quintilian in drei Kategorien einteilen. Erstens: Ironie als reine Stilfigur, also so wie sie die Rhetorik bezeichnet, als Trope. Zweitens: Ironie als eine in sich geschlossene Rede, deren Stil und Ton tatsächlichen Sachverhalten widersprechen, also als Schema, und drittens: Ironie als Lebenseinstellung eines Menschen.13 In die dritte Kategorie würde, so Quintilian, Sokrates gehören, da er sein Leben lang ein Ironiker war. Seit dem 18. Jahrhundert auch ״existenzielle Ironie“ (ironia vitae) genannt, prägte diese das gesamte Leben eines Menschen in Bezug auf sein Reden, Denken und Handeln.14

1.3.2 Ironie bei Heine

Obwohl die sogenannte Heinesche Ironie viel zitiert wurde und wird, gibt es Schwierigkeiten hinsichtlich der Begriffserklärung und Abgrenzung zur romantischen Ironie. Zur Zeit Heines hat der Ironiebegriff eine Erweiterung erfahren, die dazu führte, dass es kein einheitliches Ironieverständnis gab, weder unter Literaten, noch unter Literaturwissenschaftler.15 Ironie war nach der Romantik nur noch ein ״Modewort“ und war eher negativ behaftet, was zur Folge hatte, dass Heine später oft als Humorist bezeichnet wurde, und nicht als Ironiker, um ihn vor Kritik zu schützen.16 Die Heinesche Ironie kann als reine Trope, also als Stilmittel oder als Wesenszug verstanden werden. Im Vordergrund Stehen deshalb eher die Motivationen und Funktionen dieser Ironie, auf die im Folgendem eingegangen wird.17

Ein allgemeines Problem stellte bei der Heinesche Ironie die Beziehung zur Romantischen Ironie dar. Während man sie früher noch oft miteinander verknüpft hat, ist die Unterschiedlichkeit heute unumstritten. Während die romantische Ironie nach Schlegel ein philosophisches Prinzip18 ist, steht bei der Heineschen Ironie die kritisch-künstlerische Bewältigung der Wirklichkeit im Mittelpunkt. Sie hat einen rhetorischen Charakter und ist zielgerichtet auf das Publikum, weshalb sie auch praktische Ironie genannt wird.19 Damit steht sie im völligen Widerspruch zur romantischen Ironie, welche gegen jede Zweckdienlichkeit ist und sich als eine zur Philosophie erhobene Poesie20 versteht. Heines Ironie erfüllt einen Zweck, sie ist engagiert und verfolgt verschiedenste Intentionen.

Zum einen hat sie eine desillusionerende Funktion. Durch einen Stimmungsbruch, der anhand ״der Tendenz“ weiter unten genauer behandelt wird, schafft Heines durch die Ironie ein befreiendes Moment.21 Durch die Zerstörung der Illusion, wird die allgemeine Zerrissenheit der Gegenwart deutlich gemacht, welche Ergebnis der politischen, sozialen und ideologischen Prozesse der Zeit Heines ist.22

Eine weiter Funktion ist die der Relativierung, die bei Heine immer zeitgleich mit der Ironie erfolgt. Sie dient als Distanzierungsmittel. Einerseits relativiert er dadurch seine Haltung zum Leser, andererseits die Haltung zu seiner eigenen Position.23 Seine Ironie dient ihm als Gegenbewegung zur leserorientierten Haltung. Heine reflektier die Publikumserwarten sowohl inhaltlich, als auch formal bildet durch Ironie eine Schranke, die sich gegen diese richtet.24 Er weigert sich also, den Erwartungen zu entsprechen, indem er nicht die gewünschte Autoren-Antwort gibt.

