Geplante Obsoleszenz als Konsumtreiber. Wie Hersteller die Nutzungsdauer ihrer Produkte verkürzen, um den Konsum zu lenken


Fachbuch, 2019

66 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Geplante Obsoleszenz – wie alles begann

3 Erklärung von Begriffen
3.1 Obsoleszenz
3.2 WerkstofflicheObsoleszenz
3.3 Funktionale Obsoleszenz
3.4 Psychologische Obsoleszenz
3.5 Ökonomische Obsoleszenz
3.6 Nachhaltiger Konsum
3.7 Der Markt

4 Hauptsächlich betroffene Produktgruppen

5 Nutzungsdauer – der Versuch einer Definition
5.1 Die Nutzungsdauer
5.2 Die Grundnutzendauer = Lebensdauer
5.3 Die Wertdauer
5.4 Die Existenzdauer

6 Verlängerung der Nutzungsdauer
6.1 Wirtschaften in Kreisläufen (W.i.K.)

7 Verringerung des Nutzen eines Konsumgutes

8 Warum kauft der Konsument?
8.1 Die Kaufentscheidung
8.2 Ist Glück und Zufriedenheit käuflich?
8.3 Das Genussstreben
8.4 Erlebnisdrang und Neugier

9 Die Aufgabe der Werbung

10 Die Macht des Verbrauchers

11 Was den Konsumenten glücklich macht

12 Werbefakten

13 Wirtschaftswachstum als Muss? – Steht der Konsument im Kaufzwang?

14 Kaufen ohne Kaufkraft – Die Erfindung der Ratenzahlung

15 Folgen des Verkaufes von Konsumgütern unter dem Wert

16 Nachhaltiger Konsum – Was kann jeder von uns tun?
16.1 Gebrauchtwarenbörsen
16.2 Gütesiegel
16.3 Sharing
16.4 Regionalität
16.5 Verlängerung der Nutzungsdauer

17 Zeitgerechtes Wirtschaftssystem – Ja oder Nein?

18 Der Weg zu einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell

19 Geplanter Verschleiß und die ungleiche Verteilung von Vermögen

20 Verlängerung der Nutzungsdauer als nachhaltige Lösung?

21 Wie wirkt sich eine längere Nutzungsdauer auf die Gesamtwirtschaft aus?

22 Rohstoffgewinnung 2.0
22.1 Recyclinggerechtes Konstruieren

23 Exkurs: WKO Studie zur tatsächlichen Nutzungsdauer

24 Henry Ford und sein „Model T“ – Eines der ersten Opfer moderner geplanter Obsoleszenz

25 Warum halten Produkte kürzer als früher?

26 Fragebogenauswertung
26.1 Haben Sie schon von geplanter Obsoleszenz gehört?
26.2 Wie geht der Konsument mit geplanter Obsoleszenz um?
26.3 Worin sehen Sie die Ursache für geplante Obsoleszenz?
26.4 Was kann als einzelner Konsument unternommen werden?
26.5 Was kann von Gesetzeswegen getan werden?
26.6 Welche Kriterien beachten Sie wenn Sie kaufen? (offene Frage)

27 Fazit und Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung „sehr glücklicher Menschen“

Abbildung 2: Einkommen und Glück weltweit (1999)

Abbildung 3: Pyramide nach Maslow

Abbildung 4: Werbeausgaben in Österreich

Abbildung 5 „Wie zufrieden sind Sie mit der Lebensdauer von Gebrauchsgütern im Allgemeinen?“

Abbildung 6: Wie lange benutzen Sie die folgenden Produkte normalerweise, bevor Sie dieseablegen/abstellen weitergeben oder entsorgen?

