Die Ehe für alle als vorläufiger Endpunkt der Rechtsentwicklung für gleichgeschlechtliche Paare


Bachelorarbeit, 2018

54 Seiten, Note: 2,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
I. Definition der Ehe
1. Die Entstehung des Ehebegriffs in Art. 6 Abs. 1 GG
2. Die historische Entwicklung der Ehe
II. Die eingetragene Lebenspartnerschaft
III. Die Familie
1. Die Definition von Familie
2. Die Bedeutung von Familie

C. Abstammungsrecht und Kindschaftsrecht
I. Das Kindschaftsrecht ein kurzer Überblick
II. Das Abstammungsrecht
1. Verfassungsrechtlicher Elternbegriff
2. Mutterschaft

D. Der Kinderwunsch gleichgeschlechtlicher Paare
I. Möglichkeiten der Elternschaft
1. Das kleine Sorgerecht
2. Sukzessivadoption
3. Die Stiefkindadoption
4. Die gemeinschaftliche Adoption
5. Co-Mutterschaft
6. Elternschaft von schwulen Paaren
II. Mehrelternfamilien

E. Trans- und Intersexuelle Menschen
I. Unterschiede
1. Transsexuelle Personen
2. Intersexuelle Personen
II. Ehe
1) Transsexuelle
3) Intersexuelle

F. Fazit

Literaturverzeichnis

„Wir treten in das Leben ein und in die menschliche Gesellschaft mit demselben Recht wie ihr. Ihr findet eine sanctionirende Form für die geschlechtliche Liebe vor ohne euer Zuthun. Für uns ist keine da: wohlan, so fordern wir, daß man für uns eine solche schaffe.“

Karl Heinrich Ulrichs, Pionier der Schwulenbewegung, im Jahre 1870 zur „Homoehe“

A. Einleitung

Axel und Eigil Axgil schlossen am 01.10.1989 als erstes schwules Paar der Welt, den Bund fürs Leben, nach vierzig jähriger Beziehung im Kopenhagener Rathaus.[1]

Am 10. Juni 2001 bekannte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit öffentlich auf einem Landesparteitag der SPD zu seiner Homosexualität, mit dem berühmten Satz: „Ich bin schwul und das ist auch gut so.“ Somit stand Klaus Wowereit als erster Spitzenpolitiker öffentlich zu seiner Homosexualität und erlangte damit einen hohen Grad an Bekanntheit.

Werner Josef Patzelt, ein Politikwissenschaftler sagte: „Wowereits Outing war ein Befreiungsschlag.“[2] Klaus Wowereit schrieb im April 2015 das es der wichtigste Satz in seinem Leben gewesen ist.[3]

Das es homosexuellen Menschen auch heute noch schwer fällt sich zu outen scheint doch eher ein gesellschaftliches Problem zu sein. Nicht anders kann man sich erklären, dass es im Gegensatz zu anderen Ländern in Deutschland sehr lange dauerte bis man sich dazu entschieden hat, homosexuellen Paaren die Möglichkeit zur Eheschließung zu geben. Der LSVD (Lesben und Schwulenverband) wirbt unter dem Motto „Liebe verdient Respekt“ in der Öffentlichkeit nicht nur für Akzeptanz, sondern sie machen auch mobil gegen Diskriminierungen und Anfeindungen. Somit setzen sie sich als Bürgerrechtsverband für die gesetzliche Gleichstellung auf allen Ebenen ein. Es ist ihnen zu verdanken das nach ihrer 10 jährigen hartnäckigen Arbeit das Lebenspartnerschaftsgesetz 2001 in Kraft trat und sie das Parlament letztendlich überzeugen konnten.[4] Jedoch fehlten im Lebenspartnerschaftsgesetz einige Regelungen für die Gleichstellung von homosexuellen Paaren.

