Das Währungstransaktionsrisiko in international agierenden Unternehmen. Leitfaden für Finanzen, Treasury und Controlling


Fachbuch, 2018

193 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung
1.1 Fragestellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

Teil I. Risiken im Währungsumfeld und Notwendigkeit derer Behandlung

2 Grundlagen: Welthandel, Währungen
2.1 Entwicklung des Welthandels, und Partizipation der Deutschen Unternehmen
2.2 Wechselkurssysteme
2.3 Devisenmarkt und Entwicklung der Währungskurse im Free Floating System

3 Notwendigkeit eines Systems zum Management der Währungsrisiken
3.1 Sicherheit, Risiken, Chancen
3.2 Exogene und Endogene Risiken, die aus der Unsicherheit der zukünftigen Wechselkurse und deren Missmanagement entstehen
3.3 Fallbeispiel 1
3.4 Fallbeispiel 2
3.5 Warum ein System?
3.6 Gesetzliche Vorschriften

Teil II. System des Währungstransaktionsrisikomanagements, Prozesse und Instrumente

4 System des Währungstransaktionsrisikomanagements
4.1 Entwicklungsstufen des Risikomanagements nach Gleißner
4.2 Anforderungen an Risikomanagement
4.3 ISO 31000 als Basiskonzept
4.4 System und Prozesse des Währungstransaktionsrisikomanagements

5 Beurteilung des Risikos: Risikoidentifikation
5.1 Währungsrisiko
5.2 Exposure
5.3 Transaktionsexposure und Contractual Exposure

6 Risikobeurteilung: Analyse durch Modellierung der Wechselkursentwicklung
6.1 Fundamentale Prognoseverfahren: Volkswirtschaftliche Modelle – Internationale Paritätsbeziehungen
6.1.1 Kaufkraftparität (Purchasing Power Parity)
6.1.2 Fisher Effekt
6.1.3 Internationaler Fisher Effekt
6.1.4 Zinssatzparität (Interest Rate Parity)
6.1.5 Theorie die erwartungsgemäßen Terminkurse
6.1.6 Finanzmarkttheoretische Ansätze zur Wechselkurserklärung
6.1.7 Bewertung der traditionellen Wechselkursmodelle
6.2 Rolle der Behavioral Finance in Wechselkursprognoseverfahren
6.3 Technische Prognoseverfahren
6.3.1 Technische Analyse der Forex Märkte
6.3.2 Mathematische Verfahren.
6.3.3 Bewertung der Technischen Prognoseverfahren
6.4 Künstliche Neuronale Netze (KNN)
6.5 Big Data Analyse
6.6 Anwendung der Prognoseverfahren

7 Risikobeurteilung: Analyse mithilfe der Risikomessung
7.1 Szenariotechnik
7.2 Sensitivitätsanalyse
7.3 Statistische Verfahren
7.4 Value-at-Risk
7.5 Cashflow at Risk (CFaR)
7.6 Beurteilung der Risikomessungsmethoden
7.7 Risikobewertung

8 Risikobehandlung
8.1 Risikopolitische Handlungsalternativen
8.2 Methoden und Instrumente

9 Unternehmensinterne Methoden der Risikobehandlung
9.1 Vertragliche Absicherungsinstrumente
9.2 Cash-Pooling
9.3 Netting und Matching
9.4 Leading and Lagging

10 Unternehmensexterne Methoden
10.1 Selektive Entscheidungsstrategien
10.2 Regelgebundene Entscheidungsstrategien
10.2.1 Passive Strategien
10.2.2 Aktive Strategien
10.3 Derivative Instrumente zum Hedging der Währungsrisiken
10.3.1 Forwards und Futures
10.3.2 Optionen
10.3.3 Swaps
10.4 Selektiver Einsatz der Optionen
10.5 Kritische Würdigung des Hedgings als Instrument der Risikenbehandlung

11 Management des Risikomanagements
11.1 Problemfelder
11.2 Begrenzte kognitive Fähigkeiten und begrenzte Rationalität
11.3 Rationalitätssicherung und „Agency“ Faktoren

12 Organisation und Kommunikation

Teil III. Einfluss auf Unternehmenswert

13 Unternehmenswert
13.1 Insolvenzkosten
13.2 Agency-Probleme und Managementverhalten
13.3 Investitionsplanungsentscheidungen
13.4 Empirische Befunde zu Beweggründen Hedging

14 Conclusio und Ausblick
Literaturverzeichnis
14.1 Internetquellen
14.2 Publikationen in Zeitschriften

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die 5 größten Exportländer weltweit im Jahr 2016

Abbildung 2: Langfristige Entwicklung des deutschen Außenhandels

Abbildung 3: Anteile der wichtigsten Währungen am weltweiten Handel

Abbildung 4: Exportunternehmen nach Unternehmensgröße (links) und Anzahl der Exportunternehmen nach Umsatzgröße (rechts)

Abbildung 5: Entwicklung der Wechselkurssysteme

Abbildung 6: Tägliches Handelsvolumen an der Forex nach Währungspaaren in Mrd. USD

Abbildung 7: Durchschnittliches, tgl. Handelsvolumen verschiedener Märkte in Mrd. USD

Abbildung 8: Tägliches Handelsvolumen an der Forex (in Mio.) im Jahr 2013

Abbildung 9: Langfristige Kursentwicklung EUR/USD

Abbildung 10: Kursentwicklung EUR/USD 12 Monate (Sep. 2017)

Abbildung 11: Sicherheit, Risiko und Ungewissheit

Abbildung 12: Systematisierung der endogenen und exogenen Währungsrisiken

Abbildung 13: Interne und Externe Zahlungsströme des ABC Konzerns

Abbildung 14: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen (links) und Schaden (rechts)

Abbildung 15: Die sechs Stufen des Risikomanagements

Abbildung 16: Kurssicherungsentscheidungsprozess nach Moser

Abbildung 17: Entscheidungsprozess nach Pflug und Römisch

Abbildung 18: Der Risikomanagement-Prozess in Anlehnung an ISO 31000

Abbildung 19: Komponenten des Währungsrisikos

Abbildung 20: Relative Laufzeitcharakter der Exposure

Abbildung 21: Exposure Ermittlung mit Hilfe "Währungs Legs" ABC AG

Abbildung 22: Random Walk aus zufällig generierten 1000 Zahlen

Abbildung 23: Kategorisierung von Wechselkursprognoseverfahren

Abbildung 24: Gleichgewichtsmodell der internationalen Geld- und Devisenmärkte

Abbildung 25:Disconnect und Volatility Puzzles

Abbildung 26: Logarithmierte Erträge USD-GBP im Vergleich zu Normalverteilung

Abbildung 27: EUR-USD Kursentwicklung 2014-2016

Abbildung 28: Cumulative performance of an investment strategy based on Google Trends data

Abbildung 29: GBP-EUR Kurs 2015 und Prognose zum Drei-Werte-Verfahren

Abbildung 30: Drei Punkte Verfahren ABC Konzern

Abbildung 31: 9 Szenarien ABC Konzern

Abbildung 32: Häufigkeitsverteilung (links) und Verteilungsfunktion (rechts)

Abbildung 33: Prüfung der Normalverteilungseigenschaften

Abbildung 34: Systematisierung von Risikomaßen

Abbildung 35: Risikopolitische Handlungsalternativen

Abbildung 36: Methoden der Währungsrisikobehandlung

Abbildung 37: Strategien des Managements der Währungsrisiken

Abbildung 38: Forward Hedge

Abbildung 39: Positionen in Optionsgeschäft

Abbildung 40: Währungsswap zwischen ABG AG und Trading Unlimited Ltd.

Abbildung 41: Angewandten Heuristiken

Abbildung 42: Werttreiberhierarchie

Abbildung 43: Veränderung der Marktwert-Verteilung durch Verminderung des Insolvenzrisikos

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1. Cashflow Plan XYZ GmbH

Tabelle 2: Cashflow 2015 XYZ GmbH

Tabelle 3: Cashflow 2016 XYZ GmbH

Tabelle 4: Charakterisierung der Exposurearten

Tabelle 5: Vereinfachte Sensitivitätsanalyse bezogen auf Fallbeispiel 1

Tabelle 6: Anzahl der Ausstehenden Kontrakte und Nominalwerte von börsennotierten Derivaten auf Währungen

Tabelle 7: Risikocharakteristik der Optionen

1 Einführung

International agierende Unternehmen tätigen ihre Geschäfte öfters in unterschiedlichen Währungen. Die Bewertung der auf Fremdwährung lautenden Unternehmensvermögenswerte und Zahlungsströme hängt von der Entwicklung des Wechselkurses ab. Diese Entwicklung kann positiv oder negativ vom Plan abweichen und ist wegen der hohen Volatilität mit erheblicher Unsicherheit verbunden. Das führt zu beachtlichen Risiken für die Unternehmen.

„Währungsrisiken werden im Schrifttum der Betriebswirtschaftslehre zu den bedeutsamsten Einflussfaktoren gezählt, denen international tätige Unternehmungen ausgesetzt sind.“[[1]] Diese Aussage wurde bereits vor 25 Jahren gemacht. Seitdem nahmen sowohl die Volumina des Welthandels als auch der auf dem Devisenmarkt gehandelten Währungen zu. Die Anzahl der akademischen Abhandlungen über Währungen, mit denen verbunden Risiken und deren Management ebenfalls drastisch gestiegen.[[2]] Es existieren verschiedene Instrumente und Strategien zur Identifikation, Analyse und Mitigation des Risikos, die ein international agierendes Unternehmen in Abhängigkeit von seiner Größe, Strategie, Risikoprofil, dem Grad der Integration des Risikomanagementsystems in Management- und Entscheidungsprozesse, sowie einer Reihe anderer Faktoren erfolgreich anwenden kann. In der Praxis erfolgt die Anwendung dieser oft unsystematisch, nicht selten anhand primitiver Regeln ohne Bezug zur gesamtunternehmerischen Zielsetzung oder unter dem wegweisenden Parameter der Unternehmenswertsteigerung.

1.1 Fragestellung

In Rahmen dieser Arbeit sollen drei Fragenkomplexe behandelt werden.

