Deutsche IPOs (Initial Public Offering). Eine Investment-Chance für Privatanleger?


Bachelorarbeit, 2015

72 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gliederung und Vorgehensweise

2. Initial public offering (IPO)
2.1 Begriffserklärung
2.2 Voraussetzungen
2.3 Prozess eines Börsengangs
2.4 Motive für einen Börsengang
2.5 Nachteile und Bedenken

3. Analyse der IPOs in Deutschland
3.1 Beschreibung der Datenbank
3.2 Formulierung der Thesen
3.3 Entwicklung
3.4 Branchenklassifizierung
3.5 Emissionsvolumen
3.6 Aktienkursverläufe
3.6.1 Zeitpunkt des Börsengangs
3.6.2 Branche
3.6.3 Emissionsvolumen
3.7 Zwischenfazit

4. Methoden zur Bewertung von IPOs
4.1 Bewertungsverfahren
4.1.1 Bedeutung
4.1.2 Unterscheidung
4.1.3 Einzelbewertungsverfahren
4.1.5.1 Substanzwertverfahren
4.1.4 Gesamtbewertungsverfahren
4.1.4.1 Mulitplikator-Verfahren
4.1.4.2 Ertragswert- und Dicounted-Cash-Flow-Verfahren
4.1.5 Mischbewertungsverfahren
4.1.5.1 Mittelwertverfahren
4.1.5.2 Übergewinnverfahren
4.3 Zwischenfazit

5. Weitere Faktoren zur Bewertung von IPOs
4.2 Analysekennzahlen
4.2.1 Bedeutung
4.2.2 Eigenkapitalquote
4.2.3 Liquiditätsgrade
4.2.4 Eigenkapital-, Gesamtkapital- und Umsatzrentabilität
4.2 Qualitative Faktoren
5.1 Bedeutung
5.2 Branche und Wettbewerb
5.3 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedinungen
5.4 Transparenz

6. Fallbeispiel: Bewertung HELLA KGaA Hueck & Co.
6.1 Unternehmensvorstellung
6.2 Börsengang
6.3 Analyse der qualitativen Faktoren
6.3.1 Management und Organisationsstruktur
6.3.2 Branche und Wettbewerb
6.3.3 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
6.3.4 Rechtsform
6.3.3 Transparenz-Level
6.4 Analyse der quantitativen Faktoren
4.2.1 Multiplikatoren
4.2.1 Analysekennzahlen
6.5 Auswertung

7. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Motive für einen Börsengang

Abbildung 2: Deutschen IPOs der letzten 10 Jahren

Abbildung 3: Branchenklassifizierung deutsche IPOs 2005 bis 2014

Abbildung 4: Emissionsvolumen der deutschen IPOs

Abbildung 5: Performance der IPOs nach Branchen

Abbildung 6: Biotechnology Performance-Index VII

Abbildung 7: DAX-Performance 20.03.2008 - 05.12.2014 VIII

Abbildung 8: MDAX-Performance 13.12.2006 - 05.12.2014 IX

Abbildung 9: MDAX-Performance 28.03.2013 - 05.12.2014 X

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Performance der Börsengänge nach Jahren

Tabelle 2: Performance der Börsengänge nach Emissionsvolumen

Tabelle 3: Multiplikatoren-Vergleich Automobilzulieferer

Tabelle 4: Kennzahlen-Vergleich Automobilzulieferer

Tabelle 5: Deutsche IPOs 2005 - 2014 XI

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

In der Vergangenheit waren deutsche IPOs durch die Börsengänge von Zalando und Rocket Internet im Oktober 2014 zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit. Gleichzeitig sank das Zinsniveau in Europa auf ein Rekordtief, wodurch sich für Privatanleger die Frage nach Geldanlagealternativen stellte.

Die Zeiten, in denen fast jeder Börsengang ein Erfolg wurde, sind lange vorbei. Heutzutage gelten Investitionen in neuemittierte Unternehmen als risikoreich und schwer zu beurteilen. Eine detaillierte Analyse und Bewertung des entsprechenden Unternehmens ist somit elementar. Besonders die Anwendung von verschiedenen Multiplikatoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder das Kurs-Umsatz-Verhältnis sind für Privatanleger geeignete Mittel zur Bewertung der Neuemission. Des Weiteren lassen sich mit Hilfe von Analysekennzahlen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage beurteilen. Qualitative Faktoren wie das Management, die Organisationsstruktur, die Wettbewerbssituation und den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussen die Unternehmens-entwicklung ebenfalls.

Diese Arbeit befasst sich sowohl mit der Entwicklung des IPO-Markts, als auch mit Verfahren, Analysekennzahlen und weitere Faktoren zur Bewertung von Neuemissionen. Dazu werden sämtliche deutsche Börsengänge im Zeitraum 2005 bis 2014 in Hinsicht auf verschiedene Kriterien untersucht.

Summary

The focus concerning IPOs have been increasing since October 2014 due to the IPO of Zalando and Rocket Internet. At the same time the level of interest rates decreased to a record low. Whereby privat investors started searching for alternative ways to invest their money.

The days in which every IPO was successful are gone. Now investments in newly issued companies are considered risky and difficult to assess. A detailed analysis and evaluation of the corresponding company is therefore fundamental. In particular, the application of different multipliers such as the price-to-earnings ratio or price-to-sales ratio is an appropriate aid to assess the new issue for private investors. Furthermore, can be assessed using analytical indicators of financial conditions and results of operations. Qualitative factors such as management, organizational structure, competition and general economic conditions affecting the Company development too.

This work displays the development of the IPO market as well as process analysis ratios and other factors for the evaluation of new issues. For this purpose, all German IPOs are examined between 2005 and 2014 in terms of different criteria.

