Implementierung eines Diversity Managements. Vielfalt als Herausforderung und Chance für kleine und mittlere Unternehmen


Fachbuch, 2018

103 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Diversity Management als Trend des Personalmanagements
2.1 Begriffserläuterung und -abgrenzung
2.2 Ursprünge des Diversity Managements
2.3 Allgemeine Entwicklungslinien des Diversity Managements
2.4 Ziele des Diversity Managements
2.5 Die vier Ebenen des Diversity Managements nach Gardenswartz/ Rowe
2.6 Relevante Diversity-Dimensionen für Unternehmen
2.7 Majoritäten und Minoritäten als theoretischer Grundstein

3 Paradigmen des Diversity Managements
3.1 Fairness- und Diskriminierungsansatz
3.2 Zugangs- und Legitimationsansatz
3.3 Lern- und Effektivitätsansatz
3.4 Resistenz- und Colour-blind-Ansatz

4 Mono- und multikulturelle Unternehmen im Vergleich
4.1 Charakteristika
4.2 Vor- und Nachteile

5 Beratungsansätze und Praxisbeispiele zur Implementierung des Diversity Managements
5.1 Strategische Verankerung des Diversity Managements
5.2 Zieldefinition
5.3 Diversity-Analyse
5.4 Organisatorische Implementierung
5.5 Diversity-Scorecard als strategische Kontrollmaßnahme
5.6 Rolle des Beraters
5.7 Beispiele aus der Praxis

6 Kritische Betrachtung
6.1 Vielfalt als Herausforderung
6.2 Vielfalt als Chance
6.3 Umgang mit Vielfalt im Rahmen moderner Führungsarbeit

7 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2015 und 2060

Abbildung 2: Duales Optimum von DiM-Kosten und DiM-Nutzen

Abbildung 3: Modell der „4 Layers of Diversity“

Abbildung 4: Häufigkeit der DiM-Ansätze in deutschen Unternehmen

Abbildung 5: Diversity - Entwicklungspfad

Abbildung 6: DiM-Implementierungsmodell als fortlaufender Prozess

Abbildung 7: Perspektiven der Balanced Scorecard

Abbildung 8: Diversity-Scorecard als Rahmen der strategischen Kontrolle

Abbildung 9: Altersstruktur der Offsetdruckerei OMEGA GmbH

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Interne und externe Ziele eines DiM

Tabelle 2: DiM-Ansätze

Tabelle 3: Ökonomische Vor- und Nachteile monokultureller Unternehmen

Tabelle 4: Ökonomische Vor- und Nachteile multikultureller Unternehmen

Tabelle 5: Kennzahlen der Diversity-Scorecard Perspektiven

Tabelle 6: Mitarbeiterstruktur der OMEGA GmbH

Tabelle 7: DSC als Kontrolle der DiM-Maßnahmen bei OMEGA GmbH

1 Einleitung

In den letzten Jahren ist die personelle Bandbreite in gewinnorientierten Unternehmen zu einem zentralen Thema geworden. Die Vielfältigkeit von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten[1] soll für den eigenen Wettbewerbsvorteil genutzt werden. Jedoch ist der Begriff des Diversity beziehungsweise bzw. des Diversity Managements (DiM) in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) längst noch nicht so bekannt wie in Großunternehmen.[2] Nichtsdestotrotz haben vor allem die äußeren Veränderungen, wie die Globalisierung, der Fachkräftemangel, die Internationalisierung sowie der demographische Wandel, dazu beigetragen, dass das DiM in Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Demzufolge kann es nicht mehr als ein Modebegriff angesehen, sondern muss vielmehr zum festen Bestandteil des Personalmanagements (PM) und der Personalführung statuiert werden.[3]

Nicht nur Arbeitnehmer in Deutschland, sondern auch jene in anderen Ländern der Welt werden zunehmend älter. Zudem steigt die Zahl der Einwanderungen in Deutschland, sodass Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt einsteigen. Diese Rahmenbedingungen führen zu einer zunehmenden Heterogenität auf dem Arbeitsmarkt, die neben vielen Chancen auch mit Risiken und Herausforderungen einhergeht. Häufig sind vor allem in monokulturellen Unternehmen Diskriminierungen die Folge. Aufgrund dessen sind Konzepte und Strategien in Großunternehmen, aber auch in KMU erforderlich, die diesen Herausforderungen entgegentreten. Infolge dieser Tatsache hat sich auch in Deutschland das DiM verbreitet, welches die Diversität der Mitarbeiter in Unternehmen managt. Unternehmen sind gefordert, ihre (Personal-)Strategien zu überdenken und ein individuelles DiM-Konzept zu entwickeln, welches nicht nur Diskriminierungen beispielsweise aufgrund verschiedener Kulturen oder Altersunterschieden verhindert, sondern darüber hinaus die Potenziale, die durch die Vielfalt im Unternehmen gegeben sind, zu nutzen, um somit den ökonomischen Erfolg zu emendieren.

Aufgrund des Rückgangs der Erwerbsbevölkerung wird es besonders für KMU unabdingbar, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu binden, um wettbewerbs- und konkurrenzfähig zu bleiben. Dies gelingt besonders dann, wenn die persönlichen Potenziale der Mitarbeiter positiv genutzt werden können. Hierzu bedarf es besonders Maßnahmen des PM sowie der Unternehmensführung, um Minoritäten wie Frauen, Mitarbeiter mit Behinderung, ältere Mitarbeiter oder Aus­länder ebenfalls mitsamt ihrer Ressourcen einzubeziehen. Durch ein erfolgreich implementiertes DiM wird nicht nur ein monokulturelles Unternehmen zu einem multikulturellen Unternehmen, sondern es wird auch ein Zugang zu den unter­schiedlichen Mitarbeitern geschaffen.[4]

In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus auf die Implementierung eines DiM in einem KMU gelegt. Im Rahmen dessen wird ein KMU definiert, das „[…] nicht mehr als 249 Beschäftigte hat und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen € erwirtschaftet oder eine Bilanzsumme von maximal 43 Millionen € aufweist.[5]

Da die richtungsweisenden Instrumente des DiM hauptsächlich das PM zu erarbeiten hat, erfolgt eine Betrachtung von Personalmanagement und -führung. Im Kontext dessen wird das PM wie folgt verstanden:

„Das Management von Personal ist die systematische Analyse, Bewertung und Gestaltung aller Personalaspekte eines Unternehmens, wie Personalbestände und -bedarfe, Qualifikationen, Kostenkalkulierungen, rechtliche Bedingungen des Personaleinsatzes, der Beurteilung und Führung von Mitarbeitern.“[6]

Es soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Implementierung eines DiM in KMU sinnvoll erscheint und ob es lediglich als eine kurzfristige Mode­erscheinung oder als ein bedeutsames Management für Unternehmen angesehen werden kann. Zudem wird der Implementierungsprozess eines DiM zur Ver­änderung monokultureller Unternehmen dargestellt. Ziel dieser Arbeit ist es, einen umfassenden Überblick über die Entwicklung des DiM sowie dessen Einbettung in den gesamtwirtschaftlichen Kontext zu liefern. Darüber hinaus soll der Leser für die Problematik der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt sensibilisiert werden und diese mithilfe des DiM vermindern. Auch der ökonomische Erfolg eines Unter­nehmens, der durch das DiM hervorgerufen werden kann, wird thematisiert und näher beleuchtet.

