Die Bedeutung der Sprache beim Bewegungslernen mit zunehmendem Alter


Hausarbeit, 2002

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Forschungsgegenstand
2.1 Forschungshypothese
2.2 Theoretische Grundlagen

3 Erfahrungsberichte
3.1 Bewegungslernen im Windsurfsport
3.1.1 Eigenes Lernen – die Schülersichtweise
3.1.2 Bewegungen vermitteln – die Lehrersichtweise
3.2 Bewegungslernen im Schwimmsport
3.3 Bewegungslernen im Handball

4 Diskussion

5 Literaturverzeichnis

Vorwort

Da die Sprache unser aller Leben beeinflusst, war es eigentlich ganz verständlich, einen Zusammenhang zu dem Sportstudium herzustellen.

Während der Bearbeitung dieses Themas beschäftigten wir uns eigentlich zum ersten Mal mit den konkreten Auswirkungen der Sprache auf das Erlernen von Bewegungen. Früher haben wir an den Trainingseinheiten entweder als Sportler teilgenommen oder als Trainer weitestgehend ohne wissenschaftlichen Hintergrund geleitet. Dass es trotzdem gelungen ist Bewegungsabläufe zu vermitteln, ist vor allem dem motorischen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zuzuschreiben.

An dieser Stelle wollen wir uns bei den unterstützenden Institutionen bedanken. Da wäre zunächst die Surfschule in Pepelow, der Handballverein SV Post Telekom Schwerin sowie der Schwimmclub SV Berolina in Berlin. Wir konnten uns bei ihnen einen Eindruck über den derzeitigen Umgang beim Lehr – Lern - Prozess verschaffen und über den Trainingsablauf informieren. Dass danach das ein oder andere Bier floss und Steaks auf dem Grill gewendet wurden, braucht nicht betont werden.

Weiterer Dank gilt dem Penny – Markt, der auch um 19.50 Uhr noch geöffnet hatte und uns somit den Kühlschrank füllen ließ. Die Alberto – Pizza war unser Favorit.

Es gilt noch zu sagen, dass das Schreiben an diesem Thema auch die Bearbeiter weiter zusammengeschweißt hat, da es diese Stunden sind, die uns zu Studenten werden lassen. Die Scheine müssen erlegt werden und daher danken wir unserem Professor Dr. Volker Zschorlich, der uns die Möglichkeit gab, eine gemeinsam verfasste Arbeit abzugeben.

Schließlich wollen wir uns bei unserer wichtigsten Motivationshilfe bedanken, die uns davor bewahrte, das hervorragende Wetter zu nutzen und zum Beispiel Beachvolleyball spielen zu gehen: Die Musik in Form von MP3 – Dateien. Künstler aus der ganzen Welt kamen in unseren kleinen Raum und spielten zur Erheiterung auf. Hervorzuheben ist Berry White, der uns mit seiner Stimme im Hintergrund stundenlang begleitete.

Ole Cordes, Christoph O. Dreckmann, Karsten Görsdorf

1 Einleitung

Im Hinblick auf die Hypothese stellt sich diese Arbeit die Frage, ob und in wie fern es einen Zusammenhang zwischen zunehmenden Alter und einem steigenden Bedürfnis an intensivierter verbaler Instruktion beim Bewegungslernen gibt. Dabei stießen die Bearbeiter auf ein nicht gerade hinreichendes Potential an sportwissenschaftlicher Literatur zu diesem Thema. Anscheinend werden zwar die unterschiedlichen Rollen der Lehrenden und Lernenden betrachtet, aber keineswegs findet die größere Rolle der Sprache beim Bewegungslernen im Erwachsenenbereich Niederschlag. Aufgrund der Nähe zur Sportpraxis wollten die Schreiber der Hausarbeit jedoch versuchen einen Ansatz zu finden, der dieses Phänomen untersucht. Dazu gingen die drei Kommilitonen in ihre ehemaligen Vereine bzw. zu ihren ehemaligen Arbeitgebern, um Beispiele zu finden, die diese Hypothese verifizieren.

Ole Cordes nahm sich des Windsurfens an, Christoph O. Dreckmann untersuchte Trainingseinheiten des Sportspiels Handball und Karsten Görsdorf ging zurück in die Hallen des Schwimmsports.