Im Steuerrecht, Beamtenrecht und bei der Adoption von Kindern.[5]

Als erstes Verfassungsorgan hat der Bundesrat am 22. März 2013 einen Gesetzesentwurf über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare an den Bundestag und die Bundesregierung gerichtet.[6]

Das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung wurde am 30. Juni 2017 in einer Sitzung des Bundestages mit 393 „Ja“- und 226 „Nein“ Stimmen beschlossen. Am 28. 07. 2017 wurde das „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ (EheöffnungsG) vom 20.07.2017 im Bundesgesetzblatt (BGBI. I S. 2787) veröffentlicht.

Dieses ist am 01.10.2017 in Kraft getreten und beruht auf dem Gesetzesentwurf des Bundesrates vom 11.11.2015.[7] Mit diesem Gesetz wurde das Lebenspartnerschaftsgesetz abgelöst, welches am 01.08.2001 in Kraft getreten ist und homosexuellen Paaren ermöglichte eine Eheähnliche Gemeinschaft zu begründen. Damit war es Menschen gleichen Geschlechts zum ersten Mal in Deutschland rechtlich organisiert möglich füreinander Verantwortung zu übernehmen.[8] Es gibt in der EU aber bereits 13 Vorgänger, welche die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare bereits öffneten. Die Niederlande waren 2001 das Erste Land. Darauf folgten Belgien, Spanien, Norwegen, Schweden, Island, Portugal, Dänemark, Frankreich und Luxemburg, sowie England, Schottland, Irland, Finnland und auch Malta.[9] Auch der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten verpflichtete am 26. Juni 2015 die Bundesstaaten dazu, Eheschließungen zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts zuzulassen und bestehende Ehen aus anderen Ländern anzuerkennen.[10] Seid dem Inkrafttreten des Gesetztes zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, können keine Lebenspartnerschaften mehr begründet werden, dies geht aus Art. 3 Abs. 3 EheöffnungsG hervor.

Damit wurde ein neuer Meilenstein für homosexuelle Paare gesetzt. Homosexuelle Paare haben nun die gleichen Zivilrechtlichen Rechte und Pflichten wie heterosexuelle Paare auch, sofern sie eine Ehe eingehen. Der Paragraph 1353 I 1 BGB Eheliche Lebensgemeinschaft lautete ursprünglich: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.“

Der erste Satz wurde geändert und lautet seit dem 01.10.2017: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“

Durch die längst überfällige Gesetzesänderung und Gleichstellung von homosexuellen Paaren tritt man der Diskriminierung stark entgegen. Erst im Jahr 1994 wurde der § 175 StGB gänzlich abgeschafft, wonach die gleichgeschlechtliche Beziehung unter Männern strafbar war. Zudem gab es eine erhebliche Ungleichbehandlung in Bezug auf Kinder.

Obwohl es schon sehr lange nicht mehr notwendig ist, bei Eingehung der Ehe auch Kinder zu Zeugen oder zu adoptieren. Die Formen der Familie wurden über die Jahre immer vielfältiger. Nun durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist es homosexuellen Paaren endlich auch möglich genau wie heterosexuelle Paare, Kinder zu adoptieren. Vorher gab es bei gleichgeschlechtlichen Paaren erhebliche Schwierigkeiten bei der Adoption. Es war dem Lebenspartner nur möglich ein Kind im Wege der Stiefkindadoption anzunehmen.

Somit bedeutet die Ehe für alle jetzt, Familie für alle. Aber ist die Adoption der letzte Schritt für homosexuelle Paare? Nach der Ehe für alle bleibt nun Offen was sich im Bezug auf das Abstammungsrecht ändern muss.

Bleibt die Mutter des Kindes, die Frau welche es geboren hat, gemäß § 1591 BGB? Und wie sieht es mit dem rechtlichen Vater aus? Diese und andere Fragen wurden nicht abschließend mit der Einführung des neuen § 1353 BGB geklärt. Der LSVD „Lesben und Schwulenverband“ kämpft seit Jahren für die Gleichstellung homosexueller Paare und der Anpassung des Familienrechts. Wachsen doch viele Kinder bei gleichgeschlechtlichen Paaren auf. Rechtlich wurde aber nicht viel für die Eltern über Jahre getan. Auch nicht wenn eine Lebenspartnerschaft eingegangen wurde, änderte sich etwas in Bezug auf die Adoption oder aber die Anerkennung eines Kindes durch beide „Eltern“.