Den Rahmen für die Zielsetzung und die Beantwortung der Frage bietet das nachfolgende zweite Kapitel, in dem die Herkunft des DiM geschildert und von wortverwandten Begriffen abgegrenzt bzw. in den richtigen Zusammenhang gerückt wird. Es liefert eine Übersicht über die Entwicklungslinien und die Ausgangslage des DiM. Darüber hinaus lassen sich aus den Entwicklungslinien die Ziele des DiM ableiten. Explizit wird das Modell von Gardenswartz und Rowe (1994) herangezogen, welches die vier Ebenen des DiM mit ihren jeweiligen Dimensionen beschreibt, von denen im Anschluss die sechs relevanten Dimensionen für Unternehmen dargestellt werden.

Damit im dritten Kapitel auf die Paradigmen des DiM eingegangen werden kann, werden zuvor die entsprechenden Majoritäten und Minoritäten aufgeführt.

Im vierten Kapitel werden die Vor- und Nachteile von monokulturellen und multikulturellen Organisationen einander gegenübergestellt, sodass im anschließenden fünften Kapitel der Implementierungsprozess eines DiM dargestellt und darauffolgend anhand von zwei Praxisbeispielen verdeutlicht werden kann.

Im sechsten Kapitel werden die Herausforderungen und die Chancen des DiM dargestellt und im letzten Abschnitt in den Kontext von moderner Führungsarbeit gestellt. Abschließen wird die Arbeit mit einer Zusammenfassung der zuvor erarbeiteten Ergebnisse sowie einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung und Bedeutung des DiM.

2 Diversity Management als Trend des Personalmanagements

„Junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwarten einen vorurteilsfreien und progressiven Umgang mit Merkmalen wie etwa Geschlecht, Ethnie, Alter oder Behinderung, aber auch subjektiven Unterschieden wie sexuelle Orientierung, Religionszugehörigkeit oder Lebensstil.“[7]

Anhand dieser These lässt sich erkennen, welche Bedeutung und welchen Stellenwert das DiM in Zukunft innerhalb des PM einnehmen wird. Durch die Internationalisierungs- und Globalisierungsprozesse nimmt die Vielfalt an Individualitäten zu. Es ist nicht ausschließlich für große Konzerne und Organisationen, sondern auch für KMU von großer Bedeutung, auf diese Entwicklung einzugehen, denn in Zeiten des Fachkräftemangels, der demographischen Entwicklung und der immer stärker werdenden Migration kann ein KMU durch ein organisiertes DiM einen bedeutsamen Vorsprung im Wettbewerb generieren.[8]

2.1 Begriffserläuterung und -abgrenzung

Um näher auf das DiM eingehen zu können, bedarf es einer expliziten Definition ausgewählter Begriffe, die im Laufe dieser Arbeit öfter auftauchen werden. Darüber hinaus wird der Begriff des DiM oft mit inhaltlich verwandten Begriffen in Verbindung gebracht, die es ebenso abzugrenzen gilt.

Der Begriff „Diversity“ wird übersetzt mit Vielfalt und Unterschiedlichkeit. Dieses bezieht sich auf die individuellen Lebenslagen und die damit in Verbindung stehende Vielfältigkeit.[9] Loden und Rosener definieren Diversity wie folgt:

„From an objective point of view, it is this vast array of physical and cultural differences that separate and distinguish us as individuals and groups. From the subjective point of view, diversity is otherness or those human qualities that are different from our own and outside the groups we belong, yet present in other individuals and groups.”[10]

Darüber hinaus unterteilen Gardenswartz und Rowe Diversity in die sogenannten „Four Layers of Diversity“: Persönlichkeit (beispielsweise emotionale Stabilität), innere Dimension (beispielsweise Alter, Geschlecht), äußere Dimension (beispielsweise geographische Lage, Einkommen) und organisationale Dimension (beispielsweise Funktionsbereich, Arbeitsort)[11] (weitere Ausführungen in Abschnitt 2.5).

Bissels/Sackmann/Bissels (2001) nennen „kulturelle Vielfalt“ als Synonym für Diversity und lassen dadurch einen weitreichenderen Blick auf Diversity zu.

In Anbetracht dessen, dass einige Definitionen die Vielfalt als Unterschiede zwischen den Mitarbeitern fokussieren, werden nach Thomas und Ely (1996) neben dem Bestehen dieser Unterschiede auch die vorhandenen Gemeinsamkeiten aufgegriffen, die soziale Gruppen miteinander verbinden:

„Diversity refers to the collective (all inclusive) mixture of items characterized by differences and similarities along a given dimension“[12]

Diese Ausführung verdeutlicht, dass Menschen nicht lediglich einer festgesetzten Gruppe angehören, sondern in mehrere Gruppen eingeordnet werden können. Z. B. können Menschen sich aufgrund ihres Geschlechts unterscheiden, aber gleichzeitig einer gleichen Altersgruppe angehören.[13] Neben den eben genannten Unterschieden, bestehen folglich auch Gemeinsamkeiten, die für die personelle Vielfalt bedeutend sind und mithilfe des DiM strukturiert und organisiert werden.

