Entrepreneurship und Scheitern aus psychologischer Sicht. Welche Rolle spielen Volition und Resilienz?


Fachbuch, 2019

48 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Einführung in die Arbeit
2.1 Die Natur des Scheiterns
2.2 Volition und Motivation
2.3 Konzept der Resilienz

3 Entrepreneurship und unternehmerisches Handeln
3.1 Unternehmerischer Erfolg
3.2 Formen des unternehmerischen Scheiterns
3.3 Gesellschaftliche Perspektive in Deutschland

4 Unternehmerische Volition und Resilienz
4.1 Volition und Durchhaltevermögen
4.2 Resilienz – Die goldene Eigenschaft eines Unternehmers?
4.3 Erfolgreich Scheitern

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abstract

Due to economical uncertainty nowadays, the possibility to fail is a common phenomenon in the entrepreneurial existence. But is entrepreneurial failure a crisis or a beneficial situation? In order to clarify that issue the following paper analyzes the nature of entrepreneurial failure and its relation to the psychological concepts of volition and resiliency. Both, volition and resiliency, are core characteristics that may help entrepreneurs to overcome several obstacles during their entrepreneurial career path.

Keywords: Entrepreneurship, Motivation, Volition, Resilienz, Scheitern, Unternehmerisches Scheitern

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 (vgl. Ilouga et al. 2016: S. 6)

Abbildung 2 (vgl. Ilouga et al. 2016: S. 6)

Abbildung 3 (vgl. Ilouga et al. 2016: S. 7)

Abbildung 4 (vgl. Ilouga et al. 2016: S. 7)

Abbildung 5 (vgl. Ilouga et al. 2016: S. 8)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1

1 Einleitung

Ein wesentlicher Teil des Wohlstands einer Gesellschaft ist auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Unternehmer zurückzuführen. Die Bundesrepublik Deutschland ist die führende ökonomische Kraft in Europa, was hauptsächlich auf die Aktivitäten von Unternehmensgründern aus den 1950er Jahren zurückzuführen ist. Die Zahl der Unternehmensgründungen ist seitdem jedoch stark gesunken, wodurch Deutschland im internationalen Vergleich deutlich schlechter als andere Industrieländer abschneidet (vgl. Kuckertz et al. 2015: S. 8). Es gibt Grund zur Annahme, dass dieser geringe Grad an Unternehmensgründungen mit einer gesellschaftlichen Intoleranz gegenüber unternehmerischen Fehlschlägen zusammenhängt. Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es die Natur des unternehmerischen Scheiterns aus verschiedenen Blickwinkeln zu durchleuchten und anschließend mit den psychologischen Konzepten der Volition und der Resilienz in Verbindung zu bringen. Während in Kapitel 2 die Grundzüge der Volitions- und Resilienzforschung vorgestellt werden, stellt Kapitel 3 eine kurze Einführung in die Thematik des Entrepreneurships dar. Beide Kapitel dienen als Einführung und sollen dem Leser Grundkenntnisse vermitteln, die nötig sind um den Zusammenhängen in den darauffolgenden Kapiteln folgen zu können. Kapitel 4 und Kapitel 5 zielen darauf ab die Konzepte der Volitions- und Resilienzforschung in die Thematik des Entrepreneurships einzubetten und relevante Kausalzusammenhänge herauszuarbeiten. Hierzu wird unter anderem Bezug auf aktuelle Studien aus der Volitions- und Resilienzforschung gezogen. Ziel ist es die Relevanz der oben genannten Konzepte für Unternehmer und Unternehmensgründer herauszuarbeiten und ihren Zusammenhang zu unternehmerischen Fehlschlägen zu durchleuchten.

2 Einführung in die Arbeit

Wie eingangs bereits erwähnt, dient dieses Kapitel als Einführung und soll dem Leser einige Grundkenntnisse vermitteln, die erforderlich sind um der Thematik der darauffolgenden Kapitel problemlos folgen zu können. Dem Leser sollen im Folgenden die Thematik des Scheiterns, der Volition und der Resilienz nähergebracht werden, ohne dabei explizit auf das Themengebiet Entrepreneurship einzugehen.