- Besteht für ein international agierendes Unternehmen die Notwendigkeit ein System zu errichten, das die aus der Volatilität der Wechselkurse erwachsenen Risiken managed?
- Wie kann ein umfangreiches System für Management des Währungstransaktionsrisikos konzipiert werden? Was sind die Bestandteile, die angewandten Instrumente und der Bezug zum gesamtunternehmerischen Risikoprofil und Risikomanagementkultur? Was sind die Herausforderungen für Controlling, als Teil dieses Systems, hinsichtlich der Sicherung der Rationalität der Entscheidungsfindung innerhalb des Risikomanagementsystems?
- Kann ein funktionierendes System des Währungstransaktionsrisikomanagements zu Unternehmenswertsteigerung beitragen?

1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

Der erste Teil setzt sich als Ziel das Währungsumfeld sowie die aus diesem Umfeld erwachsenen Risiken eines international agierenden Unternehmens zu erörtern und die Notwendigkeit eines Systems zu deren Behandlung zu begründen.

Einführend wird in Kapitel 2 ein kurzer statistischer Überblick über das rasante Welthandelswachstum der vergangenen Jahrzehnte geboten, dessen Volumen zwischen 1950 und 2008 um das 30-fache gestiegen ist.[[3]] Deutschland gehört zu den drei führenden Exportnationen der Welt. Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branchen partizipieren an dieser Entwicklung.

Während der USD noch die leitende Währung im Welthandel bleibt, gewinnen andere Währungen immer mehr an Bedeutung. Der Wechselkurs der Fremdwährungen bildet sich nach unterschiedlichen Prinzipien. Es können die Festkursregelungen einerseits und Free Floating Systeme andererseits identifiziert werden, sowie verschiedene Variationen dazwischen. Die Wechselkurse der großen Währungspaare wie EUR-USD, EUR-GBP und USD-YEN werden auf dem freien Devisenmarkt bestimmt. Das Handelsvolumen auf dem Devisenmarkt übertrifft bei weitem andere Finanzmarktsegmente. Kein Einzelakteur ist allein imstande, diesen Markt maßgeblich zu beeinflussen. Die Wechselkurse sind von der hohen Volatilität gezeichnet, was eine signifikante Risikoquelle für die Unternehmen darstellt[[4]].

Die Notwendigkeit die aus der Wechselkursvolatilität erwachsenen Risiken zu managen wird in Kapitel 3 erörtert. Am Anfang wird der Risikobegriff dualistisch definiert. Einerseits als Unsicherheit der zukünftigen Entwicklung und Gegenteil der Sicherheit. Andererseits als negative Planabweichung - Gefahr, und Gegenteil der positiven Planabweichung - Chance. Bamberg und Coenenberg unterscheiden zwischen drei grundsätzlichen Zuständen in Entscheidungssituationen: „Entscheidung unter Sicherheit“, „Entscheidung unter Ungewissheit“ und „Entscheidung unter Risiko.“[[5]] Auf Wechselkursrisiken bezogen existiert die „Sicherheit“ nur beim Handel in Eigenwährung. Sobald die Geschäfte in einer anderen Währung als der eigenen abgewickelt werden, werden die Entscheidungen unter Risiko getroffen, wobei eine negative oder positive Abweichung vom geplanten Wechselkurs möglich ist.

Im Rahmen dieser Arbeit wird zwischen den „exogenen“ und „endogenen“ Gefahren differenziert. Die ersteren liegen außerhalb des Einwirkungsbereiches des Unternehmens und sind ursächlich in externen Akteuren wie Finanzmärkten oder der Politik, die die Wechselkurse bewegen. Die anderen entstehen im Zuge der fehlenden oder fehlerhaften Erkennung und Behandlung ersterer durch „interne“ Akteure und sind auf das ungenügende Risikomanagement, dolose Handlungen oder mangelnde Rationalitätssicherung innerhalb der Unternehmensentscheidungsprozesse zurückzuführen. Beide Arten der Gefahren werden im Rahmen des später zu entwickelnden Risikomanagementsystems notwendigerweise mitberücksichtigt.

Als nächstes werden die Währungsrisiken systematisiert. Im Rahmen dieser Arbeit wird nur auf Währungskursrisiken eingegangen, deren Ursächlichkeit in Devisenkursänderungen liegt.

Es werden zwei konstruierte, aber praxisnahe Fallbeispiele gezeigt. Bei dem einem handelt es sich um ein mittleres Unternehmen und bei dem anderen um einen international aufgestellten Konzern. Der Diapason, der in der Praxis anzutreffenden Unternehmensgrößen, wird sich zwischen diesen beiden Extremen befinden. Das erste Fallbeispiel beschreibt die Entwicklungen der Cashflows, welche Umsatzerlöse in norwegischer Krone und Kosten in USD und Euro beinhalten. Das Risiko erwächst aus der Volatilität der Wechselkurse. Fehlende systematische Herangehensweise bei der Begegnung dieses Risikos, sporadische und nicht substantiierte Managemententscheidungen und daraus resultierende negative Entwicklungen werden bildhaft und mit Rechenbeispielen dargestellt. Im zweiten Fallbeispiel verfügt ein Konzern über zahlreiche auf Fremdwährung lautende Cashflows sowohl im externen Verhältnis als auch zwischen den Tochterunternehmen. Zwar wird die Wechselkurssicherung in der Treasury betrieben, doch dies ohne Berücksichtigung der internen Konzernstruktur, was zu unnötigen Sicherungskosten führt. Abgesehen davon fehlen ein klares System und ein Kontrollmechanismus, welches die Entscheidungen auf Rationalität überprüft. Die aufgeführten Herausforderungen sind exemplarisch für die alltägliche Praxis. Das Ziel ist es, die Notwendigkeit und die Handlungsfelder für ein strukturiertes und durch klare Regeln und Prozesse gezeichnetes System aufzuzeigen, das die aus Wechselkursvolatilität und deren Behandlung erwachsenden Risiken managed. Mit fallender Größe eines Unternehmens wird die Ressourcenverfügbarkeit und die Bereitschaft diese für einen „unproduktiven“ Bereich des Risikomanagements zur Verfügung zu stellen stetig abnehmen. Dabei laufen gerade die KMUs (Kleine und Mittlere Unternehmen) die Gefahr, ihr Risikokapital schnell aufzuzehren. Das kann bereits bei ungünstiger Entwicklung eines einzigen Risikofaktors passieren, wie z. B. bei einem vom Plan stark negativ abweichendem Wechselkurs. Aber auch die großen Unternehmen können als Folge nachteiliger Kursentwicklung erhebliche Verluste erfahren oder gar in eine Schieflage bis zur Insolvenz geraten, was einige aufgeführte Beispiele aufzeigen werden.

Anschließend wird kurz auf die existierenden gesetzlichen rahmengebenden Regelungen zum Risikomanagement eingegangen. Angefangen wird mit dem „Gesetz für Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ (KonTraG), das vom Vorstand einer AG die Aufstellung eines Überwachungssystems fordert „damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“.[[6]] Als nächstes wird das „Bilanzrechtreformgesetz“ (BilReG) behandelt, welches die regulatorischen Rahmenbedingungen weiter entwickelte, insbesondere hinsichtlich der Prognoseberichterstattung. Anschließend wurden mit dem Inkrafttreten des Bilanzrechtmodernisierungsgesetzes (BilMoG) die Aufgaben des Aufsichtsrats auch im Kontext der Überwachung des Risikomanagements konkretisiert, und das Zusammenspiel zwischen Risikomanagement, internem Kontrollsystem und Interner Revision präzisiert. Als Weiterentwicklung des KonTraGs zielt BilMoG auch auf die Überwachung der Wirksamkeit dieser drei Systeme ab. Für die kapitalmarktorientierten Unternehmen bedeutet dies die Forderung, nicht nur ein Risikofrüherkennungssystem einzurichten, sondern auch ein Risikomanagementsystem.[[7]]

Zwar nicht gesetzlich verankert, aber von großem praktischem Belang sind für ein Unternehmen die Prüfungsstandards des Institutes der Wirtschaftsprüfer. Laut dem Prüfungsstandard 340 gehören zu den wichtigsten Anforderungen an das Früherkennungssystem: 1. Festlegung der Risikofelder; 2. Risikoerkennung und Risikoanalyse; 3. Risikokommunikation; 4. Zuordnung der Verantwortlichkeiten und Aufgaben; 5. Einrichtung eines Überwachungssystems; 6. Dokumentation getroffener Maßnahmen.[[8]] Diese Anforderungen sind von einem Unternehmen bei der Errichtung eines Risikomanagementsystems zu beachten.

Die Entwicklung eines Systems zum Management der aus Wechselkursvolatilität entstehenden Währungstransaktionsrisiken wird im zweiten Teil durchgeführt.

Kapitel 4 fängt an mit einer Diskussion der Entwicklungsstufen für das Risikomanagementverständnis nach Gleißner. Es wurden vom Autor sechs Entwicklungsstufen des Risikomanagements identifiziert: 1. Kein Risikomanagement; 2. Schadensmanagement; 3. Regulatorisches Risikomanagement; 4. Ökonomisches Risikomanagement; 5. Integriertes wertorientiertes Risikomanagement; 6. Embedded Risikomanagement. Es wird auf jede Stufe einzeln eingegangen und grundsätzlich für das Begreifen des Risikomanagements als gesamtunternehmerischen Prozess plädiert, besser noch als embeddedes System mit einer klaren Zielsetzung der Unternehmenswertsteigerung. Die Anforderungen an ein „State-of-the-Art“ Risikomanagement laut Diederichs sind u. A. Ausrichtung an unternehmerischen Strategien und Zielen, Integration in die unternehmerischen Abläufe, Flexibilität, Kontinuität und Systematik, Ganzheitlichkeit und Wirtschaftlichkeit.[[9]] Hinsichtlich des Währungsrisikomanagements muss dieses ebenfalls aus der übergeordneten Finanzpolitik abgeleitet werden. In Abhängigkeit davon auf welcher Entwicklungsstufe sich das Risikomanagementverständnis eines Unternehmens befindet, werden Risikophilosophie, Risikoprofil, Risikopolitik, Systeme, Strukturen, Prozesse und deren Instrumente im Einzelnen definiert.