Durch die Heterogenität der Mitarbeiter eines Unternehmens können verschiedene Potenziale entstehen, die dem Unternehmen auf verschiedene Art und Weise einen erheblichen ökonomischen Nutzen bringen können. Damit diese vielfältigen Potenziale genutzt werden können, wird das DiM (deutsch: Vielfaltsmanagement) als ein Managementkonzept der Unternehmensführung eingesetzt.[14] Cox (1993) beschreibt DiM als „planning and implementing organizational systems and practices to manage people so that the potential advantages of diversity are maximized while its potential disadvantages are minimized.”[15]

Darüber hinaus soll jedem Beteiligten die Vielfalt der Mitarbeiter verdeutlicht werden, um die daraus resultierenden Möglichkeiten zu nutzen. Weinert (2008) beschreibt DiM als „ein[en] Prozess, in dem sich Unternehmensstrukturen und Arbeitskulturen entwickeln, über den aber auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens erhöht werden kann.“[16]

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass DiM ein ganzheitliches Managementkonzept zur Steuerung der kulturellen Vielfalt eines Unternehmens darstellt, wodurch primär der ökonomische Nutzen des Unternehmens in den Vordergrund rückt. Das Hauptaugenmerk liegt vor allem auf der Analyse der vorhandenen Organisationsstrukturen, der Personalprozesse und der weiteren Entwicklung der Organisationskultur.[17]

Da der Begriff des DiM des Öfteren sehr breit gefasst wird, werden oftmals auch andere Konzepte und Begriffe inhaltlich mit diesem verknüpft. So erscheint es an dieser Stelle der Arbeit als nicht unwichtig, den Begriff und das Konzept des DiM von inhaltlich verwandten bzw. zusammenhängenden Begriffen abzugrenzen und in den richtigen Zusammenhang zu bringen.

Ein erstes Konzept, welches immer wieder mit DiM in Verbindung gebracht wird, ist die Antidiskriminierung. Die Antidiskriminierung gilt als ein Konzept, welches Chancengleichheit aufbauen und sicherstellen soll, sodass mittelbare und unmittelbare Diskriminierungen dezimiert werden. Im Kontext des DiM besteht folglich der wesentliche Unterschied dieser beiden Begriffe darin, dass die Antidiskriminierung nicht wie das DiM auf einen wirtschaftlich ökonomischen Nutzen aus der Vielfalt zielt, sondern vielmehr die Benachteiligung von Individuen bekämpft.[18]

Gender Mainstreaming (GM) wird ebenso des Öfteren mit dem DiM in eine inhaltliche Verbindung gebracht. GM verfolgt Ziel, die Geschlechtergleichstellung zu fördern. In diesem Kontext erweist sich GM als ein Konzept, welches sich auf die strukturellen Gründe von Ungleichgewichten konzentriert und spezifische Angebote für die Förderung von Frauen bietet.[19]

Die interkulturelle Kompetenz und die interkulturelle Öffnung definieren den Umgang mit den unterschiedlichen Kulturen. Im dargestellten Zusammenhang bedeutet dies, dass individuell unterschiedliche Personen nicht wegen ihrer Kulturzugehörigkeit diskriminiert werden dürfen. Im Allgemeinen lässt sich die interkulturelle Kompetenz als eine Fähigkeit beschreiben, kulturelle Unterschiede von Personen zu erkennen und diese kompetent zu reflektieren.

2.2 Ursprünge des Diversity Managements

Das DiM findet seinen Ursprung in Amerika, wo es seit mehr als 15 Jahren als ein PM-Instrument angewendet wird. Insbesondere waren die ökonomischen und demographischen Veränderungen in den 1980er und 1990er Jahren in Amerika für das DiM ausschlaggebend. Den besonders richtungsweisenden Impuls für das DiM gab die Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren, die dafür kämpfte, Diskriminierungen zu reduzieren und einen gesetzlichen Beschluss durchsetzte, der Menschen davor schützt, aufgrund von kulturellen Unterschieden, Geschlecht, o. Ä. diskriminiert zu werden. Durch die Equal Employment Opportunity Commission wurde diese Antidiskriminierungsbestimmung in allen Unternehmen überwacht. Zudem wurden Großaufträge der amerikanischen Regierung ab Ende der 1960er Jahre nur noch an Konzerne und Unternehmen übergeben, die einen schlüssigen Plan zur Förderung von Minderheiten aufweisen konnten.[20]

Darüber hinaus prognostizierte das Hudson Institut im Jahr 1998 durch den sogenannten „Workforce 2000-Report“ einen akuten Fachkräftemangel, der die Unternehmen dazu veranlasste, sich auch mit den Minderheitsgruppen auseinanderzusetzen, um diese effizient einzustellen. Folglich kam es dazu, dass ungefähr 75 Prozent der amerikanischen Unternehmen Ende der 1990er Jahre das DiM als wirksames PM-Instrument einsetzten.[21] Somit wurde der Vielfalts-Gedanke zu diesem Zeitpunkt ein ökonomischer Anreiz für Unternehmen, während dieser bisweilen fast ausschließlich politisch motiviert war.

Auch in Europa kann man erste Bewegungen im Hinblick auf ein DiM schon in den 1950er Jahren erkennen. 1957 verabschiedete die Europäische Kommission (EU) eine Richtlinie für eine analoge Entlohnung der Arbeit von Männern und Frauen. Im Jahr 2000 folgten die Richtlinien der EU-Kommission, die Diskriminierungen hinsichtlich ethnischer Herkunft, Rasse, Religion, Weltanschauung, Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung vorbeugen und schützen soll.[22]

Im August 2006 wurde auch in Deutschland ein Grundstein für eine Antidiskriminierung durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzt (AGG) gelegt (siehe Abschnitt 2.3.1).[23] Des Weiteren wurde in der EU im Jahr 2007 das „Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle“ und im Jahr 2008 das „Europäische Jahr des Interkulturellen Dialogs“ proklamiert.[24]

2.3 Allgemeine Entwicklungslinien des Diversity Managements

In der gegenwärtigen Wirtschaft dominieren ein Streben nach Wachstum und eine parallele Suche nach Potenzialen zur Optimierung. Zur gleichen Zeit müssen die Qualität sowie das sich permanent wandelnde Umfeld beachtet werden. In diesem Rahmen erscheint es als unumgänglich, Möglichkeiten zu finden, den zukünftigen Herausforderungen adäquat zu begegnen. Die Bedeutsamkeit sowie das zeitgleiche Erkennen von Vielfalt sind Entwicklungen, die durch die ökonomischen Ziele eines Unternehmens wie auch die politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen entstehen.[25]

2.3.1 Rechtlicher Wandel

Wie bereits im vorrangegangenen Abschnitt erwähnt, trugen einige rechtliche Richtlinien und Gesetze in Amerika, aber auch in Deutschland dazu bei, dass sich das DiM immer weiter entwickelte und für viele Unternehmen derzeit als unumgänglich erscheint.