2.1 Die Natur des Scheiterns

Um ein besseres Verständnis für das Konzept des Scheiterns zu bekommen, sollte der Begriff zunächst einmal definiert und im Anschluss aus unterschiedlichen Gesichtspunkten analysiert werden. Umgangssprachlich wird der Begriff des Scheiterns mit einem Akt des Misslingens in Verbindung gebracht. Oft wird der Begriff mit einem Moment in Verbindung gebracht, in dem eine Person oder eine Organisation ein gewisses Ziel verfehlt hat. Hierbei könnte es sich sowohl um einen verschossenen Elfmeter, als auch um eine gescheiterte Geschäftsgründung handeln. Oft sind die Situationen jedoch nicht derart eindeutig und erst im Nachhinein bewertbar (vgl. Morgenroth 2016: S. 10).

Eine einheitliche und allumfassende Definition ist jedoch nicht bekannt. Aus diesem Grund soll im Folgenden das Konzept des Scheiterns aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Scheitern wird häufig als ein subjektiver Aspekt unserer heutigen Zeit betrachtet. In einer Gesellschaft, deren Individuen nach Selbstverwirklichung trachten, stellt das Scheitern die Schattenseite zum Erfolg dar. Ob und in welchem Ausmaß eine Situation gescheitert ist, hängt viel weniger von einem objektiven Standpunkt, als von subjektiven Bewertungen ab (vgl. Kunert 2016: S. 3-4). Die Selbstverwirklichung von Individuen ist in den meisten Fällen mit einem kreativen und vorausschauenden Handeln in Verbindung zu bringen, welches zum Erfolg auf der einen und zum Scheitern auf der anderen Seite führen kann. Das Scheitern selbst tritt somit nicht ohne Weiteres auf, sondern steht immer als Antagonist zu einem potentiellen Erfolg in Verbindung. Diese subjektive Natur des Scheiterns lässt somit kaum Spielraum für eine einheitliche Definition. Das Scheitern lässt sich somit viel mehr durch individuelle und subjektive Analysen eines Individuums, einer Gesellschaft oder einer Situation beschreiben und definieren (vgl. Morgenroth 2016: S. 9-10).

Sowohl Ziele, als auch Handlungen und damit in Verbindung stehende Risiken sind individualisiert und sollten somit auch individuell charakterisiert werden. Es wäre somit angebrachter vom persönlichen Scheitern, als vom Scheitern im Allgemeinen zu sprechen. Ob jemand oder etwas gescheitert ist hängt maßgeblich vom subjektiven Standpunkt und den damit in Verbindung stehenden Erwartungen ab. Betrachtet man rückblickend die Geschichte der Menschheit, lassen sich solche subjektiven Standpunkte immer wieder finden. Die wohl bekannteste Geschichte ist vom amerikanischen Erfinder Thomas Edison, der nach eigener Aussage 10.000 Möglichkeiten gefunden hatte wie man eine Glühbirne nicht bauen sollte. Somit ist Edison aus seiner Perspektive nicht 10.000 Mal gescheitert, sondern seinem Ziel nach jedem Fehlversuch einen Schritt nähergekommen (vgl. Morgenroth 2016: S. 10).

Der Misserfolg oder das Nichtgelingen eines Ziels kann aber auch den Erfolg eines anderen induzieren. Ein Beispiel hierfür wäre der italienische Seefahrer Christopher Columbus, der im Rahmen seiner Expedition eine Westpassage nach Indien suchte. Er verfehlte zwar sein ursprüngliches Ziel, strandete aber stattdessen in Amerika (vgl. Morgenroth 2016: S. 10). Die beiden Beispiele unterstreichen die relative Natur des Scheiterns. Ein nicht erreichtes Ziel ist somit nicht zwangsläufig mit einem gescheiterten Vorhaben in Verbindung zu bringen. Scheitern und Erfolg sind somit erst nachträglich bewertbar und sind nicht immer mit den zuvor festgesetzten Zielsetzungen in Verbindung zu bringen (vgl. Kunert 2016: S. 9).