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

„In Deutschland haben wir viele junge innovative Unternehmen, die das Potenzial haben, ein 'Großer Player' zu werden. Doch oft bleiben diese Unternehmen hinter ihren Möglichkeiten zurück, weil es an der Finanzierung in der kapitalintensiven Wachstumsphase hapert. Börsengänge können hier eine Chance bieten, das nötige Kapital zu generieren, um weiter zu wachsen und international erfolgreich zu werden. Dabei möchte ich die Unternehmen unterstützen. Es ist mir daher wichtig, die Börse als bedeutende Finanzierungs-quelle für junge Wachstumsunternehmen wiederzubeleben. Hierfür ist eine Kraftanstrengung aller Akteure erforderlich“, sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel bei einer Versammlung im Bundeswirtschaftsministerium (Dezember 2014).[1]

Wie das Zitat schon andeutet, waren die IPO-Aktivitäten in Deutschland in den letzten Jahren vergleichsweise gering. Im Jahr 2013 standen den insgesamt 5 deutschen Börsengängen 222 amerikanische Börsengänge gegenüber. Durch die Börsengänge von Zalando, Rocket Internet und Alibaba waren Börsengänge im Jahr 2014 zwar zunehmend im Fokus, jedoch blieb die Anzahl der Börsengänge in Deutschland mit lediglich 8 emittierenden Unternehmen auf einem niedrigen Niveau.[2]

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Börsengänge für Unternehmen wiederzubeleben. Anstatt des geplanten neuen Börsensegments „Markt 2.0“ wird nun in Kooperation mit der Deutschen Börse AG eine vorbörsliche Plattform eingerichtet, die Unternehmen und potenzielle Investoren frühzeitig zusammenbringen soll. Handlungsansätze wie einen eigenen IPO-Index und geringe Publizitätspflichten für erstmalige Emissionen sollen bei einer weiteren Versammlung im Spätsommer 2015 diskutiert werden.

Voraussetzung, für eine steigende Anzahl von Börsengängen ist neben einem einfacheren Börsenzugang für Unternehmen auch das Interesse von potenziellen Investoren. Insbesondere deutsche Privatanleger haben Studien zur Folge derzeit wenig Interesse an Aktien allgemein. Grund hierfür ist der hohe Stand der Aktienindizes, trotz der vielen Unsicherheiten an den Finanzmärkten und den politischen Konflikten weltweit. Im Allgemeinen legen deutsche Staatsbürger bei der Geldanlage mehr Wert auf Sicherheit und Verfügbarkeit, als auf Rendite. Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid stellte fest, dass 25,8 % der Bundesbürger ihr Geld auf Tagesgeldkonten und 31 % auf dem klassischen Sparbuch anlegen. Der Studie zur Folge investieren nur 10 % der Befragten in Aktien.[3]

1.2 Zielsetzung

Die Bachelorarbeit soll mit zielgerechten Untersuchungen versuchen aufzudecken, inwiefern es sich bei IPOs um eine Investment-Chance für Privat-anleger handelt. Dazu sollen die deutschen IPOs der letzten 10 Jahre auf verschiedene Kriterien insbesondere deren Aktienkursverlauf analysiert und mit etablierten Werten verglichen werden. Des Weiteren sollen Unternehmens-bewertungsmethoden und Analysekennzahlen im Hinblick auf Besonderheiten von Börsengängen untersucht und in einem Fallbeispiel angewendet werden.

1.3 Gliederung und Vorgehensweise

Die Gliederung und Vorgehensweise wurden in Anbetracht der aufgezeigten Problemstellung und Zielsetzungen gewählt. Zu Beginn soll in einem grundlegenden theoretischen Teil auf Voraussetzungen, Ablauf und Vor- bzw. Nachteile von Börsengängen eingegangen werden. Im 3.Kapitel erfolgt eine Analyse der deutschen IPOs der letzten 10 Jahre auf Basis zuvor aufgestellter Thesen. Kapitel 4 gibt einen Überblick über verschiedene Methoden zur Bewertung von IPOs. Anschließend werden im 5. Kapitel weitere Faktoren betrachtet, die Privatanleger in den Bewertung von IPOs einfließen lassen sollten. Im 6. Kapitel werden die zuvor erläuterten Bewertungskriterien in einem Fallbeispiel an der HELLA KGaA Hueck & Co. angewendet.

2. Initial Public Offering (IPO)

2.1 Begriffserklärung

Initial Public Offering (IPO) ist die englische Bezeichnung für den Börsengang eines Unternehmens, also die erstmalige Emission von Unternehmensanteilen auf dem organisierten Kapitalmarkt. Aus einer Aktiengesellschaft, deren Aktienkapital ausschließlich im Eigentum eines beschränkten Personenkreises lag, wird eine öffentliche und für jeden zugängliche Aktiengesellschaft. Die Abwicklung des Börsenganges übernehmen in der Regel eine oder mehrere Investmentbanken. Dabei wird bezüglich des Platzierungsrisikos zwischen einer best-effort-Emission und einer firm-commitment-Emission unterschieden. Bei der best-effort-Emission besteht für das Unternehmen keine Garantie für eine erfolgreiche Platzierung der Aktien, wogegen bei der firm-commitment-Emission die beteiligten Banken die zu emittierenden Aktien und somit das Platzierungsrisiko übernehmen.[4] Von einer Selbstemission ist die Rede, wenn der Emittent die Aktienplatzierung unter eigenem Namen und auf eigene Rechnung durchführt. Diese Art von Emission ist jedoch sehr selten, da es für ein Unternehmen mit hohen Kosten verbunden ist, ein breit gestreutes Anlegerpublikum anzusprechen.[5]

Die Termini IPO, Börseneinführung, Erstnotiz, Börsengang und Neuemission werden in der Arbeit synonym verwendet.[6]

2.2 Voraussetzungen

Um an deutschen oder auch anderen Börsen zugelassen bzw. in den Handel einbezogen zu werden, müssen Unternehmen gewissen Anforderungen von Investoren und Konsortialbanken genügen. Dabei stehen neben den allgemein-rechtlichen auch organisatorische, quantitative sowie qualitative Voraussetzungen im Vordergrund.