Auf der Grundlage des amerikanischen Rechtssystems werden in Amerika jährlich mehrere Anklagen von Arbeitnehmern gegen ihren Arbeitgeber bzw. das jeweilige Unternehmen aufgrund von Diskriminierungen erhoben. Hierbei handelt es sich meistens um Anklagen von Frauen, älteren Mitarbeitern oder von Mitarbeitern mit einer anderen ethnischen Herkunft. Aus diesem Grund führen amerikanische Unternehmen vor Gericht immer wieder das innerhalb ihres Unternehmens implementierte DiM als Rechtfertigungsbasis und als Beweis dafür an, dass Diskriminierungen innerhalb ihres Unternehmens abgebaut würden. Neben den erheblichen Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen können im Falle einer Anklage immense Imageschäden für das Unternehmen resultieren.[26]

In Deutschland kann man nicht von einer ähnlichen Antidiskriminierungsgesetzgebung sprechen. Jedoch lassen sich auch hier einige Gesetze finden, die zumindest ansatzweise den Schutz vor Diskriminierung sicherstellen. Hierzu lässt sich beispielsweise der Artikel 3 des Grundgesetzes heranführen, welcher die Gleichheit vor dem Gesetz und einen Verzicht auf die Benachteiligung sowie die Bevorzugung etwaiger Gruppen oder Individuen statuiert. Auch in den §§75 und 80 des Betriebsverfassungsgesetzes, im Sozialgesetzbuch (SGB) IX, im Teilzeit- und Befristungsgesetz, sowie im §611 Bürgerliches Gesetzbuch spielt Diversity eine bedeutsame Rolle. Besonders erkennbar wird die Vielfalt in Deutschland durch das AGG des Betriebsverfassungsgesetz §75. Hierin werden das Diskriminierungsverbot sowie die gesetzlichen Regelungen zur Chancengleichheit festgelegt und Diskriminierungen hinsichtlich sexueller Orientierungen, Ethnizität, Alter, Behinderungen oder unterschiedlicher religiöser Ansichten abgebaut.[27]

Des Weiteren verpflichtet sich Deutschland als Mitglied der EU nach dem Vertrag der Europäischen Gründung Artikel 249 dazu, die von der EU-Kommission konzipierten Antidiskriminierungsrichtlinien in das deutsche Rechtssystem zu transkribieren.[28]

Sofern es den Unternehmen in Deutschland nicht gelingt, der Diskriminierung aktiv entgegenzuwirken, bzw. präventive Maßnahmen, wie z. B. das DiM, zu implementieren, könnte auch ihnen, wie einigen Unternehmen in Amerika ein Diskriminierungsprozess mit enormen Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen drohen. Zudem kann an dieser Stelle der dadurch entstehende Imageverlust nicht außer Acht gelassen werden. Infolge dessen kann festgehalten werden, dass Unternehmen, die durch DiM präventiv und aktiv auf Diversity eingehen und Maßnahmen zur Implementierung eines DiM entwickeln, ein geringeres Risiko von Imageverlust, Schadensersatzforderungen und aufwändigen Diskriminierungsprozessen vor Gericht eingehen.[29]

2.3.2 Diversity Management als Folge der Globalisierung

Die Globalisierung und die Digitalisierung machen es möglich, dass der globale Austausch zunimmt, welcher mit einer steigenden Mobilität von Dienstleistungen und Produktion einhergeht. Zudem verzeichnet die Zahl der Produzenten und Wettbewerber, die sich schon längst weltweit verteilen, einen Zuwachs. Die internationalen Finanzströme wachsen und die Neuentwicklung von global zugänglichen Finanzprodukten macht es selbst Kleinstunterhemen unter Zuhilfenahme des Internets möglich, darauf zuzugreifen. Folglich können durch die Globalisierung und die Digitalisierung zwar neue Potenziale entstehen, aber sich auch (neue) Herausforderungen und Problematiken abzeichnen. Ab den 1960er Jahren sind die interkulturellen Tendenzen in der Wirtschaft fortlaufend angestiegen, sodass die grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeiten heutzutage nicht mehr wegzudenken sind. Hierdurch charakterisieren auch die wirtschaftlichen Märkte, die Kunden und die Lieferanten immer vielfältiger werdende Strukturen. Nicht zuletzt führen die Zusammenschlüsse von Unternehmen zu einer steigenden Globalisierung. Aufgrund dieser Aspekte der Globalisierung ist es für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter unabdingbar, sich mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen.[30]

2.3.3 Wachsende Vielfalt durch demographischen Wandel

Das DiM gewinnt auch durch den demographischen Wandel immer mehr an Bedeutung. Laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2017) wird es im Jahr 2060 fast doppelt so viele 70-Jährige wie Neugeborene geben. Darüber hinaus wird vom Statistischen Bundesamt (2015) erwartet, dass die Einwohnerzahl von ca. 82 Millionen auf 67,6 Millionen sinken wird (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2015 und 2060[31]

Sofern man versuchen würde, den Altersquotienten (im Jahr 2015 bei circa. 35 : 100), der das Verhältnis der Personen im Rentenalter (ab ca. 65 Jahre) zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (ca. 20 bis 65 Jahre) angibt, identisch zu halten, so müsste das Rentenalter auf ungefähr 75 Jahre erhöht werden.[32]

Zusammengefasst veranschaulichen die gegenwärtigen Veränderungen der Demografie eine deutliche Abnahme der Geburtenrate sowie eine zunehmende Lebenserwartung, woraus eine Überalterung der Bevölkerung sowie ein allgemeiner Rückgang der Bevölkerungszahlen resultieren.[33] Gerade im Hinblick auf das PM eines Unternehmens werden hier zwei wesentliche Problematiken sichtbar: Zum einen sinkt die Zahl der (jungen) Arbeitskräfte, sodass es zum sogenannten „War of talents“ [34] kommt. Zum anderen werden die Arbeitnehmer immer älter, wodurch gerade die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens unter starken Druck gelangen kann.[35] Allgemein liegen folglich die Problematiken, die durch den demografischen Wandel entstehen, in der Ressource des Humankapitals, denn die älteren Mitarbeiter müssen auch längerfristig eingestellt werden.