Die konkrete Blaupause für das Währungstransaktionsrisikosystem bildet die international akzeptierte Norm ISO 31000. Unter anderem enthält diese die Definitionen, Grundsätze (Principles) und den organisatorischen Rahmen (Framework) des Risikomanagements sowie die Grundstruktur eines Risikomanagementprozesses. ISO 31000 versteht sich als ein generisches Leitliniendokument, dass vielflächig zur Anwendung kommen kann und nach Baukastenprinzip als Ganzes oder für bestimmte Teile eingesetzt werden kann. Basierend darauf und ergänzt durch problemspezifische Überlegungen wird in dieser Arbeit ein System zum Management des Währungstransaktionsrisikos entwickelt. Zielsetzung, Rahmenbedingung, organisatorische Komponenten und der Prozess selbst werden vorerst allgemein erörtert. Insbesondere umfassen das System und der Prozess nicht nur die Behandlung der exogenen, sondern auch endogenen Risiken. Dieses auf dem ISO 31000 basierende und speziell zur Behandlung von Währungstransaktionsrisiken zugeschnittene System ist eins der besonderen Merkmale dieser Arbeit, das in Eigenarbeit entwickelt wurde.

Das Kernstück des Systems ist der Prozess bestehend aus der Risikobeurteilung und der Risikobehandlung. Die Risikobeurteilung teilt sich in Risikoidentifikation, Risikoanalyse (Modellierung und Messung) sowie Risikobewertung.

In Kapitel 5 werden zuerst zwei Komponenten des Währungsrisikos identifiziert: exogene – die Wechselkursschwankung, und endogene – das Exposure. Zwar haben Unternehmen keinen Einfluss auf die Volatilität des Wechselkurses, doch sie können das eigene Exposure mit unterschiedlichen Methoden managen.[[10]] Der Begriff des Währungsexposure wird in Anlehnung an Shapiro und De Filippis als unternehmerische Währungsrisikopositionen definiert, die infolge der Betroffenheit durch eine Währungsrisikokategorie zukünftige Währungsgewinne oder -verluste generieren.[[11]] Die in der Literatur weit verbreitete Klassifizierung des Währungsexposures wird vorgestellt. Translationsexposure bezieht sich auf die in Fremdwährung lautenden Aktiva oder Passiva der konsolidierten Finanzberichte wie Anteilbesitze, Bilanzen und GuV der Tochtergesellschaften oder individuelle Positionen.[[12]] Economic Exposure bezeichnet das Wettbewerbsrisiko, das aus Wechselkursschwankungen hervorgerufen wird und berücksichtigt alle vom Währungskurs betroffenen zukünftigen Cashflows und deren Barwerte.[[13]] Transaktionsexposure umfasst die bereits vertraglich zugesicherten und im Rechnungswesen erfassten auf die Fremdwährung lautenden Cashflows. Contractual Exposure erweitert diese auf die bestehenden oder in Verhandlung befindlichen Verträge und die daraus zukünftig resultierenden Cashflows, die noch nicht im Rechnungswesen erfasst sind. In dieser Arbeit wird lediglich das Management des Währungstransaktionsrisikos behandelt. Zu diesem Zweck werden Contractual und Transaktionsexposure wegen ihrer sachlichen Nähe unter dem Begriff Transaktionsexposure zusammengefasst. Beide angeführten Fallbeispiele werden erweitert, um die Grundsätze der Exposureberechnung darzustellen. Es müssen die gegenläufigen Positionen auf der anderen Bilanzseite, sowie bei anderen Konzerneinheiten berücksichtigt werden.

Die Risikoanalyse startet mit der Modellierung des Wechselkursverhaltens im Kapitel 6. Das erste Ziel ist es, zu untersuchen, ob eine Theorie existiert, die eine valide Aussage über den zukünftigen Währungskursverlauf machen kann. Ist der zukünftige Kurs der Fremdwährung überhaupt prognostizierbar? Es kann behauptet werden, dass der Devisenkurs einem zufälligen - stochastischen Prozess folgt,[[14]] dem Random-Walk, und dass „die beste Schätzung für den morgigen Kurs der heutige Kurs (ist).“[[15]]Laut der darauf basierenden von Eugene E. Fama entwickelten Effizienzmarkthypothese spiegelt der Markt alle für die Wechselkurse verfügbaren und relevanten kursbeeinflussenden Informationen wider.[[16]] Die Prognostizierung der zukünftigen Wechselkurse ist daher unmöglich. Das Kapitel der Modellierung könnte hiermit den Abschluss finden, wenn die beiden Hypothesen unangefochten akzeptiert wären. In der Tat hat, der angesehene Präsident der Royal Statistical Society Maurice Kendall bereits im Jahre 1953 die These aufstellt und mit statistischem Material belegt, dass Versuche systematische Kursbewegungen zu finden und daraus Vorteile zu ziehen, nicht erfolgreich sein werden.[[17]] Anschließend lieferte Samuelson einen „Proof that Properly Anticipated Stock Prices Fluctuate Randomly.“[[18]] Allerdings mit der Zeit stifteten immer mehr Untersuchungen Zweifel an der unbegrenzten Gültigkeit dieser Ansicht. Zum Beispiel weist der Devisenmarkt gegenüber einer Normalverteilung mehr Extremereignisse, abrupte Wechsel und Diskontinuitäten auf.[[19]] Auch tritt auf dem Devisenmarkt ein sog. „Josef-Effekt“ auf, wobei sich beim Kursverlauf Phasen starker und schwacher Abweichungen (Volatilitätscluster) abwechseln.[[20]] Demnach ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer turbulenten Phase nach einer vorangegangen turbulenten Phase höher als nach einem ruhigen Handelstag.[[21]] All das spricht für ein Gedächtnis des Marktes und eröffnet eine Möglichkeit die Kurse zu prognostizieren.

Die fundamentalen Prognoseverfahren, zu denen die Theorien der internationalen Paritätsbeziehungen und die monetären und Keynesianischen Ansätze gehören, basieren auf den Annahmen des vollkommenen Markts und des Verhaltensmodells des Homo Oeconomicus. Die Theorien der internationalen Paritätsbeziehungen stellen sich die Frage, welche Relationen auf dem vollkommenen Kapital-, Devisen- und (sonstigen) Gütermärkten zwischen Kassa- und Terminwechselkursen sowie nationalen Preisniveaus und Zinsätzen bestehen.[[22]] Die Grundaussage der Kaufkraftparität (PPP) ist, dass sich die Wechselkurse anpassen, um die Änderungen der Preisniveauunterschiede zwischen zweier Länder zu reflektieren.[[23]] Daraus folgt, dass die Veränderung des Wechselkurses der Differenz der Inflationsraten gleich sei. Der Fisher Effekt (FE) besagt, dass der Nominalzinssatz aus zwei Komponenten besteht, der realen Rendite und der antizipierten Inflationsrate.[[24]] Der Internationale Fisher Effekt (IFE) folgt aus PPP und FE. PPP besagt einerseits, dass sich die Währungskurse ändern, um das Inflationsniveau auszugleichen. So führt z.B. der Anstieg der US-Inflation zur Abwertung des US-Dollars. Andererseits wird diese Abwertung laut FE beim Anstieg der US-Zinsen gegenüber dem ausländischen Zins antizipiert. IFE kombiniert beide Aussagen. Laut diesem wird die erwartete Veränderung des Wechselkurses der Differenz der Zinsen gleich. Die Zinsparitätstheorie oder Interest Rate Parity (IRP), die auf John Maynard Keynes zurückgeht, besagt, dass sich der Devisentermin- und der Devisenkassakurs sich ungefähr so unterscheiden, wie sich die Zinssätze zweier Länder unterscheiden. Die Theorie der erwartungsgemäßen Terminkurse (Unbiased-Forward-Rate-Theory, UFR) geht davon aus, dass der heutige Terminkurs dem zukünftigen Kassakurs gleich sei.

Empirische Untersuchungen liefern keine eindeutigen Belege für die Gültigkeit dieser Theorien. Die Annahme des vollkommenen Marktes ist widerlegt, was die Anpassung der Modelle oder gar den Verzicht darauf erfordert. Auch neuere Modelle wie das Dornbusch Modell haben sich empirisch nur schwach bewahrheitet.[[25]] Ihre Gültigkeit behalten die genannten Theorien bis heute unter anderem auch wegen Fehlens einer besseren. Für kurz- und mittelfristige Wechselkursprognosen, die für das Währungstransaktionsrisiko maßgeblich sind, werden die fundamentalen Verfahren nur bedingt nützlich sein, können aber Hinweise auf langfristige Trends liefern.

Die Annahme rational handelnde Akteure bietet zwar elegante Modellösungen an, doch die empirische Evidenz zeigt eine Reihe von Abweichungen, welche die „Rationalität“ nicht unbedingt erklären kann.[[26]] Die Betrachtung des menschlichen Verhaltens auf den Devisenmärkten ist der Kern der von Praktikern beliebten technischen Verfahren. Bei der Technischen Analyse handelt es sich um das Studium von Marktbewegungen anhand von Charts, um die zukünftigen Kursbewegungen vorherzusagen.[[27]] Es geht um Findung von Trends, Muster, Unterstützungen und Widerstände. Mathematische Verfahren analysieren Zeitreihen – Folgen der Devisenkurse, die nach dem Kriterium Zeit angeordnet sind. Die akademische Forschung spricht der Technischen Analyse die Gültigkeit eher ab, während die Praxis diese sehr wohl und sehr intensiv einsetzt. In Kapitel 6 wird anhand des Fallbeispiels 1 die Anwendung kurz vorgestellt. Nicht zu verkennen ist aber die Tatsache, dass die Analyse ex post viel leichter über „sichere“ Signale sprechen kann als ex ante. Insgesamt kann bis heute keinem Prognoseverfahren ein Vorzug gegeben werden. Ein Finanzmanager sollte seine Prognose unter Berücksichtigung mehr als einer Informationsquelle erstellen und dabei die Resultate fundamentaler und technischer Verfahren einbeziehen.

Kapitel 7 setzt die Risikoanalyse mit einer Untersuchung der Risikomessungsmethoden fort.

Die durchgeführte Modellierung der zukünftigen Wechselkursentwicklung erlaubt im nächsten Schritt die Bildung verschiedener Szenarien bezogen auf das erwartete Exposure einerseits. Andererseits erlauben die betrachteten historischen Daten Aussagen über wichtige statistische Parameter, wie z. B. die Standard­abweichung oder Verteilung der Wechselkursrenditen. Diese werden eine große Rolle bei der Berechnung der Risikomesszahlen spielen.

