Die Funktion und Ekphrasis des Pferdegeschenks der Enite in "Erec" von Hartmann von Aue


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Hartmann von Aue und der Artusroman „Erec“
2.1 Entstehung des Romans
2.2 Biographische Daten von Hartmann von Aue und die Entstehung des „Erec“
2.3 Der Artusroman „Erec“

3. Begrifflichkeiten
3.1 Ekphrasis

4. Das Pferd allgemein
4.1 Begrifflichkeiten in Bezug auf das Pferd
4.2 Die Naturlehre und das Pferd

5. Enite und die Pferde

6. Das Pferdegeschenk
6.1 Kontextuelle Einordnung
6.2 Die Übergabe des neuen Pferdes
6.3 Die Beschreibung des Pferdes
6.3.3 Die Pferdefarbe und die Statur
6.3.4 Die Herkunft des Pferdes
6.4 Der Sattel
6.5 Die Steigbügel
6.6 Das Zaumzeug

7. Narrative Funktion der Pferdebeschreibung

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Das zweite Pferdegeschenk der Enite aus dem Artusroman „Erec“ von Hartmann von Aue ist eine besondere detailgenaue Beschreibung des Pferdes, des Sattels sowie des Zaumzeuges. Diese Darstellung und Überhöhung hebt sich deutlich aus der Romanstruktur ab und veranlasste bereits eine Vielzahl von Darstellungstheorien bzw. Untersuchungen.

Um diese Überhöhung der Beschreibung zu verdeutlichen, soll folgend die Funktion der Szene sowie die möglichen Zusammenhänge diskutiert werden. Aus den Erläuterungen der Textstelle ergibt sich folgende Frage: „Warum verwendet Hartmann von Aue solch ausführliche Darstellungsweisen und welche Funktionen kann diesen zugeordnet werden?“ Die Fragestellung, inwieweit das zweite Pferdegeschenk an Enite sowohl intertextuell als auch innertextuell als Symbolträger fungiert ist ebenfalls nicht außer Acht zu lassen. Des Weiteren ist herauszuarbeiten wie die Passage genutzt wird, um den Fokus auf die Dichtung zu lenken. Diese Fragen sollen nach einer kurzen Einführung in den Roman und die Thematik beantwortet werden.

Einführend zu erwähnen ist bereits die außergewöhnliche Farbgebung des Pferdes, welches der Erzähler als erstes äußeres Merkmal des Pferdes herausarbeitet und nennt. In der folgenden Arbeit werden hierzu verschiedene Theorien vorgestellt und verglichen. Gleichermaßen lassen die Edelsteinfassungen des Zaumzeuges verschiedene Interpretationen zu, wobei auch hier die Forschungsliteratur verschiedene Ansätze aufzeigt.

Der Erzählrahmen, in welchem sich die Pferdebeschreibung befindet, soll ebenfalls Beachtung finden, wobei die Funktion des Erzählstils für das Gesamtwerk ersichtlich werden soll. Kurz erwähnt werden die Bräuche des Mittelalters in Bezug auf das Tier (Pferd).

2. Hartmann von Aue und der Artusroman „Erec“

2.1 Entstehung des Romans

Chrétien de Troyes gilt als der Begründer der Artusromane welche von dem britischen König und seiner Tafelrunde handeln. Bei der Tafelrunde handelt es sich um eine Vielzahl von Rittern, wobei auch Erec ein Teil dieser Tafelrunde ist. Es lässt sich jedoch nicht benennen, wer Arthus selber war. Vermutungen weisen darauf hin, dass es ein britischer Kleinkönig aus dem 6. Jahrhundert gewesen sei.1 Artus wurde bekannt durch das Geschichtswerk „Historia regum Britanniae“, das um 1138 vom Oxforder Geoffrey of Monmouth verfasst wurde. In diesem Werk geht es um die Schlachten, welche König Artus, der britische Heerführer, gegen die Sachsen führt. Artus war laut dieser Quelle christlicher Gesinnung und beschützte sein Volk gegen die Heiden, womit er ihnen ein prachtvolles und friedliches Hofleben ermöglichen konnte.2