Aus diesem Grund müssen gerade Unternehmen in den Aufbau des DiM investieren, um so wettbewerbs- und leistungsfähig zu bleiben. Somit werden auch sie in Verbindung mit dem Älterwerden der Belegschaft immer vielfältiger, sodass das DiM immer mehr an Bedeutung gewinnt.[36]

2.3.4 Migration in Deutschland

In Deutschland ist weiterhin ein starker Zuwachs an Menschen mit Migrationshintergrund zu verzeichnen. Im Jahr 2016 lebten ca. 18,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, was einer Zunahme um ungefähr 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dieser Anstieg lässt sich vor allem aus der hohen Zuwanderung von Ausländern im Jahr 2015 und 2016 ableiten.[37] Angesichts dieser Zahlen der Migrationsentwicklung in Deutschland lässt sich die steigende Bedeutung des DiM erahnen. Durch die politischen, sozialen und kulturellen Wertvorstellungen des Herkunftslandes unterscheiden sich Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur äußerlich, sondern auch sprachlich von den Deutschen.[38] Gerade durch diese Unterschiede werden sie häufig diskriminiert, vernachlässigt und ihre Potenziale werden nicht ausgeschöpft. In diesem Kontext soll das DiM Potenzial erkennen, fördern und eine Chancengleichheit schaffen, sodass auch das Unternehmen vor allem nachhaltig einen ökonomischen Nutzen und eine starke Wettbewerbsfähigkeit aufbauen kann.

2.4 Ziele des Diversity Managements

In den vorangestellten Abschnitten ist deutlich geworden, welche Entwicklungslinien dazu geführt haben, dass das DiM immer mehr an Bedeutung gewonnen hat und auch in naheliegender Zukunft gewinnen wird. Aus diesen Entwicklungslinien sind einige Ziele des DiM abzuleiten, die sich zunächst grob in interne und externe Ziele bzw. Verbesserungen eingliedern lassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Interne und externe Ziele eines DiM[39]

Wie bereits erwähnt, soll durch das DiM das Unternehmensimage als eines der externen Ziele verbessert werden. Durch ein nachhaltig implementiertes DiM wird eine Steigerung des äußeren Ansehens eines Unternehmens erwartet. Darüber hinaus sollen ebenso die Kundenbeziehungen verbessert und die Arbeitgeberattraktivität erhöht werden.[40]

Als interne Ziele des DiM können vor allem eine zunehmende Motivation der Mitarbeiter und eine Steigerung von Kreativität sowie Produktivität genannt werden. Durch ein neu implementiertes DiM soll ebenso die Offenheit gegenüber (neuen) Change-Prozessen innerhalb der Organisation erhöht werden, sodass neue Prozesse und Veränderungen schneller umgesetzt werden können.[41]

Anhand einer Metaanalyse konnten diese positiven Effekte des DiM und die geschilderten Ziele positiv belegt werden. Das Unternehmensimage konnte durch Diversity-Maßnahmen erhöht werden, bei den Mitarbeitern war eine erhöhte Motivation zu messen, die Kundenbeziehungen konnten verbessert und ausgeweitet und darüber hinaus infolge der gestiegenen Arbeitgeberattraktivität qualifizierte Bewerber gewonnen werden.[42]

Demgegenüber steht jedoch die Studie von Dohrn und Hasebrook (2011), die keine handfeste Kohärenz zwischen DiM und dem ökonomischen Erfolg nachweisen konnten.[43] An dieser Stelle muss demzufolge konstatiert werden, dass ein DiM nur dann für ein Unternehmen gewinnbringend ist, wenn die implementierten DiM-Maßnahmen in einer selbst definierten Relation zu den erforderlichen Ressourcen und deren Kosten eingesetzt werden. Hierzu dient der sogenannte „DiM-Blisspoint“ von Becker (2015) (siehe Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Duales Optimum von DiM-Kosten und DiM-Nutzen[44]

Allgemein lässt sich zunächst festhalten, dass sich keine generellen Aussagen über die Relation zwischen Einfalt und Vielfalt treffen lassen. Jede Situation und jedes Unternehmen müssen dieses Verhältnis anhand ihrer festgelegten Ziele selber bestimmen. Jedoch lässt sich anhand der Abbildung 2 schlussfolgern, dass kein Maximum, sondern ausschließlich ein Optimum aus Kosten (x-Achse) und Nutzen der Vielfalt (y-Achse) zu erreichen ist.[45] Um die Relation zwischen Kosten und Nutzen zu kontrollieren bzw. zu verbessern, sodass schnellstmöglich und nachhaltig der DiM-Blisspoint erreicht wird, bedarf es eines Controllings, welches auf die Ziele eines Unternehmens (beispielsweise durch eine Diversity-Scorecard) abgestimmt ist (siehe dazu Abschnitt 5.5).

2.5 Die vier Ebenen des Diversity Managements nach Gardenswartz/ Rowe

Die Strukturen des Personalbestands von großen Unternehmen und Organisationen, aber auch von KMU charakterisieren sich durch eine stetig steigende Heterogenität. Diese kann zum einen an individuellen personenbezogenen Sichtweisen und zum anderen an berufsbezogenen Aspekten festgemacht werden, die im Personalbestand entstehen.[46] Unter Einbezug des DiM sollen die jeweiligen Unterschiede positiv als Bereicherung für die KMU genutzt werden und darüber hinaus Veränderungen von monokulturellen hin zu multikulturellen Organisationen schaffen. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich mithilfe von verschiedenen Dimensionen aufzeigen. Nach Gardenswartz und Rowe wird die Ordnung personeller Vielfalt in vier verschiedene Ebenen, auch „4 Layers of Diversity“ genannt, gegliedert (siehe Abbildung 3). Diese Ebenen lassen sich jeweils unterschiedlichen Dimensionen von Diversity zuordnen.[47]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Modell der „4 Layers of Diversity“[48]

Die Persönlichkeit als Zentrum der Diversity

Auf der ersten Ebene ist die Persönlichkeit des Individuums zu finden. Die Persönlichkeitsmerkmale des Mitarbeiters, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gegenüber anderen Mitarbeitern hervorbringen, bilden das Zentrum. Hierzu gehören beispielsweise die Offenheit gegenüber anderen Personen und die emotionale Stabilität. Diese Persönlichkeitsmerkmale und individuellen Charakteristika sind zwar für das Zusammenwirken und -arbeiten von Teams relevant, werden aber angesichts der Problematik von DiM-Maßnahmen weniger berücksichtigt.[49]

Die internen Dimensionen als Kerndimensionen des DiM

Die zweite Ebene beinhaltet die sogenannten internen Dimensionen, die oftmals auch als Kerndimensionen bezeichnet werden und um das Zentrum der Persönlichkeit herum angeordnet sind. Sie umfassen das Alter, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die physischen Fähigkeiten, die ethnische Zugehörigkeit bzw. Rasse, die Religion und die Weltanschauung. Diese Merkmale lassen sich nicht verändern und sind jedem Menschen von Geburt an gegeben.[50]