2 Forschungsgegenstand

2.1 Forschungshypothese

Es gibt einen Zusammenhang zwischen zunehmenden Alter und einem steigenden Bedürfnis an intensivierter verbaler Instruktion beim Bewegungslernen.

2.2 Theoretische Grundlagen

Die Literatur beschäftigt sich in ihren umfangreichen Ausführungen über die Rolle der Sprache in der Bewegungskoordination zumeist nur mit den Teilnehmern mithin dem Lehrenden sowie dem Lernenden. Letztere werden noch nach Anfängern und Könnern unterschieden. Jedoch wird kaum oder gar nicht auf die in dieser Arbeit zu betrachtende Hypothese, der zum Teil massiven Unterschiede beim Bewegungslernen und –lehren in verschiedenen Altersklassen, untersucht. Trotzdem soll zunächst auf den allgemeinen Forschungsstand über sprachliche Instruktionen im Lehr – Lernprozess eingegangen werden.

Um die Sprache in ein Modell der Lerntheorien eindeutig einzuordnen, bedarf es der Überlegungen, die sich weitestgehend an die Meinung von Meinel und Schnabel anschließen:

Es gibt „eine Reihe von verschiedenen motorischen Lerntheorien, teilweise angelehnt an allgemeine Lerntheorien, die einen unterschiedlichen Erklärungswert für die Phänomene und Probleme des sportmotorischen Lernens besitzen. Keine von diesen Theorien deckt das gesamte für die Praxis relevante Problemfeld befriedigend ab, so dass gegenwärtig Partialmodelle aus verschiedenen Theorien, die sich nur teilweise überschneiden, aber nicht ausschließen, hilfreich sein können.“ (Meinel & Schnabel, 1998, S. 146) Ein Theorieansatz ist dabei die Sensomotorik, die den Versuch unternimmt, den engen Zusammenhang zwischen Motorik und Sensorik in den Vordergrund zu stellen. Die Sensomotorik definiert Bewegungen als Abfolgen von sensorischen Reizen und motorischen Reaktionen. Zu den sensorischen Reizen lässt sich die Sprache zählen. Dafür lassen sich auch bei Meinel und Schnabel Argumente finden: „Beim motorischen Lernen verlaufen ganz entscheidende Vorgänge der Informationsverarbeitung und –speicherung auf der sensomotorischen Regulationsebene, so dass sie nicht bewusstseinspflichtig und nur in geringerem Maße bewusstseinsfähig sind. Dennoch beschleunigt eine hohe bewusste Anteilnahme, eine ständige ´Mitarbeit´ des Lernenden in allen Stadien, den Lernfortschritt und macht das Erlernen komplizierter Bewegungshandlungen überhaupt erst möglich. Die Erklärung dafür liegt im Zusammenwirken der Regulationsebenen und in der führenden Rolle der intellektuellen Regulationsebenen beim Menschen.“ (Meinel & Schnabel, 1998, S. 154)

Die Sprache ermöglicht, wie bei Meinel und Schnabel zu lesen ist, die „Übermittlung von Erfahrungen, die sich auch auf den motorischen Bereich des Menschen beziehen“. Laut Meinel und Schnabel wird über die Sprache ein großer „Schatz an Bewegungserfahrungen früherer Generationen überliefert.“ Die Sprache überliefert aber nicht nur Kenntnisse, sondern ermöglicht dem Menschen auch neue „Fähigkeiten im motorischen Lernprozess bewusst auszubilden.“ (Meinel & Schnabel, 1987, S. 179). Ebenfalls sei die Sprache ein Pool für die „individuellen“ (Meinel & Schnabel, 1998, S. 153) Bewegungserfahrungen.

