Die Gesellschaft zwischen Selbstzerstörung und Selbstüberwindung. Das Menschenbild in "Les particules Elémentaires"


Hausarbeit, 2018

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Das Menschenbild in Les Particules Élémentaires
II. 1 Bruno und Michael die Halbbrüder als komplementäre Beispiele derselben Misere
II.2 Die Darstellung der Gesellschaft in Les Particules Élémentaires

III. Das Ende unserer Gesellschaft, Anfang von etwas Neuem
III.1 Die Zukunftsvision Michaels, die auf die Defizite unserer Gesellschaft eine Lösung hat
III.2 Utopische Vorstellung oder pervertierte Vorstellung und Satire

VI. Schlussbetrachtung

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In einer Welt, in der die Wissenschaft immer mehr Einfluss auf unser alltägliches Leben und das Funktionieren unserer Gesellschaft hat, wurde 1998 der später oftmals umstrittene und viel kritisierte Skandalroman Les Particules Élémentaire veröffentlicht . In seinem Werk skizziert Michael Houellebqc ein fatalistisches und hoffnungsloses Menschenbild. Beschrieben wird unsere postmoderne Gesellschaft als eine, die nichtmehr in der Lage ist zu empfinden und in der alle Gefühle der Liebe, Zärtlichkeit und menschlichen Brüderlichkeit verschwunden sind.[1] Was hier beschrieben wird ist das, wenn nicht grausame aber indifferente Bild einer Gesellschaft, die auf dem unaufhaltsamen Weg des Verfalls dabei ist, sich selbst zu zerstören.[2]

Raffiniert gelingt es Houellebeqc in seinem Roman dadurch, dass er quantenphysikalische Prinzipien auf verschiedenen Ebenen der Narration verwendet gelingt es ihm verschiedenste Themen, die auf den ersten Blich nicht in Zusammenhang zu stehen scheinen, miteinander in Verbindung zu setzen. Die Lebenswege der beiden Halbbrüder Michael und Bruno finden durch das Komplemantraitätsprinzip ihre Verbindung, ebenso wie die in dem Roman dargestellte Individual-und Gesellschaftsgeschichte.[3] Gleichzeitig wird jedoch auch durch das in dem Roman angewandte Konzept der konsistent Histories nach Robert Griffiths dafür verwendet, um die dargestellt menschliche Misere als nur eine mögliche Interpretation darzustellen.[4]

In dieser Hausarbeit möchte mich als erstes mit dem skandalträchtigen, in Les Particules Élémentaires dargestellten Menschenbild beschäftigen. Unter diesem Aspekt werde ich vor allem untersuchen wie Michael und Bruno komplementäre Beispiele derselben Misere darstellen. Des Weiteren werde ich untersuchen, in wiefern in dem Roman eine Gesellschaft dargestellt ist, die zum einen in Relation zum Individuum gestellt wird und zum anderen die auf der Schwelle steht, sich selbst zu zerstören. In einem dritten Teil werde ich mich mit der, in dem Roman geschilderten Zukunftsvision beschäftigen. Dafür werde ich mich zunächst damit auseinandersetzen, in wiefern das die futuristische Vision tatsächlich eine Lösung für die Probleme unserer Gesellschaft darstellt, also eine Möglichkeit, die Probleme der momentan bestehenden Gesellschaft zu überwinden. Jedoch werde ich auch eine Interpretationsweise untersuchen, die zulässt, die Visionen des Romans als überspitzte Satire der bestehenden Gesellschaft zu sehen.

II. Das Menschenbild in Les Particules Élémentaires

II. 1 Bruno und Michael die Halbbrüder als komplementäre Beispiele derselben Misere

Michael und Bruno sind Halbbrüder. Sie teilen sich die selbe Mutter Jane, die beide Jungen zum wohl ihrer eigenen, individuellen Freiheit bei den Großmüttern väterlicherseits aufwachsen lässt. Sowohl Michael als auch Bruno entwickeln hierdurch sexuelle Neurosen, die in dem Roman durch die Juxtaposition eines naturwissenschaftlichen Berichtes deutlich gemacht wird.

La privation du contact avec la mère pendant l’enfance produit de très graves perturbations du comportement sexuel chez le rat mâle, avec en particulier inhibition du comportement de cour.[5]

Während Micheal die Rolle des asexuellen Wissenschaftlers einnimmt, ist Bruno, der Literat, der Inbegriff jeder, durch die sexuelle Befreiung ermöglichten Fantasie. Der Verlust der Mutter äußert sich also auf gegensätzliche Art und Weise bei den beiden Brüdern; Während er sich bei Michael als Triebverzicht äußert, prägt sich die Neurose als Triebzwang bei Bruno aus. Im Gegensatz stehen Michael, der Frauen nicht einmal wahrzunehmen scheint und die Zuneigung seiner Jugendfreundin Anabelle stumpf ignoriert, (Zitat 1) und seinem Geradezu sexbesessenen Bruder, der keine Gelegenheit ausnutzt, um sich an eine Frau heranzumachen. (Zitat 2)

Zitat 1:

Les deux semaines suivantes, Anabelle les consacra à écrire à Michael. Ce fut difficile, elle dut raturer et recommencer à de nombreuses à de nombreuses reprises. Terminée la lettre faisait quarante pages ; pour la première fois c’était une vrai lettre d’amour. Elle la posta le 17 septembre, le jour de la rentrée au lycée, puis elle attenda.[6]

Zitat 2:

En posant la main sur la cuisse da Caroline Yessayan, Bruno la demandait en fait pratiquent en mariage. Il vivait le début de son adolescence dans une période de transition. Mis à part quelques précurseurs – dont les parents représentaient d’ailleurs de – la génération précédente avait établi un lien d’une force exceptionnelle entre mariage, sexualité et amour.[7]

Auf der Suche nach sexueller Befriedigung besucht Bruno im Laufe zahlreiche Swingerpartys und Sex-camps. Jedes seiner sexuellen Abendteuer, ist ähnlich beschrieben und geprägt von Anonymität und absoluter Indifferenz. Die Beschreibung der Frauen reduziert sich in diesem Kontext lediglich auf eine anatomische Beschreibung. Diese Beschreibungen sind vor allem auf eine anonyme Beschreibung der Geschlechtseile reduziert und oft sehr abwertend ist. Frauen werden aus Brunos Sicht als wahrhaftiges Objekt der sexuellen Begierde dargestellt. Die einzige Ausnahme ist Christiane, durch die Bruno das erste Mal Liebe in einem sexuellen Kontext erfährt. Bruno masturbiert und frisst bis zum Exces, währen sein Bruder an Übelkeit und häufigem erbrechen leidet. So drückt sich das psychische Leiden der beiden Brüder auch körperlich aus. In einem weiteren Sinne repräsentiert Bruno die fortpflanzungsfreie Sexualität, während Michel Erfinder der perfekten Replikation ist, welche die Reproduktion ohne Sexualität herbeiführt.[8]

II.2 Die Darstellung der Gesellschaft in Les Particules Élémentaires

Die beiden Schicksale Michaels und Brunos, dessen Lebenswege geprägt von ihren psychischen Neurosen sind dienen zur Illustration einer krankhaften Gesellschaft, die jeglichen Zusammenhalt verloren hat. Diese spiegelt sich auch in einer Überlegung Michaels wieder:

Il revint vers Bruno, s’assit près de lui ; leurs genoux étaient proches. Pouvait-on considérer Bruno comme un individu ? Le pourrissement de ces organes lui appartenait, c’est à titre individuel qu’il connaitrait le déclin physique et la mort. D’un autre côté da vision hédoniste de la vie, les champs des forces qui structuraient la conscience et ses désirs appartenaient à l’ensemble de sa génération.[9]

Die vier Generationen, die dieses Buch wiederspiegelt, stellen eine Entwicklung der Selbstzerstörung dar. Die erste Generation, also die der Großmütter Brunos und Michaels ist, ist noch zu altruistischer Liebe und Fürsorge in der Lage. Sie verschwindet allerdings Durch den Tod der beiden alten Damen aus dem Leben der Brüder und beendet somit den ersten Teil des Buches, Le Royaume Perdu. Die nächste Generation ist die 68er Generation, die die sexuelle Befreiung und ein Leben propagiert, in dem die individuelle Freiheit den höchsten Wert hat. Die darauffolgende Generation ist die Michaels und Brunos, die das, durch den Hedonismus ihrer Eltern entstandene Leid auf ihren Schultern trägt. Der Mangel an Liebe und Fürsorglichkeit, den diese Generation erfahren hat wird jedoch ohne weitere Reflektion an die folgende Generation weitergegeben, wie man an dem Beispiel von Bruno und seinem Sohn sehen kann.

Pour l’anniversaire de Bruno, l’année de ses dix ans, Victor avait calligraphié sur une feuille de Canson, en grosses lettres multicolores : « PAPA JE T’AIME. » Maintenant c’était fini. C’était réellement fini. Et, Bruno le savait, les choses allaient encore s’aggraver : de l’indifférence réciproque, ils allaient progressivement passer à la haine.[10]

[...]


[1] Houellebeqc (2004), S. 7.

[2] nach Steigerwald (2010), S. 191.

[3] Dahan–Gaida (2003), S. 73.

[4] frei nach Dilmac (2012), S. 148-155.

[5] Houellebeqc (1998), S. 76.

[6] Houellebeqc (1998), S. 88.

[7] Houellebeqc (1998), S. 52.

[8] Schurewegen (2004), S.91-98.

[9] Houellebeqc (1998), S. 178.

[10] Houellebeqc (1998), S. 207- 208.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Gesellschaft zwischen Selbstzerstörung und Selbstüberwindung. Das Menschenbild in "Les particules Elémentaires"
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Romanische Philologie)
Veranstaltung
Literatur und Skandal, Michael de Houellebecq
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
13
Katalognummer
V443135
ISBN (eBook)
9783668811065
ISBN (Buch)
9783668811072
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Houellebecq, les particules élémentaires
Arbeit zitieren
Freya Gerz (Autor:in), 2018, Die Gesellschaft zwischen Selbstzerstörung und Selbstüberwindung. Das Menschenbild in "Les particules Elémentaires", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/443135

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