Obwohl Heine den Lesererwartungen nicht entsprechen will, sind seine Werke immer an ein bestimmtes Publikum adressiert. Dies wird deutlich mit Blick auf die politische Funktion der Ironie. Heine setzt sich über die Ironie mit den gesellschaftlichen Zuständen auseinander und ironisiert bestimmte Phänomene, die für das Publikum erkennbar sein müssen.25 Der Leserbezug ist hier das entscheidende, da zum Erkennen der Ironie verständliche Signale gesetzt werden müssen. Diese Signale sind, wie schon erwähnt, nur für eine bestimmte Leserschaft erkennbar, was an einem der Hauptwesenszüge der Ironie bei Heine liegt. Sie besitzt eine Tendenz zur Isolation.26 Die Ironisierung soll nicht von jedem verstanden werden, sie erhebt somit einen intellektuellen Anspruch, oder um Heine zu zitieren, wird sie nur von dem erkannt, ״der sich aufs Sehen versteht“.27

Eine fundamentale Funktion der Ironie Heines ist des Weiteren, dass er durch das ironische Sprechen die politische Zensur überwinden kann. Dieses Element ist prägend für das Junge Deutschland.28

Wie in der allgemeinen Definition schon erwähnt, ist eine der vier Versionen der Ironie das Sich lustig machen. Diese Version ist ebenfalls eine Funktion der Heineschen Ironie. Gemeint ist damit, das Lacher li ch-Machen von Phänomenen, die für die politisch-gesellschaftliche Öffentlichkeit von Relevanz sind.29 Heine wählt also nicht willkürlich, welche Phänomene er der Lächerlichkeit preisgeben will, sondern entscheidet bedacht, welche Themen, Personen oder Objekte von Belangen sind für das Publikum. Dieses ist beim Lächerlich-Machen der wichtigste Faktor, da die Lächerlichkeit erst entstehen kann, wenn die Ironiesignale erkannt werden.30 In den Texten wird in keiner Weise lächerlich über etwas gesprochen. Es wird vorausgesetzt, dass die Adressaten denselben Wissenshorizont besitzen und vertraut sind mit den Wertvorstellungen des Autors. Nur so wird der Prozess abgeschlossen. Heines Intention dahinter ist, anders als bei der romantischen Ironie, nicht das ״Ewige Lächerliche“ aufdecken31, also zu philosophieren über die Gegebenheiten der Welt, sondern etwas der Lächerlichkeit preisgeben, als Form von Kritik. Das Lächerlich-Machen soll bei Heine keine Erheiterung herbeiführen, er will das Publikum nicht nur zum Lachen bringen, er will eine intellektuelle Einsicht einleiten. Die Publikumserwartung entspricht nicht der späteren Reaktion, da das Sichtbarwerden der Lächerlichkeit zur einer Erkenntnis der Fragwürdigkeit der kritisierten Umstände führt.32

1.3.3 Abgrenzung zu anderen Stilmittel - Komik, Satire, Parodie?

[...]


1 Vgl. Eke (2005)

2 Vgl. Ebd.

3 Vgl. Ebd.

4 Vgl. Kremer (2007)

5 Vgl. Schmitz-Emans (2009)

6 Vgl. Braungart; Grubmüller; Müller; Vollhardt; Weimar(2000)

7 Vgl. Ebd.

8 Vgl. Brunner (1997)

9 Vgl. Ebd.

10 Vgl. Ebd.

11 Vgl. Hass; Mohrlüder (1973)

12 Vgl. Lehmann (1976)

13 Vgl. Hass; Mohrlüder (1973)

14 Vgl. Braungart; Grubmüller; Müller; Vollhardt; Weimar(2000)

15 Vlg. Lehmann (1976)

16 Vgl. Ebd.

17 Vgl. Ebd.

18 Vgl. Brunner (1997)

19 Vgl. Lehmann (1976)

20 Vgl. Braungart; Grubmüller; Müller; Vollhardt; Weimar(2000)

21 Vgl. Lehmann (1976)

22 Vgl. Ebd.

23 Vgl. Ebd.

24 Vgl. Ebd.

25 Vgl. Ebd.

26 Vgl. Ebd.

27 Vgl. Ebd.

28 Vgl. Ebd.

29 Vgl. Ebd.

30 Vgl. Ebd.

31 Vgl. Ebd.

32 Vgl. Ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Heinesche Ironie. Heinrich Heine und der Vormärz
Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung)  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
18
Katalognummer
V452591
ISBN (eBook)
9783668851382
ISBN (Buch)
9783668851399
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich Heine, Vormärz, Ironie, Junges Deutschland
Arbeit zitieren
Elisa Ripke (Autor:in), 2018, Heinesche Ironie. Heinrich Heine und der Vormärz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/452591

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