Die Artusromane spielen in einer nicht benannten Zeit und in einem geographischen Feld, welches zwar reale Orte und Ländernamen erwähnt, diese jedoch wahllos vermischt werden. Die Welt in den Romanen ist eine märchenhafte, phantasievolle Welt voller symbolischer Bedeutungen, unerwarteten Gefahren, welche die Helden zu bestehen haben, wobei hierbei oftmals unberechenbare Geschöpfe auftauchen. Der Protagonist muss diese „âventiuren“ bestehen und erhält somit die wahre höfische Liebe.3

2.2 Biographische Daten von Hartmann von Aue und die Entstehung des „Erec“

Über Hartmann von Aue ist nicht sehr viel bekannt außer, dass er etwa im Jahre 1160 geboren wurde und um 1220 starb. Das Werk „der arme Heinrich“ lässt einige Erkenntnisse über seine Herkunft entnehmen. So scheint es in einem Prolog angedeutet zu sein, dass er aus Süddeutschland stamme und sich selber als Gelehrten, Ritter und Ministerialen beschreiben würde. Nach seiner eigenen Aussage verfügt er über gute Latein- und Französischkenntnisse.4

Hartmann von Aue gilt als einer der bekanntesten mittelalterlichen Dichter, welcher einige Minnelieder, Verspepen um die Artusritter („Erec“, „Iwein“), sowie höfische Legenden („Gregorius“) und „der arme Heinrich“ verfasste.

Er hat an zwei Romanen von Chrétien de Troyes gearbeitet. Bei einem davon handelt es sich um den Roman „Erec“. Hier gibt es einige Abweichungen wie z.B., dass die deutsche Fassung 10.350 Verse beinhaltet, während die französische, vorherige Fassung nur 7000 Verse aufzuweisen hat.5

2.3 Der Artusroman „Erec“

Der Artusroman „Erec“ gilt als der erste höfische Roman in der deutschen Literatur und verkörpert das System der Idealvorstellungen, welches ein Ritter aufzuweisen hat. Diese Tugenden sind: „geistliche Normen“, „kämpferische Tugend“ und „ästhetische Ansprüche“. Der Begriff „ritterlich“ fasst die genannten Tugenden zusammen und vereint diese. Artur selbst gerät selber nicht in Konflikte und so wird die Romanaktion von seinen Rittern getragen.6

Dazu gehört auch der Ritter der Tafelrunde - Erec. Erec muss sich seinen ritterlichen Status erst wiedererkämpfen, da er sich mit seiner Frau Enite „verligen“ hat. Enite hat er zuvor bei einem Turnierkampf gewonnen und muss nun eine Reihe von Bewährungsstationen, den sogenannten „âventiuren“, bewältigen, um den ritterlichen Status wieder zu erlangen und „artuswürdig“ zu sein.7

Der Roman lässt sich in zwei Teile untergliedern. Im ersten Teil wird Erec, durch den Geißelschlag des Zwerges, welcher zu dem Gefolge des Ritters Iders gehört, beleidigt. Aus diesem Grund folgt er dem Ritter und seinem Zwerg und möchte seine Ehre wiedererlangen. Erec erlangt nicht nur seine Ehre wieder, sondern gewinnt zusätzlich auch noch die Liebe von Enite und heiratet diese. Nach der Hochzeit, im zweiten Teil, vernachlässigt Erec der Minne Willen seine ritterlichen Standespflichten und erleidet dadurch einen erneuten Ehrverlust (wie zuvor durch den Zwerg), den er in Begleitung Enites durch neue „âventiuren“ ausgleichen muss.8

Der Held durchläuft eine Entwicklung, findet aus dem kritischen Zustand heraus und erlangt somit die angestrebte Vollkommenheit wieder. Am Ende wird Erec zum König gekrönt.