Abbildung 7: Verteilung der Teilnehmer nach Alter

Abbildung 8: Haben Sie schon von geplanter Obsoleszenz gehört? (Geschlecht)

Abbildung 9: Haben Sie schon von geplanter Obsoleszenz gehört (Ausbildung)

Abbildung 10: Haben Sie schon von geplanter Obsoleszenz gehört (Beruf)

Abbildung 11: Haben Sie schon von geplanter Obsoleszenz gehört (Wohngebiet)

Abbildung 12: Wie geht der Konsument mit geplanter Obsoleszenz um? (allg)

Abbildung 13: Worin sehen Sie die Ursachen für geplante Obsoleszenz? (ländl. Gebiet)

Abbildung 14: Worin sehen Sie die Ursachen für geplante Obsoleszenz? (städt. Gebiet)

Abbildung 15: Worin sehen Sie die Ursachen für geplante Obsoleszenz? (Studim/Matura)

Abbildung 16: Worin sehen Sie die Ursachen für geplante Obsoleszenz? (Lehre)

Abbildung 17: Was kann als einzelner Konsument unternommen werden?

Abbildung 18: Welche Folgen hat geplante Obsoleszenz?

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht der betroffenen Produktgruppen

Tabelle 2: Historische Verteilung der Ausgaben privater Haushalte

Tabelle 3: Ländliches Gebiet

Tabelle 4: Städtisches Gebiet

Tabelle 5: Studium oder Matura

Tabelle 6 Lehre, Pflichtschule, Fachschule

Tabelle 7: Was kann von Gesetzeswegen getan werden?

1 Einleitung

Ein Großteil aller Menschen verbringt durchschnittlich 40 Stunden in der Woche mit Aufgaben, die er oder sie nicht freiwillig macht, sondern dafür eine Entschädigung für den, in Kauf genommenen Aufwand, erhält (Gehaltszahlungen). Diese kann er wiederum in Dienstleistungen und Waren eintauschen.

Es stellt sich die Frage: Ist der heutige Konsument oder die heutige Konsumentin noch frei in Entscheidungen betreffend Güter, die er oder sie beziehen möchte oder wird der „mündige Konsument“ durch permanente Werbeeinschaltungen manipuliert und geben längst Konzerne vor, welche Güter konsumiert werden sollen?

Diese Entwicklung spielt auch für die Umwelt eine wichtige Rolle. Eine Möglichkeit den Konsum anzukurbeln, ist die Nutzungsdauer von Konsumgütern zu verkürzen. Das führt zu einer vermehrten Verschwendung an Ressourcen und zu einer vermehrten Entstehung an Abfall. Es ist offensichtlich, dass der Konsum, der in der in den wohlhabenden Teilen der Erde stattfindet, zu einem Raubbau an Ressourcen führt und so über Kurz oder Lang ein Mangel dieser erreicht sein wird.Setzt sich der Konsument mit dieser Problemstellung auseinander? Das Zahlungsmittel, welches er durch geleistete Arbeit erhält, stellt ein knappes Gut dar – somit sollte wohlüberlegt sein, wofür es eingesetzt wird.Je länger ein Konsumgut hält, desto mehr Nutzen würde es stiften.Das Phänomen, welches einer langen Nutzungsdauer entgegenwirkt, wird als „geplante Obsoleszenz“ betitelt.

Erste Versuche einer Definition von geplanter Obsoleszenz findet man von Paul M. Gregory in seiner Veröffentlichung „A Theory ofPurposefulObsolescence“. In diesemArtikelwirdgeplanteObsoleszenzfolgendermaßendefiniert: „Purposeful Obsolescene exists whenever manufacturers produce goods with a shorter physical life than the industry is capable of producing under existing technological and cost conditions, or whenever manufacturers or sellers induce the public to replace goods which still retain substantial physical unsefulness.“ 1

Wie zu erwarten, ist die künstlich erschaffene Nutzungsdauer längst bei den meisten Konsumgütern angekommen. Die große Frage ist jedoch, ob dieses Phänomen vom Konsumenten so gewünscht ist, oder von den Herstellern diktiert wird.