In unserer heutigen Gesellschaft wird Scheitern jedoch immer weniger als Tabu angesehen. Besonders im Bereich der Unternehmensgründung werden gescheiterte Projekte inzwischen als Kulturgut betrachtet. Seit einigen Jahren stellen Unternehmensgründer ihre gescheiterten Projekte sogar auf öffentlichen Veranstaltungen vor und teilen ihre Erfahrungen mit anderen. Beispiele für solche Veranstaltungen sind unter anderem die „ FailCons“ und die „ FuckUp-Nights“ (vgl. Kunert 2016: S. 10-11). Unzählige Literatur ist in den letzten Jahren erschienen, die vor allem von gescheiterten Projekten berichten, die schlussendlich doch noch zum Erfolg geführt haben. Das Scheitern wird somit nicht nur akzeptiert, sondern teilweise sogar als wichtige Komponente für den langfristigen Erfolg betrachtet. Somit kann dem Scheitern auch positive Funktionen und Aspekte zugeschrieben werden. Gescheiterte Situationen fordern den Betreffenden dazu auf, sich mit seinen Fehlern genauer auseinanderzusetzen und können dadurch wichtige Lernprozesse initiieren. Dies kann zur Optimierung von Handlungsregulationen führen und zusätzlich die Persönlichkeit als Ganzes, sowie die Einstellung gegenüber zukünftigen Projekten fördern (vgl. Morgenroth 2016: S. 13). Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass es das absolute Scheitern in einer allgemeingültigen Form nicht gibt. Es ist vielmehr eine Frage der Interpretation und Bewertung.

2.2 Volition und Motivation

Volition ist ein Themenfeld, welches heutzutage hauptsächlich in den Bereich der Motivationspsychologie fällt und dennoch kaum Verwendung im alltäglichen Sprachgebrauch findet. Dies lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass das Konzept der Volition erst seit den 1980er Jahren seinen Weg in die literarischen Werke gefunden hat. Jedoch ist die zugrundeliegende Thematik schon weitaus älter und wurde in der Vergangenheit immer wieder im Rahmen anderer psychologischer Teilbereiche untersucht. Bereits im 20. Jahrhundert wurde das Konzept der Volition unter dem Namen der sogenannten Willensforschung untersucht. (vgl. Heinze 2018: S. 13-14).

Der zu dem Zeitpunkt bekannteste Vertreter der Willensforschung war der deutsche Psychologe Narziss Ach, dessen primäres Forschungsziel es war die Thematik von Willensprozessen zu einem eigenständigen Zweig der Psychologie zu etablieren. Er vertrat die Ansicht, dass für die Analyse und Deutung zielgerichteten Handelns eine Unterscheidung von der Auswahl von Handlungsabsichten, sowie ihrer tatsächlichen Realisierung notwendig sei. Besonderes Augenmerk warf er auf den Bereich der Realisierung von Handlungsabsichten, welcher heutzutage dem Themenfeld der Volitionsforschung zuzuordnen ist (vgl. Heinze 2018: S. 13-14).

Mit seiner Theorie, welche er sogar empirisch auswertete, wurde Ach jedoch nicht nur mit positiver, sondern auch mit negativer Kritik konfrontiert. Verfechter seiner Theorie waren der Meinung, dass für die Erklärung eines zielgerichteten Handelns, die Bedeutung des Handelns für die betreffende Person wichtiger sei, als die Willensstärke. Somit wäre die Thematik des zielgerichteten Handelns eher im Bereich der Motivationsforschung anzusiedeln. Durch den Einfluss dieser Kritikpunkte, gelang es letztendlich nicht die Willensforschung als eigenständiges Forschungsfeld in der Psychologie zu etablieren. Sie floss stattdessen als Teilbereich in die Motivationsforschung ein und verlor zunehmend an Bedeutung (vgl. Heinze 2018: S. 15). In den 1980er Jahren gewann die Willensforschung jedoch immer weiter an Bedeutung und entwickelte sich unter dem Begriff der Volitionspsychologie zu einem Forschungsgebiet das weitläufig auf Interesse stoß. Die moderne Volitionspsychologie, basierend auf den Theorien von Ach, versucht die Erklärung zielgerichteten Handels durch eine volitionstheoretische Modifizierung der Motivationspsychologie zu entschlüsseln. Die Trennung von Motivation und Volition stößt jedoch nach wie vor auf Widerstand. Unter Fachleuten wird kritisch diskutiert, ob Volition tatsächlich als ein von der Motivation unabhängiges Konstrukt betrachtet werden kann. Zwar wird die Volition in ihrer Natur als Ergänzung zur Motivation betrachtet, stellt aber nach aktuellem Stand psychologischer Forschungsliteratur lediglich ein Teilgebiet der Motivationsforschung dar (vgl. Heinze 2018: S. 15-16).