Ein Unterschied zu der Originalfassung Chrétiens ist, dass der Erzähler bei Hartmann von Aue mehr in den Vordergrund tritt und somit das Publikum besser mit Informationen versorgt wird. Hartmann von Aue hat einzelne Abschnitte weggelassen oder weiter stark ausgeweitet. Die Beschreibung von Enites Pferd ist deutlich ausgeschmückter als in der Originalfassung und soll somit in den folgenden Kapiteln untersucht werden.9

3. Begrifflichkeiten

3.1 Ekphrasis

Die Pferdebeschreibung in Hartmann von Aues „Erec“ gilt als ein Paradestück der mittelalterlichen Ekphrasis. Der Begriff beschreibt eine besondere Form der Bildbeschreibung. Diese Bildbeschreibung und die damit eingehende literarische Form schafft es ein Kunstwerk so lebendig zu beschreiben, dass der Leser sich innerlich eine genaue Vorstellung von dem Kunstwerk selber machen kann. Ekphrasis ist somit eine Verbindungsstelle zwischen den indirekt visuellen Ausdrucksmöglichkeiten eines Textes und der direkten visuellen Konfrontation mit einem Kunstwerk. Durch literarische Visualisierungsstrategien versucht der Autor den Lesern bzw. Zuhörer zu einem Zuschauer zu machen, welchem eine ganzheitliche Erfahrung ermöglicht wird.10

4. Das Pferd allgemein

Das Tierthema findet im Mittelalter große Verbreitung und Beliebtheit. Besonders in den Artusepen verwendet wird das Pferd, sei es als Reittier, als Damenzelter oder als Streitross im ritterlichen Turnier. Auch im Artusroman „Erec“ findet das Pferd häufige Verwendung. So wird bereits in den Wort rîten sieben Mal benutzt, welches ein Pferd impliziert.11 Unabhängig von Rang oder Stand des jeweiligen Charakters, ist das Pferd ein gängiges Fortbewegungsmittel. Die Königin Ginover reitet, ebenso wie ihre Bedienstete, der Zwerg Maliclisier und auch der Ritter Iders bzw. Erec.12 Das Pferd ist in dem Artusroman eine allgegenwärtige Erscheinung und wird daher oftmals nicht explizit erwähnt bzw. hervorgehoben. Sentimentale Gefühle gegenüber dem Pferd sind im Mittelalter nicht bekannt. Das Pferd ist zwar unersetzbar und von eminenter Wichtigkeit, wird aber im höfischen Leben vergegenständlicht.13 Die Pferdebeschreibung von Enites „zelter“ wird jedoch explizit herausgearbeitet, somit kommt dem Pferd eine besondere Bedeutung zu.14

4.1 Begrifflichkeiten in Bezug auf das Pferd

Der Roman weißt mehrere Begriffe auf, welches das Tier (Pferd) beschreiben. So wird der Begriff „ros“ oftmals, wenn über das Pferd in Hinsicht auf den Kampf gesprochen wird, benutzt (z.B. Streitross). Hartmann von Aue spricht sonst noch von „ros“, wenn es nur das einfache Requisit des Ritters ist. Dagegen wird der Begriff „pherit“ in Bezug auf das Damenpferd benutzt und damit assoziiert. Eine Ausnahme ist die Eröffnungsszene im Erec, denn dort wird sein Reittier ebenfalls als „pherit“ bezeichnet und es wird somit verdeutlicht, dass Erec noch kein Streitross mit sich führt, sondern völlig unbewaffnet ist.15

Im Allgemeinen lässt sich jedoch sagen, dass das „ros“ als unabdingliches Eigentum des Ritters gilt, das „pherit“ aber als Transportmittel der höfischen Dame und sich die zwei Begriffe somit unterscheiden. Weiterhin wird der Begriff „zelter“ für das Pferd der höfischen Damen benutzt.16 Ein „zelter“ ist ein Pferd, welches sich im Tölt fortbewegt. Dies ist eine besonders ruhige Gangart und daher überaus geeignet für Damen und die damals in Verwendung gewesenen Damensattel.17

4.2 Die Naturlehre und das Pferd

Es hat sich in der Naturlehre des Mittelalters eine bestimmte Form entwickelt, wie das Pferd beschrieben wird. So werden die charakteristischen Merkmale in eine Tetradenform gebracht.18 Hierbei ergeben sich vier Kategorien: „gestalt“, „hübsche“, „geperde“ und „farbe“, die für die Einschätzung eines Pferdes maßgebend sind. Hartmann von Aue berücksichtigt diese vier Kategorien, indem er die Gestalt des Pferdes durch die zweimalige Betonung der richtigen Größe hervorhebt. Ebenso beschreibt er die Flanken des Pferdes und seine starke Brust, seine wohlbeschaffenen Füße und den Rücken. Die Schönheit des Pferdes wird ebenfalls ausführlich beschrieben. Der erhobene Kopf und die lange, lockige Mähne, seine vorzügliche Beschaffenheit wird durch seinen leichten Gang unterstrichen sowie die Farbe des Pferdes detailliert erläutert wird.19

Der wichtigste Aspekt der Beschreibung liegt jedoch darin, dass sich das Pferd besonders gut für Enite eignet.