Gerald Spieler kommt in seiner Veröffentlichung 2012 zu dem Fazit, dass die homosexuelle Orientierung der Eltern gerade kein Hinderungsgrund für eine gelingende Elternschaft ist und auch nicht dem Wohl der Kinder und Jugendlichen widerspricht.[11]

Kinder und Jugendliche welche in Lebenspartnerschaften aufwachsen zeigen keine großen Unterschiede zu Kindern aus heterosexuellen Beziehungen. Jedoch haben sie ein höheres Selbstwertgefühl als Kinder in anderen Familienformen.[12] Seit 2012 gibt es vom LSVD das Projekt „Regenbogenfamilien“ dort kämpfen sie für die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien. Viele Kinder die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aufwachsen stammen aus vorherigen Ehen.

In dieser Arbeit wird die Rechtsentwicklung von Ehe und Familie in Bezug auf gleichgeschlechtliche Paare dargestellt und welche rechtlichen Hürden noch zu bewältigen sind, um homosexuellen Paaren den Weg zur Elternschaft zu erleichtern. Insbesondere wird dabei auf das Abstammungsrecht eingegangen.

B. Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017 die traditionelle Form der Ehe, zwischen Mann und Frau aufgegeben. Nunmehr haben auch Personen gleichen Geschlechts die Möglichkeit eine Ehe einzugehen, mit den gleichen Rechten und Pflichten des Eherechts, welches vorher nur heterosexuellen Paaren zustand.[13] Seit dem 01.10.2017 steht das Institut der Ehe nun allen Menschen offen, egal ob homo- oder heterosexuell.

I. Definition der Ehe

Der Begriff der Ehe wird im Grundgesetz nicht näher definiert.[14]

Die Ehe wurde nach christlich-abendländischer Tradition und der herrschenden Meinung, als eine Verbindung zwischen Mann und Frau angesehen, welche eine auf Dauer angelegte gemeinsame Lebensgemeinschaft voraussetzte. Diese beruhte zudem auf einem freiwilligen Entschluss. Auch sollte sie durch die Mitwirkung des Staates zusammen kommen.[15] Wichtig war es, dass die Ehe nur zwischen Personen verschiedenen Geschlechts zustande kam. Denn zu einer Ehe gehörte dies als Strukturprinzip. Die Ehe ist als Institutsgarantie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG unantastbar.[16] Aus einer Ehe soll naturgemäß eine Familie hervorgehen.Aus biologischen Gründen können sich nur verschiedengeschlechtliche Paare fortpflanzen.[17] Nach diesem Eheverständnis wäre eine Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren schier unmöglich, denn sie können naturgemäß keine Kinder Zeugen. Dafür würden sie eine Frau zum gebären oder aber einen Mann zum Zeugen benötigen. Würde man also dem Verständnis der Ehe folgen sich fortpflanzen zu müssen, dürften auch Zeugungsunfähige verschiedengeschlechtliche Paare nicht heiraten.

Denn aus ihnen geht auch keine Familie hervor. Auch gibt es genügend Ehepaare, welche sich bewusst dazu entschließen keine Kinder zu bekommen. Wieso also sollten gleichgeschlechtliche Paare nicht heiraten dürfen?

Ist der Begriff der Ehe doch nicht näher definiert worden. Es heißt lediglich in Art. 6 Abs. 1 GG, dass die Ehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht. Dadurch kann man den Begriff der Ehe durchaus modern interpretieren und dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Dadurch wird der Art. 6 GG nicht verletzt. Somit war es dem einfachen Gesetzgeber auch möglich den § 1353 BGB zu ändern und die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.[18]

Die Ehe ist geprägt durch die Monogamie, dass heißt zwischen zwei Personen. Das Ziel der Ehe ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft darstellt mit der Pflicht zur Beistandsleistung und zur Hilfe- und Gefahrenabwehr. Die Eheschließung beruht auf dem freiwilligen Entschluss der Partner, sowie zur Familiengründung. Die Ehepartner sind im Vergleich zu damals gleichberechtigt und nicht mehr patriarchalisch geprägt. Die Ehe wird durch einen staatlichen Mitwirkungsakt vollzogen, das heißt durch einen feststellenden Verwaltungsakt des Standesbeamten.