Beispielsweise ist es heutzutage üblich, spätestens alle zwei Jahre sein Mobiltelefon zu wechseln. Doch schon vor Jahren wurden Mobiltelefone produziert, die immer noch einwandfrei funktionieren würden. Verlangt also der Konsument die kurze Lebensdauer von diesen Gütern?

Anders verhält es sich bei Gebrauchsgütern wie zum Beispiel einem Druckern oder einem Handmixer. Bei solchen Produkten ist der Konsument weit weniger tolerant betreffend einer kurzen Lebensdauer.

Um die Literaturrecherche mit Beispielen aus der Praxis zu untermauern, wurden Ergebnisse einer Umfrage, in der StudentInnen ihre Bekannten und Angehörigen bezüglich geplanter Obsoleszenz befragten, ausgewertet. Auffällig bei dieser Umfrage war die scheinbare Ohnmacht, in der sich der Konsument glaubt zu befinden. Nur so lässt sich die geringe Reklamationsrate trotz der großen Kundenunzufriedenheit erklären.

2 GeplanteObsoleszenz – wie alles begann

Die Idee der „geplanten Obsoleszenz“ wurde unter den Herstellern von Glühbirnen in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts geboren. Für den Umsatz war es nicht förderlich, dass Glühbirnen 2.000 Stunden und länger brannten. Man einigte sich darauf, das Maximum an Betriebsstunden herabzusetzen und so für einen stetigen und anhaltenden Konsum zu sorgen.3

Vor nicht allzu langer Zeit wurden noch unverwüstliche Autos produziert, die mit Material aus dem Baumarkt und Eisenwarenladen selbst repariert werden konnten, oder Nylonstrumpfhosen, mit denen man einen Traktor abschleppen konnte.

Wie bereits erwähnt, gilt die Glühlampe als erstes Produkt, bei dem geplante Obsoleszenz angewendet wurde. 1924 fand in Genf ein Treffen mit dem Ziel statt, ein Kartell zu gründen, das sich zur Aufgabe machen sollte, die Glühlampenproduktion aller Länder zu kontrollieren und den Weltmarkt unter sich aufzuteilen. Dieses Kartell geht später in die Geschichtsbücher mit dem Namen „Phoebus-Kartell“ ein (Anmerkung: Phoebus ist der Beiname des Gottes Apollon und bedeutet „der Leuchtende“). Man legte verbindliche Industriestandards fest, wie beispielsweise den einheitlichen Sockel mit entsprechenden Fassungen, die zum Teil bis heute noch Bestand haben. Dies war eine positive Entwicklung für den Kunden.Der Hauptgrund war jedoch weniger kundenorientiert. Neben der geographischen Aufteilung des Marktes unter den Herstellern wurde ebenfalls die Beschaffenheit der Beleuchtungsprodukte genau definiert. Die Entwicklung, dass Glühbirnen eine immer längere Lebensdauer aufzeigten, sorgte offensichtlich bei den Produzenten für Nervosität.In Zahlen hat das Unternehmen Philips 1928 Folgendes ausgerechnet: „Jede Überschreitung um nur zehn Betriebsstunden einer Glühlampe bedeutet für das Weltkontingent einen Verlust von einem Prozent oder vier Millionen Einheiten.“4

Somit wurde die Lebensdauer einer Glühbirne auf 1000 Stunden limitiert. Zum Vergleich: Die Glühbirne, die Thomas Edison 1881 auf der Weltausstellung in Paris präsentierte, brannte im Schnitt 1 586 Stunden.Die von Phoebus selbst ermittelte durchschnittliche Lebensdauer einer Glühbirne betrug im Jahr 1926 sogar schon 1800 Stunden.Sollte ein Kartellmitglied Glühbirnen herstellen, die die Brenndauer von 1000 Stunden überschreiten, würde es empfindlich hoheStrafen geben.