5. Enite und die Pferde

Die Figur Enite stet in einer zwiefachen Beziehung was die Interaktion mit dem Pferd angeht. Da sich generell sagen lässt, dass für die Frauen Pferde meist nur als Transportmittel galten und als adeliges Statussymbol, ist der Zusammenhang zwischen Frau und Tier zunächst einmal sehr viel lockerer verknüpft als für den kämpfenden Mann. Das Verhältnis zu Pferden ist somit für Enite kein Partnerschaftliches, wie es sonst den Helden zugeordnet wird, sondern ein emotional distanziertes. Enites Pferde besitzen beispielsweise keine Namen.20 Die Rolle von der untergeordneten Pferdeknechtin ändert sich im Laufe des Romans in die einer erhöhten Reiterin eines idealen Pferdes.

[...]


1 Hofer, Stefan: Chrétien de Troyes. Leben und Werke des altfranzösischen Epikers.

2 Goodrich, Norma Lorre: Die Ritter von Camelot – König Artus, der Gral und die Entschlüsselung einer Legende.

3 Hamrouni, Muna: Enite in Hartmann von Aues „Erec“ im Vergleich zu der Frau im Mittelalter, S. 3f.

4 von Aue, Hartmann: Der arme Heinrich; Bumke, Joachim: Der Erec Hartmanns von Aue, S. 1ff.

5 Bumke: Der Erec Hartmanns von Aue, S. 1ff.

6 Wandhoff, Haiko: Das geordnete Welt-Bild im Text. Enites Pferd und die Funktionen der Ekphrasis im Erec Hartmans von Aue, S. 56.

7 Bumke: Der Erec Hartmanns von Aue, S. 9ff.

8 Lembke, Stephan: Die ganze Welt auf einem Pferd. Die Ekphrasis Enites Pferd in Hartmann von Aues „Erec“, S. 5.

9 Ebd., S.5.

10 Wandhoff, Haiko: Ekphrasis: Kunstbeschreibungen und virtuelle Räume in der Literatur des Mittelalters, S. 13ff.

11 Von Aue, Hartmann: Erec. Mittelhochdeutscher Text und Übertragung, S. 8.

12 Lewis, Gertruf Jaron: Das Tier und seine Dichterischen Funktionen in Erec, Iwein, Parzival und Tristan, S. 13.

13 Ebd., S. 17.

14 Ebd., S. 13.

15 Lewis: Das Tier und seine Dichterischen Funktionen in Erec, Iwein, Parzival und Tristan, S. 15.

16 Ebd., S. 16

17 Lembke: Die ganze Welt auf einem Pferd. Die Ekphrasis Enites Pferd in Hartmann von Aues „Erec“, S. 7.

18 Lewis: Das Tier und seine Dichterischen Funktionen in Erec, Iwein, Parzival und Tristan, S. 23.

19 Lewis: Das Tier und seine Dichterischen Funktionen in Erec, Iwein, Parzival und Tristan, S. 23.

20 Gephart, Irmgard: Enite und die Pferde. Animalischer und zivilisierter Körper in Hartmanns von Aue Erec, S. 354.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Funktion und Ekphrasis des Pferdegeschenks der Enite in "Erec" von Hartmann von Aue
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
24
Katalognummer
V449019
ISBN (eBook)
9783668835351
ISBN (Buch)
9783668835368
Sprache
Deutsch
Schlagworte
funktion, ekphrasis, pferdegeschenks, enite, erec, hartmann
Arbeit zitieren
Vanessa Schmidt (Autor:in), 2017, Die Funktion und Ekphrasis des Pferdegeschenks der Enite in "Erec" von Hartmann von Aue, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/449019

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