1. Die Entstehung des Ehebegriffs in Art. 6 Abs. 1 GG

Da der Art. 6 Abs. 1 GG nicht näher definiert ist, bleibt offen weshalb trotz dieser Offenheit des Art. 6 Abs. 1 GG die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erst im Jahr 2017 möglich wurde. Denn in Art. 6 GG ist nicht erwähnt, dass es sich um Personen verschiedenen Geschlechts handeln muss.

Man kann darauf schließen, dass die Mitglieder des Parlamentarischen Rates 1948/49 bei der Erarbeitung des Grundgesetzes nicht auf die Idee kamen, dass auch homosexuelle Paare irgendwann heiraten wollen würden. Es wurde gerade nach damaligem Verständnis über die Ehe stillschweigend vorausgesetzt, dass es sich eben nur um Mann und Frau handeln kann.[19]

War doch die gleichgeschlechtliche Beziehung insbesondere der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern gemäß § 175 StGB unter Strafe gestellt.[20] 1957 entschied das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der §§ 175, 176 StGB, da die homosexuellen Handlungen zwischen Männern als sittenwidrig galten.[21] Es gab eine klare Regelung im Familienrecht und eine sehr patriarchalische Rollenverteilung von Mann und Frau.[22] Da gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit Gefängnis bestraft wurden, kann man davon ausgehen, dass die Vorstellung einer Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren niemandem in den Sinn kam, auch nach damaligem Verständnis nicht für die Zukunft. Damals hatte der Ehemann die Entscheidungsbefugnis über die Frau, gerade in Streitfragen.[23] Es wurde gerade vorausgesetzt, dass es sich bei der Ehe nur um eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau handelt.[24]

2. Die historische Entwicklung der Ehe

Das Wort Ehe kommt von dem altdeutschen Wort ewe und bedeutet, Gesetz oder Gewohnheitsrecht.

Es wurde damals oft nur geheiratet um Familien zu verbünden, einen Stamm fortzusetzen oder aber meist auch die Frau finanziell abzusichern. Die Frau wurde von Beginn an der Ehe dem Mann immer untergeordnet, Liebe spielte keine große Rolle. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Ehe weg von der Existenzsicherung hin zur Liebesehe.[25]

Aus dem Besitzverhältnis zwischen Mann und Frau wurde ein Verhältnis zwischen zwei Individuen gekennzeichnet durch die freie Partnerwahl. Auch wurden die Aufgaben zwischen dem Mann und Frau aufgeteilt.[26] Davor war die Ehe war lediglich Männern gestattet, welche in der Lage waren eine Familie zu ernähren. Sie mussten finanziell abgesichert sein. Besitzlose hingegen durften nicht heiraten.[27]

Somit war die Ehe nicht nur ein soziales- sondern auch ein wirtschaftliches System, welches sich mit der Weiterentwicklung von Industrie und Wirtschaft änderte. Es entstanden die bürgerlichen Kleinfamilien, durch die Trennung von Arbeit und Privatleben. Die Großfamilie stand nun nicht mehr im Mittelpunkt, sondern die Zweierbeziehung, zwischen Mann und Frau.[28] Weg von dem Leitbild der Hausfrauen Ehe, trat am 01.07.1977 das 1- Eherechtsreformgesetz (1. EheRG) in Kraft. Dieses wurde von der Aufbruchstimmung der 1968er Jahre beeinflusst. Nunmehr sollten die Ehepaare ihre Ehe selber gestalten und nicht der Staat.[29] Da die Ehe aber nicht nur im privaten Bereich stattfand, wollte der Staat seinen Ordnungsaufgaben auch weiterhin nachkommen. Denn die Ehe ist auch von großer Bedeutung für den Staat und der Gesellschaft. Auch wenn es für den einfachen Gesetzgeber schwierig sein würde das Ehe- und Familienrecht an die modernen Familienmodelle anzupassen, so orientierte man sich an dem Leitbild des Bundesverfassungsgerichts.[30] In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1959 heißt es zur Ehe und Familie, dass die Ehe die Vereinigung zwischen Mann und Frau ist und zwar in Form einer unauflöslichen Gemeinschaft. Die Familie wird als die umfassendste Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern beschrieben. Die Eltern haben das Recht und die Pflicht zur Erziehung der Kinder.[31]