Das Anforderungsprofil für potenzielle Börsengänge hat sich in den vergangen Jahren deutlich verändert. So mussten in den 80er und 90er Jahren Unternehmen bei einem Börsengang gewisse Umsatzvorgaben und mindestens drei Jahresabschlüsse mit positivem Ergebnis vorweisen. Mit dem Erfolg des „neuen Marktes“[7] und bei den Börsengängen vieler junger Hightech-Unternehmen standen anstatt des Ergebnis- bzw. Umsatzkriteriums das Unternehmenskonzept und das Wachstumspotenzial zeitweise im Vordergrund. Der Einbruch der Aktienmärkte in den Jahren 2000 und 2001 zwang die Konsortialbanken und Investoren zur Rückbesinnung auf die traditionellen Kriterien. Zudem wurden die von den Unternehmen aufgestellten Prognosen kritischer betrachtet, nachdem im Jahr 2000 85 der ca. 340 am neuen Markt notierten Unternehmen eine Gewinnwarnung herausgeben mussten. Mittlerweile schauen die Konsortialbanken vor allem auf die Zuwachsraten bei Umsatz und Ertrag, der Unternehmensstrategie und die hierauf basierende Planung. Idealerweise sollte das Unternehmen eine gewisse Größe haben und profitabel sein. Die derzeitige wirtschaftliche Situation des Unternehmens besitzt jedoch häufig einen niedrigeren Stellenwert als die mittel- und langfristig absehbaren Werte.[8]

In organisatorischer Hinsicht sind insbesondere ein übersichtlicher und transparenter Unternehmensaufbau sowie klare Beteiligungsverhältnisse Grund-voraussetzungen für einen Börsengang. Verschachtelungen müssen entweder beseitigt oder in der Roadshow bzw. im Börsenprosekt ausführlich erläutert werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Konsortialbanken ist ein kompetentes und überzeugendes Management in den wesentlichen Bereichen. Außerdem muss das Unternehmen aufgrund der aufkommenden Berichts-pflichten über ein modernes Controlling und Rechnungswesen verfügen.[9]

Diese Voraussetzungen für einen Börsengang werden auch als Kapitalmarkt- oder Börsenreife zusammengefasst und reflektieren im Ergebnis die Investitionskriterien von Anlegern, die an der Börse investieren wollen.[10]

2.3 Prozess eines Börsengangs

Im Vorfeld eines Börsengangs müssen von dem jeweiligen Unternehmen einige Vorbereitungen getroffen und gesetzliche Anforderungen erfüllt werden. In dem folgenden Abschnitt wird der komplexe Prozess des Börsengangs näher erläutert.

Um einen Börsengang durchführen zu können, benötigt das Unternehmen zunächst einen geeigneten Partner. Dazu werden Gespräche mit verschiedenen Banken geführt und in der Regel eine Bank als Konsortialführer bestimmt. Oftmals gehören dem Konsortium weitere Banken an, die an der Emission ebenfalls beteiligt werden. Die Bank führt danach in Abstimmung mit dem Unternehmen eine Due Diligence Prüfung durch. Diese ausführliche Unternehmensanalyse ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, jedoch verlangen Börsenzulassungsgremien von der konsortialführenden Bank zunehmend eine Plausibilitätserklärung der Planungsrechnungen.[11] Ergebnis der Due Diligence Prüfung ist ein Börsenprospekt, der alle erforderlichen Informationen der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Die verschiedenen Methoden zur Unternehmensbewertung werden später ausführlich erläutert. Auf Basis des Börsenprospekts wirbt das Unternehmen im Rahmen einer Roadshow für den eigenen Börsengang.

Nach der Roadshow folgt die Emissionspreisfestsetzung. Die zur Fixierung des Ausgabepreises und zur Platzierung der Wertpapiere existierenden Verfahren lassen sich grundsätzlich in Festpreis-, Bookbuilding-und Auktionsverfahren unterscheiden. Beim Festpreisverfahren erwerben die Emissionsbanken in der Regel die zu platzierenden Aktien zu einem festen Preis. Zu dem übernehmen sie sämtliche Aufgaben im Rahmen der Aktienemission. Der Emittent überträgt somit das Platzierungsrisiko und die Ausgestaltung an die beteiligten Emissionsbanken. Die Preisfestsetzung erfolgt unmittelbar vor der Veröffentlichung des Emissionsprospektes und kann in Folge der Marketing-Phase nicht mehr geändert werden.[12] Der Emittent hat so den Vorteil, dass der Emissionserlös schon frühzeitig bekannt ist und nicht von einem negativen Verlauf der Marketing-Phase beeinflusst werden kann. Das Festpreisverfahren schafft also für den Emittenten vor allem Planungssicherheit. Die Emissionsbanken hingegen streben zwecks Reduzierung des Platzierungsrisikos einen möglichst geringen Emissionspreis an, so dass eine Maximierung der Emissionserlöse für die Alt-Aktionäre kaum möglich ist.[13]

Das mittlerweile mehrheitlich genutzte Bookbuilding-Verfahren bezieht im Gegensatz zum Festpreisverfahren die Investoren in den Preisfindungsprozess ein. In der sogenannten Pre-Marketing-Phase werden noch vor der Veröffentlichung des Angebotes wichtige institutionelle Anleger von den beteiligten Konsortialbanken angesprochen. Diese geben dann auf Basis der Unternehmensanalyse der Banken und deren eigenen Bewertungen ihre Preiseinschätzungen ab. Das Resultat bildet wiederum die Grundlage für eine Preisspanne von 10 bis 20 Prozent, welche die Konsortialführung im klassischen Bookbuilding-Verfahren vor Beginn der Roadshow in die Aufforderung der Zeichnung aufnimmt. Während der Bookbuilding-Phase können Investoren bei den Konsortialbanken innerhalb dieser Preisspanne Gebote abgeben. Die Dauer der Bookbuilding-Phase beträgt je nach Emissionsvolumen zwischen zwei und zehn Arbeitstagen.[14]