In der Praxis der Risikoanalyse sind Szenarioanalysen ein beliebtes Werkzeug, weil diese im Vergleich zu statistischen Analysen relativ schnell und einfach durchzuführen sind. Das vorgestellte Drei-Werte-Verfahren enthält einen optimistischen, einen pessimistischen und einen normalen Wert. Der erwartete Wert bildet den „Normalfall“. Dieser kann vom Anwender subjektiv empfundene oder auf Erfahrung basierende Wahrscheinlichkeit darstellen. Der „Best Case“ geht vom optimistischen und der „Worst Case“ vom pessimistischen Wert aus.[[28]] Anhand des Fallbeispiels 1 wird rechnerisch vorgestellt, wie die Anwendung dieses Verfahrens funktionieren kann, und wie sich die Genauigkeit durch Erhöhung der Anzahl der Szenarien verbessern lässt. Mithilfe der Sensitivitätsanalyse kann anhand des rechnerischen Fallbeispiels 1 untersucht werden, wie stark die verschiedenen Parameter wie der Umsatz, Materialkosten oder EBIT auf die Veränderungen der Wechselkurse reagieren.

Verschiedene statistische Verfahren spielen bei der Risikomessung eine herausragende Rolle. Es wird hinsichtlich der relativen Marktpreisveränderungen oft davon ausgegangen, dass diese annähernd normalverteilt sind und sich durch den Erwartungswert μ und die Standardabweichung σ beschreiben lassen. Jedoch weist die empirische Verteilung im Vergleich zur perfekten Normalverteilung einige Abweichungen auf. Sie ist z. B. linksschief, was auf die häufig vorkommenden positiven Veränderung laut Hager verweist.[[29]] Die für die Wechselkurse inhärenten Verteilungen sind außerdem leptokurtisch, d. h. sie besitzen sogenannte „Fat Tails“ mit mehr Wahrscheinlichkeitsmaß in den Flanken als bei einer Normalverteilung.[[30]] Diese Erkenntnisse sind bei der Bildung der Risikomaße zu beachten, die der Quantifizierung von unsicheren Positionen dienen.

Value at Risk (VaR) ist definiert als der geschätzte maximale Wertverlust einer Vermögensposition in Geldeinheiten, der unter den üblichen Marktbedingungen innerhalb einer bestimmten Periode mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (Konfidenzintervall) nicht überschritten wird.[[31]] Zur Berechnung des VaR werden wahlweise drei Methoden angewandt: entweder der analytische Varianz-Kovarianz-Ansatz oder die Simulationsansätze wie die Monte-Carlo-Simulation und die Historische Simulation. VaR wird an einem kleinen Rechenbeispiel verständlich gemacht und alle drei Berechnungsmethoden werden beschrieben. Während der VaR für die Anwendung auf statische Vermögenspositionen gut geeignet ist, stößt diese Risikomesszahl auf gewisse Grenzen bei den Industrieunternehmen, die mehr in Stromgrößen denken. Hager spricht in diesem Zusammenhang von zwei verschiedenen Arten des Exposures: Value und Cashflow Exposure.[[32]] Value Exposure bezieht sich auf Bestandsgrößen wie Bankguthaben und sichere Cashflows. Die Cashflow Exposure repräsentiert eine Stromgröße und bezieht sich auf unsichere Cashflows, die in die Risikoplanung einbezogen werden müssen. Die Anwendung des Cashflows at Risk (CFaR) Konzeptes in diesem Fall scheint geeigneter zu sein. Die Kritik an statistischen Methoden basiert nicht selten darauf, dass diese dermaßen komplex seien, dass der Anwender dazu verleitet werde, in eine kritiklose Modellgläubigkeit zu verfallen.[[33]] Eine der prinzipiellen Schwächen der VaR Kennzahlen ist, dass diese „lediglich die Wahrscheinlichkeit berücksichtigen, mit welcher der tatsächliche Verlust den VaR oder CFaR überschreiten kann, nicht aber die Höhe der möglichen Überschreitungen.“[[34]] Abgesehen davon lassen diese alle Ereignisse unterhalb des Konfidenzintervalls außer Acht und berücksichtigen somit nicht die „Black Swans“. Einige Unzulänglichkeiten der VaR-Methode wurden durch die Weiterentwicklung ähnlicher Konzepte wie Conditional Value at Risk - CVaR behoben. Des Weiteren sollte kein Finanzmanager seine Entscheidungen nur aufgrund der VaR Kennzahlen treffen, sondern weitere Risikomesszahlen und Szenarien hinzuziehen. Auf der positiven Seite ist zu erwähnen, dass sich die VaR-Kennzahlen für verschiedene Finanzrisiken relativ leicht zur einen Gesamtrisikoposition aggregieren lassen und für die externe und interne Berichterstattung gut geeignet sind.

Die Risikobeurteilung schließt sich mit der Bewertung anhand der durchgeführten Analyse ab. Anschließend wird im Einklang mit den festgelegten Prinzipien eine Entscheidung über die Art der Behandlung des Währungstransaktionsrisikos getroffen.

Kapitel 7.7 widmet sich den allgemeinen Fragen der Risikobehandlung und Systematisierung der Methoden. Die Steuerung der Wechselkursvolatilität ist dem Unternehmen unzugänglich. Dem Risiko kann entweder über den direkten Einfluss auf das Exposure begegnet werden. Oder es kann eine parallele „Gegenposition“ aufgebaut werden, die wertmäßigen Veränderungen des Exposures mit entgegengesetzten Vorzeichen abbildet und somit die Volatilität der Gesamtposition reduziert. Die zweite Variante wird auch als Hedging bezeichnet. Zu den allgemeinen Handlungsalternativen der Risikobehandlung gehört das Risikovermeiden. Dabei wird gar kein Exposure aufgebaut, z. B. über Verzicht auf Rechnungsstellung in Fremdwährungen. Beim Risikoüberwälzen wird das Risiko an Lieferanten oder Kunden über eine spezielle Vertragsgestaltung abgegeben. Eine andere Variante ist die Überwälzung des Risikos auf Finanzinstitute, die dank deren Kernkompetenz dieses effizienter managen können. Praktisch erfolgt es über den Kauf oder Verkauf verschiedener Finanzinstrumente. Letztlich kann das Unternehmen die Entscheidung treffen, das Risiko selbst zu tragen. Im zweiten Teil des Kapitels wird die Systematisierung der internen und externen Methoden der Mitigation dargeboten.

Die nähere Beleuchtung der unternehmensinternen Methoden erfolgt in Kapitel 9. Interne Maßnahmen zur Währungskurssicherung sind dadurch gekennzeichnet, dass keine am Grundgeschäft unbeteiligten Dritte hinzugezogen werden.[[35]]

Fakturierung in Inlandswährung ist die einfachste Möglichkeit dem Währungstransaktionsrisiko zu begegnen. Das Risiko wird vermieden und auf den Geschäftspartner überwälzt. Um das zu erreichen, muss das fakturierende Unternehmen über ausreichende Marktmacht verfügen, um sich gegen den Widerstand des Geschäftspartners durchzusetzen. Auf längere Sicht muss das Unternehmen damit rechnen, dass die Kunden zu anderen Anbietern abwandern. Eine abgemilderte Variante sind Währungsklauseln, die für den Fall der nachteiligen Wechselkursentwicklung Preisanpassungen erlauben. Anzahlungsvereinbarungen ziehen den Zahlungszeitpunt vor. Diese Methode erlaubt, die Laufzeit des Exposures und somit auch die Unsicherheiten, die mit der Schwankungsbreite der Wechselkursvolatilität steigen, zu minimieren.

Während die oben genannten Methoden für alle Unternehmen bedeutsam sein können, existieren weitere Methoden, die nur in einem Konzern zum Einsatz kommen können. So besteht das Ziel des Cash-Poolings in der Reduzierung des Brutto-Währungsexposures im Konzern. Bei der Technik des Poolings überweisen die beteiligten Tochterunternehmen die entstandenen Liquiditätsüberschüsse an gemeinsame Fonds (Pool). Man unterscheidet zwischen Single-Currency Pooling, Multicurrency-Pooling und Cross-Border-Concentration and Pooling. Eine kurze Beschreibung und Würdigung der Methoden werden vorgestellt.

Netting ist eine Methode für vereinfachte Abrechnungs- und Liquiditätsausgleiche innerhalb eines multinationalen Konzerns. Dabei werden die Lieferungen und Leistungen zwischen den Einheiten nicht gesondert abgegolten, sondern nur anfallender Saldo = Netto. Matching berücksichtig auch die in Fremdwährung valutierten Zahlungsströme.

Kapitel 10 untersucht die unternehmensexternen Methoden und setzt sich zum Ziel die Instrumente der Königsdisziplin zu untersuchen – das Hedging. Bereits 1998 berichteten Bodnar et al. und Glaum et al. im Jahre 2000, dass zwischen 83% und 90% der Unternehmen Hedging zur Behandlung des Währungstransaktionsrisikos einsetzen.[[36]]

Man könnte zwei Grundarten von Strategien identifiziert: die selektiven und die regelgebundenen. Bei den selektiven Strategien handelt es sich um Hedgingentscheidungen auf Basis von Individualentscheidungen des Managements.[[37]] Es geht um die aktive Einbeziehung von unternehmerischen Erwartungen bezüglich der Wechselkursentwicklung bei der Auswahl der Sicherungsstrategien. Bei den regelgebundenen Absicherungsstrategien handelt es sich um Systematiken zum Hedging des Währungsrisikos, bei denen die Individualentscheidungen auf bestimmten marktbedingten Selektionsentscheidungen basieren und unter anderem auch dazu dienlich sind, das Management im Entscheidungsfindungsprozess zu entlasten.