An dem Grundsatz das eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden kann, daran hält das Bundesverfassungsgericht auch heute noch im Kern fest.

Davon ausgehend das die Ehe historisch und laut Bundesverfassungsgericht zwischen Mann und Frau vollzogen werden kann und die Ehe durch persönliche und religiöse Merkmale geprägt ist, so ist es nicht verwunderlich das die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare Jahrzehnte lang nicht in Erwägung gezogen wurde. So hatte man Jahrzehnte damit zu kämpfen Frauen den Männern gleichzustellen und von dem patriarchalischen Ehebild wegzukommen.[32] Die Frauen kämpften jahrelang in den späten 60er Jahren in Frauenbewegungen gegen ihre Unterdrückung.[33] Erst im 19. Jahrhundert gab es die Zivilrechtliche Ehe. Demnach kann dem Staat nicht vorgeworfen werden jahrelang gezögert zu haben, die Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren zu öffnen. Denn noch vor ca. 100 Jahren wurde das Verhalten und auch das Bewusstsein der Menschen gerade aufgrund fremder Gesetze und Sittengesetze geprägt. Denn schon alleine das Zusammenleben von einem Paar ohne Trauschein, galt nicht nur von der Rechtsprechung als sittenwidrig, sondern auch von einem Großteil der Bevölkerung.[34]

Auch kam dem traditionellen Eheverständnis die Geschlechtsverschiedenheit der Ehegatten eine prägende Bedeutung zu. Sie galt lange Zeit als notwendige Voraussetzung für die Eheschließung im Sinne des Art. 6 GG. Nach diesem Begriffsverständnis war die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ausgeschlossen.[35] Das Grundgesetz schützt in Art. 6 GG die Ehe als Beistand- und Verantwortungsgemeinschaft. Die Weimarer Verfassung hingegen sah die Ehe als Grundlage der Familie, insbesondere in Bezug auf die Fortpflanzung. Nach heutigem Verständnis fällt auch die kinderlose Ehe unter den Schutz des Art. 6 GG.[36] Die Anpassungen an das Ehe- und Familienrecht scheinen von dem gesellschaftlichem Wandel geprägt zu sein. So trat man 2001 der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare bereits mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz entgegen. Wenn man davon ausgeht, dass die Homosexualität zwischen Männern bis 1994 noch unter Strafe gestellt wurde, war dies bereits ein großer Meilenstein für homosexuelle Paare.

Die Forderung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, scheint eher keinen romantischen Zweck zu erfüllen, sondern eher rechtliche Aspekte. So ist die Lebenspartnerschaft rechtlich gegenüber der Eherechte benachteiligt, insbesondere im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht.[37] Bei der Hinterbliebenenversorgung im Beamtenrecht[38] und der Ungleichbehandlung in Bezug auf den Familienzuschlag im Beamtenrecht[39] und der ehemaligen Ungleichbehandlung in dem Grunderwerbssteuerrecht gemäß § 3 Nr. 4 GrEStG.[40] Lediglich das Einkommenssteuerrecht wurde vom Bundesverfassungsgericht beanstandet, sodass es zu einem Ehesplittingtarif auf Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaf führte.[41] Im Adoptionsrecht gibt es für eingetragene Lebenspartnerschaften die Möglichkeit im Wege der Sukzessiv Adoption ein Kind anzunehmen. Dass dies nicht akzeptabel ist, liegt auf der Hand.