Ob die Volitionsforschung nun tatsächlich Teil der Motivationsforschung ist, hängt maßgeblich davon ab wie der Motivationsbegriff definiert wird. Unter einer breit gefächerten Definition umfasst Motivation alle psychischen Prozesse, die während eines Handlungsverlaufs zu tragen kommen. Unter diesen Umständen würde sowohl die Auswahl, als auch die Realisierung einer Handlung und somit alle volitionalen Aspekte in den Bereich der Motivationsforschung einfließen. Engere Begriffsdefinitionen umfassen hingegen lediglich Prozesse der Richtungsfindung und Intensitätssteuerung. Unter diesen Umständen würde der Volitionsforschung eine gewisse Eigenständigkeit eingeräumt werden, da die Resistenz gegen Störungen einer einmal initiierten Handlung außen vorgelassen wird (vgl. Heinze 2018: S. 17).

2.2.1 Funktion und Bedeutung der Volition

Die Begriffsherkunft leitet sich vom lateinischen Wort „voluntas“ („Wille“) ab. In der Forschungsliteratur wird Volition in der Regel mit Begriffen wie Wille, Willenskraft und Willensstärke in Verbindung gebracht. Sämtliche geläufige Definitionen beschreiben Volition als die Fähigkeit einer Person Absichten in konkretes Verhalten umzusetzen. In den eher anwendungsorientierten Bereichen der Psychologie wird Volition als ein Oberbegriff für eine Vielzahl an Strategien zur Unterstützung von bestimmten Handlungsabsichten gegen implizite Verhaltensimpulse beschrieben. Der Volitionsbegriff umfasst unter anderem volitionale Fähigkeiten, Strategien und Kompetenzen (vgl. Heinze 2018: S. 18).

Innerhalb der Motivationsforschung sichern Volitionsprozesse motivationale Tendenzen gegenüber inneren und äußeren Hindernissen ab. Bei solchen Hindernissen kann es sich unter anderem um Unlustgefühle und hohes Anstrengungserleben handeln. Ein gewisser Zwiespalt existiert zwischen den Ansichten, ob volitionale Prozesse erst dann Anwendung finden, sobald gewisse Hürden eine ursprünglich beabsichtigte Handlung zu verhindern versuchen oder ob sie in jeder Handlung zu tragen kommen. Theorien, welche die Ansicht vertreten, das volitionale Prozesse erst bei der Konfrontation mit Hindernissen auftreten, werden in den Bereich der sogenannten „ imperativen Volitionskonzeption “ eingeordnet. Hierzu zählt unter anderem die „Handlungskontrolltheorie“. Demgegenüber stehen die Ansichten der „ sequentiellen Volitionskonzeption“, die der Meinung sind, dass für eine vollständige Handlung sowohl motivationale, als auch volitionale Prozesse ausschlaggebend sind. Volitionale Prozesse würden immer im Anschluss an die motivationalen Prozesse auftreten. Zu den sequentiellen Volitionskonzeptionen zählt unter anderem das „Rubikonmodell der Handlungsphasen“ (vgl. Heinze 2018: S. 19-20).

Das Rubikonmodell der Handlungsphasen beinhaltet als zentrales Konzept die Theorie, dass menschliches Handeln immer in aufeinanderfolgenden Handlungsabschnitten stattfindet. Innerhalb dieser Phasen würden motivationale Prozesse in volitionale Prozesse übergehen. Während die motivationalen Impulse den Aspekt des „Wählens“ darstellen, schließen sich die volitionalen Impulse in Form des „Wollens“ an. Intentionsbildungen stellen den Übergang zwischen den einzelnen Phasen und somit zwischen Motivation und Volition dar (vgl. Achtziger, Gollwitzer 2006: S. 278-279).

Die Handlungskontrolltheorie aus der Rubrik der imperativen Volitionskonzeption wurde in den 1980er Jahren von Julius Kuhl entwickelt. Ein Hauptmerkmal dieser Theorie besteht in der klaren Trennung von Motivation und Volition. Im Rahmen dieses Konzepts werden die Begrifflichkeiten Selektionsmotivation und Realisationsmotivation verwendet. Während die Selektionsmotivation sämtliche Prozesse umfasst, die der Auswahl von Handlungsabsichten dienen, steht die Realisationsmotivation für Kontrollmechanismen, die ursprünglich getroffenen Absichten vor Störungen und Handlungsbarrieren zu schützen. Diese Kontrollmechanismen, zu denen unter anderem die Strategien der Handlungskontrolle und Handlungssteuerung zählen, stellen den Kern der Handlungskontrolltheorie dar. Wie ausgangs bereits erwähnt vertritt die Handlungskontrolltheorie die Auffassung, dass volitionale Prozesse nicht in jeder Handlungssituation relevant sind. Volitionale Aspekte spielen somit keine Rolle, wenn die grundlegende motivationale Unterstützung groß genug ist. Umso schwerer und umfangreicher eine Handlungsabsicht ist, desto wichtiger werden volitionale Prozesse für die Umsetzung (vgl. Heinze 2018: S. 26).