Eine weitere Alternative zur Emissionspreisbestimmung ist das Auktionsverfahren. Beim Auktionsverfahren werden sämtliche Gebote während eines festgelegten Zeitraums in einem Orderbuch gesammelt und mit dem höchsten Preis beginnend zusammengezählt. Das Zählen erfolgt bis zu dem Kurs, bei dem die Nachfrage noch mindestens so groß ist, wie die Stückzahl der auszugebenen Wertpapiere. Anschließend wird jedem, der diesen Preis oder mehr geboten hat, die gewünschte Stückzahl zu einem einheitlichen Kurs zugeteilt.[15]

Nach Festlegung des Emissionspreises werden die Aktien öffentlich zur Zeichnung angeboten. Während dieser vorher festgelegten Zeichnungsfrist legen sich potenzielle Anleger auf eine bestimmte Stückzahl fest. Ist die Nachfrage nach Aktien größer als das Angebot, sprich der Börsengang überzeichnet, wird entweder das Emissionsvolumen dementsprechend erhöht oder die Anteilsscheine zugeteilt. Zusätzlich kann die Zeichnungsfrist verkürzt werden.

Den Abschluss des Börseneinführungsprozesses bildet die Notierungsaufnahme. Von diesem Zeitpunkt an wird von dem Unternehmen eine aktive und regelmäßige Kapitalmarktkommunikation gefordert.[16]

2.3 Motive für einen Börsengang

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Motive für einen Börsengang

Wie eine Untersuchung vom Deutschen Aktieninstitut e.V. und der Deutschen Börse AG zeigt, ist für 90 % der Unternehmen das Hauptmotiv für einen Börsengang die Finanzierung von Wachstum und Innovationen. Mit den zunehmend globalen Märkten steigt auch der Druck das Geschäft auszubauen und auf Marktveränderungen mittels Investitionen schnell reagieren zu können.[17] Dazu fehlt es wachsenden Unternehmen oftmals an Kapital, welches durch den Börsengang unmittelbar zugeführt werden soll. Zusätzlich kann ein börsennotiertes Unternehmen bei Bedarf durch eine Kapitalerhöhung oder durch andere Kapitalmarktinstrumente wie beispielsweise Wandel- bzw. Optionsanleihen relativ unproblematisch weiteres Kapital einspielen. Dies stärkt nicht nur die Eigenkapitalbasis (50 %), sondern verringert auch die Abhängigkeit gegenüber Fremdkapitalgebern (45 %).[18]

Ein wichtiger Aspekt für 60 % der Befragten ist die Erhöhung des Bekanntheitsgrades und die Verbesserung des Unternehmensimages. Die mit dem Börsengang verbundene Publizität und Berichterstattung sorgen für Transparenz und erleichtern den Lieferanten und Kreditgebern eine Risikoprüfung. Das Unternehmen erhält somit ein höheres Standing und eine größere Kreditwürdigkeit, was die Ausgangslage bei den Verhandlungen mit Banken und Kooperationspartnern deutlich verbessert.[19] Der höhere Bekanntheitsgrad bewirkt des Weiteren einen größeren Zulauf von qualifizierten Arbeitskräften. Insbesondere bei der Gewinnung von Topmanagern hat eine Börsennotierung deutliche Vorteile, da die Position im Vorstand einer Aktiengesellschaft mit ähnlichen Reputationen und unternehmerischen Freiräumen wie Geschäftsführungspositionen in vergleichbaren Unternehmen ausgestattet ist.[20]

25 % der Befragten gaben Akquisitionen oder den Exit einer Venture-Capital- oder Privat-Equity-Gesellschaft als weitere Gründe an. Die Vermögens-diversifikation der Alteigentümer und die Mitarbeiterbeteiligung sind dagegen mit nur 10 % bzw. 5 % der Antworten untergeordnete Motive für einen Börsengang.

2.4 Nachteile und Bedenken

Den beschriebenen Motiven für einen Börsengang stehen jedoch einige Nachteile und Bedenken gegenüber, weshalb sich insbesondere viele Familienunternehmen gegen einen Gang an die Börse entscheiden. Bedenken entstehen vor allem wegen der aufkommenden Publizitätspflichten und der mögliche Einflussnahme der Neuaktionäre bzw. des eigenen Kontrollverlustes. Die höhere Publizität durch Prospektpflicht, Finanzberichterstattung, Hauptversammlung und Ad-hoc-Publizität steigert zwar den Bekanntheitsgrad und verbessert die Kreditwürdigkeit, stellt dennoch für viele etablierte Familienunternehmen aus wirtschaftlichen und emotionalen Gründen ein Problem dar. So versuchen zum Beispiel Automobilzulieferer die Offenlegung ihrer Kostenstruktur gegenüber den Abnehmern zu vermeiden, weil dadurch Nachteile bei der Preisverhandlung entstehen könnten. Die Abnehmer können anhand der Kostenstruktur den Deckungsbeitrag bzw. Preisuntergrenzen errechnen und somit versuchen den Preis zu drücken.[21]

Ebenso nachteilig sind die mit dem Börsengang verbundenen einmaligen sowie fortlaufenden Kosten. Die Gesamtkosten umfassen Umwandlungskosten, Publizitätskosten, Börsenzulassungsgebühren, Werbekosten, Provision für die Konsortialbanken und betragen in der Regel 5 % bis 8 % des Emissionsvolumens.[22] Zudem sind die zeitlichen Aufwendungen nicht zu unterschätzen. Es müssen wichtige Führungskräfte im Vorfeld des Börsengangs für Gespräche mit Banken, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälte sowie für die Roadshow vom täglichen Geschäft losgelöst werden, die ausschließlich mit dem Verkauf der Aktien beschäftigt sind.