3 Erklärung von Begriffen

3.1 Obsoleszenz

„Obsoleszenz“ kann als künstliche oder natürliche Alterung von Produkten bezeichnet werden. Durch die Alterung ist das Produkt nach einer vorgegebenen Zeit nicht mehr geeignet, Bedürfnisse der KonsumentInnen zu befriedigen. Diese Begriffsverwendung wird verschieden definiert:„Alterung oder Verschleiß“ sowie „vorzeitige Alterung oder Verschleiß“. Ein vorzeitiger Verschleiß lässt sich aber nur in Relation zu einer erwarteten Lebensdauer eines Produktes feststellen. Um diese Lebensdauer zu ermitteln, ist der gesellschaftliche Prozess zu beobachten, der verschiedenen Einflüssen unterliegt.Folgende Arten von Obsoleszenz lassen sich unterscheiden:5

3.2 WerkstofflicheObsoleszenz

Die werkstoffliche Obsoleszenz liegt in der nachlassenden oder mangelnden Leistungsfähigkeit von Materialien oder Komponenten. Billigere Rohstoffe bringen natürlich größere Gewinne. Ist der Konsument aber bereit für gute Qualität mehr Geld auszugeben, kann auch der Hersteller qualitativ höherwertige Rohstoffe verwenden. Leider ist es für den Konsumenten sehr schwierig, zu beurteilen, ob ein teureres Produkt auch tatsächlich mit höherwertigen Rohstoffen produziert wurde.

3.3 Funktionale Obsoleszenz

Funktionale Obsoleszenz entsteht durch veränderte technische und funktionale Anforderungen anein Produkt, zum Beispiel die Inkompatibilität von Software und Hardware elektronischer Geräte. Ein weiteres Beispiel wären Ladekabel von Smartphones, dessen Stecker im Laufe der Zeit wechseln.

3.4 Psychologische Obsoleszenz

Die Psychologische Obsoleszenz betrifft das Bedürfnis des Eintauschens von voll funktionsfähigen Gütern aufgrund neuer Modetrends beziehungsweise neuer technischer Entwicklungen.

3.5 Ökonomische Obsoleszenz

Ökonomische Obsoleszenz tritt ein, wenn die Kosten einer Wiederherstellung eines bereits verwendeten Produktes im Vergleich zur Anschaffung eines neuen nur einen geringen Unterschied aufweisen. Es wird kein Sinn in der Reparatur gesehen weil ein neues nur geringfügig teurer ist. Die Entscheidung für ein neues Konsumgut ist somit schnell getroffen. Die Gründe für dieses Phänomen liegen einerseits bei reparaturunfreundlichen Modellen, andererseits beim schnellen Preisverfall von Elektronikgeräten.

Beispiele von geplanter Obsoleszenz reichen von der Anschlussschnittstelle der externen Festplatte, über Netzladegeräte von Laptops, bis zum nicht wechselbaren Akku von Mobiltelefonen. Geplante Obsoleszenz steckt aber auch in der dunkelroten Hochglanzlackierung einer neuen Einbauküche, die das Buchenholzimitat der Vorgängerserie alt und aus der Mode gekommen aussehen lässt.6

3.6 Nachhaltiger Konsum

Nachhaltiger Konsum bezeichnet den „Ver- bzw. Gebrauch von Gütern und Dienstleistungen, der die Bedürfnisse der Konsumenten erfüllt, Umwelt und Ressourcen schont, und sowohl sozialverträglich als auch ökonomisch tragfähig ist.Damit stellt nachhaltiger Konsum das Gegenstück zu den materialistisch geprägten und vorherrschenden Konsumweisen dar und kann spiegelbildlich als Beitrag zur Minderung von Umweltbelastungen betrachtet werden.“7

Allgemein können folgende Dimensionen der Nachhaltigkeit definiert werden:8

3.6.1 Nachhaltigkeit der Staatstätigkeit

Staatstätigkeiten sollten unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet werden. Öffentliche Ausgaben könnten nachhaltig getätigt werden um so in Zukunft Kosten zu sparen und Einnahmen zu sichern. Als Beispiele seien Investitionen in Bildung und Umweltschutz angeführt.