Für passive regelgebundene Strategien ist bezeichnend, dass diese die Wechselkursunsicherheit unbedingt und ohne Berücksichtigung der Kursprognose behandeln. Beim „Full Hedge“ wird immer mit Termingeschäften gesichert. „Never Hedge“ lässt das Exposure immer offen. Ein „Drittel Mix“, wie der Name verrät, sichert ein Drittel des Exposures mit Terminkontrakten, ein Drittel mit Optionen und ein Drittel bleibt unbesichert. Bei den aktiven regelgebundenen Strategien handelt es sich um Entscheidungen für oder gegen Hedging, die von der in den jeweiligen Entscheidungsperioden verfügbaren Informationen abhängig sind.[[38]] Die wichtigsten aktiven Selektionskriterien sind:[[39]] Das Verhältnis von Spot zu Forward Rate; Zinsunterschiede, Kaufkraftparitäten, Volatilitäten etc. Akademische Untersuchungen lieferten noch keine eindeutigen Handlungsempfehlungen zugunsten der einen oder anderen Strategie. Geier verweist in seiner Doktorarbeit anhand eines Backtests darauf, dass die Verfolgung einer selektiven, regelgebundenen Strategie vorteilhafter sein kann als die Optionen Always Hedge oder Never Hedge. Forward Hedge weist dabei die besten Resultate auf.[[40]]

Kapitel 10 setzt sich fort mit der Darstellung der derivativen Instrumente, die beim Hedging der Währungsrisiken zum Einsatz kommen. Es wird unterschieden zwischen den Devisentermingeschäften in Form von Devisen-Forwards oder Devisen-Futures, den Devisenoptionen und Währungsswaps. Bei dem Devisentermingeschäft handelt es sich um ein unbedingtes Termingeschäft, weil nach der Konditionenfixierung zum Zeitpunkt t0 keinerlei einseitige Dispositionsspielräume für die Handelspartner bestehen. Die Vor- und Nachteile werden in einem Rechenbeispiel anhand des Fallbeispiels 1 aufgezeigt. Grundsätzlich bietet ein Devisentermingeschäft Planungssicherheit für ein Unternehmen, weil der Wechselkurs zum Zeitpunkt t1 bereits fixiert ist. Es entstehen keine zusätzlichen Prämien, die das Unternehmen zusätzlich zahlen muss, wie bei den Optionen. Nachteilig ist die Tatsache, dass keine Partizipation an positiver Kursentwicklung möglich ist. Außerdem verpflichtet das unbedingte Termingeschäft das Unternehmen zur Lieferung oder Abnahme der vereinbarten Währungen auch in dem Fall, wenn das Grundgeschäft gar nicht zustande kommt, z.B. wenn die Kundenzahlungen ausgeblieben sind. In diesem Fall muss sich das Unternehmen die vereinbarte Währung auf dem Markt womöglich zu schlechten Konditionen besorgen.

Beim Kauf einer Call- oder Put-Währungsoption verschafft sich das Unternehmen das Recht, zu gegebenen Konditionen die Fremdwährung zu kaufen oder zu verkaufen. Eine Verpflichtung zur Lieferung oder Abnahme besteht nicht. Somit kann sich der Käufer zukünftig entscheiden, ob es in seinem Interesse ist, diese Option auszuüben. Das eröffnet die Möglichkeit einer Partizipation an einem vorteilhaft verlaufenden Wechselkurs. Nachteilig sind die Kosten der Optionen, die in Form einer Optionsprämie bei Geschäftsabschluss zu leisten sind und deren Höhe beträchtlich sein kann.

Bei den Währungsswaps oder Devisenswaps werden die Währungsbeträge am Anfang der Laufzeit zu einem festen Wechselkurs getauscht und am Ende wieder zurückgetauscht. Je nach Vertragsausgestaltung werden laufend die Zinszahlungen in entsprechenden Währungen geleistet. Ein Swap ermöglicht den Geschäftspartnern in der Regel die komparativen Kostenvorteile auszunutzen, da sie sich durch das Swapgeschäft die jeweils benötigten Mittel in Fremdwährung zu besseren Konditionen als zum eigenen nationalen Marktsatz beschaffen können.[[41]]

Kapitel 11 widmet sich der Frage des Managements des Risikomanagements und der Rolle des Controllings. Es soll vorrangig die Fragestellung selbst näher untersucht werden, und der Frage nachgegangen werden, wie das Controlling als Teil des Systems und Prozesses die Rationalität der Entscheidungen sicherstellen kann.

Vordergründlich sollen die Erkenntnisse der Behavioral Finance einbezogen werden sowohl in das Thema Risikoanalyse, als auch in das Thema der Rationalitätssicherung durch das Controlling. So soll dem sich im Kuhn‘schen Sinne abzeichnenden Paradigmenwechsel in der Wirtschaftswissenschaft Rechnung getragen werden. Bei diesem Wechsel handelt es sich um eine intensivere Berücksichtigung der psychologischen Forschung in unterschiedlichen wirtschaftswissenschaftlichen Bereichen und angewandter Praxis. Das Ziel ist es die Kluft zwischen puristisch mathematisch geprägter Modellierung und der Realität zu verringern und so bessere Handlungsempfehlungen zu entwickeln.

Es werden zwei Problemfelder identifiziert, die besondere Relevanz besitzen: Agency Probleme und begrenzte Rationalität des Entscheiders. Anhand einzelner Fragestellungen wird die Komplexität des Gesamtproblems angedeutet. Außerdem wird auf die Bedeutung sogenannter Heuristiken bei der Informationswahrnehmung, Informationsverarbeitung und Entscheidung hingewiesen. Heuristiken sind Prozesse und Regeln, die Problemlösungsprozesse beschreiben und Informationen selektiv ignorieren, um schnelle Entscheidungen zu ermöglichen.[[42]] Bei der Anwendung dieser Heuristiken kommt es zu gewissen Fehleinschätzungen, die Biases genannt werden. Auf einige wenige Biases und deren mögliches Auftreten im Rahmen des Prozesses des Managements der Währungstransaktionsrisiken wird eingegangen. Obwohl auch Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden, ist das primäre Ziel die Sensibilisierung der Akteure bezüglich des Vorhandenseins der erheblichen Defizite in der praktischen Durchführung auf jeder Stufe des Prozesses. Das Aufsetzen des Systems selbst soll viele dieser in Biases begründeten Risiken vorbeugen. Aber die Rationalitätssicherung des operativen Prozesses bleibt eine der Hauptaufgaben der Kontrollprozesse. Daraus ergibt sich auch die Stellung des Controllings innerhalb des Prozesses. Diese soll keinesfalls als rein formalistisch, sondern als aktiv mitgestaltend angesehen werden. Im zweiten Teil wird ebenfalls auf die aus Agency Faktoren entstehenden Defizite eingegangen und Handlungsempfehlungen ausgesprochen. Eigeninteressiertes Handeln, das durch falsche Fehlanreize zur Erhöhung der Risikoposition führen kann, wird über die Gestaltung der Bemessungsgrundlage zur Managerbelohnung gemildert.

Die Beschreibung des Prozesses des Risikomanagements wird mit kurzer Erörterung der organisatorischen Aspekte des Managements des Währungstransaktionsrisikos und Kommunikation in Kapitel 12 abgeschlossen.

Teil III dieser Abhandlung widmet sich einer der grundsätzlichen Fragen: trägt ein Währungstransaktionsrisikomanagementsystem zur Unternehmenswertsteigerung bei?

Zwar kann die Argumentation auch mit minimalistischer Begründung der Abwendung möglicher Strafen und daraus resultierender negativer Cashflows infolge der mangelnden Befolgung der gesetzlichen Vorschriften geführt werden. Im Vorteil wäre dann das Unternehmen, das so ein System am kostengünstigsten errichtet. Dies ist aber ungenügend. Ein auf dieser Grundlage rührendes Risikomanagementsystem verkommt selbst zum reinen Formalismus und es bleiben etliche aus Risikomanagement resultierenden Vorteile nicht berücksichtigt.

Akademische Beweisführung pro und contra Etablieren eines Risikomanagementsystems wird seit einiger Zeit geführt. Während neoklassische theoretische Ansätze die Rolle des Risikomanagements am Unternehmenswert verneinen, zeigt die Neoinstitutionalistische Sicht diese Rolle deutlich auf. Die ablehnende Argumentation seitens Neoklassischer Autoren basiert darauf, dass in einem vollkommenen Markt die Kosten des Risikotransfers in Form von Optionskäufen o. Ä. die reduzierten Risiken ausgleichen. Modigliani und Miller postulierten ebenfalls, dass sich die Veränderung des Verschuldungsgrads und der damit verbundenen Risiko­tragfähigkeit nicht auf den Unternehmenswert auswirken.[[43]] Die Neoinstitutionalistischen Theorien lehnen mehrere Prämissen des vollkommenen Marktes ab. Smith und Stulz argumentierten diesbezüglich, dass kein perfekter, sondern eher ein ineffizienter Kapitalmarkt aufgrund von Agency Kosten, Kosten der externen Finanzierung, direkten und indirekten Kosten, sowie Steuern vorliegt.[[44]] Somit kann das Risikomanagement über die Verringerung der Effizienzverluste bei verschiedenen Werttreibern auf den Unternehmenswert einwirken. Im Rahmen dieser Abhandlung wird auf die Themen Insolvenzkosten, Agency-Probleme und Investitionsplanungsentscheidungen eingegangen.

Die Anteilseigner sind am Management des Währungstransaktionsrisikos interessiert, sobald sich dadurch über die Reduktion der Variabilität der Einzahlungsüberschüsse die Insolvenzwahrscheinlichkeit verkleinern lässt, weil der Marktwert des Unternehmens um den Betrag der Insolvenzkostenverringerung steigt.[[45]] Dabei geht es um die Senkung der direkten Insolvenzkosten, die Anteilseigner im Falle der Insolvenz zu tragen haben. Ebenfalls gewichtig ist die Abnahme der indirekten Insolvenzkosten – die Agency Kosten, die durch die Verschlechterung der Beziehung zu verschiedenen in Leistungserstellungs- und Austauschprozessen involvierten Gruppen im Zuge der höheren Insolvenzwahrscheinlichkeit entstehen.[[46]] Als Beispiel für die indirekten Insolvenzkosten können die steigende Finanzierungsrisikoprämie, sich verschlechternde Kundenbeziehungen und nicht mehr greifende Anreizsysteme aufgeführt werden.