Am 22. März 2013 hat der Bundesrat bereits einen Gesetzesentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts beschlossen und dem Bundestag vorgelegt.[42] Wegen Ablauf der Wahlperiode jedoch nicht in Kraft getreten. Am 11.11.2015 wurde vom Bundesrat erneut ein Gesetzesentwurf zur Einführung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts dem Bundestag vorgelegt. Darin wird die Änderung des § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB gefordert, sowie die die Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Eine Lebenspartnerschaft soll sofern gewünscht in eine Ehe umgewandelt werden können.[43] Am 20.07.2017 hat der Gesetzgeber dann endlich nach jahrelangem hin und her die Änderung des § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB beschlossen und das Institut der Ehe auch gleichgeschlechtlichen Paaren geöffnet.[44] Dieses Gesetz ist am 01.10.2017 in Kraft getreten. Nach dem Konsensprinzip kommt die Ehe durch den erklärten Willen der Heiratswilligen zustande, die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen gemäß § 1353 I 1 BGB.

Dies schließt eine Scheidung oder die Aufhebbarkeit der Ehe aber nicht aus. Die gleichgeschlechtlichen Ehepartner sind gleichberechtigt.

Durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, haben die Ehepartner nun die gleichen Rechte und Pflichten der Ehe wie auch heterosexuelle Paare. Somit können nun auch homosexuelle Paare Kinder gemeinschaftlich adoptieren. Die sogenannte „Ehe für alle“ sorgt also für eine Gleichberechtigung von homosexuellen Partnerschaften zu heterosexuellen Partnerschaften.

II. Die eingetragene Lebenspartnerschaft

Homosexuelle Paare hatten es in Deutschland nicht einfach. 1957 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Homosexualität als sittenwidrig und hielt die Strafbarkeit homosexueller Handlungen weiterhin für billig. Der § 175 StGB wurde erst 1994 abgeschafft. Heute wäre die Strafbarkeit wegen Homosexualität undenkbar. Es ist menschenrechtswidrig jemanden wegen seiner sexuellen Orientierung zu bestrafen.[45] Auch wurde die Homosexualität erst 1993 aus dem Krankheitsregister der WHO gestrichen.[46] 1989 übernahm Dänemark die Vorreiterrolle in Europa und ließ das erste Lebenspartnerschaftsgesetz der Welt in Kraft treten.[47]

1990 brachte die Bundestagsfraktion der Grünen in Deutschland eine Gesetzesinitiative zur Abschaffung der rechtlichen Diskriminierung von Homosexuellen in den Bundestag ein. Auch sollte der § 1353 BGB bereits dahingehend geändert werden, dass die Ehe von Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts geschlossen werden kann.[48] Mit Ablauf der 11. Legislaturperiode wurde dies nicht mehr behandelt.

250 lesbische und schwule Paare bestellten bei der „Aktion Standesamt“ am 19.8.1992 bei den Standesämtern in verschiedenen Städten ein Aufgebot. Sie versuchten das Recht zu heiraten gerichtlich einzuklagen, sind aber 1993 im Herbst vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Es nahm die ca. 30 Verfassungsbeschwerden gar nicht erst zur Entscheidung.[49]

Mit dieser Aktion wurde die Forderung von gleichgeschlechtlichen Paaren auf gleiche Rechte in Deutschland laut.[50] Nach Dänemark führte Norwegen 1993[51] die Eingetragene Partnerschaft ein. Es folgten Schweden, Belgien, Island, die Niederlande und Frankreich. Mit steigendem Nachdruck wurde vom Europäischen Parlament die Beseitigung von Diskriminierung homosexueller Menschen gefordert. Am 04.07.2000 wurde dazu ein umfassendes Gesetz veröffentlicht, nach einem Regierungswechsel im Jahr 1998.[52] Der erste ausformulierte Gesetzesentwurf zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, welcher in den Bundestag eingebracht wurde, stammt von den Grünen.[53]