Die äußeren, veränderbaren Dimensionen

Die äußeren bzw. externen Dimensionen stellen die dritte Ebene dar. Diese Dimensionen sind überaus abhängig von der Sozialisation des Menschen und lassen sich durch eigenständige Entscheidungen und Gestaltungsspielräume verändern. Hierzu zählen vor allem die geografische Lage, das Einkommen, die Gewohnheiten, das Freizeitverhalten, die Religion, die Ausbildung, die Berufserfahrung, das Auftreten, die Elternschaft und der Familienstand.[51] Neben den internen unveränderbaren Dimensionen finden auch vereinzelt die externen Dimensionen besondere Berücksichtigung im DiM. Aufgrund dessen werden diese explizit in Abschnitt 2.6 in den Fokus gerückt.

Die organisationalen Dimensionen

Im Gegensatz zu den vorangestellten Dimensionen sind die organisationalen Dimensionen am stärksten veränderbar. Hierzu zählen die Funktion bzw. die Einstufung, das Arbeitsumfeld, die Abteilung bzw. die Gruppe, die Dauer der Zugehörigkeit, der Arbeitsort, die Gewerkschaftszugehörigkeit und der Management-Status. Zusammengefasst gelten diese Dimensionen als Unterscheidungsmerkmale innerhalb eines Unternehmens.[52]

2.6 Relevante Diversity-Dimensionen für Unternehmen

Wie bereits im vorherigen Abschnitt zusammengefasst, sind die internen Dimensionen wie Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, physische Fähigkeiten, ethnische Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung die relevantesten Unterscheidungs- und Gemeinsamkeitskriterien, auf die sich ein Unternehmen innerhalb des DiM fokussieren kann. In den folgenden Abschnitten werden die jeweiligen Kriterien noch einmal näher definiert und mögliche DiM-Maßnahmen dargestellt, die für große Unternehmen, aber besonders für KMU im ausführbaren Rahmen sind.

2.6.1 Religion und Weltanschauung

Die Dimension der Religion und der Weltanschauung hat besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und wird auch in Zukunft ein gewichtiger Aspekt des DiM sein. Durch das AGG sind Arbeitnehmer vor Diskriminierungen aufgrund ihrer religiösen Ansichten geschützt. Jedoch gibt es immer wieder Vorfälle, in deren Kontext Mitarbeiter von Vorgesetzten oder Kollegen wegen ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert werden.[53] Zudem wird die Zunahme von religiösen Überzeugungen spürbar. Die evangelischen Landeskirchen, die jüdischen und muslimischen Gemeinden, die Buddhisten und Hindus, die Freikirchen oder Jesiden sind nur ein Ausschnitt der Vielzahl an Überzeugungen.[54]

Laut einer Befragung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2016) sind viele Unternehmen verunsichert, wie sie mit anderen religiösen Ansichten umzugehen haben, weshalb bislang wenige Maßnahmen zum richtigen Umgang mit der Religion im Arbeitsleben ergriffen werden.[55]

Anknüpfend an das Modell von Gardenswartz und Rowe können an dieser Stelle Fragestellungen konkludiert werden, um die unveränderbare Dimension innerhalb des Unternehmens zu analysieren:

- Welche religiösen Ansichten und Überzeugungen sind im Unternehmen bei unseren Mitarbeitern vorzufinden und wie geht man damit um?
- Kann man von den Religionen der Mitarbeiter mit anderen religiösen Ansichten etwas lernen?[56]

An dieser Stelle können einfache DiM-Maßnahmen vorgestellt werden, durch die die Akzeptanz der unterschiedlichen religiösen Ansichten gesichert und eventuell sogar verstärkt wird. Beispielsweise können in der Mittagskantine zusätzlich vegetarische und schweinefleischfreie Gerichte angeboten werden.[57] Darüber hinaus können Räume zur Verfügung gestellt werden, in denen die Mitarbeiter beten können und verschiedene Feiertage der unterschiedlichen Religionen können nicht nur bekanntgemacht, sondern vielmehr auch akzeptiert werden.[58]

Jedoch muss an dieser Stelle ebenso kritisch erwähnt werden, dass die räumlichen Gegebenheiten vieler KMU es nicht hergeben, einen zusätzlichen Gebetsraum bereitzustellen. Des Weiteren sind nur einige von den oben genannten Religionen in den Unterlagen zu den Steuern vermerkt, sodass die Analyse dieser Dimension erschwert ist. Ebenso ist es kritisch zu hinterfragen, ob und inwieweit ein zusätzlicher Gebetsraum, das Akzeptieren von Feiertagen oder das Anbieten von zusätzlichen Gerichten die Diskriminierungen von Mitarbeitern mit anderen religiösen Ansichten verhindern. Somit bleibt festzuhalten, dass es im Hinblick auf die Dimension der Religion und der Weltanschauung nicht Ziel ist, Mitarbeiter von anderen Religionen zu überzeugen, sondern nur, auf deren Traditionen, Feiertagen und Weltanschauungen Rücksicht zu nehmen.

2.6.2 Vielfalt durch ethnische Herkunft und Nationalität

Durch die zunehmende Migration in Deutschland steigt auch die Vielfalt in Unternehmen hinsichtlich der Nationalität und der ethnischen Herkunft. Somit entstehen viele Unterschiede besonders in den Sprach- und Kulturkenntnissen der Mitarbeiter, die jedoch ebenso ein Weg zu neuen Märkten und Kunden für Unternehmen bahnen können. Folglich sollte diese Dimension des DiM eine bedeutsame Rolle einnehmen, um professionell mit ausländischen Mitarbeitern, aber auch Kunden umgehen zu können.[59] Nach dem Modell von Gardenswartz und Rowe lassen sich auch an dieser Stelle Fragen ableiten, um diese Dimension innerhalb des Unternehmens zu analysieren:

- Woher stammen die Mitarbeiter?
- Welche unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Kenntnisse bringen die Mitarbeiter mit und wie kann das Unternehmen diese effektiv für sich nutzen?
- Was können die Mitarbeiter untereinander angesichts der multikulturellen Kenntnisse lernen?[60]