Agency Kosten in diesem Sinne könnten aus der Risikoaversion des Managements entstehen. Dem Manager stehen weniger Diversifikationsmöglichkeiten als einem Anteilseigner zur Verfügung. Somit könnte ein Manager die Entscheidungen über potenziell lukrative, aber risikoreiche Investitionen weniger im Sinne der Anteilseigner als im eigenen Sinne treffen. Management des Risikos, z.B. über Hedging, könnte also die Volatilitätsreduzierung der Cashflows bewirken und die Interessenskonflikte zwischen unterschiedlichen Cashflow Empfängern senken.[[47]]

Zu einem Underinvestment Problem kann es bei Unternehmen mit hohem Verschuldungsgrad kommen. Eigenkapitalgeber haben in dieser Situation nur geringe Gewinnansprüche. Ein Management, das im Sinne der Eigenkapitalgeber handelt, kann unter Umständen auch die Investitionsprojekte mit positivem Barwert ablehnen. Obwohl diese zur Steigerung des Unternehmenswertes beitragen könnten, bleiben sie aus, weil deren Rendite vorrangig den Fremdkapitalgebern zu Gute kommt.[[48]] Durch die Risikoreduktion von Investitionen könnte diese Situation vermieden werden.[[49]] Ebenfalls könnte das Hedging zur Verbesserung der Koordination von Finanz- und Investitionsplanung beitragen, indem die Volatilität der Cashflows verringert wird. Froot et al. und Bessmbinder zeigten z. B., dass eine Risikoabsicherung Liquiditätsengpässe senken und die Flexibilität von Unternehmen erhöhen kann, und somit die lukrativen Investitionen ermöglicht, die bei fehlender Liquidität ausgeblieben wären.[[50]]

Empirische Befunde zum Beitrag des Währungstransaktionsrisikomanagements zur Unternehmenswertsteigerung sind nicht ganz eindeutig. Allayannis und Weston untersuchten die Hedging-Aktivität am Einsatz von Fremdwährungsderivaten durch 720 nicht finanzwirtschaftlich orientierten amerikanischen Unternehmen, die einem Fremdwährungsrisiko ausgesetzt waren.[[51]] Die Autoren fanden, dass gemessen an Tobin’s Q ein positiver Marktwertunterschied von 4,87% zwischen den mit Währungsderivaten hedgenden und nicht-hedgenden Unternehmen existiert.[[52]] Verschiedene Untersuchungen fanden ebenfalls einen positiven Zusammenhang, während andere wiederum die Rolle des Hedgings ablehnen.[[53]] Die akademische Diskussion dauert noch an. Abschließend wird die Meinung eines Praktikers vorgestellt. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Porsche AG W. Wiedeking behauptet, dass sein Unternehmen ohne Währungsrisikomanagement mit Hilfe des Hedgings in den letzten 30 Jahren drei Mal in Konkurs gegangen wäre. [[54]]

Teil I. Risiken im Währungsumfeld und Notwendigkeit derer Behandlung

2 Grundlagen: Welthandel, Währungen

2.1 Entwicklung des Welthandels, und Partizipation der Deutschen Unternehmen

Der Welthandel ist in den letzten 60 Jahren stark gewachsen. Das Volumen der globalen Warenexporte ist zwischen 1950 und 2008 real nahezu kontinuierlich um mehr als das 30-fache gestiegen.[[55]] Als Folge des Zusammenbruchs des Kommunismus und der politischen und wirtschaftlichen Öffnung in China und Indien eröffneten sich in den letzten drei Jahrzehnten für Exporteure, Importeure und auch für die Investoren neue Wirtschafts- und Währungsräume, die eine Bevölkerung von über drei Milliarden Menschen umfassen.[[56]] Deutschland gehört weiterhin zu den drei führenden Exportnationen der Welt (Vgl. Abbildung 1).

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Abbildung 1: Die 5 größten Exportländer weltweit im Jahr 2016 (in Milliarden US-Dollar)[[57]]

Das Außenhandelsvolumen stieg über die Jahre stetig an, (Vgl. Abbildung 2). Die geographische Verteilung der Handelspartner deutscher Unternehmen ist ziemlich breit und unterliegt ebenfalls einer Wandlung in den letzten Jahrzehnten. Emergentes Asien erlangt immer mehr Gewicht an Gesamthandelsvolumen. China wurde im Jahre 2016 der größte Handelspartner Deutschlands.[[58]] Deutschland selbst wird auch in der Zukunft zu den führenden Exportnationen gehören. [[59]]

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Abbildung 2: Langfristige Entwicklung des deutschen Außenhandels[[60]]

Der Welthandel wird in ganz unterschiedlichen Währungen abgewickelt. Der US Dollar bleibt immer noch die gewichtigste über verschiedene Wirtschaftsräume hinaus. Die Relevanz der anderen Währungen, nicht zuletzt der asiatischen, wird in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen (Vgl. Abbildung 3). Der noch vor vierzig Jahren international unbekannte chinesischen Yuan wird jetzt bereits zur Weltwährung.[[61]] Sein Stellenwert für den internationalen Handel kann rasant zunehmen und sogar zu starken Verwerfungen führen.[[62]]

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Abbildung 3: Anteile der wichtigsten Währungen am weltweiten Handel[[63]]

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Abbildung 4: Exportunternehmen nach Unternehmensgröße (links) und Anzahl der Exportunternehmen nach Umsatzgröße (rechts)[[64]]

Heute sind es nicht nur die großen DAX Unternehmen, deren Bilanzen und Cashflows nicht nur von EUR-USD Wechselkursentwicklung abhängig sind, sondern auch der Gnade der Yen, Yuans, GPB ausgesetzt sind.[[65]] Es sind auch etliche kleine und große mittelständische Betriebe, die sich mit dem Begriff Währungsrisiko auseinandersetzen müssen. Bereits 2005 waren 98% der deutschen Exporteure KMUs. Diese Tendenz setzte sich mit kleineren Variationen auch in den Folgejahren fort (Vgl. Abbildung 4).

2.2 Wechselkurssysteme

Der Wechselkurs ist das Austauschverhältnis zwischen zwei Währungen.[[66]] Wechselkurssysteme sind einheitliche Prinzipien zur Gestaltung der Wechselkurse[[67]] und können sich u.a. nach der Intensität der staatlichen Eingriffe enterscheiden.[[68]] Es existiert ein breites Band unterschiedlicher Systeme, auf deren Extremen feste Wechselkursregelungen einerseits und andererseits völlig freie Wechselkursbildung auf dem Markt, sog. „Free Floating“, liegen.[[69]] Die Systeme selbst ändern sich oft (Vgl. Abbildung 5).

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Abbildung 5: Entwicklung der Wechselkurssysteme[[70]]

Bei Festkursregelungen kann es sich um Mechanismen der Wechselkursbeziehungen zwischen den Währungen handeln, bei denen die Zentralbank oder Währungsbehörde völlig feste oder stufenflexible Wechselkurse festlegt.[[71]] Als einer der Formen könnte Currency Board System genannt werden, bei dem eine von der Zentralbank unabhängige Institution die strikte Einhaltung der festen Wechselkurs­beziehung festlegt und überwacht.[[72]] Bei einer Währungsunion geben Staaten die eigene Währung und Wechselkurspolitik zugunsten einer übergeordneten Institution, wie z. B. der Europäischen Zentralbank auf.[[73]]

Bei einem Free Floating System dagegen bilden sich die Wechselkurse durch Angebot und Nachfrage auf dem freien Markt.[[74]] Ein reines Free Floating System ist eher selten. In allen führenden Industrienationen versuchen die Zentralbanken immer wieder über direkte und indirekte Interventionen einen Einfluss auf Wechselkurse zu nehmen. Daher spricht man über „Dirty Floating.“[[75]]

Zwischen beiden Extremen bilden sich noch verschiedene Hybridformen. Diesen sind Eigenschaften der fixen sowie der freien Wechselkurse charakteristisch. Bei einem „Fixed Peg“, „Crawling Peg“, „Adjusted Peg“ handelt es sich um die Bindung der heimischen Währung an eine Ankerwährung oder einen Währungskorb. Diese Bindung kann entweder fest sein oder sich innerhalb einer bekannten Bandbreite bewegen, mit oder ohne Vorankündigung seitens der Zentralbank.[[76]]

Für die auf dem Markt agierenden Akteure bietet das System der festen Wechselkurse währungsseitig weit weniger Risiko und mehr Planungssicherheit auf kurze und mittlere Sicht. Diese Sicherheit im zwischenstaatlichen Handel in der Eurozone wäre nur bedroht, wenn ein oder mehrere Staaten den Euro als Zahlungsmittel aufgeben würden. Ebenso ist die Abschaffung des Currency Board Systems eine politische Entscheidung. Somit unterliegen die in Fremdwährungen mit festen Wechselkurssystemen handelnden Akteure primär dem politischen Risiko. Dieses Risiko mag zwar als sehr unwahrscheinlich erscheinen, aber negative Beispiele aus der Geschichte, wie z.B. das von Argentinien in 2001,[[77]] sollte ein gewissenhaft agierender Finanzmanager zumindest in seiner strategischen Perspektive nicht außer Acht lassen .

Eine ganz andere Situation ergibt sich für die Unternehmen, die Geschäfte in Währungen tätigen, deren Wechselkurse sich laut einem Free Floating Prinzip auf dem Devisenmarkt frei bewegen. Hier spielen bei der Kursbildung ganz unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Die Akteure, die aus deutscher Sicht z.B. in USD, GBP, JPY Geschäfte tätigen sehen sich dem Wechselspiel dieser Faktoren ausgesetzt.

2.3 Devisenmarkt und Entwicklung der Währungskurse im Free Floating System

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Abbildung 6: Tägliches Handelsvolumen an der Forex nach Währungspaaren in Mrd. USD[[78]]

Die flexiblen Wechselkurse sind immer noch das prägende Element der internationalen Währungsordnung.[[79]] USD, EUR, JPY, GBP sind die am meisten auf dem Devisenmarkt gehandelten Währungen, wobei das EUR Handelsvolumen ständig steigt (Vgl. Abbildung 6).