3. Analyse der IPOs in Deutschland

3.1 Beschreibung der Datenbank

In diesem Kapitel werden die IPOs der letzten Jahre im Hinblick auf ihre Entwicklung, Branchenherkunft und Aktienkursverläufe untersucht. Um potenzielle Unterschiede festzustellen zu können, wurden die verschiedenen Unternehmen nach Branchen, Emissionsvolumen und Zeitpunkt des Börsenganges gegliedert. Die ausgewertete Datenbank[23] umfasst ausschließlich Erstemissionen in Deutschland und ist auf einen Zeitraum von 2005 bis 2014 beschränkt. Neben den deutschen Unternehmen wurden auch Unternehmen, die zeitgleich in mehreren Ländern notierten, in die Datenbank aufgenommen. Die IPO-Datenbanken der comdirect AG, des Deutschen Aktieninstituts und der On Vista AG halfen bei der Zusammenstellung der verschiedenen Börsengänge, jedoch wurden beim Abgleich Unterschiede und Unstimmigkeiten festgestellt. Im Zweifelsfall wurde daher auf den jeweiligen Emissionsprospekt zurückgegriffen bzw. die fehlende Kennzahl errechnet. Insgesamt wurden 173 Börsengänge untersucht.

3.2 Formulierung der Thesen

In diesem Abschnitt werden zunächst auf Basis von Ergebnissen aus der Vergangenheit Thesen formuliert und anschließend für den genannten Untersuchungszeitraum überprüft.

Ein wichtiges Charakteristikum des IPO-Marktes ist dessen Eigenschaft, sowohl Perioden mit vielen Neuemissionen als auch Perioden mit wenigen oder keinen Neuemissionen, sogenannte Hot- und Cold-Issue-Phasen, zu durchlaufen.[24] In Hot-Issues-Phasen werden nach den Modellen von LJUNGQVIST/NANDA/ SINGH[25] und HELWEGE/LIANG[26] vermehrt Erstemissionen durchgeführt, da die positive Stimmung der Investoren für den eigenen Börsengang genutzt werden soll. Aufgrund dieser Überlegungen können folgende Thesen formuliert werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Vergangenheit gab es immer wieder Innovationen und somit Trendbranchen. Während des Internet-Booms gingen beispielsweise zahlreiche Internetfirmen an die Börse. Es handelte sich dabei meist um kleinere oder mittlere Unternehmen. Das durchschnittliche Emissionsvolumen betrug in den Jahren 1997 bis 2002 107,2 Mio. EUR. Der Median hingegen betrug lediglich 36,9 Mio. EUR, wodurch eine positive Schiefe durch besonders große Börsengänge vermutet werden kann.[27] Die nachfolgenden Thesen werden somit wie folgt formuliert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im letzten Abschnitt sollen die Aktienkursverläufe der Börsengänge nach verschiedenen Kriterien untersucht werden. Dazu werden drei weitere Thesen formuliert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3 Entwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Deutsche IPOs der letzten 10 Jahre

Wie Abbildung 2 zeigt, waren die Börsengänge in Deutschland in den letzten Jahren sehr ungleichmäßig verteilt. Um diese ungleichmäßige Verteilung zu verdeutlichen, wurde hier der Zeitraum von 1999 bis 2014 dargestellt. Allein während des Internet-Booms in den Jahren 1999 und 2000 gingen 170 Unternehmen in Deutschland an die Börse. In den darauf folgenden 14 Jahren waren es insgesamt noch 203 deutsche IPOs. Mit dem Platzen der sogenannten „Dotcom-Blase“[28] und dem Absturz der wichtigsten Aktienindizes verloren viele Anleger das Vertrauen in Aktien, so dass die Bedingungen für einen potenziellen Börsengang-Kandidaten immer schlechter wurden. Erst nach der Erholung der Aktienmärkte stieg die Anzahl der Börsengänge in Deutschland wieder an. In den Jahren der Bankenkrise 2008 und 2009 waren dann nur noch drei deutsche Börsengänge zu verzeichnen. Gründe hierfür waren ebenfalls sinkende Nachfrage und der Rückgang der Aktienmärkte. Seit dem Jahr 2010 hält sich die Anzahl der Börsengänge auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, währenddessen der DAX nach langer Rallye im Jahr 2014 ein neues Allzeithoch bei 10.083,74 Punkten markieren konnte.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die These 1 „Der Untersuchungszeitraum weist hot-issue- und cold-issue-Phasen auf“ aufgrund der obigen Analyse bestätigt werden kann.

Gleiches gilt für die These 2 „Die Investorenstimmung beeinflusst die Emissionstätigkeit“, da das IPO-Klima in der Vergangenheit im Wesentlichen vom aktuellen Stand der Aktienmärkte und deren erwarteter Entwicklung abhängig war. Je höher der DAX-Stand bzw. umso größer die Nachfrage nach Aktien, desto mehr Unternehmen gingen an die deutschen Börsen. Aktuell nehmen die Börsengänge in Deutschland jedoch trotz hohem DAX-Stand nicht zu. Grund hierfür ist ein weiterer wichtiger Indikator für potenzielle Börsenkandidaten und Emissionsbanken: die Volatilität. Die Volatilität umfasst die erwartete Schwankungsbreite der Aktienkurse und sollte für einen Börsengang möglichst niedrig sein, da starke Preisschwankungen gleichzeitig Unsicherheiten bedeuten. Sie liegt dem Volatilitätsindex VDAX-NEW zur Folge aktuell bei 22,96 %[29] und damit zwar auf einem vergleichsweise niedrigen, jedoch gegenüber den letzten Jahren steigenden Niveau. Ein weiterer Grund für die aktuell wenigen Neuemissionen ist das geringe Wachstum und somit geringer Kapitalbedarf in Deutschland.