Nach Meinel und Schnabel stellt das verbale System auch die Grundlage für „weitere kognitive psychische Funktionen“ (Meinel & Schnabel, 1987, S. 72) dar. Sie stellen fest, dass die „Bewegungswahrnehmung“ (Meinel & Schnabel, 1987, S.72) nicht an das verbale System gebunden sei. Als Nachweis führen sie die Fähigkeit von Spitzensportlern an, selbst einzelne Bewegungssequenzen zu benennen, während dazu Anfänger wegen der nicht „bewusstseinspflichtigen“ (Meinel & Schnabel, 1987, S.72) kinästhetischen Empfindungen keineswegs in der Lage seien. Im Widerspruch dazu stehen Aussagen von Spitzensportlern, die ihre just vollbrachten Bewegungen und Leistungen nicht erklären konnten. Grund dafür könnte der sogenannte „Flow“ sein, währenddessen Bewegungen auf einem derart hohen Konzentrationslevel ablaufen, dass danach keine Aussagen über den Verlauf zu erbringen sind.

Als Komponenten der verbalen Wiedergabe differenziere der Sportler nach „räumlichen, zeitlichen und dynamischen Merkmalen“ (Meinel & Schnabel, 1987, S.73) und deren Beziehungen im Bewegungsablauf.

Die Definition für Sprache im Sport, die als verbale Instruktion verstanden wird, könnte gelten: „Die verbale Instruktion ist eine Anweisung, die den Zweck verfolgt, dem Lernenden notwendige Informationen und Orientierung im Verlauf des Lernprozesses zu geben.“ (Zschorlich, 2000, Skriptabschnitt: Die Instruktion im Lehr – Lern – Prozeß S.1).

Damit könnte die Sprache das „strategische Herangehen an eine Bewegungsaufgabe beeinflussen“. (Zschorlich, 2000, Skriptabschnitt: Die Instruktion im Lehr – Lern – Prozeß S.2).

Es ergibt sich aber das grundlegende Problem, dass die Repräsentation von Bewegungen primär nicht sprachlich ist. Die Aufgabe der Sprache im Lernprozess ist die Übertragung von Bedeutungen. Volger führt dazu an: „Für den Transfer von Bedeutungen sind Metaphern ein geeignetes Vehikel.“ (Volger, 1990, S. 101). Dabei können Metaphern laut Volger „der Komplexität von Bewegungen eher gerecht werden als seriell verlaufende sprachliche Beschreibungen oder auf Empfindungen gerichtete Anweisungen. Sie können als Informationspakete oder Chunks verstanden werden“. (Volger, 1990, S. 131). Dabei setzt Volger Chunks mit variierten „Ich-Umwelt-Beziehungen“ gleich und somit dem Lernen von Bewegungen. Der Begriff des „Chunks“ den Volger im Sinne von Simon verwendet könnte durch „Episodische und metaphorische Instruktionen“ (Volger, 1990, S. 52f) vermittelt werden.

Die episodischen Instruktionen stützen sich auf das Episoden – bzw. Märchenschema, das Menschen unseres Kulturkreises zugänglich ist. Dabei ergibt sich das Erzählschema aus den Erwartungen, wie die Geschichte aus einzelnen Teilen aufgebaut ist, wie diese zusammengehören und wie sie verbunden werden. Volger führt eine episodische Instruktion zum Delphinschwimmen an, die nach seiner Meinung „die zeitliche Ausführung der Delphinbewegung darüber in adäquate Beziehung“ (Volger, 1990, S.52) setzt. Für den Fall, dass der Leser dieser Arbeit keinen Text in dieser Art kennt, folgt ein Auszug aus der o.g. Instruktion. Die Kenner der Materie überspringen den nächsten Absatz.

Die Arme machen ein sorgenvolles Gesicht und sagen zu den Beinen: „Wir haben ein großes Problem, wir müssen den Körper durch das Wasser bewegen.“ Die Arme sagen zu den Beinen: „Wir machen einen Vorschlag. Wir legen uns gestreckt auf das Wasser...“

Diese stilistische Art des Umgangs mit der Sprache wird Personifizierung genannt. Natürlich haben die Arme kein Gesicht, aber bereits 1944 stellten Heider und Simmel in Untersuchungen fest, „dass die verbale Reproduktionsfähigkeit von visuell wahrgenommenen Bewegungsereignissen höher ist, wenn den an dem Ereignis Beteiligten Motive untergeschoben wurden.“ (Heider & Simmel, 1944, S. 253-259). So können „einzelnen Körperteilen oder auch Sportgeräten Motive, Emotionen und ein eigener Willen“ (Volger, 1990, S.99) unterstellt werden. Ein Beispiel wäre: „Sobald Du spürst¸ dass es Dich nicht mehr auf sich haben will, springe sofort herunter!“ (Tholey, 1988, S. 95 – 108). Erwirkt wird eine engere Bindung an die Bewegung oder das Gerät. So kommt die Sprache ihrem eigentlichen Ziel der Herstellung einer Verbindung zum Bewegungsgefühl näher, als ihr eigentlich serieller Charakter hergibt.