Auf dem Devisenmarkt oder Forex-Markt handeln verschiedene Akteure wie Unternehmen, Zentralbanken, Fondsmanager und private Banken Fremdwährungen aus Unterschiedlichen Gründen. Der Devisenmarkt ist mit Abstand der größte Markt nach Handelsvolumen (Vgl. Abbildung 7 und Abbildung 8). Auf der einen Seite werden Fremdwährungen an- und verkauft, um Geschäfte mit ausländischem Partner abwickeln zu können. Auf der anderen Seite versuchen hauptsächlich die Finanzinstitutionen aus Kursschwankungen einen Gewinn zu erwirtschaften.[[80]]

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Abbildung 7: Durchschnittliches, tgl. Handelsvolumen verschiedener Märkte in Mrd. USD[[81]]

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Abbildung 8: Tägliches Handelsvolumen an der Forex (in Mio.) im Jahr 2013[[82]]

Bezeichnend für die Kursentwicklung von großen Währungspaaren ist die hohe Volatilität. Ein Blick sowohl auf die langfristige Entwicklung des EUR-USD Wechselkurses (Vgl. Abbildung 9), als auch die kurzfristige (Vgl. Abbildung 10) lässt darauf schließen. Die Charts der anderen großen Währungspaare wie GBP-EUR, EUR-JPY, USD-JPY werden ein sehr ähnliches Bild der sich ständig abwechselnden Hochs und Tiefs bieten.

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Abbildung 9: Langfristige Kursentwicklung EUR/USD[[83]]

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Abbildung 10: Kursentwicklung EUR/USD 12 Monate (Sep. 2017)[[84]]

Bereits Ende der 1990-er Jahren konstatierte Bartram im Zusammenhang mit sich frei bewegenden Währungspaaren, dass „die Wechselkurse aufgrund ihrer höheren Volatilität eine bedeutendere Risikoquelle als beispielsweise Zinssätze darstellen und daher die Aufmerksamkeit unternehmerischen Risikomanagements primär dieser Risikoart gelten sollte.“[[85]]

3 Notwendigkeit eines Systems zum Management der Währungsrisiken

Begegnung der aus Wechselkursvolatilität erwachsenen Risiken darf nicht auf Zufallsbasis erfolgen. Im Folgendem wird die Notwendigkeit für ein geordnetes System und Prozesse argumentiert. Als erstes wird der Risikobegriff allgemein definiert und die Währungsrisiken im Sinne dieser Arbeit systematisiert. Darauffolgend werden zwei Fallbeispiele angeboten, die einige der konkreten Praxisprobleme aus der Sicht des Entscheiders beleuchten. Anschließend werden gesetzliche Anforderungen an ein Risikomanagement angesprochen.

3.1 Sicherheit, Risiken, Chancen

Der Begriff Risiko ist bis heute im allgemeinsprachlichen aber auch im finanzwirtschaftlichen Bereich negativ geprägt. Laut Gabler-Wirtschaftslexikon ist das Risiko „Kennzeichnung der Eventualität, dass mit einer (ggf. niedrigen, ggf. auch unbekannten) Wahrscheinlichkeit ein (ggf. hoher, ggf. in seinem Ausmaß unbekannter) Schaden bei einer (wirtschaftlichen) Entscheidung eintritt oder ein erwarteter Vorteil ausbleiben kann.“[[86]]

Allerdings folgt ein Teil der finanzwirtschaftlichen Literatur einer anderen und weiter gefassten Definition des Risikos. Diese wird auch den Aufgaben eines modern aufgestellten Finanzwesens eines international agierenden Unternehmens gerechter. Laut dieser Definition sind „Risiken, die aus der Unvorhersehbarkeit der Zukunft resultierenden, durch "zufällige" Störungen verursachten Möglichkeiten, von geplanten Zielwerten abzuweichen. Risiken können daher auch als "Streuung" um einen Erwartungs- oder Zielwert betrachtet werden. Risiken sind immer nur in direktem Zusammenhang mit der Planung eines Unternehmens zu interpretieren. Mögliche Abweichungen von den geplanten Zielen stellen Risiken dar - und zwar sowohl negative ("Gefahren“) wie auch positive Abweichungen ("Chancen").“[[87]]

Risiko kann man somit einerseits als das Gegenteil von der Sicherheit oder andererseits als Gegenteil zur Chance definieren. „Sicherheit besteht, wenn sich mithilfe der Ergebnisfunktion g (ai, zj) jeder Umweltzustand-Aktion-Kombination ai, zj ein bekanntes Ergebnis xij zuweisen lässt… Risiko-Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die feste Zuordnung eines Ergebnisses xij durch die Ergebnisfunktion g (ai, zj) fehlt. Stattdessen liegen dem Entscheidungsträger objektive oder subjektive Wahrscheinlichkeiten vor.“[[88]]

Diese Dualität ist in der Abbildung 11 dargestellt.

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Abbildung 11: Sicherheit, Risiko und Ungewissheit[[89]]

Bamberg und Coenenberg unterscheiden zwischen drei Grundsätzlichen Zuständen in Entscheidungssituationen: „Entscheidung unter Sicherheit“, „Entscheidung unter Ungewissheit“ und „Entscheidung unter Risiko.“[[90]]

Unternehmensdasein ist per se mit gewisser Risikobereitschaft verbunden, somit sind die Entscheidungen unter Sicherheit in der Praxis weniger signifikant.[[91]] Bezogen auf Wechselkursrisiken existiert „Sicherheit“ oder das Fehlen der „Risiken“ nur wenn keine Wechselkurse existieren – sprich, wenn Transaktionen in der gleichen Währung abgewickelt werden. Sogar im Falle fester Wechselkurse besteht eine Wahrscheinlichkeit größer als Null, dass diese sich auf Grund politischer oder anderer Ereignisse ändern. Somit werden auch hier die Entscheidungen in einer Situation unter Risiko getroffen, wenn auch denkbar geringem Risiko. Auch für die in Eigenwährung handelnden Unternehmen besteht Sicherheit lediglich bezogen auf direkte Wechselkurseinflüsse. Indirekt werden Wechselkurse z.B. über Rohstoffmärkte oder ausländische Konkurrenz ein Risiko darstellen.

Die Unterscheidung zwischen Unsicherheit (Risiko) und Ungewissheit (Knightian uncertainty oder Ambiguität) in Entscheidungssituationen geht auf Frank H. Knight zurück. „Risiko meint… eine messbare Quantität, Ungewissheit nicht.“[[92]] Eine bildliche Beschreibung zur Unterscheidung der beiden Situationen seitens der Entscheider wird durch einen sog. Ellsberg Paradoxon gemacht.[[93]] Man nehme zwei Urnen mit jeweils 100 Kugeln. In einer Urne befinden sich 50 blaue und 50 rote Kugeln. In der anderen befinden sich ebenfalls rote und blaue Kugeln, allerdings mit unbekannter Häufigkeit. Die Ziehung einer roten Kugel verspricht einen Gewinn. Der Entscheider muss wählen aus welcher Urne er die Kugel ziehen will. Während die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Kugelart für die erste Urne bekannt ist und 50% beträgt, ist diese für die zweite ungewiss, also besteht eine Ambiguität bezüglich der zweiten Urne. Situationen bei denen durch Informationsmangel nicht alle Umweltzustände bekannt sind, oder der Zufallsmechanismus unbekannt ist, oder für einzelne Zustände die Eintrittswahrscheinlichkeit nicht objektiv zu ermitteln sind, und die Wahrscheinlichkeitsverteilung höchstens auf individuellen Überzeugungen beruhen kann, bezeichnen eine Ungewissheitssituation.[[94]] Viele Entscheider zeigen in einer solchen Situation eine sogenannte Ambiguitätsaversion und wählen die erste Urne, weil sie das Gefühl haben, das Risiko beurteilen und somit steuern zu können. Die Untersuchung dieses Phänomens ist auch einer der Betätigungsfelder der später angesprochenen Behavioral Economy. Da die Ungewissheitssituation durch die unbekannte oder unkalkulierbare Eintrittswahrscheinlichkeit charakterisiert ist, wird dieser eine geringe praktische Bedeutung beigemessen.

Somit bezieht sich die Steuerung des Währungsrisikos auf die Situationen, bei denen die Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden.

3.2 Exogene und Endogene Risiken, die aus der Unsicherheit der zukünftigen Wechselkurse und deren Missmanagement entstehen

Im Rahmen dieser Arbeit werden zwei Arten der Risiken angesprochen. Erstens, „exogene“ Gefahren, die auf dem zukünftigen Cashflow und Erfolg direkt einwirken. Die Ursächlichkeit und das Entstehen dieser ist auf „externe“ Akteure wie Finanzmärkte oder Politik zurückzuführen und liegt außerhalb des Einwirkungsbereiches des Unternehmens selbst. Zweitens, die „endogenen“ Gefahren, die im Zuge der fehlenden oder fehlerhaften Erkennung und Behandlung ersterer durch „interne“ Akteure zu nachteiligen Ergebnissen für das Unternehmen führt oder diese verstärkt. Die „endogenen“ Gefahren werden in Sinne dieser Arbeit unter anderem auf das fehlende Risikomanagement, dolose Handlungen oder mangelnde Rationalitätssicherung innerhalb der Unternehmensentscheidungsprozesse zurückzuführen. Die Systematisierung ist in Abbildung 12 schematisch dargeboten.

