T.H. Whites Tetralogie "Der König auf Camelot" als Begründerin einer neuen Rezeptionskultur der Artus-Sage


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die Saga, ihre Ursprünge und Entwicklung
2.1 Situation Britanniens während und nach dem Abzug der Römischen Truppen
2.2 Die Gestalt des König Artus – Realität und Fiktion
2.3 Die Weiterentwicklung der Saga

3 T.H. White und seine innovative Perspektive
3.1 Der Autor und die Entstehungsgeschichte der Tetralogie
3.2 Die Whitesche Tetralogie und ihr Bruch mit der Tradition

4 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der König-Artus-Sage, ihrer Entstehung von den ersten schriftlichen Erwähnungen des Sagenkönigs im 7. Jh. bis zu den im ausgehenden Mittelalter verfassten glorifizierenden Heldenmythen.

Untersucht werden hierbei die spärlichen historischen Quellen, die die tatsächliche Existenz einer Gestalt namens Artus belegen könnten, und die historischen Rahmenbedingungen der „Dark Ages“[1] in Britannien, die das Aufkommen der Sage begünstigten, nachgeradezu notwendig machten. Epochemachende Werke, die spätere Generationen von Schriftstellern und Erzählern nachhaltig prägten und die Sage immer wieder um neue Elemente und Helden erweiterten, werden in einem kurzen Abriss vorgestellt. Im Besonderen wird dabei auf die Werke von Geoffrey of Monmouth, Chrétien de Troyes und Sir Thomas Malory eingegangen. Im Hinblick auf diese Werke, die Artus als schillernden und gerechten Herrscher erscheinen lassen, findet der Wandel, den die Rezeptionstradition mit der Tetralogoie „Der König auf Camelot“[2] von Terence Hansbury White in den 30er und 40er Jahren des 20. Jh. erfahren hat, besondere Berücksichtigung. White nimmt von der herkömmlichen Tradition, konservatives Gedankengut zu vermitteln[3], Abstand und lässt seinen Protagonisten als einfache und sensible Persönlichkeit auftreten, die von ihrer Kindheit an unter dem erzieherischen Einfluss des Zauberers Merlin steht. Artus’ größter innerer Konflikt ist in dem neu definiertem Verhältnis zwischen Macht und Recht begründet. Als grundsätzlich gutmütiger und nachdenklicher Herrscher stellt Artus die überkommene Vorstellung von Ritterschaft und Krieg in Frage und entwickelt sich „zu einem verstehenden und nicht zu einem kraft- und machtvoll herrschenden Monarchen“.[4]

Der Bruch mit althergebrachten Rezeptionsmodellen und die Nutzbarmachung einer jahrhunderte alten Legende für die Vermittlung von neuer, ganz anders gelagerter Sinnstiftung gibt dem Artus-Mythos bei White eine neue Wendung. Wurde die Legende bis zu T.H. White dahingehend genutzt, den Ruf nach einem Ausweg aus einer großpolitischen Krise und nach Wiederherstellung vertrauter Kategorien laut werden zu lassen, stellt White sie in seine Dienste, um seinem Wunsch nach einem veränderten Herrschaftssystem und damit einhergehend nach einem neuen Wertekanon Ausdruck zu geben.

Inwieweit diese innovative Perspektive auf den Sagenhelden tatsächlich mit der bis dahin bestehenden Rezeptionstradition gebrochen hat und welchen Einfluss Whites Werk auf spätere Autoren gehabt hat, wird im Schlussteil näher diskutiert.

2 Die Saga, ihre Ursprünge und Entwicklung

In der König-Artus-Sage sind das Heidentum und das Christentum untrennbar miteinander verknüpft, da sie in der Zeit der Christianisierung der Insel ihren Ursprung hat, in der beide Brauchtümer für längere Zeit koexistierten. Das Christentum gelangte durch die vier Jahrhunderte währende Präsenz der Römer nach Britannien, während große Teile der Bevölkerung weiterhin den heidnischen Naturgottheiten der Kelten anhingen. Die Entstehung der Sage fällt in die Zeit, in der die Römer ihre Truppen aus Britannien abzogen, da sie den immer häufiger werdenden Einfällen von heidnischen Stämmen aus dem Norden wie den Scoten und den Pikten nicht mehr standhalten konnten. Aus dieser Zeit gibt es kaum schriftlich fixierte Quellen, so dass diese von Wirren und politischer Unordnung gekennzeichnete Epoche, die bis zur endgültigen Machtübernahme der Angelsachsen dauerte, nicht umsonst als „Dark Ages“ bezeichnet wird. Dieser instabile Rahmen schuf einen fruchtbaren Boden für das Entstehen von Legenden und „Arthur füllt diese Lücke in der Geschichte Britanniens (...) so perfekt wie kein anderer“.[5]

2.1 Situation Britanniens während und nach dem Abzug der Römischen Truppen

Im Jahr 43 n.Chr. begann die Eroberung Britanniens durch die Römer, die um 85 n.Chr. bereits bis zum heutigen Schottland vorgedrungen waren. Allerdings wurden weder Schottland noch Irland jemals erobert oder romanisiert, die Römische Provinz „Britannia“ erstreckte sich auf die Gebiete des heutigen England, Cornwall und Wales und wurde durch den „Hadrianswall“ im Norden begrenzt. Dieser 117 km lange Schutzwall verlief zwischen dem Solway Firth an der Irischen See und der Mündung des River Tyne im Osten[6] und sollte die Einfälle der keltischen Stämme im Norden zurückhalten.