Dennoch ist der Ausblick für das Jahr 2015 aufgrund der hohen Aktiennachfrage und die daraus resultierenden höheren Erlöse für die Unternehmen bei einem Börsengang eher positiv. Ein neuer IPO-Boom ist jedoch nicht zu erwarten.[30]

3.4 Branchenklassifizierung

In diesem Abschnitt wurden die 173 Unternehmen in 9 verschiedene Branchen gegliedert. Ziel der Untersuchung war es, mögliche Trends hinsichtlich der Branche der Börsengänge feststellen zu können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Branchenklassifizierung deutsche IPOs 2005 bis 2014

Abbildung 3 zeigt, dass insgesamt 29 % und somit die häufigsten Börsengänge der Technologiebranche zugeordnet werden konnten. Dazu gehörten vor allem Unternehmen aus der Umwelt- bzw. Biotechnologie. Angesichts der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 und der globalen Energiewende wird deren Bedeutung weiter zunehmen. Der größte Börsengang der Technologiebranche mit einem Emissionsvolumen von 880 Mio. EUR erfolgte durch die Gerresheimer AG.

Insgesamt 25 % der Börsengänge konnten der Finanzbranche, dem Internet-, IT- oder Softwareservice und sonstigen Dienstleistern zugeordnet werden. Insbesondere bei den Internet-, IT- oder Softwareunternehmen handelt es sich meistens um junge Unternehmen, die sich mit Hilfe des Börsenganges frisches Kapital zur Wachstumsfinanzierung erhoffen. Das höchste Emissionsvolumen in der Dienstleistungsbranche konnte mit 17,86 Mrd. EUR der Finanzdienstleister VISA Inc. aufzeigen. Bei einigen IPOs der Finanzdienstleistungs-Branche handelt es sich um Unternehmensteile von großen Finanzhäusern, die auf Grund von regulatorischen Vorgaben abgespaltet wurden.[31]

Ein weiterer Großteil der Unternehmen ließ sich der Industriebranche zuordnen. Insgesamt 14 % spezialisieren sich unter anderem auf die Automobil-, Holz, -Chemie-, Bekleidungs- und Nahrungsmittelindustrie. Des Weiteren waren 4 % der Börsengänge Maschinenbau-Unternehmen. Der größte Börsengang der Industriebranche war die Symrise AG mit einem Emissionsvolumen von 1,95 Mrd. EUR. 14 % der Unternehmen gehören der Immobilienbranche bzw. dem Baugewerbe an. Da 13 % der Börsengänge keiner der 8 zuvor genannten Branchen zugeordnet werden konnte, wurden diese Unternehmen somit unter Sonstige Branchen zusammengefasst.

Insgesamt ließ sich feststellen, dass in den letzten 10 Jahren keine Trendbranche bei den Börsengängen zu verzeichnen war. Zwar konnten viele Unternehmen beispielsweise der Umwelt- bzw. Biotechnologie oder der Immobilienbranche zugeordnet werden, jedoch nicht auf so einem hohen Niveau wie beim Internet-Boom in den Jahren zuvor. Damit kann die These 3 „Am IPO-Markt sind Branchentrends erkennbar.“ für den Untersuchungszeitraum nicht bestätigt werden.

3.5 Emissionsvolumen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Emissionsvolumen der IPOs

Dieser Anschnitt beschäftigt sich mit dem Emissionsvolumen der IPOs, also den Gesamtertrag, den die verkauften Wertpapiere den Unternehmen einbringen. Es dient als Maßstab für die Größe eines Börsengangs.

Wie die Abbildung 4 zeigt, lag das Emissionsvolumen der meisten Börsengänge während des Zeitraums 2005 bis 2014 unter 100 Mio. EUR. Nur 26 % der Börsengänge konnten ein Emissionsvolumen von über 100 Mio. EUR aufweisen. Das Emissionsvolumen von 45 Erstemissionen betrug sogar weniger als 10 Mio. EUR. Das durchschnittliche Emissionsvolumen, welches ohne eine eventuelle Greenshoe-Option[32] berechnet wurde, war mit 261 Mio. EUR[33] dennoch relativ hoch. Grund hierfür sind die milliardenschweren Börsengänge von Symrise, Telefonica Deutschland, Wacker Chemie, Bauer, Hamburger Hafen und Logistik, LEG Immobilien und die in 2014 an die Börse gegangenen Unternehmen Rocket Internet und Zalando. Der größte Börsengang der letzten 10 Jahre war der der Visa Inc. im Jahr 2008 mit einem Emissionsvolumen von über 17 Mrd. EUR.

Die These 4 „Kleinere und mittlere Unternehmen dominieren am IPO-Markt“ kann in diesem Fall nicht abgelehnt werden.

3.6 Aktienkursverläufe

3.6.1 Zeitpunkt des Börsenganges

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Performance der Börsengänge nach Jahren

In diesem Abschnitt werden die Aktien der IPOs der letzten 10 Jahre auf ihre Performance analysiert. Nachdem im Abschnitt 3.1 ein Zusammenhang zwischen DAX-Stand und der Anzahl der Börsengänge erkennbar war, werden nun die Kursverläufe der Aktien je Emissionsjahr auf potenzielle Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede untersucht. Dazu wurden die Unternehmen zunächst nach dem Jahr ihres Börsenganges und nach positiver oder negativer Performance zum 1. Kurs untergliedert. Es wurde bewusst nicht die Performance zum Emissionspreis gewählt, da der Privatanleger mittlerweile aufgrund der hohen Mindestinvestitionssumme oft nicht die Gelegenheit hat, die Aktien zum Emissionspreis zu erwerben. Stichtag der Untersuchung war der 06.12.2014.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Aktienkurs der meisten IPOs während des Zeitraums von 2005 bis 2014 negativ verlief. 124 der 173 untersuchten Börsengänge weisen eine negative Performance auf. Die durchschnittliche Gesamt-Performance betrug -17 %. Der Median beträgt sogar -52 %, wodurch direkt auf eine positive Schiefe der Performanceverteilung geschlossen werden kann. Dies bedeutet, dass vereinzelte extreme Emissionsrenditen den Mittelwert positiv beeinflussen.