Die CDU und die CSU lehnten bis 1998 gesetzliche Regelungen ab. Trotz der späteren Bereitschaft zu einzelnen Regelungen, lehnten sie ein neues Rechtsinstitut weiter ab.[54] Die SPD legte im März 1998 ebenfalls einen Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes dem Bundestag vor.[55] Die eingetragene Lebenspartnerschaft sollte bis auf die Adoption die gleichen Rechte und Pflichten wie die der Ehe erhalten.[56] Durch die Eingetragene Lebenspartnerschaft erhielten homosexuelle Paare zwar die Pflichten, aber nicht die gleichen Rechte einer Ehe.[57] Das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare ist am 1.8.2001 in Kraft getreten.[58] Mit dem neuen Lebenspartnerschaftsgesetz LPartG wurde ein neues Rechtsinstitut im Familienrecht geschaffen. Mehrere von der CDU und CSU regierten Bundesländer riefen mit einem Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes das Bundesverfassungsgericht an.[59] Mit einem Urteil vom 17.7.2002 stellte das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit der Normen mit dem Grundgesetz fest.[60]

Durch die vorangegangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, glich der Gesetzgeber die eingetragene Lebenspartnerschaft an die Ehe in Form eines Gesetztes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 1.1.2005 an.[61] Dabei wurde die Möglichkeit der Stiefkindadoption geöffnet, durch die Ergänzung des § 9 Abs. 7 S. 1 LPartG.[62] Über die Jahre wurde die Leebenspartnerschaft immer mehr an die Ehe angeglichen. Nur nicht im Adoptions- und Abstammungsrecht, denn ein fremdes Kind kann nicht gemeinsam adoptiert werden.

[...]


[1] Wolfert, Axel Axgil: Der Wegbereiter, S. 31 – 33.

[2] Georg Fahrion, Homosexuelle Politiker.

[3] Ralf Hirschberger: Ein Zitat In: tagesspiegel.de, 5. April 2015, abgerufen am 27. 05.2018.

[4] Https://www.lsvd.de/ziele/buergerrechte.html#c668, abgerufen am 27.05.2018.

[5] Vgl. Beck, FPR, 2010, 220, 222.

[6] Siehe Pressemitteilung des Deutschen Bundesrates vom 22. März 2013 inkl. Link zum entsprechenden Gesetzesentwurf. URL-Dokument: http://www.bundesrat.de/cln_350/nn_6906/DE/presse/pm/2013/078-2013.html?_nnn=true.

[7] BT-Drs. 18/6665 v. 11.11.2015.

[8] Vgl. Bruns / Kemper, HK - LPartG, Vorwort.

[9] Heiderhoff, in: Bamberger/Roth et. al. (Hrsg.), BeckOK BGB, Art. 17b EGBGB, Rn. 6.1; Lesben- und Schwulenverband Deutschland, Öffnung der Ehe, https://www.lsvd.de/politik/oeffnung-der-Ehe.html, abgerufen am 28.05.2018.

[10] Supreme Court, Obergefell v. Hodges, Urteil v. 26. Juni 2015, No. 14-556.

[11] Spieler, Homosexualität.

[12] Rupp/Bergold, Die Lebenssituation, S. 305.

[13] Vgl. Schwab, Familienrecht, S. 15.

[14] Vgl. Roth, in: MüKo, § 1353, Rn. 1 ff.; BVerfGE 6, 55, 71.

[15] BVerfGE 105, 313, 342 ff.: 53, 224, 245; 31, 58, 82; Hillgruber, JZ 2010, 41, 42.

[16] BVerfGE, NJW 1993, 3058; BverwG, NvwZ 1997, 189, 190; Pieroth/Kingreen, KritV 2002, 219, 239; Scholz/Uhle, NJW 2001, 393, 394.

[17] Vgl. BVerfGE 6, 55, 71.

[18] Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.07.2017 – BGBI I 2017, S. 2787.

[19] Vgl. Möller, Der Ehebegriff, S. 66 f.

[20] § 175 StGB in der 1949 geltenden Fassung: „(1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen lässt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen.“ (Gesetz v. 28.06.1935 I, 839).

[21] BVerfGE 6, 389.

[22] Vgl. Gerlach, Familie, S. 28 ff.