Die fast vier Jahrhunderte währende Herrschaft der Römer in Britannien begann sich im ausgehenden 4. Jh. zu destabilisieren. Es kam zu einem allmähliche Zurückziehen der römischen Truppen, beginnend im Jahr 383 n. Chr., als der Heerführer Magnus Maximus eine Truppe von beachtlicher Stärke von Britannien nach Gallien abzog.[7] Gründe hierfür waren innerpolitische Konflikte in Rom selbst sowie die Zersplitterung der Macht in Britannien. Dort ging man dazu über, militärische Befehlsgewalt teilweise auf britische Stammesfürsten zu übertragen. Desweiteren verlangten die Einfälle germanischer Volksstämme in anderen Teilen des Reiches den Abzug von Truppen aus Britannien, da diese andernorts zur Verteidigung benötigt wurden. Die so militärisch unterbesetzte Provinz wurde nun vermehrt von denjenigen Stämmen, die sich zu Zeiten der römischen Besatzung in den äußersten Norden zurückgezogen hatten, angegriffen, bis die römischen Truppen diesen Attacken nicht mehr standhalten konnten und Rom im Jahre 410 n.Chr. Britannien endgültig aufgab.[8]

Die nun folgende Zeit des Umbruches von der Antike zum Mittelalter charakterisiert sich durch eine sehr spärliche Quellenlage. Die Briten waren nicht in der Lage, die von den Römern hinterlassene politische Ordnung aufrechtzuerhalten, die zentrale Verwaltung brach zusammen.[9] Das Land begann, sich unter den Kämpfen der rivalisierenden Stämme um die Vorherrschaft politisch noch stärker zu fragmentieren. Eine der wenigen schriftlichen Quellen, die über diese Zeit Auskunft geben, ist das auf Latein verfasste Werk „De excidio et conquestu Britanniae“ (Über den Niedergang und die Eroberung Britanniens) des römisch-britannischen Mönches Gildas[10]. Er schildert hier die unruhigen und von Kriegswirren gezeichnete Epoche und schreibt: „Von dieser Zeit an waren es mal die Briten, mal die Feinde, die siegreich waren (...), bis zu dem Jahr, als es zur Belagerung von Mount Badon kam“.[11] Desweiteren kritisiert Gildas auf heftigste die damals herrschenden Könige der Teilreiche in Britannien, die sich durch Habsucht, Ungerechtigkeit, Hurerei und Willkürherrschaft auszeichneten.[12] Bei der Lektüre von „De excidio et conquestu Britanniae“ sollte jedoch beachtet werden, dass es Gildas mehr als um eine historische Darstellung eher darum ging, seinen Zeitgenossen ein moralisches Plädoyer zu halten. Er wollte den Verfall der ehemals in Brintannien unter römischer Besatzung existierenden Ordnung anprangern. Und obschon Artus bei Gildas noch keinerlei Erwähnung findet, scheint es aufgrund des sinnstiftenden Moments jeglicher Legende klar, dass „if Arthur never existed, it was imperative to invent him“.[13]

[...]


[1] Mit „Dark Ages“ wird die ungefähr einhundert Jahre währende Zeitspanne zwischen dem Abzug der Römer und der Machtübernahme der Angelsachsen in Britannien bezeichnet, also Anfang des 5. Jh. bis Anfang 6. Jh.

[2] T.H. White: Der König auf Camelot, Stuttgart 51981 (Englische Originalausgabe: The Once and Future King, London 1958).

[3] Vgl. Sigried Schmidt: Innovative Artus-Rezeption: Mummenschanz auf Tintagel, Der König auf Camelot. Überlegungen zu Wilhelm Kubies Roman und T.H. White’s Roman-Zyklus, in: Ulrich Müller und Kathleen Verduin (Hrsg.): Mittelalter-Rezeption V. Gesammelte Vorträge des V. Salzburger Symposiums, Burg Kaprun 1990, S. 353.

[4] Schmidt: Innovative Artus-Rezeption, S. 357.

[5] www.arthuriana.de/alt/, Kapitel 1.1.0.0.

[6] Vgl. www.arthuriana.de/alt/, Kapitel 1.1.1.2.

[7] Vgl. Jennifer R. Goodman: The Legend of Arthur in British and American Literature, Boston 1988, S. 3.

[8] www.arthuriana.de/alt/, Kapitel 1.1.1.2.

[9] Vgl. Goodman: The Legend of Arthur, S. 3.

[10] Gildas lebte und schrieb vermutlich um 540 in Chester, also im Westen Englands und war somit ein „Zeitgenosse“ Artus’. Vgl. hierzu auch Goodman: The Legend of Arthur, S. 4.

[11] Zitiert nach Wilfried Westphal: „Einst wird kommen ein König...“. Artus – Wahrheit und Legende, Braunschweig 1989, S. 60.

[12] Vgl. hierzu auch Richard White (Hrsg.): King Arthur in Legend and History. A Sourcebook, London 1997, S. 4.

[13] Goodman: The Legend of Arthur, S. 4.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
T.H. Whites Tetralogie "Der König auf Camelot" als Begründerin einer neuen Rezeptionskultur der Artus-Sage
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)  (Lehrstuhl für Mittelalterliche GEschichte Mitteleuropas und regionale Kulturgeschichte)
Veranstaltung
Die Gegenwart der Vergangenheit
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V44627
ISBN (eBook)
9783638421935
ISBN (Buch)
9783656452485
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Whites, Tetralogie, König, Camelot, Begründerin, Rezeptionskultur, Artus-Sage, Gegenwart, Vergangenheit
Arbeit zitieren
Nadja Schuppenhauer (Autor:in), 2005, T.H. Whites Tetralogie "Der König auf Camelot" als Begründerin einer neuen Rezeptionskultur der Artus-Sage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44627

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