„Sprache hat dem ganzheitlichen Charakter von Bewegungserlebnissen gerecht zu werden.“ und so „ist es konsequent, diese Sprache in den Lernprozess von Bewegungen zu integrieren“. Zwischen dem Lehrenden und dem Lernenden sollte eine Sprache vereinbart werden, „die durch den Transfer von spezifischen Bedeutungen realistische Erwartungen an das künftig Erlebbare der Bewegung beeinflusst.“ Diese Sprache müsste mit einer

„Bedeutungserweiterung von Bewegungsbegriffen durch konkrete Bewegungserfahrungen“ (Volger, 1990, S.92) verbunden werden. So entsteht eine Lerngruppensprache, deren Hintergrund die Gemeinsamkeit vergleichbarer Erfahrungen bildet. Die Sprache wird hier zum Werkzeug.

Meinel und Schnabel empfehlen für die Lehr – und Übungspraxis die Entwicklung des bewusstseinsfähigen kinästhetischen Gefühls beim Sportler indem „Bewegungsempfindungen vom Lehrenden sprachlich gekennzeichnet werden und vom Sportler verbal wiedergegeben werden.“ (Meinel & Schnabel, 1987, S.75).

Für Außenstehende ist eine solche Sprache kaum oder gar nicht verständlich. Als Beispiel könnten Trainerkommentare für das Fernsehen während Leichtathletikwettkämpfen dienen, die meist völlig unverständlich daherkommen, da zwischen dem Athleten und seinem Trainer ein auf die Bewegung bezogener Code vereinbart ist. Eigentlich allgemein verständliche Begriffe erhalten einen neuen Zusammenhang und werden aus ihrem eigentlichen Kontext herausgerissen. Trainer und Athlet profitieren aber von dieser Methode, da erstens nicht viele Worte benötigt werden und zweitens die Bewegung in ihrem Verlauf beschrieben werden kann. Da Sprache eigentlich keine eindeutig umkehrbare Zuordnung (nichtisomorphe Relation) zwischen Bewegung und Repräsentation darstellt, ist sie nichtzielend (intransitiv). Sie besitzt mithin eine gewisse Regellosigkeit. Jene wird aber durch stilistische Mittel genutzt, um mittels Sprache unterschiedliche Ziele zu erreichen, z.B. etwas zu beeinflussen, zu steuern, zu bekräftigen oder auch Aufmerksamkeit zu lenken. Verschiedene Mittel stehen dem Lehrenden zur Verfügung, um das Ziel seiner verbalen Instruktion zu erreichen. Kurz angeführt werden sollen hier, das Label, die Gegensatzerfahrung, die Analogie sowie die Assoziation. Ebenso natürlich die schon oben ausführlich besprochene episodische und metaphorische Instruktion. So hängen der Erfolg beim Erlernen von Bewegungen auch von der genauen sprachlichen „Aufgabenstellung des Lehrers oder Trainers und von der Fähigkeit der Verarbeitung der verbalen Informationen durch den Lernenden“ (Meinel & Schnabel, 1998, S.153) ab.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der Sprache beim Bewegungslernen mit zunehmendem Alter
Hochschule
Universität Rostock  (Sportwissenschaftliches)
Veranstaltung
Bewegungslehre I
Note
1,0
Autoren
Jahr
2002
Seiten
16
Katalognummer
V44975
ISBN (eBook)
9783638424646
ISBN (Buch)
9783640667659
Dateigröße
612 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprache, Bewegungslernen, Bewegungslehre, Altersabhängiges Lernen, Handball, Surfen, Schwimmen
Arbeit zitieren
Karsten Görsdorf (Autor:in)Ole Cordes (Autor:in)Christoph Dreckmann (Autor:in), 2002, Die Bedeutung der Sprache beim Bewegungslernen mit zunehmendem Alter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44975

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