Der Börsengang der Esteleon E-Solutions AG aus dem Jahr 2006 kann mit 536 % die beste Performance im Untersuchungszeitraum vorweisen. Im Jahr 2008 übernahm die Drillisch AG das Unternehmen. Die Aktionäre erhielten je Esteleon-Aktie eine Drillisch-Aktie und die Esteleon E-Solutions AG ist seitdem nicht mehr börsennotiert.[34] Die höchste negative Performance mit -100 % teilen sich die Aktien der Liponova AG, Hess AG I.I. und EUTEX European Telco Exchange AG. Die Marktkapitalisierung dieser Unternehmen wurde auf Grund von Insolvenz oder eines Asset Deals[35] vollständig vernichtet. Sie sind ebenfalls nicht mehr an den Börsen notiert. Im vorliegenden Zeitraum verlieren 87 Aktien mehr als die Hälfte - davon sogar 37 mehr als 90 %. ihres Wertes seitdem 1. Kurs.

Einen Zusammenhang zwischen der Anzahl und der Performance der Börsengänge konnte nicht festgestellt und somit die These 5 „Der Emissionszeitpunkt beeinflusst die Performance“nicht bestätigt werden. Insbesondere eine Unterbewertung der Aktien in Jahren mit wenigen Börsengängen war in dieser Analyse nicht erkennbar. Auffällig war jedoch, dass jedes Emissionsjahr mindestens einen High-Performer und ein bzw. mehrere Aktien mit hohen Verlusten beinhaltete.

3.6.2 Branche

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Performance der IPOs nach Branche

In Bezug auf die verschieden Branchen lassen sich bei der durchschnittlichen Performance nicht unerhebliche Unterschiede feststellen. Zwar weisen die meisten Branchen negative Kursverläufe auf, jedoch ist die Performance der Finanzdienstleistern und Internet-/IT-/ Software-Unternehmen positiv. Bei den Finanzdienstleistungsunternehmen fiel die positive Performance seitdem 1. Kurs mit 6 % noch relativ gering aus. Die 23 Internet- /IT- /Software-Unternehmen können dagegen eine Performance von durchschnittlich 44 % vorweisen. Fünf Aktien konnten ihren Wert mit mindestens 100 % Performance mehr als verdoppeln. Der Median betrug dagegen auf Grund dieser positiven Ausreißer nur 10 %.

Die Aktien der Biotechnologie-Branche mussten dagegen deutliche Verluste hinnehmen. Die durchschnittliche Performance dieser Aktien betrug -59 %. Lediglich zwei Unternehmen konnten eine positive Performance vorweisen. Der Median betrug sogar -86 %, da die Manz AG mit 226 % und die Jerini AG mit 102 % das Ergebnis auch hier positiv beeinflusst haben.

Zu den Sonstigen Branchen gehören Unternehmen wie Einzelhandel, Öl und Gas, Flugfahrt, Holdings und Gütertransport. Diese Unternehmen stellten mit -34 % die durchschnittlich zweitschlechteste Performance dar.

Im Gegensatz zu den Finanzdienstleistungen und den sehr stark von Dienstleistungsunternehmen geprägten Internet-/IT-/Softwareservice-Unter-nehmen zeigten die Sonstigen Dienstleister eine negative Performance von -29 % auf. Der Median betrug -33 %.

Insgesamt ließen sich im Untersuchungszeitraum nicht unerhebliche Unterschiede bei der durchschnittlichen Performance der einzelnen Branchen feststellen. These 6 „Die durchschnittliche Performance der IPOs ist je Branche unterschiedlich“ konnte somit bestätigt werden.

Insbesondere bei den Unternehmen der Umwelt- und Biotechnologie-Branche und der Internet-/IT-/ Software-Branche waren die Unterschiede gravierend. Es kann vermutet werden, dass bei den Internetunternehmen Risiken auf Grund der Vergangenheit stärker in die Bewertung einkalkuliert wurden und die Aktien deshalb etwas günstiger bewertet waren. Dagegen könnte es sein, dass einige Umwelt-/Biotechnologie-Unternehmen den Energiewandel in Deutschland genutzt haben, ihr Unternehmen zu entsprechend hohen Preisen an die Börse zu bringen. Ein weiterer Grund könnte die große Konkurrenz in dieser Branche gewesen sein. Wie der seit 10 Jahren kontinuierlich ansteigende DAXsubsector Biotechnology Performance Index[36] zeigt, waren die Aktienkursverläufe der 15 etablierten Biotechnologie-Unternehmen nämlich deutlich positiv.

3.6.3 Emissionsvolumen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Performance der Börsengänge nach Emissionsvolumen

Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt auf der Untersuchung der Aktienkursverläufe untergliedert nach Emissionsvolumen. Wie die Tabelle 2 zeigt, unterscheiden sich die Performance der Börsengänge je nach Emissionsvolumen ziemlich deutlich. Die Unternehmen mit einem Emissionsvolumen von mehr als 500 Mio. EUR können eine positive Performance von 89 % und die mit einem Volumen von mehr als 1 Mrd. von 61 % aufzeigen. Die durchschnittliche Performance der Börsengänge mit einem Emissionsvolumen unterhalb von 500 Mio. EUR ist dagegen negativ. Auffallend auch bei dieser Analyse ist, dass der Median jeweils unter dem Mittelwert (Performance) liegt, wodurch auch hier die mehrheitlich gegebenen negativen Aktienkursverläufe erkennbar sind.