3.6.2 Makroökonomische Nachhaltigkeit

Dass die Verschuldung privater Haushalte ein großes Risiko darstellt, hat die Eurokrise und auch die US-Subprime-Krise gezeigt. Die Leistungsbilanz zeichnet - unter Berücksichtigung der Verschuldung der Privathaushalte – eine mögliche Veränderung der Vermögensposition eines Landes im Vergleich zu den restlichen Ländern ab. Diese sollte ausgeglichen sein. Gibt es massive Leistungsbilanzüberschüsse, deutet dies darauf hin, dass andere Länder in nicht nachhaltige Systeme gerückt werden, und dadurch ein langfristiges Gleichgewicht gefährdet ist.

3.6.3 Soziale Nachhaltigkeit

Wachsende Ungleichheit ist sowohl mit einer abnehmenden Lebenszufriedenheit der KonsumentInnen verbunden, als auch mit der Gefährdung der sozialen Sicherheit und der Drohung von Ausschreitungen.

3.6.4 Ökologische Nachhaltigkeit

Die Wirtschaft sollte in jener Form angepasst werden, dass eine menschenwürdige Umwelt erhalten werden kann. Manche Experten vertreten den Standpunkt, dass das BIP-Wachstum vom steigenden Ressourcenverbrauch entkoppelt werden müsste. Andere sehen die einzige Möglichkeit für das Erreichen einer ökologischen Nachhaltigkeit im Schrumpfen des Bruttoinlandsproduktes.

3.7 Der Markt

„Markt“ ist jener reale oder virtuelle Ort, in demKonsumentIn und Produzent aufeinander treffen. Das Wort „Markt“ wurde im 18. Jahrhundert von dem Wirtschaftswissenschaftler Adam Smith zum ersten Mal definiert. Smith bezeichnete als Markt eine Tauschsituation, in der viele kleine Anbieter und Abnehmer interagieren. Jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin hat nur einen kleinen Anteil am Angebot bzw. an der Nachfrage, weswegen keiner der TeilnehmerInnen in der Lage ist, den Preis willkürlich zu beeinflussen. Aus dieser Situation sollte sich ein Marktgleichgewicht entwickeln, durch das je nach Relation von Angebot und Nachfrage der Gleichgewichtspreis gebildet werden könnte.Diesem freien Wirken des Marktmechanismus stehen Hürden gegenüber. Natürliche Monopole (z.B. ÖBB, E-Werke) und Oligopole (Großkonzerne) bilden Markteintrittsbarrieren. Auch versuchen staatliche Regelungen und Subventionen die Kaufentscheidung des Konsumenten in bestimmte Richtungen zu lenken. Beispielsweise garantiert man mit Hilfe von Patenten einem Produzenten eine temporäre Monopolstellung, damit Forschungs- und Entwicklungskosten refinanziert werden können.9

Ein Markt entsprechend diesem theoretischen Konstrukt existiert so gut wie nicht. Dafür gibt es zahlreiche Begründungen. Dem Großteil der KonsumentInnen ist nicht bekannt, wie hoch die Herstellungskosten des jeweiligen Produktes sind. Auch etwaige Qualitätsunterschiede – und damit begründete Preisunterschiede - sind für den Konsumenten nur schwer auszumachen. Der Konsument kann nur durch Preisvergleiche versuchen, einen passenden Wert zu ermitteln. Im Gegensatz dazu hat der Hersteller ganz genaue Aufzeichnungen über Produktionskosten, errechnet seinen Preis aber nicht als Aufschlag, sondern über Instrumente der Marktforschung, wie zum Beispiel Konsumentenbefragungen und Statistiken um die Zahlungsbereitschaft der Käufer zu ermitteln. Hinzu kommt der Einfluss der Mitbewerber.10

Ein tatsächlich freier Markt würde immer effizient arbeiten. Das heißt, alle möglichen Gewinne könnten realisiert werden. Nach dieser Realisierung wären für einen Gewinner nur mehr Gewinne auf Kosten anderer Teilnehmer möglich.