Eine Maßnahme ist das Schalten der offenen Vakanzen auf internationalen Internetplattformen (beispielsweise auf „Das Europäische Portal zur beruflichen Mobilität“). Diese Maßnahme können sowohl Großkonzerne als auch KMU umsetzen, ohne dass besondere Ressourcen dafür benötigt werden. Jedoch ist es ebenso wichtig, dass die Mitarbeiter für andere Kulturen sensibilisiert werden. Hierfür dienen z. B. Sensibilisierungstrainings.[61]

Sofern schon mehrere Kulturen im Unternehmen aufeinander treffen, lassen sich die Teams bewusst multikulturell zusammensetzen. Derlei Maßnahmen sind vor allem von den Führungskräften top-down umzusetzen.[62]

2.6.3 Veränderte Altersstrukturen in Unternehmen

Aufgrund des stetig wachsenden Altersdurchschnitts der deutschen Bevölkerung, werden auch die Belegschaften von Unternehmen immer älter. Zudem ist in der heutigen Arbeitswelt ist ein negatives und defizitäres Bild von älteren arbeitenden Menschen vorzufinden. Sie werden als alt und langsam eingestuft und die jahrelang gesammelten Erfahrungen, die sie über ihre bisherigen Arbeitsphasen gesammelt haben, werden zu wenig Bedeutung geschenkt. An diesem Punkt greift das DiM ein und versucht dieses negativ behaftete Arbeitsbild von älteren Menschen zu verbessern.[63]

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können bis zu vier verschiedene Generationen zusammenarbeiten – die sogenannten „Babyboomer“ (ca. die Jahrgänge 1955 bis 1969), die Generation X (ca. die Jahrgänge 1965 bis 1980), die Generation Y (ca. die Jahrgänge 1980 bis 2000) und die Generation Z (ca. die Jahrgänge 1995 bis 2010). Da das Wissen innerhalb eines Unternehmens schnell veraltet, gilt es innerhalb dieser Dimension das erlernte Wissen durch ein geeignetes Wissensmanagement zu sichern und darüber hinaus das effektive Zusammenarbeiten der verschiedenen Generationen zu stärken.[64]

Diese Generationenvielfalt ist nur einer von mehreren Schwerpunkten innerhalb der Dimension des Alters. Sie wird nicht nur an den Jahrgängen eruiert, sondern vielmehr an unterschiedlichen Einstellungen und Werten. Ein weiterer Schwerpunkt des sogenannten „Age Diversity Management“ liegt auf der Work-Life-Balance (WLB). In diesem Zusammenhang ist es Ziel des Unternehmens, die Beschäftigungsfähigkeit des Mitarbeiters bis zur Pensionierung aufrechtzuerhalten. Jedoch müssen hier eine gewisse Weiterbildungsbereitschaft und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen beim Mitarbeiter vorausgesetzt werden.[65]

Um das Wissensmanagement effektiv zu gestalten, sollten altersgemischte Teams zusammengestellt werden, sodass fortlaufend unterschiedliche Erfahrungen und (Fach-) Kenntnisse aufeinandertreffen und voneinander lernen. Dies gilt vor allem für Unternehmen, in denen in naheliegender Zukunft viele Mitarbeiter in Pensionierung gehen.

Einen der letzten Schwerpunkte innerhalb der Dimension „Alter“ stellt die Altersstruktur dar. Darauf bezugnehmend analysieren Unternehmen ihre Altersverteilung anhand der Ist-Situation. Mittels verschiedener Annahmen und Hochrechnungen wird diese für die Zukunft prognostiziert, sodass die Personalplanung und das Talent-Management anhand dieser Analysen Mitarbeiter mit den verschiedensten Kompetenzen und Erfahrungen rekrutieren können.[66]

Mithilfe der folgenden Fragen kann der Altersaufbau in einem Unternehmen analysiert und darauffolgend können explizite DiM-Maßnahmen implementiert werden:

- Wie ist die Altersstruktur im Unternehmen gestaltet?
- Welche der genannten Generationen sind im Unternehmen vertreten?
- Können Vorteile aus dieser Altersverteilung generiert werden?
- Wie können die Herausforderungen und Problematiken im Zusammenarbeiten zweier oder mehrerer Generationen überwunden werden?[67]

Um dem demographischen Wandel und dem damit einhergehenden Älterwerden der Belegschaft entgegenzuwirken, können auch an dieser Stelle unterschiedliche DiM-Maßnahmen implementiert werden. Zum einen können die Arbeitszeiten flexibilisiert werden. Zum anderen sind präventive Maßnahmen des Gesundheitsmanagements (z. B. mobile Massage, Obstkorb, Mitarbeiterschulungen zur WLB, o.Ä.) relevant. Allerdings stehen nicht nur die älteren Mitarbeiter, sondern auch die jüngeren Mitarbeiter im Fokus dieser Maßnahmen.[68]

Besonders KMU haben heutzutage Schwierigkeiten hinsichtlich des Gewinns von (neuen) Fachkräften und Nachwuchsführungskräften. Der demografische Wandel ist ebenso in den KMU zu erkennen und wird sich in naher Zukunft noch drastischer abzeichnen, sodass es zumindest nicht einfacher werden wird, Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Gerade deshalb ist es für KMU wichtig, die Arbeitgeberattraktivität zu verbessern und darüber hinaus die Bedürfnisse der älteren Mitarbeiter zu identifizieren.[69]

2.6.4 Geschlechtergerechtigkeit als Selbstverständnis

Auch die Dimension des Geschlechts nimmt eine immer stärker werdende Bedeutung innerhalb des DiM ein. Grund hierfür ist die bislang wenig betrachtete Beschäftigungsressource der Frau.[70]

In einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die eine repräsentative Befragung von Führungskräften privatwirtschaftlicher Unternehmen beinhaltete und in deren Rahmen 40 Männer in Führungspositionen interviewt und 511 Frauen und Männer in Führungspositionen in einer standardisierten Repräsentativerhebung befragt wurden, stimmte ein großer Anteil von Frauen und Männern der These zu, dass Positionen im gehobenen Management sowohl mit Frauen als auch mit Männern besetzt sein sollten, da dies den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens erhöhe. Demgegenüber findet die alleinige Förderung von Frauen in Führungspositionen wenig Zustimmung.[71] Daher ist es wichtig festzuhalten, dass das DiM sich nicht um einen bestimmten Prozentsatz von einem Geschlecht in Unternehmen bemüht (z. B. Frauenquote), sondern vielmehr um das Nutzen von beiden Geschlechtern und deren spezifischen Werten- und Verhaltensweisen, sodass hieraus ein ökonomischer Nutzen für das Unternehmen generiert werden kann.[72]