[23] § 1354 BGB in der Fassung bis 1958 (seither weggefallen): „(1) Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. (2) Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.“

[24] Siehe Möller, Der Ehebegriff, S. 66 f.

[25] Vgl. Gerlach, Familie, S. 35 f.

[26] Vgl. Gerlach, Familie, S. 35 f.

[27] Vgl. Beck-Gernsheim, Was kommt nach der Familie?, S. 25f.

[28] Vgl. Gerlach, Familie, S. 27 ff.

[29] Vgl. Willutzki, FamRZ 1997, S. 777.

[30] Vgl. Mikat, FamRZ 1972, S. 1 ff.

[31] Vgl. BVerfGE 10, 59 ff.; Bosch, FamRZ 1959, 416 ff.

[32] Gerlach, Familie, S. 36.

[33] Funcke / Thorn, Die gleichgeschlechtliche Familie, S. 1.

[34] Mende, Verliebt – Verheiratet – Geschieden, S. 100 ff.

[35] BVerfGE, NJW 1993, 3058; BVerfGE 105, 313, 345 f., NJW 2002, 2543; BVerwGE 100, 287, 294, NVwz 1997, 189.

[36] BT-Drs. 18/6665.

[37] BVerfGE 126, 400 – 433.

[38] BVerwG, NVwZ 2011, 499.

[39] BVerfGE 131, 239 – 267.

[40] BVerfGE 132, 179 – 194.

[41] Gesetz v. 15.7.2013, BGBI I s. 2397 (steuerliche Gleichstellung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften).

[42] BR-Drs. 193/13.

[43] BT-Drs. 18/6665 (Entwurf).

[44] BGBI I 2017, S. 2787; siehe BT-Drs. 18/6665, S. 5 ff.

[45] Vgl. EGMR, NJW 1984, 541.

[46] Vgl. Verzeichnis der International Classification of Deseases, 10. Auflage 1993.

[47] Siehe Dopffel/Scherpe in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel, S. 10 f., 18 ff.

[48] BT-Drs. 11/7197.

[49] BVerfG, NJW 1993, 3058.

[50] Vgl. Wölfl, Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft, S. 212 ff.

[51] Vgl. Dopffel/Scherpe in: Basedow/Hopt/Kötz/Dopffel, S. 13 ff., 18 ff.

[52] Vgl. Wölfl, Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft, S. 224 ff.

[53] BT-Drs. 11/7197.

[54] BT-Drs. 14/4551.

[55] BT-Drs. 13/10081.

[56] Ebenda.

[57] Vgl. Gerlach, Regenbogenfamilien, S. 116.

[58] BGB1. I 2001, 266; BT-Drs. 14/4545 (Entwurf); BT-Drs. 14/4550.

[59] Müller-Götzmann, gleichgeschlechtliche Elternschaft, S. 125.

[60] BVerfGE 105, 313 – 365.

[61] BT-Drs. 15/3445 (Entwurf); BT-Drs. 15/4052.; Vgl. Müller-Götzmann, gleichgeschlechtliche Elternschaft, S. 131.

[62] Vgl. Müller-Götzmann, gleichgeschlechtliche Elternschaft, S. 170.

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Die Ehe für alle als vorläufiger Endpunkt der Rechtsentwicklung für gleichgeschlechtliche Paare
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Note
2,6
Autor
Jahr
2018
Seiten
54
Katalognummer
V450207
ISBN (eBook)
9783668855328
ISBN (Buch)
9783668855335
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit dieser Arbeit habe ich den akademischen Grad des Bachelor of Law am 27.09.2018 verliehen bekommen.
Schlagworte
Ehe für alle, gleichgeschlechtliche Paare, Adoption, Leihmutterschaft, Rechtsentwicklung, Ehe und Familie, Mutterschaft, Eheöffnungsgesetz, Art.6
Arbeit zitieren
Charis-Maria Kruppa (Autor:in), 2018, Die Ehe für alle als vorläufiger Endpunkt der Rechtsentwicklung für gleichgeschlechtliche Paare, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450207

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