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Systematisierung der endogenen und exogenen Währungsrisiken[[95]]

Währungsrisiken als solche gehören zu externen, exogenen Risiken. Sie umfassen als Oberbegriff mehrere Einzelrisiken[[96]] und sind sowohl in Ursächlichkeit als auch Auswirkung vielfältig. Die finanzwirtschaftliche Literatur kennt verschiedene Kategorisierungen von Währungsrisiken, aber keine einheitliche.[[97]]

Erfüllungsrisiko und Leistungsrisiko sind zwei Arten des Währungseventualrisikos. „Unter dem Erfüllungsrisiko im Devisenhandel wird allgemein das Risiko verstanden, dass eine Seite eines Devisengeschäfts die Währung, die sie verkauft, ausbezahlt, aber im Gegenzug die gekaufte Währung nicht erhält.“[[98]] Dies wird auch als „Herstatt-Risiko“ bekannt. Das Leistungsrisiko ist die Gefahr für eingegangenen Bürgschaften, Garantien oder unerwartete Gewährleistungsverpflichtung Zahlungen in Fremdwährung tätigen zu müssen.[[99]] Die aus Vertragsverhandlungen oder Angebotsabgabe aufwachsenden Risiken werden von einigen Autoren auch dazu gezählt.[[100]]

Konvertierungsrisiko birgt die Gefahr den Umtausch in eine andere Währung gar nicht oder nur teilweise, bzw. unter bestimmten Bedingungen oder nur für eine begrenzte Art der Transaktionen durchführen zu können, auf Grund der administrativen Beschränkungen des Staates.[[101]] Bei dem Transferrisiko besteht die Gefahr, dass der Staat trotzt bestehender Konvertibilität die Übertragung der Aktiven ins Ausland verzögert oder beschränkt.[[102]] So hat China 2016 die Ausschüttung der Dividenden an ausländische Mutterkonzerne eingeschränkt.[[103]]

Valutarisiken bestehen aus Paritätsänderungsrisiko und Kursrisiko. Das Paritätsänderungsrisiko kann bei Währungspaaren mit festen Austauschverhältnissen entstehen, oder bei den Wechselkursen, die sich innerhalb von festgelegten Bandbreiten bewegen. Sollten diese aufgegeben werden, was ein Resultat der politischen oder finanzpolitischen Entscheidungen der Währungsbehörden ist, geschieht dies in der Regel als eine Überraschung. Beispielsweise gab die Schweizerische Nationalbank 2005 den Euro-Franken Kurs frei, was zu großen Umwerfungen auf dem Markt führte.[[104]]

„Wechselkursrisiko besteht darin, dass zum Zeitpunkt t der zukünftige Wechselkurs zum Zeitpunkt t + 1 oder die Änderungsrate des Wechselkurses in der Periode von t bis t + 1 unsicher ist… Das stochastische Abweichen des Wechselkurses oder der Wechselkursänderung vom erwarteten Wechselkurs oder von der erwarteten Wechselkursänderung wird als Wechselkursrisiko bezeichnet und durch die Varianz der Verteilung gemessen.“[[105]] Dieses existiert nur in Währungspaaren, deren Wechselkurse ganz oder zumindest teilweise flexibel sind. Da die Entwicklung des Wechselkurses in beide Richtungen möglich ist, wird dieses Risiko als mögliche Abweichung von der geplanten Zukunft verstanden. Diese Abweichung kann sowohl negativ als auch positiv sein und somit sowohl Gefahr als auch Chance darstellen.

Im weiteren Verlauf wird die Betrachtung nur auf die Währungsrisiken begrenzt, die infolge von Wechselkursvolatilität entstehen und einen direkten Einfluss auf Zahlungsströme nehmen aus kurz- und mittelfristiger Perspektive.

3.3 Fallbeispiel 1

Ausgangssituation: Ein Leuchtmittelproduzent XYZ GmbH aus Siegen schließt im Oktober 2014 mit einer Kommunalverwaltung in Norwegen einen Vertrag über die Lieferung von Straßenbeleuchtungen. Der Gesamtwert des Vertrags betragt 149,4 Mio NOK. Laut dem zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Wechselkurses entspricht es einem Wert von etwa 18 Mio Euro. Das stellt für XYZ GMBH eine Umsatzsteigerung von 40% im Vergleich zum vergangenen Jahr dar. Die für die Produktion der Leuchtmittel notwendigen LEDs und andere Teile werden in China produziert. XYZ GmbH schließt mit seinem chinesischen Partner einen Abnahmevertrag mit der Laufzeit von 12 Monaten ab. Der Wert der abzunehmenden Ware beträgt 12 Mio USD, was in etwa 8,9 Mio Euro nach dem laufenden Kurs entspricht. Vereinfacht wird angenommen, dass die Zahlungen von Kunden und an Lieferanten monatlich in voraus getätigt werden. Der alleinige Gesellschafter, der gleichzeitig auch der Geschäftsführer ist, schafft sich einen Überblick auf der Internetseite Finanzen.net über die Entwicklung des Kurses der Norwegischen Krone in den letzten 12 Monaten und kalkuliert fest mit einem Kurs von 8,5 NOK pro Euro, „da die Krone sehr stabil zu sein scheint“. Die Entwicklung des USD zu EUR machen dem Geschäftsführer Sorgen, aber seine Geschäftserfahrung sagt ihm, dass „es schon gut gehen wird“. Die vereinfachte Kalkulation geplanter Cashflowbewegungen sind in der Tabelle 1 dargestellt.

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Tabelle 1. Cashflow Plan XYZ GmbH[[106]]

Der Geschäftsführer weist seine Buchhaltung an, „die Rechnungen ordentlich zu verbuchen“, und am Ende des Jahres 2015 „alles dem Steuerberater zu geben, damit ein richtiger Jahresabschluss entsteht.“ Die Buchhaltungsabteilung ist ausschließlich mit Rechnungsverbuchung und Lohnberechnung betraut.

Gegen Ende des Jahres 2015 sieht sich der Unternehmer endgültig mit den Ist-Zahlen in Tabelle 2 konfrontiert.

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Tabelle 2: Cashflow 2015 XYZ GmbH[[107]]

Die Hoffnung, dass der am Anfang des Jahres abgestürzte EUR/USD Kurs, sich bald erholen wird, hat sich nicht materialisiert. Im Gegenteil bleibt der Euro im Sinkflug. Die Cashflows haben sich sogar ins Negative gedreht dank der anhaltenden widrigen EUR/USD Kursentwicklung am Ende des Jahres. Da XYZ GmbH ein hervorragendes Produkt anbietet, hat eine weitere kommunale Verwaltung aus Norwegen mit dem Unternehmen im Herbst 2015 einen neuen Liefervertrag vereinbart. Der Kunde hat einer Preissteigerung von 10% zugestimmt und der Lieferant einen Sofortrabatt von 5% gewährt. Als ordentlicher Kaufmann sieht der Unternehmer eine dringende Notwendigkeit zu handeln und wendet sich an seine Hausbank, die ihm eine Kurssicherung des EUR/USD anbietet zum Kurs von 1,10 EUR/USD und einem Preis von 6% des zu sichernden Volumens. Angesichts der Kursverfallbedingten Kostensteigerung von 21% im Vorjahr, erachtet der Unternehmer die Sicherungskosten als ein Schnäppchen. Für die Sicherung der Einzahlungen in NOK sieht er keine Notwendigkeit, da „seine Einschätzung ist, dass NOK zu Euro eher steigen als fallen wird. Da kann man nur gewinnen“.

Gegen Ende des Jahres 2016 liegen neue Ist-Zahlen vor, Tabelle 3.

Der Unternehmer ist zufrieden mit den Geschäftszahlen, die „dank seinem Geschäftssinn zustande kamen.“ Trotzdem ist er entsetzt, dass die „Bank von ihm 654 TSD EUR abverlangt hat, um den Kurs von 1,10 zu sichern, der sowieso im Schnitt bei 1,10 blieb.“ Außerdem „hätte ihn niemand gewarnt, dass NOK so schlecht läuft“. Immer mehr Verträge abgeschlossen werden und immer mehr potenzielle Kunden fragen an. Eine Entscheidung über die Behandlung der Wechselkursrisiken für das Jahr 2017 steht nun an.

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Cashflow 2016 XYZ GmbH[[108]]

3.4 Fallbeispiel 2

Ein international aufgestelltes Konzern ABC AG erwirtschaftet Erlöse überall auf der ganzen Welt in verschiedenen Währungen. Grundsätzlich existieren zwei Arten der Einzahlungströme. Auf einer Seite sind es die Erlöse aus Lizenzen, deren Höhe aus Sicht eines Jahres ziemlich gut prognostizierbar ist. Auf der anderen Seite kommen Erlöse aus Verkauf eigener Produkten, deren Absatz von einer Reihe verschiedenen Faktoren abhängig ist, und die Schwankungsbreite der Einzahlungen im Planungszeitraum von 12 Monaten sehr hoch ist. Ebenfalls verfolgt ABC AG seit einigen Jahre eine aggressive Expansionspolitik und hat sich mehrere Unternehmen im Ausland erworben. Alle Tochterunternehmen sind ebenfalls international tätig und wickeln ihre Geschäfte in unterschiedlichen Währungen ab. Die Festlegung und Steuerung aller liquiditätsrelevanten Vorgänge erfolgt über Konzern-Treasury. Das Hauptaugenmerk des Leiters der Treasury liegt in der Bereitstellung der nötigen Liquidität über Ausgabe der Anleihen und Aufnahme von Krediten vorwiegend auf dem heimischen Markt. Das Währungsrisiko der Muttergesellschaft wird als wichtig erachtet, dessen Steuerung wird als sehr einfach angesehen, und nur hinsichtlich USD-Entwicklung durchgeführt. Zu diesem Zweck werden jedes Jahr ausgehend von dem im Budget festgelegten Bedarf Devisentermingeschäfte abgeschlossen. Für die Prognose der zukünftigen Wechselkursentwicklung wird gerne auf die Informationen der Hausbanken zurückgegriffen. Laufenden Anpassungen werden nur sporadisch und nicht systematisch gemacht. Die Steuerung der Liquiditätsströme und Entscheidungen über Währungsrisikobehandlung der Töchterunternehmen sind den Tochterunternehmen selbst überlassen. Die schematische Darstellung der Liquiditätsströmungen innerhalb des Konzerns und extern wird vereinfacht mit vier Tochterunternehmen und vier Hauptwährungen in folgender Abbildung 13 dargestellt.

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Ende der Leseprobe aus 193 Seiten

Details

Titel
Das Währungstransaktionsrisiko in international agierenden Unternehmen. Leitfaden für Finanzen, Treasury und Controlling
Autor
Jahr
2018
Seiten
193
Katalognummer
V451708
ISBN (eBook)
9783956876707
ISBN (Buch)
9783956876738
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Währungsrisiko, Devisenmarkt, Risikomanagement, Kursprognose, Finanzderivate, Behavioral Finance, Währungstransaktionsrisiko, Wechselkursprognose, Risikoidentifikation, Risikoanalyse, Risikobewertung, Risikobehandlung, Accounting, Big Data, Künstliche Neuronale Netze, Value at Risk, ISO 31000, Wechselkursrisiko
Arbeit zitieren
Daniel Stern (Autor:in), 2018, Das Währungstransaktionsrisiko in international agierenden Unternehmen. Leitfaden für Finanzen, Treasury und Controlling, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/451708

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