Gerecht ist dieses System nicht, da die Teilnehmer teilweise von extrem ungleichen Positionen aus starten und so Ihren Vorsprung weiter ausbauen könnten.11

4 Hauptsächlich betroffene Produktgruppen

Die Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz hat etwa 400 Kundenbewertungen über das Internet bezüglich geplanter Obsoleszenz ausgewertet, und zu folgenden Produktgruppen zusammengefasst.12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht der betroffenen Produktgruppen13

Aus dieser Tabelle geht eindeutig hervor, dass Elektronikgeräte jeder Art von geplanter Obsoleszenz betroffen sind. Kategorie 1 (Computer, Drucker, Kopierer und Internet) wurde mehr als doppelt so oft wie die zweite Kategorie genannt. Es könnte nun behauptet werden, dass geplante Obsoleszenz überall im Alltag auftaucht und unser menschliches Leben ununterbrochen begleitet. Vermehrt jedoch tritt das Phänomen bei moderner Elektronik auf.

5 Nutzungsdauer – der Versuch einer Definition

Bei jeglichen Gütern im Alltag spricht man von Lebensdauer oder Nutzungsdauer und vermischt damit unterschiedliche Begriffe. Jeder Konsument hat von dem Begriff „Lebensdauer“ eines Produkts eine unterschiedliche Vorstellung. Als Beispiel kann der Lebenszyklus eines Kraftfahrzeuges herangezogen werden. Für Jemanden, der nur Neuwagen besitzt, und diese nach kurzer Zeit wieder verkauft, hat solch ein Kraftfahrzeug eine sehr kurze Nutzungsdauer, jedoch ist die Lebensdauer des Fahrzeuges noch lange nicht zu Ende. Am Gebrauchtwagenmarkt wird ein neuer Besitzer gefunden und dieser nutzt dieses Fahrzeug weiterhin.Selbst wenn das Fahrzeug nicht mehr fahrtüchtig ist, gibt es immer noch eine „ Wertdauer “, da noch ein gewisser Restwert vorhanden ist. Erst durch Einpressung des Fahrzeuges endet die „ Existenzdauer “ des Fahrzeuges.Man kann also folgende Zeitperioden eines Produktes definieren:15

5.1 Die Nutzungsdauer

Die Nutzungsdauer gibt an, wie lange das Produkt von Konsumenten tatsächlich verwendet wird.

5.2 Die Grundnutzendauer = Lebensdauer

Die Lebensdauer umfasst jenen Zeitraum, innerhalb dessen ein und dasselbe Gut seinen Grundnutzen zu stiften vermag. Das heißt, das Produkt muss materiell unverändert bleiben und denselben kollektiven Nutzenerwartungen wie zuvor entsprechen.

5.3 Die Wertdauer

Als Wertdauer wird der Zeitraum bezeichnet, in dem das Gut – wenn auch nur subjektiver Art – einen Wert stiftet.

5.4 Die Existenzdauer

Als Existenzdauer bezeichnet man die physische Existenz eines materiell identischen Gegenstandes.

6 Verlängerung der Nutzungsdauer

Um eine lebenswerte Umwelt zu erhalten gilt es die Zeitspanne, die Konsumgüter genutzt werden, unabhängig von der Definition der Nutzungsdauer, zu verlängern beziehungsweise zu maximieren. Verwendet man ein Konsumgut doppelt so lange wie ein vergleichbares Gut, können Abfälle und Ressourcen von rund 50% gespart werden.