Im Rahmen seiner Handlungskontrolltheorie führt Kuhl einige konkrete volitionale Strategien auf, die im Folgenden genauer thematisiert werden. Kuhl vertritt die Ansicht, dass der Mensch ständig einer Vielzahl von potentiellen Handlungsalternativen unterliegt, die ihrerseits danach trachten in die Tat umgesetzt zu werden. Bei solchen Handlungsalternativen oder Handlungstendenzen kann es sich um Pläne, Wünsche oder Absichten handeln. Sollte die dominierende Handlungstendenz mit der aktuellen Situation der betreffenden Person kompatibel sein, kommt es in der Regel zur Handlungsausführung. Um die dominierende Handlungstendenz gegenüber konkurrierenden Alternativen abzuschirmen, bedarf es sogenannter Handlungskontrollstrategien. Die folgenden sechs volitionalen Handlungskontrollstrategien sollen laut Kuhl gewährleisten, dass die ursprünglich gesetzten Ziele tatsächlich in die Tat umgesetzt werden:

1. Aufmerksamkeitskontrolle: Darunter ist die Fähigkeit zu verstehen, die eigene Aufmerksamkeit lediglich auf solche Informationen zu richten, die für die Realisierung eines Vorhabens förderlich sind. Im Umkehrschluss sollen ablenkende Informationen und Reize ausgeblendet werden.
2. Motivationsregulation: Hierunter ist eine signifikante Erhöhung der eigenen Motivation zu verstehen, indem zum Beispiel der Fokus konstant auf das Ziel bzw. das daraus resultierende Ergebnis gerichtet werden soll.
3. Emotions-/ Affektregulation: Dieser Prozess zielt darauf ab positive Emotionen, die im Zusammenhang mit dem Ziel stehen zu stärken und entsprechend negative Emotionen bewusst zu reduzieren.
4. Umgebungskontrolle: Diese beinhaltet eine aktive Veränderung des eigenen Umfelds, um die Gefährdung durch Hindernisse zu reduzieren. Im Falle einer Diät könnte darunter das Streichen von Süßigkeiten aus der wöchentlichen Einkaufsliste sein.
5. Enkodierungskontrolle: Die Enkodierungskontrolle lässt sich nur schwer von der Aufmerksamkeitskontrolle unterscheiden und zielt darauf ab nur solche Informationen zu bevorzugen, die zielrelevant sind.
6. Sparsamkeit der Informationsverarbeitung/ Entscheidungskontrolle: Dieser Aspekt soll ein übermäßiges Abwägen von verschiedenen Handlungsalternativen verhindern, was unter Umständen zu einer Hemmung einer bestimmten Handlungsabsicht führen kann (vgl. Heinze 2018: S. 28 - 31).

Das in diesem Kapitel vorgestellte Konzept der Volition und die damit in Zusammenhang stehenden volitionalen Handlungsstrategien werden im Laufe dieser wissenschaftlichen Arbeit wieder aufgegriffen und mit der Thematik des unternehmerischen Scheiterns in Verbindung gebracht.

2.3 Konzept der Resilienz

Resilienz beschreibt ganz im Allgemeinen die Fähigkeit von Personen, Stoffen oder Systemen die eigene Handlungs- und Funktionsfähigkeit gegenüber negativen Einflüssen aufrechtzuerhalten (vgl. Köhler, Schulze 2016: S. 458). Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts begannen Psychologen und Soziologen der Thematik der Resilienz immer mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ausgangspunkt war eine Langzeit-Feldstudie, die die mentale Entwicklung von Kindern untersuchte, die unter schweren Bedingungen oder extremen Lebensumständen aufwachsen mussten. Die Studie führte zu dem Schluss, dass diese Kinder mit der Zeit verschieden starke Widerstandskräfte entwickelten, die ihnen zum einen halfen das Erlebte zu verarbeiten und zum anderen zukünftige Herausforderungen besser zu meistern. Somit lassen sich zwei konkrete Aspekte für das Konzept der Resilienz herauskristallisieren. Zum einen drückt Resilienz die Verfügbarkeit von Handlungs- und Anpassungsoptionen beim Eintreten einer Krise aus. Zum anderen stellt sie den Zusammenhang zwischen der Bewältigung von Krisen und den im Vorfeld entwickelten Verhaltensroutinen, sowie Erfahrungen her. Zusammengefasst kann das Resilienzkonzept als eine Vielzahl von erlernbaren Fähigkeiten verstanden werden, welche im Falle einer Krise abrufbar sind (vgl. Köhler, Schulze 2016: S. 458-459).