Tabelle 2 zeigt des Weiteren, dass sich die deutschen Indizes DAX, MDAX und SDAX im Untersuchungszeitraum deutlich positiv entwickelt haben. Sie sollen in der Untersuchung als Benchmark herhalten. Insgesamt dient der DAX lediglich für die Visa Inc. mit einem Emissionsvolumen von 18 Mrd. EUR und einer Marktkapitalisierung von 115 Mrd. EUR als Benchmark, da die weiteren Unternehmen deutlich kleiner sind. Die Visa Inc. hat seit ihrem Börsengang am 20.03.2008 eine Performance von 339 % erzielt. Der DAX legte seit diesem Zeitpunkt lediglich 160 %[37] zu. Die 8 weiteren Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von mehr als 1 Mrd. EUR sind insbesondere im MDAX gelistet und können somit an diesem Index gemessen werden. Die Symrise AG hat beispielsweise seit dem Börsengang am 11.12.2006 187 % an Wert gewonnen und sich damit deutlich besser als der MDAX (87,5 %)[38] entwickelt.

RTL Group S.A. ist seit dem 30.03.2013 an der deutschen Börse gelistet und kann eine Performance von 40 % vorzeigen. Somit hat auch diese Aktie sich besser entwickelt als ihr Index der MDAX (29 %).[39]

[...]


[1] Vgl. bmwi.de

[2] Vgl. gruenderszene.de

[3] Vgl. welt.de

[4] Vgl. Theissen, E. (2002) S. 205

[5] Vgl. Bitz, M. (2005) S. 148 f.

[6] Vgl. Zbinden, D. (2003) S.4

[7] „Der neue Markt war ein von der Deutschen Börsen AG geschaffenes Börsensegment für Technologieunternehmen.“ Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de

[8] Vgl.Schanz, K.-M. (2007) S. 192

[9] Vgl. Oleownik, S./Last, M. (2001) S. 208

[10] Vgl.Schanz, K.-M. (2007) S. 191

[11] Vgl. Baumann, A. (1998) S. 410 f.

[12] Vgl. Schanz, K. (2002) S. 302

[13] Vgl. Achleitner, A. (2000) S. 564

[14] Vgl. Weiler, L. (2001) S. 159

[15] Vgl. Wahrenburg, M. (2001) S. 629

[16] Vgl. Hasselmann, H. (1997) S. 126

[17] Vgl. Wetzel, A. (2003) S. 34

[18] Vgl Leitinger, R. (2000) S. 293

[19] Vgl. Schanz, K-M. (2007) S.11

[20] Vgl. Christians, F. (S. 525, 540 ff

[21] Vgl. Roelofsen, N. K. (2002) S. 36 f

[22] Vgl. Rödl, B./Zinser, T. (2000) S, 99 ff

[23] Vgl. Anhang E

[24] Vgl. Ritter, J. R. (1984), S. 215 ff.

[25] Vgl. Ljungqvist, A. P./Nanda, V./Singh, R. (2004)

[26] Vgl. Helwege, J./Liang, N. (2002)

[27] Vgl. Rummer, M. (2006) S. 168

[28] Die Dotcom-Blase findet ihren Ursprung im Jahre 1995, als es erhöhte wirtschaftliche Entwicklungen vor allem im Informationstechnologie-Sektor gab und viele neue Unternehmen gegründet wurden. Dies hatte eine steigende Nachfrage auf solche Aktien zur Folge und es kam zu enormen Kurssteigerungen. Die entstandene Spekulationsblase platzte im Jahr 2000, als klar geworden war, dass die Prognosen der Dotcom-Unternehmen stark übertrieben waren. Durch den Absturz der Aktienmärkte und den Insolvenzen vieler Dotcom-Unternehmen verloren Anleger ihr eingesetztes Kapital meist vollständig. Vgl. finanz-lexikon.de

[29] Vgl. onvista.de

[30] Vgl. deutsche-boerse.com

[31] Vgl. pwc.de

[32] Bei der Greenshoe-Option hat die Konsortialbank die Möglichkeit bei großer Nachfrage zusätzliche Aktien auszugeben. Vgl. wirtschaftslexikon24.com

[33] Siehe Anhang

[34] Vgl. dgap.de

[35] Bei einem Asset Deal werden sämtliche Wirtschaftsgüter eines Unternehmens verkauft. In Folge dessen bleibt oftmals nur noch eine leere Unternehmenshülle zurück.

Vgl. wirtschaftslexikon.gabler.de

[36] Vgl. Anhang A

[37] Vgl. Anhang B

[38] Vgl. Anhang C

[39] Vgl. Anhang D

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Deutsche IPOs (Initial Public Offering). Eine Investment-Chance für Privatanleger?
Hochschule
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH)
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
72
Katalognummer
V441770
ISBN (eBook)
9783668799103
ISBN (Buch)
9783668799110
Sprache
Deutsch
Schlagworte
IPO Initial public offeringBörsengangIPOs in DeutschlandAktienBewertungsverfahrenSubstanzwertverfahrenMulitplikator-VerfahrenDicounted-Cash-Flow-VerfahrenErtragswertUmsatzrentabilität, IPO, Initial Public Offering, Börsengang, IPOs in Deutschland, Aktien, Aktienbewertung, Substanzwertverfahren, Multiplikator-Verfahren, Discounted-Cash-Flow, Ertragswert, Umsatzrentabilität
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Thomas Dellmann (Autor:in), 2015, Deutsche IPOs (Initial Public Offering). Eine Investment-Chance für Privatanleger?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441770

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