Folgende Maßnahmen wirken sich positiv auf die Dauer der Nutzung aus:16

- Produktion von Langzeitgütern: Güter, die seitens Design sowie Verwendbarkeit für eine längere Nutzungsdauer gebaut sind,
- Maßnahmen zur Nutzungsdauerverlängerung: Wiederverwendung, Reparatur, Möglichkeit zur technologischen Hochrüstung.

Auch eine Erhöhung der Nutzungsintensität hat einen positiven Einfluss und eine schonende Auswirkung auf Umweltressourcen. Durch Vermietung von Gütern mit einer langen Lebensdauer würde die Möglichkeit geschaffen werden, weniger Güter produzieren zu müssen aber im Gegenzug effizienter nutzen zu können.17

Ideen und Projekte diesbezüglich existieren bereits und befinden sich in Umsetzung, wie zum Beispiel „Car Sharing“ in Wien.Es gibt bereits auch Firmen, die Fahrzeuge zur kollektiven Nutzung anbieten und so ein effizientere Auslastung der Fahrzeuge ermöglichen, wenngleich die Schonung der Umwelt nicht ein vordergründiges Ziel dieser Firmen darstellt.

6.1 Wirtschaften in Kreisläufen (W.i.K.)

Bei der Beleuchtung des Phänomens der geplanten Obsoleszenz ist die Trennung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch ein wichtiges Detail. Ein erstes Geschäftsmodell des „Wirtschaften in Kreisläufen“ wurde zum ersten Mal 1976 in einer Studie für die EU-Kommission vorgestellt.18

Wirtschaften in Kreisläufen liegt die Idee zugrunde, dass eine Bestandesbewirtschaftung wirtschaftlicher ist als eine Ersatzwirtschaft. Rein technisch kann W.i.K als eine Vielzahl von Recycling-Kreisläufen betrachtet werden.19

Das Prinzip des W.i.K. ändert die ständige Fertigung von Gütern, die zuletzt im Abfall landen in einen Güter- sowie Molekülkreislauf. Dadurch werden energieintensive und umweltschädliche Tätigkeiten vermindert. Ein W.i.K ist aber aus folgenden Gründen arbeitsintensiver als industrielle Fertigungsprozesse:20

- Gewinne mittels Skalenerträgen können im Vergleich zur Produktion nur sehr eingeschränkt erzielt werden,
- „Rohstoffe“ (Altgüter) müssen erst bestimmt werden, da diese nicht einheitlich sind,
- ein hoher Aufwand der Wieder- und Weiterverwendung der gebrauchten Güter
- beziehungsweise Werkstoffe.

Die Gewinnung von Rohstoffen für die Produktion von Gütern macht weniger als 25% des gesamten Arbeitsaufwandes aus. Der Rest gilt der Produktion aus diesen Rohstoffen. Der Energieaufwand diesbezüglich verhält sich genau umgekehrt. Für die Gewinnung von Rohmaterial wird dreimal mehr Energie benötigt als notwendig ist, um daraus Güter zu fertigen. Durch die Verwendung von wiederverwertbaren Gütern würde enorm viel Energie eingespart werden können. Abgesehen von der Vermeidung der Abfallprodukte ergibt sich dadurch ein großes Energieeinsparungspotential. Da durch diese Umstellung nicht nur die Umwelt geschont werden würde, sondern auch positive Effekte auf Beschäftigungszahlen zu erwarten sind, wäre ein Lenkungseffekt mit Hilfe von Steuerersparnissen und Subventionen von Seiten des Staates wünschenswert.21

[...]