Auch basierend auf dieser unveränderbaren Dimension „Geschlecht“ lassen sich auf der Grundlage des Modells von Gardenswartz und Rowe Fragen herleiten, die die Geschlechterstruktur innerhalb des Unternehmens analysieren:

- Wie hoch ist der Frauen- und Männeranteil im Unternehmen?
- Wie hoch ist der Anteil der Frauen und Männer in den Führungspositionen innerhalb des Unternehmens?
- Was wird benötigt, um eine Chancengleichheit und ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit zu sichern?[73]

Anhand dieser Analyse können DiM-Maßnahmen umgesetzt werden, sodass die Geschlechtergerechtigkeit nicht nur innerhalb des Unternehmens zum Selbstverständnis wird, sondern auch äußerlich das Image des Unternehmens verbessert. Zum einen können die Recruiting-Prozesse geschlechtsneutral durchgeführt werden. Zum anderen können die Teams geschlechtergemischt eingeteilt werden. Führungskräfte benötigen an dieser Stelle spezielle Trainings, die präventiv unbewussten Vorurteilen (Unconscious Bias = unbewusste Vorannahmen[74] ) entgegenwirken.

2.6.5 Sexuelle Orientierung

Die sexuelle Orientierung, die zum Ausdruck bringt, welches Geschlecht eine Person begehrt, wird häufig in Unternehmen als Privatsache statuiert und als unerheblich angesehen. Dennoch erkennen Unternehmen neue Wege, durch den offenen Umgang mit den sexuellen Orientierungen der Mitarbeiter eine Kultur zu schaffen, die von einer enormen Motivations- und Leistungsbereitschaftssteigerung geprägt ist.[75] Auch vereinzelte Studien weisen positive Korrelationen zwischen einer ausgeprägten Unternehmenskultur und dem ökomischen Erfolg nach.[76]

[...]


[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

[2] Vgl. Franken (2015): S. 49.

[3] Vgl. Becker (2015): S. 1.

[4] Vgl. Becker (2015): S. 1 f.

[5] Siehe Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2016).

[6] Siehe Parment (2013): S. 77.

[7] Siehe Berlitz (2016).

[8] Vgl. Weinert (2008): S. 5 f.

[9] Vgl. Flohr (2008): S. 48.

[10] Siehe Loden; Rosener (1991): S. 13.

[11] Vgl. Gardenswartz; Rowe (1998): S. 23 f.

[12] Siehe Thomas; Ely (1996): S. 47.

[13] Vgl. Cox (2001): S. 12 f.

[14] Vgl. Weinert (2008): S. 7.

[15] Siehe Cox (1993): S. 11.

[16] Vgl. Weinert (2008): S. 7.

[17] Vgl. Knopf (2008): S. 13 f.

[18] Vgl. Pimminger (2013): S. 5 ff.

[19] Vgl. ebd.

[20] Vgl. Kaiser-Nolden (2008): S. 41.

[21] Vgl. Becker (2015): S. 4.

[22] Vgl. Kaiser-Nolden (2008): S. 42 f.

[23] Vgl. Weinert (2008): S. 8.

[24] Vgl. Kaiser-Nolden (2008): S. 42 f.

[25] Vgl. Kuhn-Fleuchhaus; Bambach (2008): S. 27.

[26] Vgl. Schulz (2009): S.46 f.

[27] Vgl. ebd.

[28] Vgl. Schmidt (2007): S. 6 ff.

[29] Vgl. Schulz (2009): S.46 f.

[30] Vgl. Kuhn-Fleuchaus; Bambach (2008): S. 32.

[31] Siehe Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2017), Datenquelle Statistisches Bundesamt (2015).

[32] Vgl. Statistisches Bundesamt (2015): S. 7.

[33] Vgl. Blom; Meier (2004): S. 16.

[34] Siehe hierzu McKinsey (2011).

[35] Vgl. Kay (2012): S. 1 f.

[36] Vgl. Becker (2015): S. 3 f.

[37] Vgl. Statistisches Bundesamt (2017).

[38] Vgl. Stehr; Vodosek (2014): S. 21.

[39] Eigene Darstellung in Anlehnung an Becker (2015): S. 25 und Franken (2015): S. 99 f.

[40] Vgl. Becker (2015): S. 24.

[41] Vgl. Franken (2015): S. 99 f.

[42] Vgl. European Diversity & Research Consulting (2012).

[43] Vgl. Dohrn; Hasebrook (2011): S. 60.

[44] Eigene Darstellung in Anlehnung an Becker (2015): S. 21.

[45] Vgl. Becker (2015): S. 21.

[46] Vgl. Süß (2009): S. 165 f.

[47] Vgl. Gardenswartz; Rowe (2002).

[48] Siehe Gardenswartz; Rowe (2002).

[49] Vgl. Süß (2009): S. 166

[50] Vgl. Franken (2015): S. 24.

[51] Vgl. Vedder (2006): S. 11.

[52] Vgl. Franken (2015): S. 25.

[53] Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2016): S. 2.

[54] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 5.

[55] Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2016): S. 2.

[56] Vgl. Franken (2015): S. 26.

[57] Vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2016): S. 7.

[58] Vgl. Franken (2015): S. 26.

[59] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 4.

[60] Vgl. Franken (2015): S. 25 ff.

[61] Vgl. Franken (2015): S. 25 ff..

[62] Vgl. Köppel (2014): S. 6 f.

[63] Vgl. Becker (2015): S. 214 ff.

[64] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2017): S. 9 f.

[65] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 1 f.

[66] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 1 f.

[67] Vgl. Franken (2015): S. 25.

[68] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2017): S. 10.

[69] Vgl. Kay (2012): S. 23 f.

[70] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2017): S. 2.

[71] Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2014): S. 22.

[72] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 2.

[73] Vgl. Franken (2015): S. 25.

[74] Vgl. Voß (2011): S. 35 f.

[75] Vgl. Charta der Vielfalt e. V. (2011): S. 3.

[76] Vgl. Böhm (2008): S. 128 f.

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Implementierung eines Diversity Managements. Vielfalt als Herausforderung und Chance für kleine und mittlere Unternehmen
Jahr
2018
Seiten
103
Katalognummer
V445735
ISBN (eBook)
9783960954248
ISBN (Buch)
9783960954255
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personalmanagement, Diversity Management, organisationsentwicklung, Consulting, Beratung
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Implementierung eines Diversity Managements. Vielfalt als Herausforderung und Chance für kleine und mittlere Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/445735

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