Der Forschungszweig der Resilienz ist heutzutage in der Kinder- und Jugendpsychologie, sowie in der Pädagogik am stärksten vertreten. Hier beschäftigen sich Forscher insbesondere mit dem Einfluss von Kriminalität, Armut und Alkoholismus auf die mentale Entwicklung von Kindern. Doch auch erwachsene Menschen werden in der Resilienzforschung nicht außen vorgelassen. Besonders im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen gewinnt die Resilienzforschung immer weiter an Bedeutung (vgl. Di Bella, 2014: S. 6-7).

Die Psychologie ist jedoch inzwischen nicht mehr der einzige Forschungszweig, der sich mit dem Konzept der Resilienz befasst. Auch in den Naturwissenschaften, Umweltforschungen und Wirtschaftswissenschaften ist sie seit neuestem vertreten. Umweltforscher haben in den 1970er Jahren das Konzept der Resilienz in die Regeneration von komplexen Ökosystem integriert. Ein Beispiel hierfür wären ökologische Lebensräume, die sich nach Naturkatastrophen überraschend schnell regeneriert haben. Auch in der Biologie werden evolutionäre Prozesse inzwischen durch das Überleben der „ Resilienten“ gedeutet (vgl. Köhler, Schulze 2016: S. 459). Auch in der Physik und in der Chemie ist das Resilienzkonzept vertreten. Hier wird Resilienz mit der elastischen Rückverformung von Stoffen in Verbindung gebracht. Dies lässt sich mit einer recht geläufigen psychologischen Definition, welche die Resilienz als „psychologische Elastizität“ bezeichnet, in Verbindung bringen (vgl. Di Bella, 2014: S. 7).

Auch in den Wirtschaftswissenschaften hat sich die Resilienzforschung seit Beginn des 21. Jahrhunderts etabliert. Neuere betriebswirtschaftliche Studien stellen Zusammenhänge zwischen der Resilienz und der Stresssensitivität von Mitarbeitern eines Unternehmens her. Betriebe sowie ihre Mitarbeiter sollten Krisen als unausweichlich betrachten und Fähigkeiten entwickeln um diese beim Eintreten erfolgreich zu meistern. Auch im Bereich der Unternehmensgründung spielt die Resilienz eine immer stärker werdende Rolle (vgl. Köhler, Schulze 2016: S. 459).

Eine Besonderheit der Resilienz ist, dass sie erst im Falle einer Krise auftritt und somit nur ex-post erkennbar ist. Einen Teilbereich der Resilienzforschung, stellt die Humanresilienz dar. Sie umfasst sämtliche Arten von Resilienz in denen Menschen involviert sind. Dabei kann es sich um ein Individuum (Individualresilienz), einer Familie (Familienresilienz) oder einer Organisation (Organisationsresilienz) handeln (vgl. Di Bella, 2014: S. 8).

3 Entrepreneurship und unternehmerisches Handeln

Der Begriff „Entrepreneurship“ stammt aus dem mittelalterlichen Frankreich und hat sich heutzutage als internationale Bezeichnung für die Unternehmensforschung etabliert. Dementsprechend wird der Unternehmer auch gerne als „Entrepreneur“ bezeichnet. Im Laufe dieser wissenschaftlichen Arbeit werden die Begriffe Entrepreneur und Unternehmer als Synonyme betrachtet. Definitionen für den Begriff des Unternehmers gibt es ebenso viele, wie Forscher, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter bezeichnet einen Unternehmer als Schlüsselfigur der wirtschaftlichen Entwicklung. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Frank Knight definierte den Unternehmer als eine Person mit der Fähigkeit künftige Entwicklungen prognostizieren zu können und in diesem Zusammenhang nicht quantifizierbare Risiken zu tragen (Koetz, 2006: S. 11-14). Gemeinsam haben diese Definitionen alle, dass es sich bei der Person des Unternehmers um jemanden handelt, der sein Geld aus selbständigen Tätigkeiten erwirtschaftet, neue Innovationsformen ausprobiert und gewisse Risiken auf sich nimmt, um Profit zu erzielen. Heutzutage wird der Begriff Entrepreneurship als Oberbegriff für eine Vielzahl von Tätigkeitsfeldern verwendet. Hierzu zählen die Unternehmensgründung, Existenzgründung, sowie berufliche Selbständigkeit (Koetz, 2006: S. 14 -15).