1 Gregory, P.: A Theory of Purposeful Obsolescence. North Carolina 1947. Seite 24

2 vgl. Reuß, J./ Dannoritzer C.: Kaufen für die Müllhalde. 1. Auflage. Orange Press. Freiburg, 2013. Seite 14ff

3 vgl. Reuß, J./ Dannoritzer C.: Kaufen für die Müllhalde. 1. Auflage. Orange Press. Freiburg, 2013. Seite 13

4 Reuß, J./ Dannoritzer C.: Kaufen für die Müllhalde. 1. Auflage. Orange-Press Freiburg 2013. Seite 17

5 vgl. Stamminger R.: Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_11_2016_einfluss_der_nutzungsdauer_von_produkten_obsoleszenz.pdf. Seite 64. Stand: 10.06.2016

6 vgl. Reuß, J. / Dannoritzer C.: Kaufen für die Müllhalde. 1. Aufage. Orange-Press. Freiburg 2013. Seite 10ff

7 Scherhorn, G. (Hrsg.): Nachhaltiger Konsum. ökom-Verl. München 2003. Seite 23ff

8 vgl. Annen, N.: Road Maps 2020. Campus Verlag. Frankfurt M. 2013. Seite 170

9 vgl. Kollmann, K / Schmutzer, M.: Mächte des Marktes. Verlag Österreich. Wien 2007. Seite 10ff.

10 vgl. Kollmann, K. /Schmutzer, M.: Mächte des Marktes. Verlag Österreich. Wien 2007. Seite 29f.

11 vgl.Layard R.: Die glückliche Gesellschaft. 2. Auflage. Campus Verlag. Frankfurt M. 2009. Seite 147f

12 vgl. Kreiß, Ch.: Geplanter Verschleiß. Europa Verlag. Wien 2014.Seite 62f

13 Kreiß, Ch.: Geplanter Verschleiß. Europa Verlag. Wien 2014. Seite 62f

14 vgl. Heine,Ch.: Die psychische Veralterung von Gütern. Lorenz Spindler Verlag. Nürnberg 1968. Seite 48f

15 vgl. Heine, Ch.: Die psychische Veralterung von Gütern. Lorenz Spindler Verlag. Nürnberg 1968. Seite 49f

16 vgl. Stahel, W.:Langlebigkeit und Materialrecycling. Vulkan Verlag Essen. Genf 1991. Seite 1

17 vgl. Stahel, W.:Langlebigkeit und Materialrecycling. Vulkan Verlag Essen. Genf 1991. Seite 2

18 vgl.Stahel, W.: Ausstieg aus der Wegwerfgesellschaft durch eine Rückbesinnung auf die Nachhaltigkeit. http://www.productlife.org/files/ZU%2023.03%20Stahel%20Version%20PLI%20june12.pdf. Seite 1f. Stand 01.06.2016

19 vgl.Stahel, W.: Ausstieg aus der Wegwerfgesellschaft durch eine Rückbesinnung auf die Nachhaltigkeit. http://www.productlife.org/files/ZU%2023.03%20Stahel%20Version%20PLI%20june12.pdf. Seite 6.

20 vgl. Stahel, W. Ausstieg aus der Wegwerfgesellschaft durch eine Rückbesinnung auf die Nachhaltigkeit, Seite 7

21 vgl. Stahel, W. Ausstieg aus der Wegwerfgesellschaft durch eine Rückbesinnung auf die Nachhaltigkeit, Seite 7f

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Geplante Obsoleszenz als Konsumtreiber. Wie Hersteller die Nutzungsdauer ihrer Produkte verkürzen, um den Konsum zu lenken
Autor
Jahr
2019
Seiten
66
Katalognummer
V450768
ISBN (eBook)
9783960955269
ISBN (Buch)
9783960955276
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsum, Geplante Obsoleszenz, Nutzungsdauer, Konsumforschung, Verbraucher, Lebensdauer, Nachhaltigkeit, Verbrauchermacht, Konsumentenschutz, Produktlebenszyklus, Verschleiß, Konsumverhalten, Recycling
Arbeit zitieren
Daniel Gerbautz (Autor:in), 2019, Geplante Obsoleszenz als Konsumtreiber. Wie Hersteller die Nutzungsdauer ihrer Produkte verkürzen, um den Konsum zu lenken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450768

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