3.1 Unternehmerischer Erfolg

Der unternehmerische Erfolg spielt im Forschungszweig des Unternehmertums eine wichtige Rolle. Bei der Charakterisierung stellt sich immer wieder die Frage, welche Indikatoren ein geeignetes Erfolgsmaß darstellen. Als ersten und grundlegenden Anhaltspunkt kann das Weiterbestehen des Unternehmens auf dem Markt herangezogen werden. Jedoch ist das Überleben des Unternehmens kein ausreichendes Merkmal, da es keinerlei Auskunft über die Qualität der Unternehmenssituation preisgibt. Aufgrund dessen ziehen Ökonomen gerne betriebswirtschaftliche Kennzahlen in ihre Analysen. Solche Kennzahlen stellen z.B. die Umsatz- und Gewinnentwicklung oder die Entwicklung von Mitarbeiterzahlen dar. Schwierig wird es jedoch, wenn die Entwicklung solcher Kennzahlen nicht das individuelle Ziel des Unternehmers verkörpern. Aus psychologischer Sicht könnte der unternehmerische Erfolg anhand der Zufriedenheit des Unternehmers in Bezug auf seine individuellen und persönlichen Ziele gewertet werden. Auch das Arbeitsklima, sowie die Zufriedenheit der Auftraggeber könnten eine Bezugsgröße darstellen. Die ultimative Erfolgsgröße scheint es somit nicht zu geben, was eine rein objektive Einschätzung sichtlich erschwert (Koetz, 2006: S. 20-22).

Hinzu kommt, dass die Ausgangssituation bzw. die Bedingungen, unter denen ein Unternehmer handelt eine entscheidende Determinante darstellt und den Erfolg weiter relativiert. Bei solchen Determinanten kann es sich um die Vermögensverhältnisse, aber auch um persönliche Eigenschaften, wie zum Beispiel Wissen und Fertigkeiten des Unternehmers handeln. Letzteres wird in der Unternehmensforschung als „Humankapital“ bezeichnet. Während die Entwicklung von bestimmten Kennzahlen für den einen Unternehmer als Misserfolg empfunden wird, können dieselben Werte einen Erfolg für einen anderen Unternehmer darstellen, weil dieser mit geringeren Vermögensverhältnissen ausgestattet ist. Das Überleben eines Unternehmens im Markt innerhalb eines bestimmten Zeitraums kann ebenfalls unterschiedlich interpretiert werden (Koetz, 2006: S. 23-24).

An dieser Stelle könnte ein Bezug zu Kapitel 2.1. gezogen werden, welches sich mit der Natur des Scheiterns befasst. Da Erfolg und Scheitern zwei Seiten derselben Medaille sind, sind sie gegenseitig stark voneinander Abhängig. Der unternehmerische Erfolg oder der Erfolg im Allgemeinen ist ein rein objektives Konstrukt, dass maßgeblich von den Zielen und Erwartungen des Individuums abhängt. Dementsprechend entspringt das Scheitern im Umkehrschluss ebenfalls einer subjektiven Natur. Ob ein Unternehmer erfolgreich war oder sein Projekt ex-post als erfolgreich ansehen kann oder nicht hängt somit nicht von irgendwelchen Kennzahlen ab. Kennzahlen drücken lediglich die Entwicklung eines Projektes relativ zur Norm aus. Wie diese Kennzahlen letztendlich interpretiert und gedeutet werden hängt wiederum einzig und allein vom Unternehmer selbst ab. Ausschlaggebend ist die ursprüngliche motivationale Intention. Dabei kann es sich um das Überleben einer neugegründeten Firma innerhalb eines bestimmten Zeitraums handeln oder um die Gründung eines multinational agierenden Unternehmens. Ob dieses ursprüngliche Ziel erreicht wurde oder nicht hängt somit davon ab, wie sehr sich die Entwicklung des Projektes mit den ursprünglichen Erwartungen deckt (vgl. Kunert 2016: S. 8-9).

3.2 Formen des unternehmerischen Scheiterns

Nachdem im vorangegangen Kapitel erläutert wurde, dass unternehmerischer Erfolg und unternehmerisches Scheitern einer subjektiven Natur entspringen und nur nach dem Ermessen des betreffenden Unternehmers bewertet werden können, soll dieses Kapitel dazu beitragen die zuvor erläuterten Thesen beispielhaft zu untermauern. Hierzu soll Bezug auf eine wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel „Analysis of young small firms that have closed: Delineating successful from unsuccessful closures“ genommen werden. Dir Arbeit stammt von Timothy Bates vom „Center for Economic Studies (CES)” aus dem Jahr 2002. Wie der Titel bereits vermuten lässt analysiert Bates in seinen Untersuchungen Firmen, die ihre Unternehmungen nach einer gewissen Zeit aufgegeben haben, sowie die diesbezügliche subjektive Einschätzung der betreffenden Unternehmer. Ziel seiner Recherchen war es zu untersuchen, unter welchen Umständen die Schließung einer Firma von den Unternehmern als positiv oder negativ empfunden wird. Ausgangspunkt seiner Überlegung war die Frage, weshalb viele Unternehmer ihre Projekte trotz schlechter Performance fortführen, wohingegen eine Vielzahl von erfolgreichen Unternehmungen trotz herausragenden betriebswirtschaftlichen Kennzahlen ihre Tätigkeit einstellen. Als ersten Aspekt führt Bates die Höhe der Opportunitätskosten auf. In diesem Zusammenhang können Opportunitätskosten so verstanden werden, dass eine Unternehmung zugunsten einer profitableren aufgegeben wird (vgl. Bates 2002: S. 4.). Auch hier lässt sich wieder der subjektive Aspekt erkennen. Opportunitätskosten sind stets individuell und genauso wie die Zielsetzung nicht verallgemeinerbar. Hier kann wieder ein Bezug zu den finanziellen Mitteln und dem Humankapital hergestellt werden. Einem Unternehmer, dem viel Kapital zu Verfügung steht, stehen mehr Türen offen, was im Umkehrschluss wieder zu höheren Opportunitätskosten führt. Dasselbe lässt sich auf das Humankapital übertragen. Einem studierten Akademiker stehen eventuell lukrative Möglichkeiten als nicht-selbständiger zur Verfügung, wohingegen andere kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Während ein Unternehmer sein Projekt grade so für den Existenzerhalt nutzen kann aber dennoch fortführt, kann ein anderer Unternehmer aus derselben Branche sein wirtschaftlich starkes Unternehmen schließen, um die Möglichkeit von gewinnbringenderen Projekten wahrzunehmen. Gliedert man hier das Prinzip der individuellen Zielerreichung mit ein, wird deutlich, dass das Beenden einer Unternehmung nicht zwangsläufig mit dem Verfehlen eines Zieles im Zusammenhang steht. Obwohl das Ziel des Unternehmers erreicht oder sogar übertroffen wurde, kann er sein Unternehmen aufgrund besserer Alternativen schließen. Diese neuen Alternativen induzieren ihrerseits wieder neue individuelle Ziel die erreicht oder wieder zugunsten anderer Möglichkeiten aufgegeben werden. Dieses kurze Beispiel verdeutlicht, dass ein unternehmerischer Erfolg bzw. Misserfolg nicht einzig und allein am Überleben oder Weiterbestehen einer Unternehmung festzumachen ist (vgl. Bates 2002: S. 7-8).

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Details

Titel
Entrepreneurship und Scheitern aus psychologischer Sicht. Welche Rolle spielen Volition und Resilienz?
Autor
Jahr
2019
Seiten
48
Katalognummer
V448783
ISBN (eBook)
9783960955146
ISBN (Buch)
9783960955153
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entrepreneurship, Unternehmer, Unternehmertum, Entrepreneur, Psychologie, Volition, Resilienz, Unternehmerisches Scheitern, Scheitern, Motivation, Start-Up, Erfolg, Durchhaltevermögen, Gründung
Arbeit zitieren
Marvin Faradjollahi (Autor:in), 2019, Entrepreneurship und Scheitern aus psychologischer Sicht. Welche Rolle spielen Volition und Resilienz?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/448783

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